Panem Adventskalender von District_13_rising ================================================================================ Kapitel 3: 05.12 - Lucian Fortune --------------------------------- IST und SOLL Zustand Es gab gar keinen Grund nervös zu sein! Lucian hatte sich bestens auf diesen Tag vorbereitet. Er hatte nämlich mehrfach Recherche betrieben und in mehreren Zeitschriften gelesen, dass sich viele Frauen über Haustiere zu Weihnachten freuen würden. Und im Zoogeschäft hatten sie das auch gesagt. Aber gut, was sollte dieser Fachhandel auch anderes sagen? Die würden ihn sicher nicht wieder fortschicken! Trotzdem war sich Lucian unsicher. Denn Fulvia war natürlich auch nicht wie andere Frauen. Schon alleine die Tatsache, dass ihr irgendwie erstes Date darin bestanden hatte auf Zielscheiben zu schießen war etwas anderes als der gewöhnliche Werdegang von Beziehungen. Deswegen war der junge Wissenschaftler auch schier verzweifelt gewesen, als er nach einem Geschenk für seine Freundin gesucht hatte. Schmuck war natürlich keine Option, da sich Fulvia auch einfach den Schmuck selber erstellen könnte. Und sie war nicht so eine dumme, oberflächliche Frau, die er mit hübscher Unterwäsche oder Parfüm glücklich machen konnte. Für Via sollte es schon etwas Besonderes sein. Etwas, das eben nicht jeder Mann im Kapitol seiner Frau schenkte. Allerdings waren die ganzen Werbeanzeigen für Tierchen wohl nicht gerade förderlich, wenn man ein individuelles Geschenk suchte. Wie viele Menschen kauften wohl Tiere zu Weihnachten? Gut, dann war Lucians Geschenk nicht gerade so individuell, konnte aber trotzdem etwas Besonderes sein, hoffte er. Nun, Lucian hatte sich deswegen auch extra überlegt, dass er eben nicht ein normales Tier kaufen würde, sondern ein ausgefallenes. Erst hatte er ja an so etwas wie einen Igel gedacht. Immerhin waren sie niedlich, aber robust. Bloß hatte Lucian dann nachdenklich davor gestanden und sich schließlich dagegen entschieden. Was, wenn Fulvia annahm, dass er sie für stachelig hielt? Deswegen waren so viele Tiere ausgeschieden, die eigentlich ziemlich einfallsreich gewesen wären. Schildkröten, ein Hausschwein oder der Pandabär, alle nicht die beste Wahl. Aber dann hatte Lucian sie erblick: Die Kaninchen. Eigentlich waren diese Tiere ja eher langweilig. Aber in dem Käfig hatten zwei neben einander gekuschelt. Ein schwarzes und ein weißes. Und er hatte sie sofort lieb gewonnen. Sie waren irgendwie sehr niedlich. Das eine, das Schwarze, wirkte unerschrocken und gab den Weg vor, während das Weiße ihm folgte. Manchmal allerdings hatte der weiße kleine Fratz einen anderen Weg eingeschlagen und hatte sich Dinge angesehen und er war der einzige Hase, der es vorzog auf einem Kuschelkissen zu schlafen. Sie waren perfekt! Beim Kauf hatte Lucian dann erfahren, dass das weiße Tier ein Männchen und das schwarze ein Weibchen waren. Doppelt perfekt! Deswegen liebte Lucian sein Geschenk auch schon. Deswegen und weil die beiden so niedlichen kleine, schnüffelnde Näschen hatten. Erst einmal hatte Lucian seine beiden Geschenke bei Plutarch untergebracht, weil er sie natürlich noch nicht Zuhause hatte herumlaufen lassen können. Zwar war der ehemalige Spielmacher alles andere als begeistert gewesen, aber darauf hatte Lucian doch nun wirklich keine Rücksicht nehmen können. Es war ja auch nicht so, als würde dieser 7 Quadratmeter große Stall lange in Plutarchs Wohnzimmer bleiben. Lucian hatte sich neben allem Zubehör und Spielzeug und Futter auch noch alle mögliche Bücher über Kaninchen und Nagetiere besorgt, die der Laden zu bieten gehabt hatte. Wie immer musste er erst alle Fakten kennen, damit er sich bestens vorbereitet fühlen konnte. Er hatte dort auch gelesen, dass jedes Tier mindestens ein bis zwei Quadratmeter für sich brauchte. Aber das war ihm arg klein vorgekommen und nachdem er in Distrikt Dreizehn gelebt hatte, wollte er kein anderes Lebewesen derart einpferchen. Er spielte ohnehin bereits jetzt mit dem Gedanken, die kleinen Flauschis gar nicht in diesem Stall zulassen, sondern sie frei in der Wohnung zu halte. Dagegen hatte sich Plutarch, das Kaninchenzwischenlager, allerdings gesträubt und so hatte Lucian schließlich dieses Monstrum von Stall gekauft. Aber er war auch froh, dass er die beiden Kleinen nun von Plutarch weggeholt hatte. Eine Woche war doch arg viel in diesem Haushalt gewesen. Zum Glück würden sie ab jetzt in einem Haushalt aufwachsen, wo sie innig geliebt werden würden. Jedenfalls von Lucian. Er hoffte allerdings, dass Via die beiden genauso sehr mögen würde wie er. Sie hatten doch so niedliche Knopfaugen! Via musste sie einfach mögen! Lucian hatte alles sehr gut geplant. Der Stall befand sich im Arbeitszimmer unter dem Tisch und die schwarzweiße Box mit den Luftlöchern befand sich unter dem Weihnachtsbaum, den sie sich gegönnt hatten. Erst hatte sich Lucian ja dagegen gesträubt, aber dann hatte er schließlich doch nachgegeben, weil so etwas natürlich doch sehr weihnachtlich war. Lucian hatte den Baum zwar weit weg von allen Möbeln aufgestellt, aber die Lichterketten, die er hatte basteln dürfen hatten den jungen Mann schon wieder beschwichtigt und nun war er auch ganz stolz auf sein Werk. Zufrieden sah sich Lucian in dem Wohnzimmer um, das tatsächlich sehr weihnachtlich wirkte. Und das war zu einem Großteil sein Verdienst. Er hatte die kleine Weihnachtsbahn gebaut, die nun durch das Weihnachtsdorf fuhr, das sogar beschneit wurde. Und er hatte alle schönen Lichter entworfen. Fulvia musste einfach entzückt sein, wenn sie von einem langen Arbeitstag nach Hause kam. Heute nämlich war es endlich einmal gut, dass Plutarch ihr Arbeitgeber war und sie nicht einmal am Weihnachtsvorabend früher gehen ließ. Er hatte Lucian sogar versprochen, dass er sie länger da behielt, damit der auch genügend Zeit für seine Vorbereitungen hatte. Und die hatten zu einem wesentlichen Teil auch mit Kochen zu tun. Leider hatte beinahe kein Gericht so geklappt, wie Lucian es sich vorgestellt hatte und er hatte letztendlich doch einen Caterer angerufen. Aber wenigstens hatte er alles selber in Schüsseln gegeben, so dass es wenigstens etwas persönlicher wirkte. Und dann hatte sich Lucian extra von mehreren Frauen und von Cinna Callest persönlich beraten lassen, welches Kleid er seiner Freundin raus hängen sollte, wenn sie nach dem von ihm bereits vorbereiteten Bad ins Schlafzimmer kommen würde, wo sie sich direkt umziehen konnte, damit sie schön zusammen essen konnten und Via anschließend ihr Geschenk erhalten würde, das sie mit weißer und schwarze Schleifen und Schlappohren begrüßen würde. In der Theorie war das alles wirklich mehr als gut. In der Praxis aber war es weniger gut. Denn Fulvia verspätete sich. Ob sie nicht durch den Feiertagsverkehr kam? Das Desaster begann! Jedenfalls wurde ihr Badewasser von Minute zu Minute kälter! Und dann war da auch noch das Essen, dass Lucian panisch in die Mikrowelle schob, damit es nicht zu kalt wurde. Denn einzig und alleine das Dessert sollte kalt sein! Er rannte zur Wanne, um warmes Wasser nachlaufen zu lassen und eilige wieder zurück, als der Rauchmelder, den er selbst installiert hatte, in der Küche sich meldete. Panisch versuchte Lucian die Mikrowelle auszustellen, bevor die Knödel mit Orangenfüllung zerfielen, was bereits geschehen war. Aber vielleicht würde Fulvia nichts gegen einen Knödelbrei haben? Den könnte er in eine Schüssel füllen, überlegte Lucian, während er niedergeschlagen das zerlaufene Essen betrachtete. Es hatte so gut ausgesehen und nun sah es eher aus wie der Fraß in Distrikt Dreizehn! Dann aber fiel Lucian siedend heiß wieder ein, dass er ja bereits das Badewasser wieder aufgeredet hatte. Also stellte er den Brei hastig ab und verbrannte sich dabei noch gleich daran an der Hand, und spurtet zurück ins Bad, wo er auf dem seifigen, nassen Boden erst einmal ausrutschte. Stöhnend und fluchend rappelte sich Lucian wieder auf und suchte unter der Schaummasse nach dem Wasserhahn. Zwar hatte er den Hahn nun gefunden und das Wasser abgestellt. Aber diese Rettung kam für das Badezimmer reichlich zu spät. Lucian sah sich betroffen in dem Zimmer um, das er nun als Distrikt Vier verkaufen konnte. Entnervt riss er einige Handtücher von ihrem tollen Handtuchhalter um die Sauerei weg zu wischen. Erst einmal sollten die Tücher das Wasser aufsaugen. Währenddessen würde er das Essen umfüllen und versuchen es wenigstens nett anzurichten. In der Küche allerdings stellte Lucian fest, dass der ekelhafte Geruch aus dem Ofen kam, in den er den Braten geschoben hatte. Hektisch holte er das Blech hinaus und fragte sich, ob Fulvia wohl gerne krosses Fleisch aß. Würde sie nun wohl leider müssen. Völlig geknickt trug Lucian den verkokelten Braten in das Esszimmer und stolperte dabei zu allem Überfluss auch noch über das Kabel, das er selbst verlegt hatte. Via hatte noch gesagt, dass jemand sich dort den Hals brechen würde. Aber Lucian hatte ihre Bedenken abgetan, mit den Worten, dass sie beide intelligente Menschen waren. Tja, anscheinend traf das nicht auf Lucian zu. Er war schließlich doch ins Straucheln geraten und hatte dabei den bereits verkohlten Braten auf den Wohnzimmerteppich deponiert. Fluchend betrachtete er den großen Fleck auf seinem heißgeliebten Teppich! Der fleck war nur etwas schwer zu erkennen, weil er die Beleuchtung zerstört hatte. Das Kabel musste einen Wackelkontakt haben oder so. „Scheiße!“ Wieso bloß hatte er die Rebellen überlebt und musste das hier miterleben? Lucian wollte sich am liebsten in seinem Bett zusammen rollen. Aber das ging nicht, er musste das Chaos beseitigen, bevor Fulvia auftauchte. Ganz schnell, bevor… Er erstarrte, als er den Schlüssel hörte und die Tür aufging. Was nun? Weglaufen? Aus dem Fenster springen? Hinter dem Weihnachtsbaum verstecken? Doch alle seine Fluchtpläne gingen in Rauch auf, als Fulvia das Wohnzimmer betrat und ihn sprachlos anstarrte. Er musste aber auch ein jämmerliches Bild abgeben. Mit dem verkohlten Braten vor den Füßen und einem leeren Tablett, in einem dunklen Raum. Und sie hatte noch die Küche und das Bad nicht gesehen. „Wonach riecht es hier?“, wollte Fulvia wissen und runzelte die Stirn. „Mach dir keine Sorgen, das ist nur der verbrannte Braten“, informierte Lucian seine Freundin mit hängenden Schultern. Er hatte sich den Abend so schön ausgemalt und alles so perfekt geplant. Und nun war alles schief gegangen! Er sollte einfach die Finger von Dingen lassen, die er nicht verstand. Am besten lebte er isoliert in seinem Labor und tat nichts anderes mehr. Enttäuscht und auch peinlich berührt brachte Lucian das Tablett in die Küche und lehnte den Kopf an den Kühlschrank. „Geh nicht ins Bad, ich muss es aufräumen“, rief er Fulvia mit geschlossenen Augen zu. „Zu spät“, kommentierte seine Freundin trocken und Lucian stöhnte auf. Tja, in der Theorie hätte sie sich gefreut. Er hatte es vermasselt. Niedergeschlagen löste er sich von dem tröstenden Kühlschrank, der ihn nicht verspotten oder verlassen konnte, und machte sich auf den Weg zu Fulvia, um sich zu entschuldigen. „Via, es tut mir wirklich sehr leid. Ich wollte alles vorbereiten und hatte einen theoretisch perfekten Plan“, begann er und zuckte hilflos mit den Schultern. „Ich hab’s vermasselt, wie immer.“ Lucian war eine wandelnde Katastrophe, das wusste er. Seine Eltern hatten das auch schon gesagt und nun machte er Fulvia unnachsichtig das Leben zur Hölle. Ganz bestimmt würde sie ihn bitten auszuziehen, damit er diese Wohnung nicht weiter ruinieren konnte. Er hörte Fulvias patschende Schritte durch das Badezimmer und war überrascht, als er ihre Hände sanft an seinen Wangen spürte. Lucians Kopf ruckte hoch und er sah in ein ziemlich liebevolles Gesicht, nicht wie er erwartet hatte mit einem wütendes bis sehr wütendes. „Du hast das wunderbar geplant. Nur an der Umsetzung hapert es noch etwas“, sagte Fulvia. „Aber ich freue mich trotzdem. Weil du dir so viele Gedanken gemacht hast. Das war wirklich süß.“ Nun blinzelte Lucian überrascht. Sie fand das Chaos süß? Vielleicht war der Arbeitstag sehr anstrengend gewesen und sie wusste nicht, was sie da sagte? „Aber die Wohnung…“, setzte er an. Ihm blutete bei dem Gedanken an den Teppich das Herz. „Bringen wir morgen wieder auf Vordermann“, fand Fulvia. „Jetzt legen wir das Bad trocken und rufen dann einen Lieferservice an.“ Sie hatte natürlich wie immer einen Plan, stellte Lucian etwas erleichtert fest. Fulvia war unerschütterlich und das war sein Glück. Sonst hätte sie ihm bestimmt schon längst den Laufpass gegeben. „Ich mache das. Geh du dich ausruhen“, bot Lucian an. Das war immer das Mindeste was er tun konnte. Und deswegen bestand er auch darauf, dass es sich Fulvia auf dem Sofa gemütlich machte und er schließlich das Bad trocknete. Jedenfalls für gut fünf Minuten, bis sie ihn zu sich rief. „Valentinus?“, fragte sie argwöhnisch und das war ein Zeichen dafür, dass hier etwas nicht stimmte. „Jaaaa?“, machte er vorsichtig und beeilte sich ins Wohnzimmer zu kommen, wo er ein seltsames Bild vorfand. Da lag Via, barfuß auf dem Sofa und starrte ein flauschiges, schwarzes Vieh an, das auf ihrem Schoß saß. „Was ist das?“, wollte sie wissen. „Ein Kaninchen. Ein Säugetiere aus der Hasenfamilie, es ist ein…“ „Ich sehe was das ist“, unterbracht Fulvia seine genauen Ausführungen, weswegen sich Lucian fragte, wieso sie ihn dann fragte. Bis der Groschen fiel. „Oh! Das ähm… also das… ist… Frohe Weihnachten, Via“, stotterte er und wollte sofort in das Unterwasserparadies im Bad zurück. „Lucian! Du hast ein Kaninchen gekauft?“, fragte Fulvia entsetzt. „Nein, nein. Zwei! Damit es artgerecht ist, natürlich“; beruhigte er sie, was Fulvias Gesichtsausdruck jedoch nicht verbesserte. Aber Lucian hatte anderes Problem. Wo war denn der weiße kleine Fratz? Hektisch untersuchte er die Kiste, aus der sich die beiden anscheinend sogar herausgefressen hatten während um sie herum die Apokalypse drohte. Lucian fand das andere Kaninchen schließlich unter dem Sofa und hielt es Fulvia hin. „Siehst du, zwei.“ „Lucian… wir sind doch beide berufstätig. Wir haben gar keine Zeit für diese Tiere“, seufzte Fulvia und begann dabei unbeabsichtigt das schwarze Tier auf ihrem Schoß zu kraulen. „Aber… aber… es sind deine Weihnachtsgeschenk. Sieh doch nur ihre Knopfaugen!“, jammerte Lucian und hielt Fulvia den Weißen vor die Nase. Sekundenlang beäugten sich die beiden und schließlich seufzte Fulvia. „Du wirst sie zurück bringen müssen. Nach Weihnachten, wenn die Geschäfte wieder öffnen“, fand sie und machte Lucian damit tottraurig. Er setzte sich mit seinem weißen Kaninchen auf das Sofa und drückte es an sich. „Aber ich habe sie schon seit über einer Woche. Ich kann sie nicht zurück bringen! Und außerdem mag sie dich!“, entgegnete er und deutet auf das schwarze Tierchen, dass sich an Fulvia kuschelte. Entnervt seufzte Fulvia auf. „Sie bleiben. Aber wenn sie Blödsinn machen, dann dienen sie als Ersatz für den Braten“, erlaubte sie und auf Lucians Gesicht bereitete sich ein Strahlen aus. „Sie machen keinen Blödsinn, sie sind ganz lieb“, beteuerte er und wünschte sich, dass sich das neue, schwarze Familienmitglied einen anderen Zeitpunkt ausgesucht hätte um sich zu erleichtern. Gut, einmal war keinmal, fand Lucian. Und trotzdem hatten sie noch Knopfaugen. Fulvia würde sie trotzdem lieben. „Im Schlafzimmer hängt ein Kleid, du könntest dich umziehen gehen“, schlug er scheu vor und nahm Fulvia das Kaninchen ab, während sie davon ging. „Sie ist eigentlich sehr lieb. Sie hält es auch mit mir aus, als wird sie euch auch mögen“, beruhigte er die beiden Kaninchen. „Ihr werdet sehen. Wir werden eine kleine, glückliche Familie.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)