Die lange Reise zurück ins Glück von HazelEyedButterfly ================================================================================ Kapitel 8: Heiligabend Teil 2 ----------------------------- Aiko Das Geräusch der Handykamera nahm ich gar nicht wahr. Die Zeit schien gerade still zu stehen. Selbst wenn sich unsere Lippen bloß für einige Sekunden berührt hatten. Sprachlos, geschockt, schwer atmend sahen wir einander in die Augen. Es war nicht leicht zu realisieren was soeben passiert war, als wären wir in einem Drogenrausch. Ich wandte mich mit knallroten Wangen von ihm ab, um mein Mobiltelefon zu kontrollieren. Mein Herz blieb beim Anblick des Bildschirms stehen. -„Heilige Muttergottes“, stöhnte ich geschockt auf. Blitzartig drehte ich mich zum offensichtlich verwirrten Shouta um. Seinem Blick zu urteilen verstand er gerade nur Bahnhof. -„Ich…habe ausversehen ein Bild geschossen“, erklärte ich ihm zögerlich. -„Na und? Das…kannst du ja wieder löschen“ Ich biss mir nervös auf die Unterlippe und senkte mein Blick. -„Theoretisch ja…“ -„Theoretisch?“, hörte ich ihn irritiert nachfragen. Zögerlich atmete ich schwer aus und hob mein Blick um ihn betreten anzusehen. -„Wenn es nicht im Gruppenchat wäre…“ Shouta fiel die Kinnlade fast runter, gefolgt von seinen weit aufgerissenen Augen. -„WAS?!“ Genauso geschockt wie ich zuvor, entriss er mir mein Mobiltelefon um sich von meiner Aussage selber zu überzeugen. -„Es tut mir leid ich wusste nicht das…Woher hätte ich wissen sollen… Wieso hast du mich überhaupt geküsst?!“ Begann ich ihm irritiert an den Kopf zu werfen, auch wenn es ein wenig chaotisch rüber kam. Klare Gedanken fassen war gerade ziemlich schwierig. Wenn er mich nicht hätte ablenken wollen dann wäre es gar nicht dazu gekommen! -„Dich küssen?! Ich wollte dir doch bloß einen Streich spielen, ich hatte nicht im Sinn dich zu küssen“ Vor Wut ballte ich meine Hand zur Faust und begann mit dieser ihn zu schlagen. -„Bist du denn komplett bescheuert?! Was hast du dir bloß dabei gedacht? Dank dir haben wir nun den Salat! Die anderen werden glauben das zwischen uns etwas läuft!“ Immer wieder zuckte Shouta auf Grund meiner Schläge zusammen. Ja trotz dem fehlenden Training besaß ich immer noch eine gewisse Stärke in den Händen. Als ich ein weiteres Mal zuschlagen wollte blockte er meine Faust ohne Probleme ab. -„Mach mal halb lang…dank mir? Wer hat sich verdammt nochmal so schnell wieder umgedreht?!“ -„Weil ich nicht sicher war was du gemeint hattest“ Von der Stille zur hitzigen Auseinandersetzung wegen eines dummen Kusses. Mir wurde bei dem Gedanke an Rina richtig schlecht. So sehr dass ich jegliche Farbe aus dem Gesicht verlor, selbst meine Knie zitterten leicht. Bevor man dies bemerken konnte, setzte ich mich auf eine nahe gelegene Bank. -„Ich fasse es nicht…das kann doch nur ein Alptraum sein oder?“ Das einzige was ich als Antwort kriegte war ein lautes Seufzen von Shoutas Seite. Nachdem ich mich auf der Bank niedergelassen hatte, setzte er sich zu mir. Uns beiden fiel vorerst nicht auf das er mein Handy immer noch in der Hand hielt. -„Vielleicht wird es nur halb so schlimm wenn die anderen es sehen…“ Ich verdrehte die Augen, zog die Beine an und vergrub mein Gesicht zwischen meinen Knien. Ich hatte ihr versprochen Shouta aufzugeben damit sie ihr Glück versuchen konnte. Aber stattdessen küsse ich ihn auch noch. Selbst wenn es ein Versehen war, es war halt ein Kuss… -„Oi, Erde an Aiko. Kannst du bitte den Bildschirm entsperren? Ich möchte etwas nachschauen“ Seine Stimme drang in meine Gedanken und holte mich zurück in die Realität. -„Der Code ist 010707“, murmelte ich emotionslos. Noch immer hielt ich mein Gesicht verdeckt. Es fiel mir schwer Shouta anzusehen ohne gleich rot zu werden. Nicht nur wegen dem Kuss. -„010707? Für was steht das denn? Dein Geburtstag ist es ja nicht“ Ich zuckte kurz zusammen, ich war davon ausgegangen das er diese Zahlen gut kannte. Da habe ich mich wohl geirrt. Bestimmt legte er auf diese Sachen nicht so viel Wert. Einige Minuten später nahm ich neben mir ein leises schnauben war. -„Was ist? Haben die anderen bereits etwas im Chat geschrieben?“ -„Eh? Oh nein…das habe ich noch nicht angeschaut. Es ist wegen dem Code… 0107 stehen für die Tage im Juli an dem Tanabata in Tokyo stattfindet richtig?“ Verdutzt sah ich, zum ersten Mal nach dem ganzen Theater von vorhin, in seine Richtung. -„Wie bist du drauf gekommen?“ -„Naja eines der 07 muss für den Monat stehen. In diesem Fall ist es Juli. Daraus habe ich den Rest entziffert. Liege ich etwa falsch?“ So betrachtet war es gar nicht so schwer auf die Bedeutung meines Entsperrung Codes zu kommen Man musste nur ein bisschen Köpfchen besitzen und unsere Traditionen kennen. -„Nein…du hast es richtig entziffert.“ -„Wenn ich mich recht erinnere wollten wir damals gemeinsam zum Fest...“ -„Mh…sind wir aber am Ende nie. Zwei Stunden im Regen gewartet, du bist nie aufgetaucht.“ Shouta stupste mich mit seiner Schulter leicht an, als wäre das vorhin nie passiert. -„Jetzt hör auf …Ich habe es lange bereut das ich nicht kommen konnte.“ Er war bestimmt noch voller Schuldgefühle weil er damals so verschwunden war. Dabei hat er mir seine Situation erklärt gehabt, weshalb ich ihm wegen damals nicht mehr wirklich böse war. -„Wolltest du nicht etwas nachschauen?“, fragte ich ihn und deutete auf mein Handy. Shouta schien es für einen Moment vergessen zu haben -„Ah richtig…Moment“ Angestrengt schien er etwas zu analysieren, immer wieder bewegte er die Finger auf dem Display. Dabei zog er sein eigenes Handy hervor um es mit meinem zu vergleichen. Ehrlich gesagt fand ich es eigenartig das er beide verglich. Gespannt blieb mein Blick an ihm haften. Nach einigen Minuten erkannte ich an seinem Gesichtsausdruck, das er auf die Lösung gekommen war. Doch sehr erfreut wirkte er nicht gerade. Er sah mich mit einem sehr irritiertem Blick an. Shouta Gerade fühlte sich mein Herz um einige Kilos leichter an. Trotzdem konnte ich nicht verhindern das ich auf Aiko wütend war. Wieso war es ihr zuvor nicht gleich aufgefallen? So viel Theater um die Sache für nichts! -„Du bist echt so eine Dumpfbacke…Das Bild wurde gar nicht gesendet Aho!“ Ich war sonst kein großer Fan von lautem Geschrei bei Streitigkeiten oder Diskussionen. Doch meine Tonlage war schon lauter als normalerweise. Aikos Gesichtsausdruck hätte man in dem Moment fotografieren sollen. Sie analysierte wohl noch meine Worte. -„W-wie es wurde nicht verschickt?“ -„Du hast nicht auf senden gedrückt! Ah echt Frauen und Technik ihr gehört echt nicht zusammen. Zur Sicherheit habe ich das Bild gelöscht. Die anderen werden nie etwas darüber erfahren“ Aiko war so erleichtert darüber das sie beinahe von der Bank auf den Boden fiel. Irgendwie hatte die ganze Sache doch noch eine amüsante Seite an sich. Sonst erlebte ich Aiko nie verlegen und ruhig, im Gegenteil sie verhielt sich gerne oft laut. -„Oh Gott…danke. Das ist echt…Du hast mir das Leben gerettet. Danke! Man du bist der beste!“ Ehrlich gesagt kam es unerwartet das sie mir um den Hals fiel und vor lauter Freude gleich ein weiterer Kuss auf den Mund drückte. Sprachlos, sah ich Aiko mit großen Augen an. Sie selbst reagierte genauso entrüstet. -„Woah okay…jetzt war es aber nicht meine Schuld“ Nach einer langen Schweigepause war ich es der seine Sprache wieder fand. Aiko entfernte sich augenblicklich von mir. Zwar sah ich ihr Gesicht nicht doch es musste einer Tomate gleichen. So viel war sicher. -„Es tut mir leid…Es tut mir so leid…Das war…Das wollte ich nicht. Ich weiß nicht warum…“ Ihre Stimme zitterte, selbst die Tonlage kriegte sie nicht richtig unter Kontrolle. So nervös habe ich sie seit langem nicht mehr gesehen. Sie schien vor allem über ihre eigene Handlung verstört zu sein. Es war aber trotzdem süß. -„Oh man…ich hätte das nicht tun sollen. Das…vergiss das schnell wieder ja? Ich weiß gar nicht weshalb ich…Ah verdammt“ Sie fuhr sich irritiert immer wieder die Hände durch die Haare. Aiko war sogar von der Bank aufgestanden und lief vor mir auf und ab, ohne halt. Ich erkannte das sie wässrige Augen hatte, ihre Hände zitterten was sie versuchte zu überspielen. -„Aiko jetzt beruhige dich“ Mein Versuch sie endlich zur Ruhe zu bringen half nichts. Sie lief weiter auf und ab. Beschäftigte es sie so sehr das wir uns geküsst haben? Beim ersten Mal war es zumindest ungewollt. Ich atmete schwer aus, stand von der Bank auf und hielt sie schließlich am Arm fest. -„Gomen...ich habe mich durch die Erinnerungen beirren lassen...Bitte lass mich gehen…Ich sollte gar nicht hier sein ich…Das hatte doch keine Bedeutung für dich…Das alles ist für dich doch nicht...wichtig.“, schluchzte sie wütend. Diese Reaktion konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen, zuerst war sie wütend weil es überhaupt passiert war. Jetzt war sie wütend weil ich nicht gleich an die Decke ging? -„Es tut mir leid, es war ein Fehler. Ich...ich" Meinen Blicken wich sie weiterhin aus, wenn sie glaubte ich würde sie jetzt einfach so gehen lassen, konnte sie noch lange warten. Erst musste ich Mal Klarheit in das ganze hier bringen. Selbst wenn ich gerade in ein Minenfeld trat, gab es kein zurück mehr. Ich selber war mir über meine Gefühle im klaren, auch wenn gewisse Zweifel da waren. -„Jetzt atme tief durch und beruhige dich. Weshalb heulst du jetzt rum? Habe ich mich den beschwert? Wer sagt außerdem das es für mich nicht wichtig ist?" Durch meine Worte schien sie endlich ein bisschen ruhiger zu werden. Zögerlich drehte sie sich zu mir um. Ihre Augen waren noch feucht von all den Tränen, die Verwirrtheit die in ihrem Blick mitschwang versüßte das Bild für mich ein wenig. Langsam trat ich ein wenig näher an sie heran. Sehr zögerlich ließ ich ihren Arm los, mit der anderen Hand wischte ich ihr die Tränen von den Wangen weg. -„Shouta...ich wollte nicht...ich weiß gar nicht was ich hier gerade tue" Sanft legte ich ihr mein Zeigefinger auf die Lippen um sie endlich zum schweigen zu bringen. -„Hör mir genau zu...Ich gebe dir zwei Möglichkeiten entweder kannst du davon laufen, oder es zulassen. Falls du weg läufst halte ich dich nicht auf. Verstanden?" Aiko schien durch meine Worte verunsichert, was ich ihr auch nicht verübeln konnte. Trotzdem nickte sie auf meine Frage hin. Sie verstand es also. Nun war ich es der kurz vor dem durchdrehen war. Ich konnte die Anspannung in mir bis zu den Fingerspitzen fühlen. Es war nicht einfach so ruhig zu bleiben, wenn man das Mädchen das man liebte vor sich hatte. Mit standhaften Blick näherte sich mein Gesicht dem ihren. Aiko wirkte für einige Sekunden panisch, doch sie blieb an Ort und Stelle stehen und schloss schließlich ihre Augen. Selbst wenn es nicht wirklich der aller erste Kuss zwischen uns war, fühlte es sich so an. Unsere Lippen lagen deutlicher aufeinander, neugierig, zögerlich, voller Vorsicht. Als würden sie etwas erkunden, was jederzeit in tausend Stücke zerbrechen könnte. Die Sanftheit ihrer Lippen fühlte sich gut an. Noch während des Kusses wanderten meine Hände auf ihre Wangen und umfassten diese sanft. Bis wir die Magie dieses Kusses unterbrachen. Aiko senkte betreten ihr Blick, doch sie lehnte sich an mich während sich ihre Arme um meinen Oberkörper schlangen. -„Warum...hast du mich geküsst? Ich bin gerade etwas verwirrt..." Diese Frage habe ich befürchtet, eine klare Antwort konnte ich ihr noch nicht geben. Es gab noch so viele Unsicherheiten von meiner Seite. Dinge mit denen ich zuerst klar kommen musste. -„Sieh es als mein Weihnachtsgeschenk. Ich weiß aber nicht ob es richtig oder falsch war dich zu küssen" Kaum hatte ich dies gesagt begannen ihre Arme, die um mich geschlungen waren, sich ein wenig zu lösen. -„Hör zu es ist definitiv etwas da. Bei beiden. Vielleicht lassen wir einfach die Zeit entscheiden was daraus wird. Sehen wir wohin unsere Wege uns führen." Langsam löste sich Aiko von mir, was mir Gänsehaut verbreitete. Nervös musterte ich sie. Hoffentlich weinte sie jetzt nicht schon wieder meinetwegen? -„Klingt...vernünftig. Okay. Sehen wir wohin unsere Wege uns führen. Das Heute bleibt unter uns, versprochen?" In ihren Augen erkannte ich einen gewissen Schmerz, trotzdem schenkte sie mir ein verständnisvolles Lächeln. So sehr es mir selber gerade schmerzte, noch war ich nicht bereit komplett auf Aiko zu zugehen. Es gab da immer noch eine Sache die zwischen uns war, welches ich nicht so einfach aus der Welt schaffen konnte. -„Versprochen. Das bleibt unser Geheimnis" Mit unseren kleinen Fingern ineinander verhackt, versiegelten wir somit unser Versprechen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)