Galaxy Credit von -Kuraiko ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Der Tag begann mit dem schrillen Piepsen des Weckers. Ein monotones, lautes Geräusch welches dazu in der Lage war eine Person binnen Sekunden entnervt aus dem Schlaf zu reißen. Bis auf das nervtötende Geräusch war es noch still in dem kleinen, aber penibel aufgeräumten Appartement. Es brauchte einen Moment, doch langsam aber sicher erwachte die Besitzerin der kleinen Wohnung. „Mh..., es ist schon wieder Zeit um aufzustehen?“ Dafür, das sie eben erst aus dem Reich der Träume zurückgekehrt war, klang ihre Stimme überraschend klar. Mit einer Hand schaltete sie den Wecker aus, dann kehrte wieder Ruhe in der Wohnung ein. Die junge Frau befreite sich von der Decke, stand auf und gähnte hinter vorgehaltener Hand. Einige Sonnenstrahlen fielen bereits durch die Gardinen und erhellten den Raum ein wenig. Der Tag versprach schön zu werden. Ein ganz normaler Donnerstag, an dem es wie an jedem Wochentag Pflicht war, spätestens um 7:30 Uhr im Büro zu erscheinen. Um diese Zeitvorgabe auch einzuhalten, öffnete die Wohnungsbesitzerin nur routinemäßig die Fenster um zu lüften und legte die Bettdecke wieder ordentlich zusammen, bevor sie sich Kleidung für den Büroalltag aus dem Schrank suchte und im Bad verschwand. Nach einer Weile hatte sie es endlich geschafft sich für den Tag herzurichten. Die Uhr zeigte 7:08 Uhr, also höchste Zeit das Haus zu verlassen um noch pünktlich auf der Arbeit zu sein. Für ein Frühstück in den eigenen vier Wänden hatte die Zeit nicht mehr ausgereicht, doch daran konnte sie nun nichts mehr ändern. „Was für eine Schande ohne ein vernünftiges Frühstück das Haus verlassen zu müssen. Wie soll ich mich nachher bloß auf meine Arbeit konzentrieren?“, klagte die Frau mit dem hellblauen, fast weißen Haar. Mit wem sie da eigentlich sprach? Nun, mit sich selbst wie es schien, denn außer ihr selbst lebte niemand in diesem Appartement. In Stresssituationen oder unter Zeitdruck neigte sie zu Selbstgesprächen oder dazu, nach etwas Essbarem zu greifen. Da Option zwei derzeit nicht in Frage kam, musste sie sich wohl oder übel mit Möglichkeit Nummer eins begnügen. Am Ende noch zu spät im Büro zu erscheinen, konnte sie sich nicht leisten. Reiko Aya arbeitete für die städtische Tageszeitung und derzeit lief es ganz und gar nicht gut im Job. Es war immer das Gleiche : entweder schafften ihre Kolleginnen es, ihr die interessanten Themen vor der Nase wegzuschnappen, oder aber sie verstrickte sich zu sehr in einem Thema und reichte den Artikel zu spät ein. Lange würde ihr Chef sich das sicherlich nicht mehr ansehen, dass war selbst der ziemlich gutgläubigen Reiko klar. Normalerweise grübelte die junge Frau nicht so sehr über Probleme, doch hier ging es um ihren Job, mit dem sie sich gerade so über Wasser halten konnte. Sie musste es heute unbedingt schaffen ihren Chef davon zu überzeugen über ein interessantes Thema schreiben zu dürfen und musste den Artikel pünktlich fertig kriegen. Langsam wäre es wirklich an der Zeit, wieder etwas positives vorweisen zu können, denn wenn ihre Pechsträhne noch lange so weiterging, dann wäre sie ihren Job bald los. Gerade war sie über einen Zebrastreifen gelaufen um die Straßenseite zu wechseln, da bemerkte Reiko eine Menschenansammlung vor dem Juwelier, welcher nur drei Häuser von dem Bürogebäude entfernt war, in welchem sie arbeitete. Nanu? Was war denn da los? Und vor allem um diese Uhrzeit. So viel sie wusste, hatte der Laden sonst doch noch gar nicht geöffnet. Erst als sie näher kam, bemerkte sie das Absperrband vor der Tür des Schmuckgeschäfts und die zerbrochene Fensterfront. So viel sie von hier aus sehen konnte, herrschte im Laden selbst das totale Chaos. Einige Ketten und Ringe lagen zwar noch auf dem Boden, doch sie könnte schwören, dass der Juwelier gestern noch mehr Schmuck zu verkaufen gehabt hatte. Zaghaft tippte sie einem der Schaulustigen auf die Schulter um dessen Aufmerksamkeit zu gewinnen. „Guten Morgen. Mein Name ist Reiko Aya, ich arbeite für die Niigata Morgenpost.“, stellte sie sich dem Fremden vor und reichte ihm eine Visitenkarte, bevor sie ihre eigentliche Frage stellte. „Können Sie mir vielleicht sagen, was hier passiert ist?“ Immerhin handelte es sich bei dem Juwelier um eine Art Nachbar und die derzeit erfolglose Journalistin witterte förmlich eine interessante Story hinter der ganzen Sache. Einen Augenblick lang musterte der Passant sie ein wenig irritiert, doch dann begann er zu reden :“Gestern Nacht hat jemand den Juwelier ausgeraubt. Der Dieb muss wirklich etwas von seinem Handwerk verstehen, denn nur die teuersten Schmuckstücke hat er gestohlen.“ „Was, ein Dieb?“, hakte sie nach. Bis eben war die junge Frau noch ein wenig verschlafen gewesen, doch nun wachte sie langsam auf. „Nein, das war kein normaler Dieb!“, fiel ein anderer Schaulustiger ihrem Gegenüber aufgebracht ins Wort. „Das war mit Sicherheit wieder dieses Monster!“ „Ich glaube ich verstehe nicht ganz. Von was für einem Monster reden Sie da?“ Reiko glaubte anderen Leuten zwar sehr schnell, wenn diese nur überzeugt genug auftraten, doch ein Monster war wirklich ein wenig weit hergeholt. Oder etwa nicht? „Und Sie arbeiten ernsthaft für die Niigata Morgenpost und wollen mir erzählen, wirklich noch nichts von diesem Ungetüm gehört zu haben?!“, entrüstete sich der Mann, der sich eben schon ungefragt in das Gespräch eingemischt hatte. „Seit Tagen macht diese Gestalt Niigata unsicher und raubt einen Juwelier nach dem anderen aus.“, fuhr ihr Gegenüber auch schon fort. „Bisher hat es noch niemand geschafft es zu fangen, doch einige Augenzeugen haben berichtet, dass dieses Biest riesige Flügel und lange Klauen haben soll.“ „Ich für meinen Teil bin davon überzeugt, dass ein Tengu unsere friedliche Stadt heimsucht.“, mischte sich eine alte Frau in das Gespräch ein. Einen Moment lang wusste die Journalistin gar nicht, was sie dazu eigentlich sagen sollte. //Warum weiß die halbe Stadt etwas von diesem Biest, nur ich wieder nicht?//, fragte sie sich in Gedanken. Die junge Frau griff in die Tasche ihres Blazers um an ihr Notizbuch zu gelangen und sich einige Details dieser Unterhaltung aufzuschreiben. Diese Einbruchserie klang wirklich nach einer interessanten Story, da sollte sie besser bei Zeiten Notizen anfertigen um nichts zu vergessen. Doch...so sehr sie auch nach dem kleinen Notizheft suchte, Reiko konnte es nicht finden. Nicht doch! Hatte sie das Heft gestern etwa im Büro liegen lassen? „Entschuldigen Sie Miss, aber sind Wesen wie der Tengu nicht nur ein Teil der Mythologie?“, fand sie die Sprache wieder. Noch nie zuvor hatte sie davon gehört, das so ein Wesen wirklich existieren sollte und dann nichts besseres zu tun hatte, als Schmuckgeschäfte auszurauben. „Aber natürlich existieren diese Wesen in unserer Welt. Die heutige Jugend! Es ist wirklich erschreckend wie sehr ihr doch eure Augen vor der Realität verschließt.“, tat die alte Frau ihre Meinung kund. Inzwischen hatte sich ein Großteil der Schaulustigen zu der kleinen Runde umgedreht um das Gespräch zu verfolgen. Die Diskussion, wer genau für den Einbruch verantwortlich war, interessierte die Menschen scheinbar doch mehr als das verwüstete Schaufenster. „Siren!“, hörte sie plötzlich eine bekannte Stimme ihren Spitznamen rufen. Wie genau die Journalistin zu diesen Namen gekommen war, konnte sie selbst nicht so genau sagen. Seit sie letztes Jahr ,kurz vor Weihnachten, mit ihren Kollegen in der Karaokebar gewesen war, nannten sie plötzlich fast alle bei diesem Namen. Die junge Frau drehte sich um und bemerkte ihren stellvertretenden Chef, welcher genau hinter ihr stand. Der Mann, der etwa Mitte 30 war, trug eine Mappe in der einen, eine Tüte vom Bäcker in der anderen Hand. Scheinbar war auch er gerade erst hier angekommen. „Oh, guten Morgen, Herr Yamamoto.“, begrüßte sie ihren Vorgesetzten freundlich. Im krassen Gegensatz zu sonst, blickte ihr Kollege heute viel freundlicher und fast schon ein wenig zu optimistisch drein. „Wie ich sehe, bist du bereits fleißig damit beschäftigt ein paar Informationen für dein neues Thema zu sammeln.“ Mal wieder ein wenig schwer von Begriff, blickte Reiko ihren Vorgesetzten an. „Mein neues Thema? Aber bisher hat man mir doch noch gar kein neues Thema zugeteilt.“ Der stellvertretende Chef seufzte hörbar. „Manchmal wäre es wirklich besser, wenn du so etwas für dich behalten würdest.“, stellte er fest. Er war solche Aussagen ihrerseits schon gewohnt. „Es ist bereits kurz vor halb Acht, lass uns am besten im Büro über den Artikel reden.“ Etwa eine halbe Stunde später, war Reiko bereits um einiges klüger. Einige Zeitungen hatten in den letzten Tagen zwar schon über die Raubserie berichtet, doch der Einbruch beim Juwelier fast vor der Haustür der Redaktion, war erst heute Nacht passiert und somit vollkommen neu. Im übrigen behaupteten in den letzten Tagen immer mehr Menschen ein Wesen, halb Vogel halb Mensch gesehen zu haben, welches für den ganzen Wirbel verantwortlich war und der Polizei bisher noch jedes Mal entkommen war. Besonders die älteren Menschen, die von diesem Etwas gehört hatten, behaupteten steif und fest es handle sich um einen Tengu, der aus einem noch unbekannten Grund regelmäßig wieder die Stadt unsicher machen würde. Eine solche Verschwörung war natürlich ein gefundenes Fressen für jede Zeitung und somit war es höchste Zeit, morgen einen Artikel darüber auf der ersten Seite der Niigata Morgenpost zu veröffentlichen. Eine ungefähre Vorgabe aus wie vielen Zeilen und Wörtern der Artikel bestehen sollte, damit man ihn in der Zeitung veröffentlichen konnte, hatte Reiko zwar, dennoch tat sie sich schwer damit einen vernünftigen Text niederzuschreiben. Worauf ging sie am besten zuerst ein? Auf die Raubserie? Oder doch besser auf das Wesen, dass anscheinend von einigen Leuten gesehen worden war? Einen Anfang zu finden war wirklich nicht leicht, die vorgegebene Wörteranzahl nicht zu überschreiten, würde später gewiss noch ein ganz anderes Drama geben. Seufzend griff sie in die Glasschale, welche auf ihrem Schreibtisch stand, erwischte ein Plätzchen und biss ganz in Gedanken hinein. //Was mache ich bloß? Wen der Artikel zu spät fertig wird, gibt es wieder Ärger, aber ich finde einfach keinen Anfang.// Um wenigstens nicht untätig herumzusitzen, bemühte Reiko das Internet um herauszufinden, wo der oder die Unbekannte bereits eingebrochen war. Nach einiger Recherche griff sie schließlich zum Telefon, um zu versuchen mit den Ladenbesitzern zu sprechen und ein wenig mehr über die ganze Sache zu erfahren. Es war kaum zu glauben, genauer gesagt die junge Frau konnte es selbst noch kaum fassen, doch sie hatte es zum Schluss doch noch geschafft, einen Artikel zu schreiben, der sich sehen lassen konnte und hatte diesen dann auch noch pünktlich abgegeben. Seit langer Zeit hatte sie endlich mal wieder ein Lob von ihrem stellvertretenden Chef bekommen, welcher ihr heute Morgen das Thema zugeteilt hatte. An diesem Donnerstag, hatte Reiko ihren Arbeitsplatz mit neuer Motivation verlassen. Sie hoffte, dass ihre Pechsträhne nun endlich vorbei wäre. Dafür, das es bereits September war, war der heutige Tag ungewöhnlich warm und sonnig gewesen. Auch jetzt nach Feierabend, war es noch sehr mild draußen, obwohl es inzwischen bereits zu dämmern begonnen hatte. Die junge Journalistin war wirklich erledigt, denn ihr Arbeitstag war ziemlich anstrengend gewesen. Sie würde nur noch schnell im Supermarkt vorbeischauen und sich dann auf den Heimweg machen. Um den Weg bis zum Supermarkt ein wenig abzukürzen, bog sie in eine unbelebtere Nebenstraße. Hier war zwar nicht all zu viel los und einige Straßenlaternen waren auch seit langer Zeit kaputt, doch wenn sie diese Abkürzung nahm, würde sie für den Weg gut fünf Minuten weniger brauchen, als wenn sie über die Hauptstraße lief. //Soviel ich weiß, ist mein Kühlschrank so gut wie leer. Ich hätte mir bei Zeiten einen Einkaufszettel schreiben sollen.// Während sie den unbelebten, teils schlecht beleuchteten Weg entlang lief, machte Reiko sich schon einmal Gedanken darüber, was sie gleich auf jeden Fall einkaufen musste. Vermutlich würde die etwas zerstreute junge Frau ohne einen Einkaufszettel eh wieder die Hälfte vergessen, doch einen Versuch war es zumindest wert. Brot würde sie auf jeden Fall kaufen müssen und eine Packung Kaffee mitzunehmen, wäre auch klug. Reis befand sich noch zu Genüge im Haus, aber Gemüse war in ihrer Küche derzeit Mangelware. Aus den Gedanken gerissen wurde die Journalistin schließlich vom Rascheln der Blätter. Für einen Moment blieb sie stehen und sah sich um, entdeckte aber niemanden. Merkwürdig. Und dabei hätte sie schwören können, gerade ein Geräusch gehört zu haben, das so klang, als wäre jemand durch Laub gelaufen. Gerade wollte sie diesen Eindruck als Irrtum abtun und weitergehen, da hörte sie erneut wie sich etwas bewegte. Diesmal meinte Reiko in etwa einschätzen zu können, dass das Rascheln aus dem kleinen Innenhof kam, welcher direkt an den Weg angrenzte. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie am besten schnell weiterlief, ihre Neugier hielt sie jedoch dazu an, einen Blick in den Hof zu riskieren. Aber ob das eine gute Idee war? Ehe sie noch recht registrierte, was sie da tat, hatten ihre Füße sich bereits in Bewegung gesetzt. An der Ecke der Backsteinmauer blieb sie schließlich wieder stehen und blickte vorsichtig in den Hof. Viel sah die junge Frau im ersten Moment nicht, denn der Innenhof war nicht beleuchtet, doch langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit. Dort im Hof, etwa 15 Meter weit entfernt von ihr, stand eine Person. „Verdammt! Es ist nichtmal richtig dunkel. Hoffentlich geht das gut.“, hörte sie die Gestalt murren. Ihre Stimme klang verärgert und ein wenig besorgt zugleich. Erst als die fremde Person sich bewegte und ein wenig aus dem Schatten trat, fiel Reiko auf, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. In der Dunkelheit war die Gestalt nur schemenhaft zu erkennen, doch ein menschlicher Umriss war das sicher nicht. Menschen hatten schließlich keine Flügel und lange Klauen besaßen sie ebenfalls nicht. Moment..das war doch?! Doch nicht etwa das, worüber sie heute den ganzen Tag geschrieben hatte! Oder etwa...doch? Der jungen Frau lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Sie hätte eben ganz eindeutig weitergehen, oder einfach gleich den Umweg über die Hauptstraße in Kauf nehmen sollen! Am besten, sie ging jetzt ganz langsam und vor allem ganz leise, rückwärts und suchte das Weite, sobald sie zurück auf dem Weg war. Soweit der Plan. Vorsichtig ging sie einen Schritt zurück, dann noch einen, dann...KNACK! Ein Zweig, auf den sie getreten war, hatte ihrem Gewicht nicht stand gehalten und war in der Mitte durchgebrochen. Das Geräusch hallte durch den Innenhof und das geflügelte Etwas, was immer es auch sein mochte, wirbelte herum. Ihre Blicke trafen sich, wenn man das überhaupt so nennen konnte. Es war Reiko nicht möglich dem Biest, welches mit großer Wahrscheinlichkeit für die Diebstähle in letzter Zeit verantwortlich war, in die Augen zu sehen. Eine Art venezianische Maske verfälschte die Gesichtszüge vollkommen. Das Herz der tollpatschigen Journalistin begann zu rasen, ihr Magen zog sich ungut zusammen. Wieder einmal hatte sie es mit unglaublicher Präzision geschafft sich in Schwierigkeiten zu bringen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)