Be my drug von minowari (and stun me) ================================================================================ Kapitel 14: Addiction --------------------- Der nächste Morgen war absolut grausam. Er hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan. Die Bettdecke war während der Nacht noch mindestens fünfmal durch die Gegend geschmissen worden, bis es ihm schließlich zu viel wurde und er versuchte hatte ohne Decke weiter zu schlafen. Doch so einfach wie es sich anhörte, war es leider nicht. Izaya war das einzige was durch seinen Kopf geschwirrt war und was jetzt auch immer noch durch seinen Kopf schwirrte. Diese verdammte Ratte war nicht mal anwesend und machte sein Leben schwer. Ganz große Klasse. Er richtete gerade sein Outfit und blickte auf. Shizuo wollte seinem eigenen Spiegelbild nicht trauen, als er im Badezimmer sein Gesicht betrachtete. Wer war dieser Mann, der ihn da anstarrte? Abgesehen von seinem sowieso grimmigen und müden Blick, waren dunkle Ringe unter seinen Augen zu sehen und machten dadurch sein Gesicht nur noch furchteinflößender, als es gerade sowieso schon war. Seine blonden Locken standen kreuz und quer, während er das Gefühl hatte, dass es heute sogar extrem schlimm war. Mit der rechten Hand fuhr er sich durch die Haare und sah, dass am Ansatz sich schon die ersten braunen Haare zum Dienst meldeten. Er würde sie bald wieder nachfärben müssen… Shizuo seufzte kurz. Mit einem leeren Blick starrte er auf seine linke Hand, nahm fast mechanisch die Bandage ab, um die Verletzung zu betrachten. Erstaunt blinzelte er, als er feststellte, dass Shinra einen wirklich guten Job gemacht hatte. Hauptsächlich hatte er es seinem abnormalen Körper zu verdanken, dass seine Verletzungen schneller heilten als bei anderen Menschen, jedoch musste er zugeben, dass es ohne den brabbelnden Doktor nie so schnell und so sauber verheilt wäre. Shizuo ballte die Faust und testete die Griffigkeit seiner Muskeln aus und stellte zufrieden fest, dass es ihm keine Probleme bereitete. Sollte heute einer von den Schuldnern aufmüpfig werden, würde er sich nicht zurückhalten. Ein kleines Lachen entfuhr ihm. Denn irgendwo musste er ja seine Wut auslassen. ♔ ♕ „Ist das wirklich alles?“ Seine ruhige Stimme klang immer noch genervt und eine gewisse Ungeduld mischte sich dazwischen. Es war nur verständlich, dass er nachfragte - das tat er schließlich fast immer. Doch in letzter Zeit schien es sich unnormal zu häufen. „Shiki-san, zweifelst du etwa an meiner Arbeit? Ich bin entrüstet!“, flötete Izaya gespielt, während er gleichzeitig darum rang, seine Stimme aufrecht zu erhalten. Er hasste es, wenn an seiner Arbeit gezweifelt wurde. Und dieser Mann vor allen Dingen, wusste das ganz genau. Wirklich. Was dachte er, mit wem er hier sprach? Orihara Izaya - bester Informant in ganz Tokyo! „Es fehlt uns einiges an Informationen, Informant-san…“ „Shiki-san...Wir reden von Kirima. Er ist geschickt darin, seine Spuren zu verwischen - das müssen wir ihm lassen…“, erklärte Izaya amüsiert und fuhr mit der Maus auf das Internet Symbol. „…Ich habe schon bessere Recherchen gesehen.“ Es war durchaus richtig, dass er dem Yakuza schon bessere Auswertungen gegeben hatte, als das, was der Mann nun vor sich hatte. Doch auch nur, weil Izaya alle verfügbaren Informationen an ihn raus gegeben hatte. Denn dieses Mal war es ihm deutlich schwerer gefallen war, die richtigen Fakten zusammen zu bekommen. Weshalb die Informationen nochmals doppelt so wertvoll waren. Wenn er schließlich alles und jenes sofort an jeden x-beliebigen Klienten preisgeben würde, würde das nur sein Spiel durchkreuzen. Es könnte sogar seinem Ruf schaden. Das Ganze könnte gewaltig aus dem Ruder laufen. Und wer wollte das schon? Genauso handelte er; er gab nur das preis, was er für angemessen hielt. Izayas Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. „Oh? Dann sag mir doch, wer dir bessere Informationen liefern kann?“, fragte Izaya amüsiert und musste sich ein Lachen verkneifen, als er am anderen Ende der Leitung ein Schnauben hörte. „Ich werde diese Diskussion nicht weiter ausführen, Informant-san. Wenn es etwas Neues gibt, werde ich es erfahren.“ Ein Befehl. Izayas Grinsen vertiefte sich. Der Informant fuhr mit seinem Schreibtischstuhl zurück, drehte sich im Kreis und sah dabei immer wieder die Wolkenkratzer Tokyos an ihm vorbei sausen. „Das kostest aber extra, Shiki-san~, erwähnte Izaya, bevor hoch sprang und auf seine Couch zu trottete. Einen Moment lang war Stille am anderen Ende der Leitung, bevor schließlich ein kleines Lachen zu hören war. Selten hörte Izaya Amüsement in seiner Stimme. „Der vereinbarte Preis, Orihara-san. Nicht mehr und nicht weniger.“, stellte der ältere Mann klar und Izayas Lächeln schwankte. Es war sicherlich keine gute Idee, sich mit Shiki anzulegen, insbesondere wenn es ums Geld ging. Aber er tat es gerne mal, um den anderen zu ärgern. Schließlich spielte Geld für den Informanten inzwischen keine wichtige Rolle mehr. Es war nur ein Akt. Ein Akt der Täuschung. „Es war mir wie immer eine Freude, Shiki-san.“, säuselte Izaya und besiegelte damit, dass er nichts weiter dazu sagen wollte. Er wandte sich zu seinem Schachbrett, nahm eine der Yogi-Figuren in die Hand und drehte sie hin und her. Er hörte noch, wie der Yakuza ein paar Worte des Abschieds sagte, bevor ein durchgehendes Piepen ertönte. Izaya saß noch eine Weile so da, das Telefon weiterhin an seinem Ohr. Etwas stimmte definitiv nicht. Shiki war nie so besessen darauf, alle möglichen Informationen zu einem Klienten zu bekommen. Bei einem Typen wie Kirima war es wohl durchaus berechtigt, hinterher zu haken, doch trotz allem war es sehr ungewöhnlich. Der schwarzhaarige Mann legte das Handy auf den Glastisch und starrte für mehrere Sekunden so fixiert auf sein Schachbrett, als ob er ein neues, interessantes Muster entdeckt hätte. „Hmm, vielleicht sollte ich mich selbst an deine Fersen heften, ne, Mr. Kirima-san?“, sinnierte Izaya, während er sich auf seiner Couch ausstreckte. „Es ist schon fast zu lange her …“ Ein Grinsen zierte sein Gesicht, während er den König auf eine andere Stelle in den Hintergrund stellte. ♔ ♕ Wirklich lange hatte er es nicht ausgehalten. Er hatte wirklich vor, sich ausnahmsweise zurückzuhalten, doch als er diesen Stümper von einem jämmerlichen Widerling gesehen hatte, war es ihn ihm durchgegangen. Und nicht nur ein bisschen. Der lächerliche Kerl landete gerade unsanft auf der Straße, nachdem er durch einen heftigen Schlag gegen einen Laternenpfahl geschleudert wurde. Shizuos Augenbrauen zuckten gefährlich. „Meine Frau hier, meine Frau da…“, begann er knurrend, während er die Knochen in seinen Fingern knacken ließ. „Ich kann es nicht mehr hören…!“ Der Mann starrte weiterhin mit geweiteten Augen auf seinen Angreifer und war wohl immer noch nicht im Stande etwas zu sagen. Er versuchte sich hochzuhieven, doch viel weiter, als auf seine Knie kam er nicht. Tom stand weiter im Hintergrund und beobachtete mit einem mitleidigen Ausdruck das Geschehen. Er hatte gewusst, dass es heute nur eine Frage der Zeit war, bis Shizuo explodieren würde. Dieser Schuldner war einfach so ein Typ, der Shizuos letzte Geduld auf die Probe stellen wollte. Und so war es leider auch gekommen. Mit einem Seufzen rückte er sich die Brille zurecht und rief von hinten nach seinem Bodyguard. „Shizuo! Wir müssen weiter!“ Tom hörte wie der Blondschopf ein unwilliges Grunzen von sich gab, bevor er sich von dem Typen abwendete. „Sorry…“, sagte er, als er neben seinen Chef trat und mit ihm zum nächsten Schuldner ging. „Schon gut.“, seufzte Tom und musterte seinen Kumpel. Es schien ihm immer noch nicht viel besser zu gehen. Natürlich waren ihm Shizuos Augenringe aufgefallen, als sie sich heute vor dem Casino getroffen hatten. In letzter Zeit schien ihn irgendetwas zu bedrücken. Etwas, das sogar seinen Schlaf beeinträchtigte. „Oi, Shizuo. Mach mal ‘ne Pause.“ Angesprochener drehte sich zu ihm um und musterte ihn, als ob er etwas Schlimmes gesagt hätte. „Aber, du sagtest doch wir müssen-“ „Das regel ich schon alleine. Der nächste Schuldner könnte nicht einmal einer Fliege etwas zur Leide tun, mit ihm werde ich schon fertig. Vertrau mir.“ Tom brachte ein Grinsen auf sein Gesicht und Shizuo könnte schwören, dass es cool aussehen sollte, doch er sah keinen wirklichen Unterschied. „Der danach aber, hat sich schon letztes Mal mit dir angelegt. Sei bis dahin wieder zurück, okay?“ Shizuo brauchte eine Minute, um zu verstehen, dass er nun Toms Erlaubnis hatte, eine Pause zu machen und eine weitere Minute, um Bewegung in seinen Körper zu bringen. „Okay…uh…danke, Tom.“, brachte er hervor und hob die Hand, um seinen Chef zu verabschieden. Tom stiefelte mit einem zufriedenen Ausdruck davon. Eine Weile blickte Shizuo ihm hinterher und beobachtete, wie er hinter der nächsten Ecke verschwand. Der Blondschopf ließ ein kleines Seufzen verlauten. Dann sollte er seine Pause wenigstens anständig nutzen und mal der Bank einen Besuch abstatten. Das Geld dürfte ja wohl hoffentlich angekommen sein… Mit einem seltsamen Gefühl betrat er das Kreditinstitut. Eine kleine Schlange hatte sich vor dem Automaten gebildet, die jedoch relativ zügig voran ging. Als er schließlich an der Reihe war, zögerte Shizuo ein wenig seine Karte in den Schlitz des Automaten zu stecken. Was, wenn immer noch kein Geld da war? Er wusste selber, dass seine Gefühle manchmal mit ihm durchgehen konnten, doch das sollte nicht hier passieren. Mit einem Piepen forderte der Bildschirm des Geldautomaten ihn dazu auf, den nächsten Befehl zu geben. Shizuo drückte auf den Kontostand-Button und kam nicht umhin krampfhaft den Rand des Objektes zu umklammern. Die Uhr drehte sich und drehte sich, bis er schließlich dachte, es würde nie weiter voran gehen. Doch dann änderte sich plötzlich der Bildschirm. Shizuos krampfartige Haltung schwand allmählich und er richtete sich vernünftig auf. „Es ist da…“, murmelte er immer noch ungläubig und freute sich gerade innerlich, als ob man ihm seinen Lieblingskuchen serviert hätte. Shizuo blinzelte und starrte noch einmal auf die verpixelten Zahlen, doch es blieb bei demselben Betrag. Er konnte es immer noch nicht fassen und erst nach einigem ungläubigen Blicken der anderen Personen um ihn herum, hob er die Hand, um den Betrag auszuwählen. Und als schließlich das Bargeld hinaus gespuckt kam und er das Papier in den Händen spürte, fühlte er eine gewisse Erleichterung einkehren. Nun konnte er sich Zigaretten kaufen. Endlich! Shizuo beeilte sich aus dem Gebäude zu kommen, verstaute das Geld sicher in seinem Portemonnaie. Ein kleines Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, während er sich auf den Weg zu dem bestimmten Laden machte. Er konnte es gar nicht abwarten, den Gesichtsausdruck des Flohs zu sehen, wenn er vor seinen Augen seine Lieblingszigaretten rauchen würde. Er bog um eine weitere Ecke, streunte durch einige Passanten durch, bis er schließlich von weitem den Shop sehen konnte. Ein kleiner und eigentlich auch unauffälliger Laden, doch die Insider von Ikebukuro wussten, was sie hier finden konnten. Vor allem weil es hier besondere Dinge gab, die man sonst nirgendwo kaufen konnte. Von außen her gesehen war es nur ein kleiner Kiosk, doch wenn man die richtigen Leute kannte, konnte man auch von den besonderen Dingen Gebrauch machen. Ein kleines Klingeln von einer Glocke ertönte, als Shizuo die Tür öffnete und den Laden betrat. Der typische Geruch von Lavendel schwirrte in seine Nase und es entlockte ihm ein vertrautes Gefühl. Sein Blick schweifte in der Gegend umher und der ganze Krimskrams streckte sich ihm entgegen. Es reichte von Magazinen und Schokolade bis hin zu alten Büchern und Dingen, von denen man nicht mal erahnen konnte, was es sein sollte. „Shizuo! Long time no see, mein Freund!“, hörte man plötzlich eine dunkle Stimme mit Akzent und Shizuo wandte sich an den Tresen. Er hob die Hand. „Yo, Koyama“, begrüßte Shizuo den rothaarigen Mann, der sich nun grinsend über den Tresen lehnte. Wie immer zierte ein Drei-Tage-Bart sein Kinn, als Zeichen, dass er zu faul war, sich mal anständig zu rasieren. Seine Haare fielen ihm dabei wie fast immer ins Gesicht, sodass er sie sich jedes Mal mit einer genervten Bewegung aus dem Gesicht fischte. Seine großen Augen blickten neugierig zu ihm und wie immer lächelte er und entblößte seine weißen Zähne. Genau wie er, schien er sich seine Haare zu färben, doch Shizuo hatte ihn nie darauf angesprochen. Dabei war es kaum zu übersehen, dass er ein Ausländer war. Er hatte schließlich immer Geschichten aus Amerika zu erzählen, dort, wo er eigentlich her kam. Deshalb hatte er sich an seine freundliche, teilweise auch aufdringliche Art gewöhnt. Und auch jetzt hielt der rothaarige Mann sich nicht zurück. „Man, Shizuo! Da dachte ich schon, du hättest nun endlich ins Gras gebissen und mit dem Rauchen aufgehört. Aber nein, hier steht er wieder, unser Bartender!“ Aber Shizuo kannte ihn nicht anders und irgendwie mochte er seine lockere Art. Durch die Art, wie er erzählte und wie er aussah, stach er deutlich aus der Masse heraus. „So schnell nicht, Koyama.“, antwortete der Blondschopf, holte einen der Geldscheine aus seiner Hosentasche und klatschte ihn dem anderen auf den Tisch. „Ich brauch dringend ne‘ Zigarette…“, sagte der ehemalige Bartender und durchbohrte den anderen mit einem Blick, der sagte, dass er es ernst meinte. Koyama blickte kurz hinab auf das Geld auf seinem Tresen, bevor er den Kopf hob und Shizuo angrinste. „Ich hab dir doch gesagt, dass du beim nächsten Mal nicht zahlen brauchst, mein Freund.“ „Nimm es.“, sagte Shizuo beharrlich und schob den Geldschein noch ein paar Zentimeter weiter in seine Richtung. „No.“, sagte er in Englisch und wandte sich den Zigaretten hinter seinem Rücken zu. Shizuo beobachtete, wie er die altbekannte blaue Verpackung hervor fischte und sie auf den Geldschein legte. „You’re lucky, my friend. Die letzte Packung.“, flötete er und schob die Zigarettenschachtel mitsamt dem Geld zu dem blonden Mann zurück. „Ich muss wohl bald nachbestellen…“, murmelte er weiter, während er die Hand an sein Kinn legte. Shizuo schenkte ihm einen unzufriedenen Blick. Er mochte es nicht, in irgendwelchen Schulden zu stehen, auch wenn es laut seinem Kumpel umsonst war. Die freundliche Geste kam wohl immer noch von dem Vorfall von vor fünf Jahren, als er Koyama vor ein paar Schlägertypen gerettet hatte, die ihm arg an den Kragen wollten. Mit wilden Schimpfwörtern wurde er besudelt, wurde fast bewusstlos geschlagen und das nur, weil seine Angreifer ein Problem mit Ausländern hatten. Dabei hatte Koyama niemanden etwas zur leide getan. Inzwischen wusste Shizuo wie dieser Mann tickte, und er war alles andere als gemein und hinterlistig. Dafür manchmal etwas frech, aber auf eine freundliche Art und Weise, sodass man ihm seine Streiche nicht wirklich übel nehmen konnte. Koyama lud ihn seitdem bei Gelegenheit mal öfters zu einem Drink ein, oder spendierte ihm wie heute eine Zigarettenschachtel. Und wie immer, fühlte Shizuo sich nicht ganz wohl bei dem Gedanken solch Gutmütigkeit entgegen gebracht zu bekommen. „Nimm das Geld. Bitte…“, versuchte Shizuo es erneut, doch der rothaarige Mann blieb hartnäckig. Er schüttelte mit dem Kopf. Mit einem geschlagenen Seufzer schnappte sich Shizuo beides vom Tisch und begann die Verpackung zu öffnen. In einer seichten Bewegung hatte er die erste Zigarette seit gestern Abend in der Hand und hielt sie sich für einen Moment unter die Nase. Mit einem tiefen Seufzer inhalierte er den Geruch. Koyama schenkte ihm einen verwirrten und schließlich einen belustigten Blick. „Hast du sie etwa so sehr vermisst?“ Shizuo schnaubte kurz. „Du glaubst gar nicht wie…“, murmelte er und erntete einen weiteren, verdächtigen Blick von dem Rothaarigen. Hatte er etwa versucht mit dem Rauchen aufzuhören? Ein Grinsen schlich sich auf Koyamas Gesicht. „…Girlfriend?“, vermutete Koyama und Shizuo blinzelte kurz, bevor er rot im Gesicht wurde. „Huh?“ „Ob du eine Freundin hast, hab ich gefragt, mein Freund. Warum sonst, solltest du mit dem Rauchen aufhören wollen, hmm…?“ Ein verschmitztes Lächeln formte sich auf Koyamas Gesicht, als Shizuo den Boden betrachtete. „Ich habe nicht aufgehört.“, sagte er schließlich und der rothaarige Mann runzelte die Stirn. „Sah mir aber danach aus, als hättest du es versucht, mein Lieber.“ Der Mann trat hinter seiner Theke hervor und stellte sich neben den Blondschopf. „Du hast noch nie an einer Zigarette geschnüffelt, so wie du es gerade getan hast.“ „Es ist lange her, dass ich eine Zigarette hatte. Das ist alles.“ „Hmm…?“ Koyama grinste immer noch. „Und warum, mein Freund?“ Eine Weile blieb es still und Shizuo schien nachzudenken. Der ganze Vorfall mit dem Floh kam ihm in den Sinn. Wie er vergeblich darum gekämpft hatte, seine Zigaretten zurück zu bekommen, wie er wegen seinen Zigaretten erst in dieses Schlamassel geraten war. Und dann kam ihm der Kuss in den Sinn. Ungewollt begannen seine Wangen vor Scham und auch Zorn zu glühen. Koyama betrachtete ihn für eine Weile amüsiert, bevor er seine Hand auf seine Schulter legte. „Stell sie mir bei Gelegenheit mal vor, Amigo.“, neckte der Rothaarige und irgendwie hatte Shizuo das Bedürfnis, dieses Missverständnis aus der Welt zu schaffen. Es war nicht wegen einer Freundin. Es war wegen dieser Pest. Wegen diesem Bastard! „Ich habe keine Freundin, verdammt!“, fuhr Shizuo ihn an und Koyama wich mit erhobenen Händen aus. Sofort kamen die Schuldgefühle hoch und rammten sich für einen Moment in sein Herz. Es war nicht seine Absicht, seinen Kumpel so anzufahren. Shizuo blies die verbrauchte Luft aus. „Sorry, ich…“, begann Shizuo, doch verstummte und starrte weiterhin auf die Zigarette in seiner Hand. „Schon gut.“, sagte Koyama und tätschelte dann noch einmal seine Schulter. Der rothaarige Mann wusste, dass Shizuo all die Jahre keine Freundin hatte. Nicht seit dem einen Vorfall. „Aber wenn es keine Freundin ist, was ist es dann?“ Shizuo antwortete nicht. Wie sollte er ihm sowas auch erklären? Der Ladenbesitzer schien zu merken, dass der Blondschopf nicht gewillt war zu antworten. Dessen Blick ging in die Ferne und er knirschte mit den Zähnen. „Shizuo!“, rief der andere plötzlich aus und klopfte nochmal mit mehr Stärke auf seine Schulter. „Zieh nicht immer so eine Grimasse! Damit verscheuchst du nur die armen Mädels.“ Shizuo zischte schnaubend und ließ sich nicht weiter drauf ein. „Wir sehen uns.“, sagte der Blondschopf lediglich und verließ eilig den Laden, damit er seine Zigarette endlich anzünden konnte. Koyama winkte ihm hinterher. „See you, Shizuo.“ Als das Nikotin schließlich seine Lungen erfüllte, fühlte Shizuo sich schon fast wie neu geboren. Er nahm einen weiteren, starken Zug und blies den Rauch in den wolkenverhangenen Himmel. Koyama war ein wirklich netter Kerl. Ein „Womanizer“ durchaus, wie er von anderen Kunden in seinem Geschäft manchmal bezeichnet wurde. Was den rothaarigen Mann betraf, hatte er deutlich mehr Glück mit den Frauen. Shizuo grummelte unzufrieden. Seitdem er vor ein paar Jahren ein Mädchen, dass genug Mumm hatte ihn auf ein Treffen einzuladen, während des Dates durch ein doofes Missgeschick fast umgebracht hätte, hielt er sich seitdem von Frauen fern. Es war klar, dass früher oder später so etwas passiert wäre. Immerhin konnte er seine monströse Kraft einfach nicht kontrollieren. Und das würde sich auch nie ändern. Es war sowieso zu ihrem Besten, nichts mit einem Monster zu tun zu haben. Shizuo rauchte inzwischen schon die zweite Zigarette, als er Tom bei dem besagten Apartment traf. Der Mann mit den Dreadlocks runzelte die Stirn, als er sah, dass der andere anscheinend seine Nikotinstängel wieder gefunden hatte. „Bereit für den nächsten?“, fragte er und sah, wie Shizuo wirklich bis zum letzten Rest seine Zigarette aufbrauchte und anschließend auf den Boden schmiss. „Lass uns gehen.“, bestätigte Shizuo und hoffte, dass ihm der nächste Schuldner nicht wieder die gute Stimmung versaute. ♔ ♕ Das silberne Messer verschwand zischend in der Luft, prallte an der Wand ab, bevor es geräuschvoll zu Boden schlitterte. Sofort aktivierten sich mehrere Kameras in dem Raum und drehten sich in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Sein Grinsen vertiefte sich. Seine schwarze Kleidung verschwamm mit den dunklen Wänden, als er sich in Bewegung setzte. Flink wie ein Hase wandte er sich durch den unsichtbaren Parkour, huschte zu den richtigen Stellen und hielt nicht ein einziges Mal an, bis er am anderen Ende angekommen war. Er atmete kurz durch, bevor er sich dem Türschloss vor ihm widmete. Es war beinahe ein Kinderspiel, so einfach war es zu knacken. Es machte ihn misstrauisch und verengte die Augen. Izaya verstärkte den Griff um sein Messer, bevor er den nächsten Raum betrat und sich nun endlich dort befand, wo er hinwollte. Blitzschnell scannte er den Raum mit seinen Augen ab, suchte nach etwas Verdächtigem und als er nichts Entdeckte, erlaubte er sich, etwas zu entspannen. Der Informant holte eines seiner Handys hervor, tippte mehrmals einige Codes hinein, bevor das rote, blinkende Leuchten der Überwachungskameras ausging. Die Kameras in seinem Büro waren noch einfacher auszutricksen, als die im Flur. Wirklich clever war das nicht gerade. Izaya unterdrückte ein Kichern, während er sich voran bewegte. Man wusste schließlich nicht, ob hier nicht noch Wanzen versteckt waren… In einer flinken Bewegung streifte er sich die schwarzen Handschuhe über und machte sich an dem Computer zu schaffen. Es war noch ein relativ alter PC, weshalb es einiges dauerte, bis er hochgefahren war. Das Passwort, was anschließend verlangt wurde, war natürlich kein Hindernis für den Informanten. Unvorbereitet brach er schließlich nirgendswo ein. Seine dunklen Augen huschten eilig durch die Dokumente, scannten E-Mails ab und durchkämmten den restlichen Verlauf des Rechners. Es dauerte ein paar Minuten, bis Izaya auf was Interessantes stieß, was seine Neugierde weckte. Eine E-Mail, dessen Empfänger nicht mehr als den Namen „KH“ trug. Das konnte vieles bedeuten, doch viel wichtiger war der Inhalt der Nachricht. Läuft alles wie geplant. In drei Tagen wird der Test in Shibuya ausgeführt. Alles weitere via Handy. Das Wort Shibuya erweckte seine Neugierde, und er blickte auf das Datum. Wenn er es gleich setzte mit dem was in drei Tagen wäre, musste es der gestrige Tag gewesen sein. Und gestern war das einzig spektakuläre Ereignis, das stattgefunden hatte, der Angriff auf Kasuka. Hing Kirima vielleicht doch noch tiefer in der ganzen Sache mit drin? Izaya hielt sich zurück, als er beinahe belustigt schnauben wollte, denn er wollte immer noch kein Risiko bezüglich der Wanzen eingehen. Mit der linken Hand holte er einen USB-Stick aus seiner Jackentasche und steckte das Objekt in das Laufwerk. Ein kurzer Blick auf sein Handy sagte ihm, dass ihm nicht mehr viel Zeit übrig blieb. Schnell kopierte er alles auf seinen Stick, was er für wichtig hielt. Den Rest der Daten müsste er sich noch einmal in Ruhe Zuhause anschauen… Ein plötzliches Geräusch außerhalb des Raumes ließ ihn hochschrecken. Innerlich fluchte der Informant, als er bemerkte, dass immer noch 10 % fehlten. Mit einem genervten Blick durchlöcherte er den Bildschirm, während er sich schon mal darauf vorbereitete auf einem anderen Wege zu flüchten, als er geplant hatte, denn die Geräusche vor der Tür wurden immer lauter. Er zog sich bereits die Handschuhe aus und verstaute sie wieder in seiner Jackentasche. Als der Ladebalken endlich verschwand und der Vorgang beendet war, zog Izaya rasch den Stick aus dem Computer und fuhr ihn eilig hinunter. Izaya erhob sich gerade von dem Stuhl, als es plötzlich hell in dem Raum wurde. Er verengte kurz die Augen, als das grelle Licht ihn blendete. „Sieh an, sieh an. Wenn das nicht mein alter Freund ist…“, kam eine vertraute Stimme an seine Ohren und Izaya begann gefakt zu grinsen. „Die Freude ist ganz meinerseits, Kirima-san…“, sagte er schmeichelhaft, während er begann mit seinen Händen zu gestikulieren. Der Mann trat einen weiteren Schritt in den Raum, gefolgt von zwei schwarz gekleideten Männern. Die verdächtige Bewegung des Informanten schien die beiden Männer hinter Kirima zu alarmieren, doch sie wurden mit einem Handwink zur Ruhe besinnt. Izayas Augen fokussierten sich auf Kirimas Verhalten und er betrachtete seine Statur. Der kahlköpfige Mann trug einen beigen Anzug, was Izaya bestätigen ließ, dass er - wie auch schon geahnt - bei einem Treffen mit Shiki gewesen sein musste. Der sonstige freundliche Gesichtsausdruck des anderen war nirgends zu entdecken und der Informant fragte sich, was ihn denn so verärgert hatte. „Ich wüsste nicht, dich in meine Behausung eingeladen zu haben, Orihara-san.“, sprach der Glatzkopf kühl und trat einen Schritt auf ihn zu. „Du weißt doch, ich mag es nicht, wenn man sich in meine Angelegenheiten mischt.“ In dieser Hinsicht erinnerte er ihn an Shiki, auch wenn Kirima ganz andere Motive hatte. „In gewisser Weise habe ich eine Einladung bekommen, doch die habe ich nicht bei mir. Tut mir Leid~“, säuselte Izaya, während er ein unschuldiges Gesicht aufsetzte. „Wahrlich unterhaltsam mit dir, Orihara-san.“, begann sein Gegenüber zu sprechen und schnippte kurz mit dem Finger. „Doch du hast Pech. Pech, dass du dir genau heute überlegt hast, mich auszuspionieren.“ Und unmittelbar danach, zückten die beiden Männer ihre Waffen: zwei Pistolen. Izaya grinste. „Das ist aber nicht gerade nett mich zu bedrohen.“, tadelte der Informant und der Griff um seine Messer verstärkte sich. „Läuft dein Drogengeschäft etwa so schlecht zurzeit?“ Izaya wusste, dass er hier in eine gefährliche Zone stieg, doch er konnte es sich nicht verkneifen. „Ich bin nicht in der Laune zu verhandeln, Orihara-san.“ „Seltsam, dasselbe habe ich auch gerade gedacht.“ Und bevor einer der anderen reagieren konnte, begann Izaya den Kampf. Zwei Messer zischten blitzschnell durch die Luft, sodass die beiden Männer nicht einmal bemerkten, wie sie von etwas Spitzem an der Hand getroffen wurden. Mit einem Laut des Schmerzes konnten sie es nicht verhindern, dass die Pistolen zu Boden fielen. Eine davon schlitterte passenderweise in seine Richtung, sodass Izaya sie sich blitzschnell schnappte. In einer galanten Bewegung stand er hinter Kirima und drückte ihm die Waffe an den Kopf. „Ich würde mich nun empfehlen, meine Herrschaften. Und es wäre überaus freundlich, wenn Kirima-san mich begleiten könnte.“, verlangte er in einer scharfen Stimme, wobei jegliche Freundlichkeit wie weggeblasen war. Der eine Mann probierte noch an die zweite Waffe am Boden zu kommen, doch Izaya stampfte mit dem Fuß darauf. „Ah ah, das würde ich nicht tun.“, warnte Izaya und schleuderte das Objekt ans andere Ende des Raumes. Fixiert beobachtete er weiterhin die Reaktionen um ihn herum, bis Kirima auf einmal lachte. „Schon gut, Orihara-san, ich begleitete dich hinaus.“ „A-Aber Kiri-“, begann einer der Männer zu protestieren, aber der Blick seines Vorgesetzten schien ihn zur Ruhe zu zwingen. Izayas Gesicht hellte sich gespielt auf und mit einem Stoß in den Rücken schob er Kirima vorwärts durch die Tür. „Freut mich zu hören. Also dann, man sieht sich!“, verabschiedete er sich von den beiden Männern und lief mit dem kahlköpfigen Mann durch die Tür hinaus. Einfach wunderbar, herrlich. Bisher schien alles noch einmal gut gegangen zu sein. Izaya grinste zuversichtlich, während er weiterhin die Pistole in Kirimas Rücken drückte, damit er bloß nicht auf dumme Ideen kam. „Orihara-san.“, sagte Kirima irgendwann, als er nach einer Weile nicht mehr weiter voran ging. Izaya verengte die Augen. „Ich glaube, hier endet meine Begleitung.“ Der Mann drehte den Kopf zu ihm und ein Grinsen zierte sein Gesicht und in dem Moment wusste Izaya, das alles nur ein Trick war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)