Weihnachtsfoto von Jaelaki (Seto & Joey | Puppyshipping) ================================================================================ Kapitel 3: Geburtstage wie Weihnachten -------------------------------------- Schon am nächsten Tag bereute er seinen Anruf und fuhr sich genervt über die Augen. Seto lag noch im Bett. Üble Laune überrollte ihn, als er an die erbärmliche Sentimentalität dachte, die ihn gestern heimgesucht hatte. Gut, dass ein Kaiba immer eine Strategie hatte, um mit dem Unangenehmen umzugehen: Er würde es ignorieren. Und sollte der Köter es auch nur wagen, eine Andeutung zu machen, würde er ihn verbal krankenhausreif prügeln. Er genoss die Tage nach Neujahr. Tage ohne Feste und Verpflichtungen – nur Arbeit und noch mehr Arbeit, wann und wie er wollte. Niemand, der ihn störte. Keiner, der ihn in langweilige Gespräche verwickelte, um höflich zu sein. Und das nächste Fest in endloser Ferne. Bis er einem Fest entgegenblicken musste, das er fürchtete. Wheeler erwähnte es nebenbei, als wäre es keine große Sache und ging dann einfach zu einem anderen Thema über, was Seto völlig irritierte. »Wusstest du, dass ihr an der Spitze der Innovation von Spielen steht?«, teilte ihm der Köter mit Begeisterung mit und er stierte ihn verärgert an. Sie saßen im Dönerladen, sich gegenüber und Wheeler mampfte seinen zweiten Döner, wie sonst auch immer und blätterte im Wirtschaftsmagazin, was an und für sich durchaus eine Sensation war. Etwas, das man nicht jeden Tag zu sehen bekam. »Wer ist ihr?« Setos Ton hörte sich selbst für ihn unangenehm schneidend an. »Ähm du und – deine Firma?« Wheeler warf ihm einen Blick zu, als bemerkte er erst jetzt, dass etwas ungewöhnlich war. Ungewöhnlicher als ein Seto Kaiba, der mit einem Joey Wheeler in einer Dönerbude zu Mittag aß. »Achja, da war etwas. Meinst du die Firma, wo ich eben war, bis du kamst oder in die ich gleich wieder gehen werde? Oder die, in der ich jeden Tag bleibe, bis man nicht mehr weiß, ob es früh oder spät am Tag ist?« »Mhm.« »Natürlich weiß ich, dass die Kaiba Corp an der Spitze der Innovation von Spielen steht. Seit wann liest du überhaupt? Seit wann liest du das hier? Und wie kommst du jetzt darauf?« Setos Furcht vor Geburtstagen ließ er erfolgreich als Zorn über den Köter schütten. Doch statt selbst in Rage zu geraten, zuckte Wheeler die Achseln. »Ich wollte nur über etwas erzählen, das dich wahrscheinlich mehr interessiert. Du scheinst dich zu langweilen.« »Und wie kommst du darauf?« Seto musterte ihn argwöhnisch, doch Wheeler wich seinem Blick aus. »Du wirkst abwesend. Hörst mir nicht zu. Antwortest nicht, wenn ich dich etwas frage. Ich mein, du ignorierst mich, seitdem ich, naja, dich eingeladen hab. Und jetzt wirst du wütend. Wenn du keinen Bock hast zu kommen, komm nicht.« Seto ließ seine Fingerspitzen zwischen seinen Brauen kreisen. Die Kopfschmerzen pochten dort und in seinen Schläfen. Tief ein- und wieder ausatmend, fand er zu seiner Contenance zurück. »Hast du einen speziellen –« Er zögerte. »Wunsch?« »Hä?« »Zum Geburtstag. Du hast mich eingeladen. Oder nimmst du die Einladung zurück?« Sein Gefühl schwankte zwischen Hoffnung und Unsicherheit. Es irritierte ihn, dass er nicht eindeutig feststellen konnte, ob er hoffte oder eben nicht hoffte, dass Wheeler die Einladung überdachte. »Ich wüsste was, aber – wahrscheinlich –« »Ich werde dir keinen Kuchen backen.« Wheeler gluckste und mit seinem Grinsen schien die angespannte Atmosphäre vergessen. »Ich dachte eher an ein Spiel.« »Oder Blinde Kuh spielen«, spöttelte Seto sofort. »Ich dachte an Dawn of the Dragon«, spezifizierte Wheeler. »Du forderst mich heraus? Den Erfinder und Programmierer des Spiels?« »Japp.« »Ich werde dich nicht gewinnen lassen, nur weil du Geburtstag hast«, stelle Seto klar und Wheelers Strahlen erleuchtete dessen Mimik. Das Hündchen hatte schon bemerkt, dass er eben subtil zugestimmt hatte. »Ich weiß. Das würdest du nicht mal, wenn es mein letztes Spiel vor meinem Tod wäre«, entgegnete Wheeler trocken. Wenn Seto es recht bedachte, dann waren Geburtstage wie Weihnachten – nur ohne Baum und Plätzchen. Es waren Feste mit der Erwartung, dass man sie gerne mit Freunden oder Familie verbrachte. Letzten Endes war Weihnachten auch nur ein Geburtstag, an dem sich die christliche Gemeinschaft mehr oder weniger geeinigt hatte, Gottes Menschwerdung zu feiern. Jesu Geburtstag, wenn man es ganz banal ausdrückte. Die Sache war nur, dass Jesus ihn nicht zu einem Spiel Dawn of the Dragon herausforderte. In seiner Schulzeit waren Wheelers Geburtstage berühmt-berüchtigt. Laut und viel Alkohol. Dass die Polizei am Ende die Party wegen Ruhestörung beendete, war schon geradezu unspektakulär, weil alljährlich. Es waren Partys mit vielen Menschen, manche – das wusste Seto durch Gerüchte – kannte Wheeler nicht einmal, aber jeder war eingeladen, wenn er nur Alkohol mitbrachte. Es schien nur um Oberflächlichkeiten zu gehen – nicht einmal Geschenke, sondern nur einen Abend, an dem am Ende kaum einer mehr wusste, was eigentlich gewesen war. Als sich Wheeler mit Muto angefreundet hatte, reduzierte sich der Alkoholexzess. Nur die Lautstärke blieb unverändert. Seto war niemals auf einem der Feiern gewesen. Offensichtlich. Weder Alkohol noch Lautstärke hätten ihn jemals dazu verführt – von den Menschen, die dort auftauchten, ganz zu schweigen. Hätte ihm irgendwann in seiner Schulzeit einmal jemand gesagt, er würde eines Tages – heute, den 25. Januar – seinen Wagen vor Wheelers Wohnung parken, um zu dessen Geburtstagsfeier zu gehen, hätte er ihn wegen Rufmordes verklagt. Wheeler Wohnung war Teil in einem Wohnkomplex, der aus einzelnen größeren Häusern bestand. Jedes Haus mochte drei, vier Wohnungen umfassen. Damit war es kein Vergleich zu dem Zuhause in Wheelers Jugend, dessen Wohnblöcke versifft und heruntergekommen gewesen waren. Ein Park rundete die Umgebung ab, in dem zu dieser Zeit kahle Bäume standen und frischer Schnee wie Puderzucker den Boden bedeckte. Zwei Schneemänner standen dort, weiter hinten lieferten sich eine Gruppe Kinder eine Schneeballschlacht. Seto stiefelte über den gefegten Weg und ließ seinen Blick das Gebäude empor wandern, ehe er auf dem Klingelschild »Wheeler« hängen blieb. Als er die Klingel drückte, betrachtete er das Geschenk in seinen Händen voller Skepsis. Vielleicht hätte er – oder lieber – vielleicht auch nicht. Eigentlich waren sie aus dem Alter eh draußen. »Komm hoch. Erster Stock!«, trällerte Wheelers Stimme ihm durch die Sprechanlage entgegen und er vernahm gleichzeitig das Klicken der Eingangstür. Oben angekommen stürmten Lin und Karin auf ihn zu. Letztere ahmte wahrscheinlich nur erstere nach, vermutete Seto, doch ihm war die Reaktion von Kindern schleierhaft. Wheeler schlenderte den beiden nach und grinste. »Hier das obligatorische Geschenk und die obligatorischen Glückwünsche.« Seto streckte ihm das Päckchen, das fast ein Unterarm lang war, entgegen, als wollte er es schnellstmöglich los werden. »So wie dein obligatorischer Besuch?«, zog ihn Wheeler auf Seto beachtete diesen Einwurf nicht weiter, denn würde er das Ganze von außen betrachten, hätte er zugeben müssen, dass es nichts Obligatorisches an der Situation gab. Er hätte der Feier fernbleiben können – niemand hätte ihn wirklich dazu gezwungen. Nicht einmal Wheeler, da war er sich sicher, hätte er die Einladung abgewiesen. Durch seinen Kopf zuckte die Frage, wie Wheeler darauf reagiert hätte. Gleichgültig? Gefasst? Mit der Schulter gezuckt oder enttäuscht? Hätte es für ihn überhaupt einen Unterschied gemacht? War das hier eine Einladung nur der Höflichkeit halber? Seto folgte in das Wohnzimmer, Lin und Karin schoben sich an ihm vorbei, um erster dort zu sein – warum auch immer. Ein Blick in die Runde dementierte Setos Annahme, es handele sich lediglich um Höflichkeit. Das hier waren nur Wheelers engste Freunde. Ein seltsames Gefühl kraulte seinen Hals hinauf. »Ich wusste, du kommst«, raunte ihm sein kleiner Bruder zu. Yukiko lächelte ihn an. Nachdem sie gemeinsam Kuchen gegessen hatten (»Isst du das Stück noch, Kaiba?« »Wieso? Du wirst es doch nicht –« »Natürlich, ess ich es, wenn du es nicht mehr willst.« »Es liegt auf meinem Teller, Wheeler! Ich habe es bereits angefangen zu essen.« »Seh ich. Willst du es noch?« »Nein.« »Bist du krank?« »Warum –« »Ich liebe Schokokuchen!«, mampfte Wheeler ungeniert), saßen sie zusammen und er hörte einige Anekdoten. Manche ließen Joey breit grinsen, andere verlegen am Hinterkopf kratzen. »Wusstet ihr, dass Joey Zeitungsausschnitte über Kaiba in den USA gesammelt hat?«, witzelte Tristan und sein Kopf ruckte in Setos Richtung, als er davon anfing. »Was? So ein – Tris!«, empörte sich Wheeler sofort und schien auf einmal furchtbar beschäftigt mit seinen Geschenken, die er gerade auspackte. Setos Augenbrauen wanderten seine Stirn hinauf. Mokuba stieß ihn von der Seite an und grinste, was ihn genervt die Augen verdrehen ließ. »Ich hab die Kiste beim Umzug ge-« »Das war keine Kiste! Das waren nur –« Tristan überhörte Wheelers Einwurf geflissentlich. Yugi schaute von dem einen zum anderen. Sein Blick blieb an Seto kleben. »Ich wollte damals informiert bleiben. Was ist daran so –« »Du hast das Zeug immer noch.« »Das – nur zufällig. Ich – also echt jetzt! Wie kommst du jetzt darauf?« »Vielleicht hab ich mich nur gewundert, wo die Zeitungsausschnitte über Yugi sind?« Wheeler warf ihm einen Blick zu, sprang auf und verließ das Zimmer. Sie schauten ihm verwundert (Kaiba betont gleichgültig) nach. »Ist er jetzt eingeschnappt?«, fragte Tristan an Yugi gewandt, doch der zuckte ratlos die Schultern. Als Thea Tristan bereits für sein Verhalten rügen wollte, rauschte Wheeler schon zurück in das Wohnzimmer mit einer Kiste voller Bilder, Zeitungsausschnitten und ausgedruckten Emails und einem breiten Grinsen im Gesicht. »Hier. Das ist Yugis Kiste. Willst du auch deine eigene sehen, Tris?«, fragte Wheeler nach, doch Tristan hob nur abwehrend die Hände. »Ist ja schon gut. Will gar nicht so genau wissen, was du da alles gegen mich in der Hand hast.« »Besser so.« Yugi lugte währenddessen neugierig in die Pappkiste, auf der mit Wheelers krakeliger Schrift »Yugi« stand, und zog einen Zeitungsausschnitt heraus. »Meine Güte«, begann der,»das ist ja«, er schaute auf das Datum des Artikels, »das ist wirklich schon siebzehn Jahre her!« Seine großen Augen schauten in die Runde. »Und trotzdem alle beisammen.« »Woah, stimmt. Schon siebzehn Jahre!«, bestätigte Tristan und Thea beugte sich zu ihnen hinüber, um den Artikel zu sehen. »Das waren Zeiten. Erinnerst du dich noch als«, wandte sich Mokuba an seinen Bruder, der das Bild natürlich sofort wiedererkannte und anstatt seinem Bruder zu antworten, schnellte sein Blick zu Wheeler, der diesen mit einem Grinsen erwiderte. Über dem Artikel prangerte das Bild aus dem Königreich der Duellanten. Wheeler schien so wenig Aufmerksamkeitsspanne zu besitzen, dass er für das Öffnen der Geschenke den ganzen Abend benötigte. Ständig lenkte ihn etwas ab oder er ließ ein Geschenk nur halbgeöffnet liegen, um noch ein Kuchenstück zu essen oder um Yugi zuzustimmen oder Tristan zu widersprechen oder umgekehrt. Vielleicht rechnete Seto deswegen gar nicht mehr damit, dass das Geschenk, das er Wheeler überreicht hatte, noch in seiner Anwesenheit geöffnet würde. Wenn er ehrlich zu sich war, wäre es ihm auch lieber gewesen. »Was. Zur. Hölle!«, rief Wheeler, als er das Geschenkpapier in der Hand hielt und Seto ungläubig anstarrte. Damit befanden sich die beiden natürlich im Zentrum der Aufmerksamkeit, was Seto wenn möglich hatte vermeiden wollen. »Das ist – das ist – das neue –« Mokuba übersetzte das Gestammel mit einem Blick auf das Gerät in Wheelers Hände in einen vollständigen Satz. »Das ist das neue DuelDisk-Holo-System. Aber«, hier wandte er sich erstaunt an seinen großen Bruder, »das habt ihr doch noch nicht auf den Markt gebracht« »Das ist die Beta-Version. Ich habe Wheeler in das Programm geschrieben. Er ist jetzt offiziell ein Beta-Tester des Produkts«, entgegnete Seto, als wäre es offensichtlich. Wheeler starrte ihn an, öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, aber es kam nichts über seine Lippen. »Wow. Das nenn ich mal Ehre«, hörte Seto stattdessen aus Tristans Mund und wurde sich des bewundernden Blicks aus Yugis Augen gewahr. »Bedienung ohne die DuelDisk zu berühren. Interaktiv direkt steuerbar. Vier Kameras, die den Blick des Nutzers verfolgen, um dreidimensionale Bilder zu projektieren. Dazu Air-Touch und Air-Unlock«, zählte Mokuba auf. »Und warum bin ich kein Beta-Tester?«, zog er Seto vor allen auf, was den im ersten Moment sprachlos machte. »Das letzte Mal, als ich mit der Bitte an dich herantrat, meintest du schon wieder?«, erinnerte er ihn dunkel und Mokuba grinste. »Achja. Das war in der Zeit als Lin zahnte und ich keine Nacht richtig schlafen konnte.« »Uh, ja, daran erinnere ich mich selbst noch zu gut«, stimmte ihm Wheeler zu und hatte scheinbar seine Stimme wieder gefunden, doch sein Blick klebte noch immer auf der Verpackung des Gerätes, als hielte er den Heiligen Gral in den eigenen Fingern. »Nicht als ich gezahnt habe, sondern Karin«, kam er Tristan – der schon den Mund geöffnet hatte – mit einem gelangweilten Blick zuvor, doch dann wandte er sich abrupt Thea zu, als wäre ihm ein Gedanke gekommen. Gedanken musste Wheeler seit je her in die Welt hinaus posaunen – entweder weil er sie sofort wieder vergaß, sich bemerkbar machen wollte oder weil er tatsächlich glaubte, sie wären wichtig. »Hey, wo ich grade dran denke. Thea, könntest du an einem Abend auf Karin aufpassen? Kaiba und ich wollten ein Spiel spielen.« Als nächstes hörte man nur noch Tristans Husten, der sich offenbar an seinem Kaffee verschluckt hatte. Seto war noch nie naiv gewesen. Sein Verstand kalkulierte nüchtern und realistisch. Seine Planung war exakt und effizient. Wheelers Planungen hingegen – waren meistens nicht existent. Er lebte sein Leben ohne größere Strategie. Er war spontan und meisterte Aufgaben auch ohne Organisation. Wie genau er das schaffte, war Seto schleierhaft. Und es wurde ihm auch nicht verständlicher, als er selbst Teil davon wurde. Das Telefon in seinem Büro klingelte gegen achtzehn Uhr, als er überrascht abnahm (denn normalerweise stellte ihn seine Sekretärin durch). Niemand – außer Mokuba – rief ihn direkt hier an. Also musste es ein Notfall sein. »Ich hab Lust auf Pizza«, trällerte ihm durch den Hörer entgegen. »Was? Wheeler?« »Ja, hast du noch viel Arbeit? Ach, was frag ich. Ist mir egal. Kommst du? Du hast mir ein Spiel versprochen. Als Geburtstagsgeschenk«, schob er hinterher, als wäre es das Totschlagargument schlechthin. »Thea passt extra auf Karin auf, damit wir –« »Ich wusste nichts von heute, woher sollte deine Freundin davon –« »Ich hab es vergessen, dir zu sagen.« Seto rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über die inneren Augenwinkel. »Hast du noch dein Deck?« »Natürlich habe ich noch mein –« In diesem Moment wusste er, dass das die falsche Antwort gewesen war. »Cool, ich bin dann in einer halben Stunde bei dir.« »Du willst Pizza bestellen und –« »Ja, soll ich dir was mitbringen?« »Nein, und ich habe mein Deck nicht in meinem Büro.« »Oh –« Für einen Moment dachte Seto tatsächlich, dass Wheeler endlich begriffen hatte, dass er heute keine Zeit für ihn hätte. Es war ein Augenblick, in dem er sich eingestehen musste, dass er manchmal eben doch naiv war. »Ist bestimmt bei dir zu Hause –« In diesem Moment wusste Seto, was kommen würde. Im Nachhinein war Seto nicht einmal mehr im Stande zu rekonstruieren, wie Wheeler ihn dazu gebracht hatte um acht Uhr bei sich zu Hause die Tür aufzuschließen und einzutreten. Um wenigstens ein bisschen seine Reputation zu behalten, hatte er seiner Sekretärin mitgeteilt, er würde heute zu Hause die Akten bearbeiten und hatte sich entsprechend den Koffer vollgepackt. Frau Yagami hatte ihn verwundert gemustert, aber lediglich genickt. Nur zehn Minuten später klingelte es. »Wow, sieht hier ja noch genauso aus wie früher.« Wheeler trat ein und zog seinen Mantel aus. In der Hand hielt er das DuelDisk-Holo-System und eine DuelDisk. »Woher –« »Och, ich hab dich damals zu meinem Geburtstag einladen wollen –« »Du hast mich nie –« »Ich hatt's mir anders überlegt und ich wollte ganz schnell verschwinden, aber Mokuba hat mich gesehen und es war kalt draußen. Fast so'n Schneesturm und er hat mich auf eine heiße Schokolade eingeladen gehabt. Hat er dir das nie erzählt?« Damit trat er in das Wohnzimmer, als würde er das immer so machen. »Mhm. Warum hättest du mich einladen wollen?« Seto folgte ihm, nahm ihm den Mantel wortlos aus der Hand und hängte ihn nebenbei auf. »Wollte ich nicht.« Auf Setos vielsagenden Blick, fügte er hinzu: »Das war nach dem Königreich der Duellanten. Yugi hat damals gemeint – es wäre – nett.« Wheelers breites Grinsen sprach für sich. Seto konnte sich das Gespräch der beiden gut vorstellen. Anscheinend war Muto für Wheeler das, was Wheeler für ihn war: der Motor, der ihn etwas machen ließ, was er eigentlich gar nicht so geplant hatte. Bei dem Gedanken an Muto und Wheeler lief ihm etwas Bitteres durch die Adern. Mit einem Ruck ließ er sich auf dem Sofa schräg gegenüber des Sessels – wo Wheeler gerade stand – nieder. Sein Blick fiel auf das Gerät, das das Hündchen auf den Couchtisch platziert hatte. »Was hast du mit der DuelDisk gemacht? Die sieht aus –« »– als wäre sie mir ein paar Mal runtergefallen, joar.« Anstatt sich auf dem Sessel breit zu machen, setzte sich Wheeler neben ihn auf die Couch. Nicht unangenehm nah, aber doch so, dass Seto sich seiner Präsenz erstaunlich bewusst war. »So etwas steckt sie weg«, hörte er sich sagen, obwohl seine Aufmerksamkeit auf Wheelers Händen lag, die sich gerade hinter dessen Kopf verschränkten. Wie nebenbei glitt sein Blick über Wheelers Profil. »Das habe ich monatelang getestet. Jahrelang inzwischen.« »Naja«, entgegnete Wheeler gedehnt. Seine blonden Strähnen hingen ihm in der Stirn und obwohl er sein Haar deutlich kürzer trug als in der Schulzeit, stand es ihm wirr vom Kopf ab. »Mir ist ein Mal Kaffee drüber gelaufen. Oder zwei Mal und dann hat Tris' Hund daran genagt. Der nagt an allem, ohne Witz. Meine Schuhe waren schon ein paar Mal wegen dem hin. Dann ist Karin ein paar Mal drüber geklettert und hat damit gespielt. Und ich glaube, sie ist mir ein Mal vom Balkon gefallen. Also nicht Karin, sondern die DuelDisk. Ein Mal oder zwei Mal. Oder so.« »Wie hast du – ach, vergiss es.« Bei Wheeler stellte man gewisse Fragen einfach nicht. Vor allem nicht dann, wenn er einen so ansah. So, als könnte er durch einen durchsehen. »Hast du was gegen Pizza?«, fragte Wheeler stattdessen und griff schon in seine Hosentasche. »Ich könnte eine Pizza machen lassen.« »Ja, also ich kenn die Nummer auswendig. Wir –« »Von meiner Haushälterin. Sie hat sonst kaum etwas in der Küche zu tun. Ich esse normalerweise –« »Nichts?«, zog ihn Wheeler auf und dessen Grinsen verführte seine Mundwinkel zu zucken. »Nicht hier zu Hause«, brummte Seto über seine eigene Reaktion verärgert. »Okay, voll gut. Oder Lasagne? Oder Kartoffelauflauf oder –« »Was auch immer du willst«, unterbrach Seto die euphorische Aufzählung und Wheeler lehnte sich zu ihm. »Weil du mir nichts abschlagen kannst?«, wollte er wissen und es klang nach einer Frage, aber in Wheelers Augen stand, dass er es gar nicht fragen brauchte. Und noch etwas Anderes; wie eine Frage, die hinter den Worten stand. »Ich könnte dich sofort von meinem Anwesen entfernen lassen«, hielt Seto ruhig dagegen, aber so ruhig fühlte er sich gerade nicht. In Wheelers Blick lag etwas, das seinen Magen rauschen ließ. »Wirklich?«, provozierte Wheeler ihn und beugte sich zu ihm, um ihm in die Augen zu funkeln. Dabei berührte sein Bein das von Seto, was ihn erstarren ließ, als erwarte er einen Blitzeinschlag. Wheeler schien ihn zu hypnotisieren. Anders konnte er sich seinen mentalen Zusammensturz nicht erklären. Keine Gedanken. Keine Pläne. Keine Worte, die er ihm an den Kopf ballern konnte. Sein Blick streifte Wheelers Gesichtszüge. Er hatte ein paar Sommersprossen auf der Nase. Die Augen waren gar nicht ganz braun, sondern hatten einen grünlichen Stich, wenn man ganz, ganz nah war. Seine Lippen – Jemand stieß die Tür zum Wohnzimmer auf und sie fuhren auseinander. »Herr Kaiba, oh, Verzeihung. Ich wusste nicht, dass Sie schon hier sind. Oder Besuch haben. Ich dachte vorhin, ich hätte etwas gehört, aber –«, plapperte seine Haushälterin sichtlich verlegen. »Lasagne«, krächzte er und räusperte sich dann, richtete sich auf und ordnete höflich an: »Könnten Sie uns eine Lasagne zubereiten, Frau Wong? Dankeschön.« Neben ihm sank Wheeler zurück ins Sofa, als seine Haushälterin wieder verschwand. »Wie wäre eine Runde Dawn of the Dragon?«, schlug Wheeler vor, als wäre nichts gewesen, doch die Röte auf seinen Wangen zeugte von etwas ganz Anderem. Setos Strategie, um mit dem Unangenehmen umzugehen, war es zu ignorieren. Wheeler war ihm scheinbar gar nicht so unähnlich darin. Es war nicht so, als wäre alles wieder wie vorher. Es stand zwischen ihnen und wenn er Wheelers Blick auffing, dann wusste er auch sofort, dass der andere das auch wusste. Da war etwas in der Luft, wenn sie miteinander sprachen – als existierte ein geheimer Subtext zu ihren Sätzen. Als läge etwas zwischen den Worten, das keiner von ihnen auszusprechen wagte. Um ehrlich zu sein, hätte Seto das wahrscheinlich auch weiterhin so gelassen. Sie kamen immerhin durch den Sommer mit der Strategie und meisterten fürchterliche, wirklich Angst einflößende Herausforderungen. (»Hör zu. Thea und Yugi sind in Urlaub, Tristan hat keinen Schimmer von Kindern und –« »Und dann rufst du mich an?« »Ich will, dass Karins Geburtstagsfeier genial wird.« »Und bei dem Adjektiv genial, bin ich dir natürlich sofort eingefallen. Verständlich.« Natürlich wurde die Kinderparty mit seiner Hilfe genial. Während er sich selbst zwei Wochen später, während ihres allwöchentlichen Döneressens donnerstags, an Wheeler wandte. »Mokubas Geburtstag ist ba-« »Er hat schon gemeint, wenn du damit zu mir kommst, soll ich dir sagen, dass er einen Rundflug mit dem Hubschrauber mit seiner Frau und Lin und dir machen will. Aber sag ihm nicht, dass ich dir das gesagt hab.« »Wieso?« »Er hat auch gemeint, ich sollte dir nicht sagen, dass er es mir gesagt –« »Am einfachsten ist, wir tun einfach so, als wüsste niemand etwas«, legte Seto genervt fest. »Japp, genau.«) Und mit der Strategie, so zu tun, als wüsste niemand etwas, konnten sie wunderbar so tun, als wüsste wirklich niemand etwas. Obwohl sie natürlich wussten, dass sie es wussten. Manche Feiern konnte Seto nicht vermeiden. Weihnachten gehörte dazu und auch Neujahr. Aber seinen eigenen Geburtstag hatte er stets so gefeiert, wie er es für richtig gehalten hatte. Nämlich gar nicht. Er erwartete nicht einmal Geburtstagsanrufe. Schon gar nicht einen Tag davor. Und genau dieser Anruf war es auch, der ihre bisher so angenehme Strategie in einer Nacht über den Haufen werfen sollte. Am 24. Oktober klingelte das Telefon in seinem Büro um genau neun Uhr zweiundfünfzig. Er schaute auf die Uhr, weil er das immer tat, wenn er bei der Arbeit unterbrochen wurde. Als sich Wheelers Stimme nahe seines Ohres räusperte, kraulte eine Gänsehaut seinen Nacken, die er natürlich sofort ignorierte. »Was willst du, Wheeler? Ich arbei-« »Was hast du damals gemacht, wenn Mokuba Fieber hatte?«, platzte Wheeler sofort heraus. Er atmete schwer, als würde er gerade hektisch durch das Zimmer schreiten. Überhaupt klang er gehetzt. Im Hintergrund weinte leise ein Kind. »Sie hat Fieber. Karin und – ich hab schon beim Arzt angerufen, aber die Arzthelferin meinte, erst wenn es über achtunddreißig Grad geht, soll ich vorbeischauen. Aber sie weint die ganze Zeit.« »Es kann doch nicht sein, dass deine Tochter bisher nie Fieber hatte, was hast du sonst –« »Natürlich hatte sie schon einmal Fieber, aber damals war –«, er hörte, wie Wheeler tief ein- und ausatmete und sich förmlich zu den nächsten Worten zwingen musste, »ich nicht allein.« Setos Blick wanderte über den Bildschirm und die Akten, die er bis morgen früh durcharbeiten wollte – sollte – musste. »Aber – ist schon gut. Ich hab bestimmt überreagiert. Sorry. Ich – krieg das schon hin«, lenkte Wheeler mit einem Mal ein. Seto atmete tief durch. »Okay, dann – gute Besserung.« Wheeler legte als erstes auf. Eine halbe Stunde arbeitete Seto weiter und zwang sich, seine Konzentration auf die Dokumente vor sich zu legen. Eine Viertelstunde später gestand er sich ein, dass er vor seinem inneren Auge keine einzige Zahl wahrgenommen hatte, sondern nur eine einzige Person. Er schnappte sich seinen Mantel, seinen Schal und einen Regenschirm, um in den Regen hinauszutreten. Wheelers Wohnung befand sich mit dem Auto gar nicht so weit weg von seinem Büro, wenn kein Stau herrschte. In der Nacht – so wie jetzt gerade – bremsten ihn nur sein Sicherheitsbewusstsein und Verantwortungsgefühl. Als er dort ankam – und nach dem er keinen Parkplatz gefunden hatte, einfach in zweiter Reihe sein Auto abstellte – drückte er ohne ein Zögern die Klingel. Wheelers Stimme klang erschöpft und gereizt, als er fragte, wer da war. »Ich.« Ohne ein weiteres Wort über die Sprechanlage, summte die Eingangstür. Wheeler öffnete ihm oben die Tür mit dem Kind im Arm. Verheult schaute Karin ihm entgegen – sofort erinnerte es ihn an damals, als Mokuba – den Gedanken beiseite schiebend, trat er ein und schob sich an Wheeler vorbei, während er bereits seinen Mantel auszog. »Hast du Tee gemacht?«, fragte Seto ihn statt einer Begrüßung, stellte den Regenschirm gegen die Wand und zog den Schal aus. Wheeler schüttelte den Kopf. »Gib sie mir«, verlangte Seto. Es war effizienter, wenn Wheeler selbst in der Küche hantierte statt ihm, der nicht wusste, wo was war. »Alles gut, Karin.« Sie schaute ihn mit großen Augen an und legte dann erschöpft ihren Kopf auf seine Brust. »Wheeler, du machst Tee. Setzt ihn auf. Hast du eine Wärmeflasche? Und wir brauchen Waschlappen.« Wheeler folgte seinen Anweisungen ohne Widerspruch. »Ist dir kalt, Karin?«, fragte Seto leise an das Kind in seinem Arm gewandt. Er spürte ihr Kopfschütteln in der Halsbeuge. »Ist dir heiß?« Sie nickte zögerlich. »Wir fangen mit den Waschlappen an. Kühles Wasser, Hündchen. Bring es her.« Das Wasser für den Tee brodelte allmählich. Mit einer Wärmeflasche in der Hand rauschte Wheeler an ihnen vorbei ins Bad und besorgte Waschlappen. »So ist gut«, lobte Seto ihn, als wäre er ein braver Hund, was Wheelers Augen funkeln ließ. »Ich lass es dir heute durchgehen«, entschloss er sich, als wäre er außerordentlich gutherzig deswegen, »aber nur heute.« Eine Stunde später lag Karin in ihrem Bett und schlief. »Gott, ist es plötzlich still«, flüsterte Wheeler und alles an ihm drückte Erleichterung, aber auch Erschöpfung aus. Sie standen an dem Gitterbett des Mädchens und betrachteten ihr Werk. »Manchmal glaube ich, dass ich es nicht schaffe«, hauchte Wheeler und die wenigen Worte in dem dämmrigen Kinderzimmer waren so intim wie nichts, was sie jemals zuvor geteilt hatten. Nach einem Augenblick, in dem Seto nichts erwiderte, sondern nur den regelmäßigen Atemzüge des Mädchens und denen von Wheeler lauschte, erwiderte er ruhig, dass er das Gefühl kannte. Wheelers ungläubiger Blick traf ihn von der Seite. »Aber – du – wirklich?« »Ich liebe Mokuba über alles«, es war irgendwie seltsam, das vor Wheeler so offen zu bekennen, »aber es war eine harte Zeit. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen.« Möglicherweise war es die Dunkelheit, die ihm das Gefühl von Sicherheit vermittelte, von Intimität oder Wheelers ruhiger Atem, jedenfalls offenbarte er weiter, dass er nach dem Tod seiner Eltern glaubte, nicht weiter leben zu können, aber es zu müssen. »Ja«, stimmte Wheeler ihm flüsternd zu, »nachdem – nach der ganzen Sache. Es fühlte sich für mich an, als wäre mein ganzes Leben nur noch – da, aber ohne – Richtung. Ohne Sinn. Alle Pläne –« »– zerstört, alle Wünsche plötzlich wertlos, lächerlich«, führte Seto leise aus. »Ja.« Wheeler ließ die Luft zwischen seinen Zähnen entweichen. »Komischerweise hat dann immer eine Stimme in meinem Kopf gesagt: Du wirst doch nicht tatsächlich so erbärmlich sein? Selbst ein drittklassiger Duellant versucht wenigstens ein Duell zu gewinnen.« Seto sah ihn regungslos an. »Es war deine Stimme. In meinem Kopf.« Für einen Moment betrachtete er Wheelers Profil. Sein Blick ruhte auf dem Kind im Bett. »Das hört sich äußerst bedenklich an«, flüsterte er in einem witzlosen Versuch, dieses unglaublich Bedrückende aus Wheelers Mimik zu vertreiben. Natürlich ohne Erfolg. »Das – Ganze – war direkt nachdem du das professionelle Gamen aufgegeben hattest und nach deiner Ausbildung zum Fotografen?«, hakte Seto nach. »Nicht ganz«, entgegnete Wheeler und erzählte von seinem Studium des Kommunikationsdesigns. »Amy hat mich dazu gebracht – ohne sie hätt' ich nie dran geglaubt, dass ich das schaffen könnte«, schloss er und strich dem Kind über die blonden Locken. Stille legte sich einen Moment über sie beide. »Danach wollten wir zusammen nach Europa gehen, aber – ich hab' gedacht, ich würd' es nicht schaffen. Sie war plötzlich weg. Jedenfalls – Karin war noch so klein, gerade erst – da. Es war Amys und mein Traum zusammen nach Europa zu gehen. Aber – es war wichtiger, erst einmal nach Hause zu kommen – wo auch immer das war. Dort war es jedenfalls nicht mehr. Und nach ein paar Umwegen kam ich hierher.« »Was für Umwege?« »Mein Vater, ihre Eltern, meine Mutter – die Kurzfassung.« Sein Ton machte deutlich, dass er für die Langfassung gerade nicht bereit war. Seto kannte dieses Gefühl. Wenn man von Neuem anfangen musste, obwohl man glaubte, keine Kraft dafür zu haben. Irgendwo ankommen zu müssen, ohne die Gewissheit, es wirklich zu schaffen. Das Gefühl, alles, was bisher im Leben wichtig und richtig gewesen war, in einem Augenblick zu verlieren und mit der Faust des Schicksals eingeprügelt zu bekommen, dass Wünsche und Träume nur etwas für Kinder waren. Hätte Mokuba nicht an ihn geglaubt, vielleicht stünde er heute nicht hier. Wheeler hatte all das in den letzten Jahren auch kennen lernen müssen. Wo Seto aber alles hinter einer Mauer aus Abweisung und Distanz verschanzte, überspielte Wheeler es mit einem breiten Grinsen. Nur manchmal schafften sie es nicht, dieses Spiel aufrecht zu erhalten. »Danke, dass du –« Wheelers Stimme brach ab, als er ihn anblickte und seine Augen etwas zu erkennen schienen. Seto selbst schaute ihn an und war nicht auf den abrupten Blickkontakt vorbereitet gewesen. Er würde niemals danach fragen, was Wheeler in diesem Augenblick in ihm erkannt haben mochte. Vielleicht, weil er sich vor der Antwort fürchtete. Doch diese Furcht war nur ein Schatten im Vergleich zu dem Licht, das Wheeler in ihm entzündete, als er sich an ihn lehnte, seine eine Hand auf die Schulter legte und gleichzeitig die Lippen mit den seinigen berührte. Ein Feuer brannte sich durch seinen Magen, ein Schneesturm fegte durch seine Adern und ließ seine Finger erkalten. Die Hitze loderte bis in seine Wangen, hinab zu seinem – Entsetzt drückte er Wheeler eine Armlänge von sich weg. »Wheeler«, fing er an, um seine Gedanken, die sich in der Stille formten nicht verfolgen zu müssen, dabei wusste er nicht, was er sagen sollte. »Joey«, entgegnete Wheeler ihm schlicht, »spätestens jetzt solltest du so weit sein, um meinen Vornamen zu benutzen, Kaiba.« »Sagte er und bekam es selbst nicht hin«, meinte Seto trocken und schaute ihn mit gehobenen Brauen an. Stille trat zwischen sie. Aber es war kein unangenehmes Schweigen, sondern eher eine erwartungsvolle Ruhe, bis Wheeler etwas murmelte. »Mh?«, hakte Seto nach. »Seto«, sagte Wheeler lediglich. »Ja?« »Nichts. Nur als Beweis.« Er rieb sich über die Augen, was noch etwas ganz Anderes bewies und Seto langsam das Kinderzimmer verlassen ließ. Wheeler – Joey folgte ihm und beobachtete, wie er sich seinen Mantel überzog. »Weißt du, du kannst auch hier schlafen. Ich –« »Nein, danke«, widersprach Seto vielleicht etwas zu heftig, denn Joey blieb einen Moment regungslos und stumm stehen. »Hast du Angst, dass ich dich in der Nacht – bedränge?« »Und wenn es so wäre?«, provozierte Seto ihn stoisch. »Sei nicht albern, ich bin so müde, ich würde jetzt nicht einmal mehr einen –« »Ich will es gar nicht wissen.« »Einen Döner packen«, beendete Joey seinen Satz mit Schalk in den übermüdeten Augen. Mit einem Blick auf die Uhr versicherte sich Joey der Zeit und stöhnte leise auf. »Und ich muss morgen – nein, heute – später arbeiten.« »Ich auch«, erwiderte Seto unbeeindruckt. »Ja, aber dein Chef kann dich nicht dumm anmachen.« »Weil ich mich niemals selbst dumm anmachen würde«, bestätigte Seto trocken. »Genau.« Er öffnete ihm die Tür und Seto schritt hinaus, zögerte einen Moment, doch dann war er bereits aus der Wohnung getreten. »Uh, bevor ich es vergesse«, hielt ihn Joey doch nochmals auf, schenkte ihm einen müden Blick und ein schiefes Lächeln. »Alles Gute zum Geburtstag, Seto.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)