Someday von Tjamad (| Sasuke und Sakura |) ================================================================================ Prolog: How life goes --------------------- P R O L O G How life goes - Ω - Manchmal passierten Dinge, die sie nicht geplant hatte. Diese Dinge passierten einfach und sie konnte nichts dagegen tun. Diese Dinge kamen und gingen. Sie hatte es nicht in der Hand. Und genau das, dass sie es nicht in der Hand hatte und nur tatenlos zusehen konnte, begleitete sie bereits ihr ganzes Leben lang. Und sie hasste es. Sakura hasste es und hatte es von Anfang an gehasst. Und jetzt hasste sie es auch. „Hörst du mir überhaupt zu, Sakura?“ Als Tsunades eindringlichen Worte sie erreichten, zuckte sie lediglich ein klein wenig zusammen. Ihre trägen Augen sahen weiterhin in die Braunen ihrer Meisterin, müde und erschöpft. Es ist ein Donnerstagmorgen und die Haruno saß heute zur Abwechslung als erste vor der Hokage, welche sie sogar vom Krankenhaus nach einer Nachtschicht eskortieren ließ. Sie saß nun also auf diesem Stuhl, schien fast schon einzusinken und identifizierte einen seltsamen Geruch, der sie an Fertigramen erinnert. - Oh, tja, das ist wohl das rote Top, das sie seit vier Tagen anhatte. Sie räusperte sich leise. „Natürlich“, war ihre lahme Antwort. Sie strich sich eine rosa Haarsträhne hinter das rechtes Ohr, doch das rettete nicht das Gesamtbild – ihre Haare waren ein totales Chaos. Und ungewaschen noch dazu. „Ich sag dir jetzt mal was“, begann Tsunade, lehnte sich auf ihrem Stuhl vor und kniff die Augen zusammen. Und das hatte sie mit solch einer Energie gesagt, dass Sakura erneut zusammengezuckt war. „Du isst nicht, du schläfst nicht, du machst nichts in deiner Freizeit, nein! - Das einzige was du tust, ist Arbeiten und Trainieren, nichts anderes. Denkst du, ich toleriere so ein unprofessionelles Verhalten im Krankenhaus? Und das als Oberärztin! Du solltest doch am besten wissen, dass Iryōnin Erholung brauchen. In diesem Zustand kannst du niemanden helfen. Du bist doch kein Anfänger mehr!“ Die Rosahaarige blinzelte leicht und ihr steinernes Gesicht regte sich. Sie machte den Mund auf, klappte ihn wieder zu, wusste nicht, was sie sagen soll. Ihre Hände fingen an, an dem Saum ihres Tops zu spielen. Ihre Konzentration war auf dem Minimum. In ihrem Kopf hörte sie unzählige Gedanken, konnte sich aber auf keinen einzigen fokussieren. Und ganz im Hintergrund hörte sie die Uhr ticken. „Ich erhole mich doch!“, protestierte sie verständnislos und ertappte sich im nächsten Moment in einer Lüge. Wie lächerlich eigentlich, dass sie fast ihrer eigenen Lüge einen verfluchten Augenblick lang geglaubt hätte. Noch lächerlicher, dass sie daran glauben wollte. „Denkst du wirklich, dass ich dich damit durchgehen lasse, nur weil ich mich nicht mehr so intensiv um das Krankenhaus kümmern kann? Shizune erzählt mir alles. Wie du einfach mitten im Krankenhaus umkippst und statt nach Hause zu gehen, anschließend weitermachst oder dass du mehrere Schichten übernimmst, die du nicht durcharbeiten kannst, weil dein Chakra nicht reicht“, murmelte die Blonde gefährlich ruhig und viel zu sachlich für Sakuras Geschmack. In ihren braunen Augen erkannt sie Strenge. Unglaubliche Strenge. Wut. Und Sorge. Einen Sturm. „Das ist ungesund. Und so wird es definitiv nicht weitergehen.“ Jetzt war es Sakura, die die Augen zusammenkniff. Plötzlich war sie wach und aufmerksam, musterte die Hokage skeptisch. Sie fühlte sich angegriffen und kritisiert für etwas, das eigentlich etwas positives war. „Tsunade-sama, ich denke, Sie übertreiben. Ich weiß nicht, was Shizune Ihnen erzählt hat, aber ich weiß, wie es um meine Gesundheit steht. Es geht mir bestens“, erwiderte sie überzeugt und verschränkte demonstrativ die Arme, auch wenn sie sich so schwer anfühlten, dass sie sie kaum heben konnte. Und das war auch gelogen. Es ging ihr absolut nicht bestens. Sie war todmüde, sie fühlte sich kraftlos und schwach, ihre Glieder taten weh und viel von ihrem Chakra war auch nicht übrig. Ihre Nerven waren aufgerieben, sie war seit Tagen und Wochen gereizt, unruhig und aufgewühlt und das letzte Mal, das sie mehr als drei Stunden Schlaf hatte, war über drei Wochen her. Sie ernährte sich seit einer halben Ewigkeit nur noch von Fertigramen, obwohl sie Naruto vor Jahren dafür verurteilt hatte. Sogar ihre Klamotten rochen danach. Und eine Dusche hatte sie auch bitter nötig. Ihr ging es nicht bestens, ganz sicher nicht. „Bestens? Sakura, bitte sieh in den Spiegel und dann reden wir weiter. - Du siehst aus wie eine Leiche“, brummte die Hokage und rümpfte die Nase. Ihre Beschreibung hätte es nicht besser beschreiben können. Sie sah tatsächlich aus wie eine Leiche. Oder das, was zwischen einem Lebenden und einer Leiche stand. „Ab Morgen bist du befreit.“ Sakura verharrt. Stille herrscht in ihrem Kopf. Das Ticken der Uhr ist plötzlich lauter. Der Schrecken spiegelt sich in ihrem Gesicht wieder. „Du... kündigst mich?“, fragt die Rosahaarige verstört nach und schluckt leicht. Sie spürt eine Gänsehaut, die ihren Rücken entlang krabbelt wie eine Horde von Käfern. Ihr Herz schlägt schneller. „Nein, ich gebe dir Urlaub, bis du dich wieder zusammengerissen – und etwas zugenommen hast. Und bis dahin will ich dich nicht im Krankenhaus sehen.“ Das klang absolut. Tsunade hatte sich entschieden und sie selbst hatte es nicht in der Hand. „Ich bin neben Shizune die zweite Oberärztin, das kannst du nicht machen. Das Krankenhaus braucht mich!“, zischte Sakura. Auf einmal stand sie auf und ihre Ohren schmerzten, als der Stuhl ein unangenehmes Geräusch von sich gab, weil sie ihn mit einer solchen Wucht zurückgeschubst hatte. Sie war wütend, entsetzt, fassungslos. „Und ob ich kann, noch bin ich Hokage. Übrigens leite ich auch das Krankenhaus“, war Tsunades Antwort und ein grausam ironisches Lächeln umspielte ihre Lippen. Die Haruno hatte verloren, der Punkt ging an sie. Sie begann wie ein verletztes Raubtier im Raum der Hokage rumzutigern. Ihre Augen wanderten ruhelos umher, doch sehen taten sie nichts. Plötzlich blieb sie stehen und sah ihre Meisterin stumm an, ihr Gesicht verzerrte sich vor Verzweiflung, die in ihr aufwallte. „Warum nimmst du mir das, was ich am besten kann?“ So viel Schmerz lag in ihrer Frage. Es bedeutete ihr so viel, es bedeutete ihr die Welt und niemand konnte es verstehen. Niemand. Nicht einmal Tsunade. Seit Jahren gab sie sich ihrer Arbeit hin. Menschen, die sie früher kein Stück beachtet hatten, sahen sie jetzt mit anderen Augen. Jeder hatte etwas, das ihn auszeichnete und das zeichnete nun einmal sie aus. „Sakura, es ist falsch, sich nur damit zu identifizieren. Du bist so viel mehr als nur eine Ärztin oder eine Iryōnin. Du hast mehr als das zu bieten. Warum schränkst du dich nur auf diese Werte ein?“, seufzte die Blonde und schüttelte den Kopf. Die Haruno starrte sie enttäuscht an, bis ihr Widerstand einknickte und sie stumm mit den Schultern zuckte. Tat sie das, schränkte sie sich nur auf diese Werte ein? Identifizierte sie sich nur noch damit? Hatte sie mehr zu bieten? Sie hörte wie Tsunade leise einatmete. „Geh nach Hause. Schlaf eine Runde. Iss etwas Gescheites. Ruh' dich etwas aus und bekomm' einen klaren Kopf“, murmelte sie und es klang fast schon milde. Wenn Sakura es nicht besser wüsste, würde sie sagen, dass die Blonde vielleicht schon etwas Mitleid mit ihr hatte. „Ich erwarte dich in einer Woche wieder hier, selbe Uhrzeit. Mal sehen, ob es dir dann wieder besser geht. Und wehe, du kreuzt in der Zwischenzeit noch einmal im Krankenhaus auf.“ Sakura raufte sich die Haare. Sollte sie nachgeben und gehorchen oder auf ihr Recht bestehen? Ratlos sah sie einen Moment aus dem Fenster und schaute der aufgehenden Sonne entgegen, ehe sie sich in Gedanken dem Befehl ergab und nickte. „Hai, Tsunade-sama“, antwortete sie gebrochen, deutete eine Verbeugung an und verließ das Zimmer der Hokage, während sie sich bestürzt den Mund zu hielt und ihre Sicht dank der bitteren Tränen verschwamm. Kapitel 1: Your name in my soul ------------------------------- 1. K A P I T E L Your name in my soul - Ω - Dass Sakura Zwangsurlaub von Tsunade bekommen hatte, weil sie unter Arbeitssucht litt, war kein Geheimnis mehr in Konoha und hatte sich erschreckend schnell rumgesprochen, so dass sie der Überzeugung war, dass es besser für sie wäre, wenn sie Zuhause bleiben würde. Sie wollte sich nicht die neugierigen Blicke der Menschen und das leise Tuscheln antun. Sie wollte nicht zum Klatsch und Tratsch der alten Frauen werden, die bei ihr einst in Behandlung waren. Sie wollte nicht, dass andere nun schlecht über sie dachten oder gar an ihr zweifelten. Die Tatsache, dass nun jeder zweite davon wusste, fühlte sich an wie eine Niederlage und das konnte sie nicht ausstehen. Sie hatte jeden ihrer Freunde, die sich Sorgen gemacht hatten, einzeln weggeschickt. Selbst Ino und Naruto hatten dran glauben müssen. Auch ihnen wurde die Tür direkt vor der Nase zu geknallt. Somit gehörten sie auch zu den vielen, mit denen Sakura einfach nicht reden wollte. Seufzend ließ sie ihren Blick durch ihre Wohnung schweifen. Seit einem Jahr nun wohnte sie alleine, weil ihre Eltern in ein kleines Dorf nördlich von Konoha zu ihrer Großmutter mütterlicherseits gezogen waren, da dieser dank Altersschwäche zum Pflegefall geworden war. Die Rosahaarige war die einzige, die hier geblieben war. Unter anderem auch für ihre Arbeit als Ärztin, welche ja momentan den Bach runterlief. Die Wohnung war ihr klein erschienen, als sie noch zu dritt unter einem Dach gelebt hatten und nun erschien sie ihr zu groß für eine Person. Und vor allem jetzt sehnte sie sich nach der Gesellschaft ihrer Eltern, aber man konnte nun mal nicht alles haben. Während andere vor ihrer Tür Schlange standen und sich um ihr Wohlergehen sorgten, wohnten ihre Eltern hunderte von Kilometer weit weg und wussten wahrscheinlich noch nicht, dass ihre Tochter vorübergehend arbeitslos war. Die Grünäugige machte ein große Runde um die Couch und verschwand in der Küche. Vor drei Tagen hatten sich Berge von Abwasch gestapelt, die sie nacheinander einzeln abgearbeitet hatte. Auch den restlichen Teil des Haushaltes, den sie in letzter Zeit so sehr vernachlässigt hatte, hatte sie erledigt und nun sah die Wohnung wieder wie eine Wohnung aus. Sakura setzte Teewasser auf, kümmerte sich um die paar Teller und Gläser, die sich wieder in der Spüle sammelten und putzte sogar das Küchenfenster, während das Wasser kochte. Im ersten Moment mochte es normal erscheinen, schließlich tat sie nichts seltsames, doch wenn man daran dachte, dass sie ihren gesamten Tag so verbrachte, war es beinahe krankhaft. Schon seit Tagen konnte sie nicht still sitzen. Selbst wenn es sauber war, war sie bereit, noch einmal zu putzen, nur um irgendwie in Bewegung zu sein. Die Haruno konnte ihre freien Tage einfach nicht genießen. Nicht wie früher. Während andere auf einer Mission war, war sie Zuhause. Während andere sich irgendwie vergnügten, tat sie nichts dergleichen. Während andere sich erholten und ihr kostbare Freizeit ausschöpften, hatte sie so viel von dieser Freizeit, dass sie nicht einmal mehr den Wert darin sah. Stattdessen geisterte sie in der Wohnung umher und suchte sich eine sinnvolle Tätigkeit, die einer gewissen Pflicht unterlag und somit erledigt werden musste, auch dreimal hintereinander. Als es klingelte, fuhr Sakura alarmiert hoch. Schnell wusch sie ihre Hände, stellte den Herd ab und eilte zur Tür, machte sich mental schon bereit, demjenigen eine deftige Abfuhr zu geben, wie sie es bei den vorherigen auch schon getan hatte. Hastig richtete sie sich noch ihr rotes Haarband und griff dann zur Türklinke, um die Haustür mit aller Wucht zu öffnen. Doch ihr Gesicht nahm Milde an, als Naruto ihr zum zweiten Mal heute entgegen grinste und ihr eine weiße Tüte hinhielt. „Ich habe Reisklößchen dabei. Die, die du so sehr magst“, begrüßte er sie zögernd und sie nahm die Tüte zaghaft entgegen. „Danke“, erwiderte sie leise und sah beschämt auf das kleine Geschenk hinab. Sie liebte diese Reisklößchen mit Obst und Sirup. Und eingelegten Pflaumen. „Wie geht es dir?“, fragte der Blonde und erntete einen nachdenklichen Blick. „Ich weiß nicht, wie heute früh auch, denke ich“, erwiderte sie leise und zuckte mit den Schultern. Lustig, dass sie heute früh geantwortet hatte, dass es ihr so ging wie in den letzten Tagen. Aus ihren Antworten wurde somit niemand schlau. „Hör mal, Sakura-chan“, begann er seufzend und machte eine Pause, scheinbar weil er nach den passenden Worten suchte. Weil er nichts falsches sagen wollte. „Alle machen sich Sorgen um dich. Du weist jeden ab, du redest mit niemanden. Du verlässt nicht einmal das Haus. Es ist okay, wenn du damit so am besten umgehen kannst. Aber ich finde, du sollte auch mal raus. Das wird dir gut tun. Und dann, wenn du irgendwann darüber reden willst, bin ich da. Okay?“ Es war ihr jedes mal, wenn sie darüber nachdachte, ein Geheimnis, wie aus dem kleinen Naruto, den sie früher nie leiden konnte, dieser große, junge Mann und ihr bester Freund geworden war. Er war so viel reifer als vor zwei Jahren, auf dem besten Weg ein anständiger Erwachsener zu werden. Sie wunderte sich so oft drüber und suchte nach einer Antwort, dabei stand diese immer genau vor ihr. Er hatte sich vor ihren Augen so entwickelt. Dass er endlich – endlich! – mit Hinata zusammengekommen war, war eine von vielen Bestätigungen. Sakura lächelte. Er hatte an sie gedacht. „Danke, Naruto.“ - Ω - Der Uzumaki war gegangen und das, obwohl sie ihn rein gebeten hatte. Er war auf dem Weg zum Trainingsplatz gewesen und wollte die Reisklößchen nur kurz vorbeibringen. Also saß die Grünäugige samt ihrem Tee alleine an ihrem runden Esstisch, hatte den Kopf gedankenverloren schief gelegt und starrte ihr Lieblingsessen seit geraumer Zeit an. Vielleicht sollte sie nach dem Essen wirklich mal rausgehen. Rausgehen und ihre Einkäufe erledigen. Sich der Welt stellen. Um ihren Stolz kämpfen. Ino Hallo sagen. Ein neues Buch kaufen. Irgendetwas machen, das sie früher auch gemacht hatte. Wo blieb denn die alte Haruno Sakura, die nur zum Schlafen Zuhause war? Die so viel mit ihren Freunden unternahm, dass ihre Eltern sich vernachlässigt fühlten? Was hatte sich denn so großartig verändert, was hielt sie denn davon ab? Die Rosahaarige nahm einen Schluck von ihrem grünen Tee und blinzelte. Nichts hatte sich so sehr geändert, dass es sie beeinflussen würde. Nichts hielt sie davon ab. Jetzt erst recht nicht. Sie musste nur den Schritt wagen, um endlich aus diesem schwarzweißen Alltag rauszukommen. Ihr kurzer Blick galt der Uhr, ehe sie begann, ihre Reisklößchen, die seit einer halben Ewigkeit auf dem Teller standen, zu essen. Sie hatte heute noch viel vor. - Ω - Sakura schmunzelte leicht, als sie an Inos verdutztes Gesicht im Blumenladen zurückdachte. Ihre blonde Freundin hatte sie ungläubig angestarrt, sie anschließend mit Vorwürfen überhäuft und letzten Endes herzlich umarmt. Es hatte sich also mehr als nur gelohnt, im Laden vorbeizuschauen und einfach mal Hallo zu sagen. Nachdem sie im Blumenladen gewesen war, war sie Einkaufen, weshalb sie nun mit zwei riesigen Tüten auf dem Nachhauseweg war. Das einzige, das sie nicht in ihre Tüten gepackt hatte, war Fertigramen. Von diesen hatte noch einen ganzen Vorrat und würde sie bei Gelegenheit Naruto schenken. Von Ramen würde sie sich eine Weile fern halten, ganz einfach. Mittlerweile war es früher Abend und die Haruno hatte sich für den entspannenden Umweg entschieden, der sie am großen Park von Konoha vorbeiführte. Dennoch war die Straße recht leer, nur einzelne Menschen kamen ihr entgegen und liefen an ihr vorbei. Das wunderte sie auch nicht. Um diese Uhrzeit mieden viele die Straße, an welche das Uchihaviertel grenzte. Das hatte sich in den letzten Jahren trauriger Weise so entwickelt. Aber sogar sie selbst bekam einen Schauer, wenn sie eilig an dem Viertel vorbeilief, das konnte sie nicht leugnen. Trotzdem war es ein Mysterium, warum sie jedes mal diesen Weg wählte, wenn sie vom Einkauf zurückkam. Vermutlich war es die euphorisch angehauchte Stimmung, die aufkam. Allein der Gedanke daran, wie sie hier früher rumgeschlichen war, um einen Blick auf den jungen Sasuke zu werfen, war es wert. Sakura spannte sich unbewusst ein klein wenig an. Gleich würde sie an Konohas Geisterviertel vorbeigehen. Wie immer wurden ihre Schritte etwas schneller und ihr Blick unsicher, ob sie stur geradeaus sehen oder doch kurz reinlugen sollte. Das große einschüchternde Eingangs bildete sich bereits ab, sie erkannte von weitem das Wappen der Uchihas. Letztlich war der Moment gekommen und die Rosahaarige konnte nicht anders, als sich einen kurzen Seitenblick zu erlauben. Und plötzlich hielt sie inne und machte ein fragendes Gesicht. Da stand tatsächlich jemand im Innenhof der Uchihas und sah sich um! Na, wer hätte das gedacht. Sie musterte die Person von hinten. Groß, dunkler Poncho, ebenso dunkle Kopfbedeckung, schwarze Haare. Sie erstarrte. Es fühlte sich so, als würde ihr Herz einen Schlag aussetzen. Ein unheimlicher Schauer suchte sie heim und kroch ihren Rücken hinab. Die zwei Einkaufstüten glitten ihr aus den Händen, doch das nahm sie nur am Rande wahr. Das altbekannte Bauchkribbeln setzte ein. Sie würde ihn immer und überall wiedererkennen, unter tausenden von Leuten würde sie ihn wiederfinden. „Sasuke-kun?“, fragte die Haruno in die Stille hinein. Zögernd drehte er sich um und sei hörte ein lautes Pochen ganz nah am Ohr. Was, wenn er es nicht war? Und was, wenn er es war? Was würde sie dann tun? „Hallo, Sakura.“ Er war es. Er war es wirklich. Sasuke. Kapitel 2: To the new You ------------------------- 2. K A P I T E L To the new You - Ω - Sie durfte das Atmen nicht vergessen. Sakura musste Atmen! Atmen musste sie. Doch stattdessen starrte sie ihr steinern Gegenüber. Ihr Gesicht spiegelte ihr Inneres wieder, ihre gesamte Fassungslosigkeit und Entsetzen. War das real? Sie zweifelte an ihrem Verstand. War der Sasuke, der nun vor ihr stand, echt? Passierte das wirklich? Es schien, als wäre die Zeit stehen geblieben. Niemand rührte sich. Niemand sagte etwas. Niemand. Sie nicht. Er nicht. Sie sahen sich einfach nur an. Während er sie vollkommen gleichgültig aus seinen zwei verschiedenen Augen musterte, war ihr Blick unruhig und nervös. Wie hätte die Haruno aber auch nicht nervös sein können? Düster erinnerte sie sich daran zurück, was vor zwei Jahren geschehen war. Sie hatte ihm wieder ihre Liebe gestanden. Erst jetzt fiel ihr auf, wie sehr sie das Ganze verdrängt hatte. Sie hatte nie daran gedacht, was passieren würde, wenn sie ihm wieder gegenüber stehen würde. Diese Gedanken hatte sie stets unterbunden. Mal bewusst und unbewusst. Sakura schluckte leicht und öffnete den Mund. Ihre Unterlippe zitterte. Sie war sich nicht sicher, ob sie einen Ton rausbringen würde. Ob sie ihm in die Augen sehen und etwas sagen würde. Sie zögerte. „W-was machst du... hier, Sasuke-kun?“, fragte sie atemlos und leise. Ihr unsicheres Stimmchen war nur ein Hauch, doch sie sich sicher, dass sie ihn erreicht hatte. In ihr ging es drunter und drüber. Schon lange hatte sie nichts so sehr durcheinander gebracht! Sie hatte ihr Leben so schön geregelt gehabt und jetzt lief alles aus der Bahn. Unter anderem war er nun auch Schuld. Er, der vor ihr stand. Endlich. Nach zwei, ewig langen Jahren. Wie sehr sich die Zeit doch gezogen hatte. „Ich hatte doch gesagt, dass wir uns wiedersehen würden“, antwortete der Schwarzhaarige ihr besonnen. „Was ist, wenn ich dich darum bitte, dass du mich mitnimmst?“ Sakura sah beschämt weg, sie sah zu Boden, während sie sich immer mehr anspannte. Sie hatte es ausgesprochen. Sie hatte es ein erneutes Mal gewagt, ihn zu fragen, ob sie ihn mitnehmen würde. „Diese Reise ist eine Art Erlösung für mich“, sprach Sasuke bedacht und schloss einen Moment seine Augen. „Meine Sünden haben nichts mit dir Zutun.“ Ihre Schultern sackten auf einmal ein und sie senkte den Kopf. Eine Abweisung. „Nichts mit... mir Zutun?“, murmelte sie tonlos vor sich hin und verkniff sich ein Seufzen. Wie hätte sie auch mit einer anderen Antwort rechnen können? Sie hörte Schritte, die auf sie zukamen und hob zögernd den Kopf. Er stand vor ihr, hatte die Hand gehoben und tippte auf ihre Stirn. Seine Berührung war federleicht, aber dennoch so präsent. Sie blickte ihn überrascht an und spürte, wie ihre Wangen brannten. Die Mundwinkel des Uchihas hatten sich ganz leicht gehoben. Noch war es kein Lächeln, aber es war ein Anfang. „Wir sehen uns, wenn ich wieder da bin.“ Und er stand nun tatsächlich vor ihr, wie er es versprochen hatte. Nach zwei Jahren, in denen sie ihm selten einen Gedanken gewidmet hatte. Sakura presste die Lippen zusammen, während ihre Sicht allmählich verschwamm. Er hatte doch tatsächlich daran gedacht. An das Versprechen, an sie. „Stimmt“, meinte sie mit einem gebrochenen Lächeln und nickte. „Das hattest du gesagt. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass du dich auch daran halten würdest.“ Trotz ihres Widerstandes und ihrer gesamten Mühe rannen ihr einzelne Tränen über die Wangen, die sich schnell wegwischte, ehe sie sich seufzend hinkniete und begann, ihre Einkäufe wieder aufzusammeln. Selbst nach Jahren fand sie sich in Tränen wieder. Manche Dinge würden sich eben nie ändern. Die Grünäugige räusperte sich, versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken. „Bleibst du dieses Mal auch?“, fragte sie weiter und sah nicht auf, sondern stopfte die frischen Tomaten, die sie sich gekauft hatte, in die weiße Tüte. Sie wollte nicht, dass er mitbekam, wie sie weinte. Aber sie war sich andererseits sicher, dass er es erahnen konnte. Sie nahm wahr, wie er ihr näherkam. „Scheint so“, erwiderte Sasuke und es hörte sich irgendwie nachdenklich an. Als wäre es eine Entscheidung gewesen, bei der er sich nicht ganz sicher gewesen war. Als hätte es ihn viel Überwindung gekostet. Beinahe, als hätte er seine Zweifel gehabt. Letztlich war er eben auch nur menschlich. Die Haruno verstaute noch die letzte Dose Bohnen, ehe sie ihre zwei Tüten packte und langsam aufstand. Er blieb nun genau vor ihr stehen und sie merkte, wie sie zu ihm hoch sehen musste. Ihre hellgrünen Augen glänzten feucht, doch sie lächelte ehrlich. Aus ganzem Herzen. „Willkommen zurück, Sasuke-kun.“ Ihre Hände verkrampften sich. Es fiel ihr so schwer, nicht einfach grundlos in Tränen auszubrechen. Sie konnten diesen Druck in ihrer Brust kaum in Worte fassen, es nahm ihr die Luft zum Atmen. „Danke, Sakura.“ Seine Stimme klang tiefer. Männlicher. Vertraut und fremd zugleich, so dass sie sich einen Moment fragen musste, ob sie diesen jungen Mann vor ihr wirklich kannte oder nicht. Aber natürlich kannte sie ihn. Mehr als nur das. Alte Gefühle holten sie ein, wurden belebt durch sein Auftauchen. Eine Flut von Erinnerungen überkam sie. Einzelne Bilder spielten sich vor ihrem inneren Auge ab. Es war so viel passiert, dass sie nun endlich an diesem Punkt angelangt waren. So viele Dinge waren geschehen. Und sie bereute nichts von alldem, nichts würde sie ändern wollen. Sakura lächelte noch ein letztes Mal, ehe sie sich umdrehte und ging. Einfach so, als hätten sie nicht mehr zu bereden. Ihr Gespräch war beendet und sie würde ihm nicht überschwänglich um den Hals fallen. Nicht jetzt. Und auch nicht in naher Zukunft. Team Sieben war älter geworden. Das hatte sie nun endgültig begriffen. - Ω - „Wow“, war Inos knapper Kommentar, nachdem die Rosahaarige ihr die Geschehnisse des letzten Abends geschildert hatte. Sie saßen zusammen auf der Couch der Blonden, tranken Tee und sollten eigentlich über Gott und die Welt reden, lachen, vielleicht etwas lästern – und nicht über Uchiha Sasuke reden. „Wow? Willst du nicht vielleicht etwas mehr dazu sagen?“, schnaufte Sakura aufgebracht und verzog verzweifelt das Gesicht. Ihre beste Freundin könnte ruhig mehr zu der ganzen Sache äußern, denn ein einzelnen Wow brachte sie nicht großartig weiter. „Naja“, begann die Yamanaka vorsichtig und grinste schief, ehe sie sich räusperte. „Das Ganze ist doch gut. - Oder?“ Ihre rosahaarige Freundin stutzte. War das jetzt gut oder schlecht? Anscheinend wusste Ino darauf auch keine Antwort, denn sie hatte ihre Aussage samt einem fragenden oder beendet. „Ich weiß es nicht“, erwiderte sie und strich sich frustriert über die Stirn. Und sie wusste es wirklich nicht. Eigentlich sollte sie sich freuen und glücklich sein, aber sie hatte ihre hier und da Zweifel. Zweifel, die sie nicht erklären konnte. Zweifel, die sie nicht in Ruhe lassen wollten. „Aber das Gute ist doch, dass du ihn jetzt ganz für dich alleine hast“, meinte Ino vielsagend und lächelte sie heiter an. „Ich kapituliere!“ Sakura grinste trocken und verdrehte die Augen. Natürlich würde die Blonde kapitulieren. - Sie war ja auch seit einem Jahr mit Sai zusammen. Vor einigen Monaten waren sie sogar zusammengezogen. War ja klar, dass sie der Haruno Sasuke freiwillig überlassen würde. Allerdings war das auch das kleinste Problem. Sie hatte noch keinen Gedanken an ihre früheren, pubertären Wünsche verschwendet. „Und was ist mit Naruto?“, kam die verständnislose Frage aus der anderen Zimmerhälfte und die Rosahaarige schaute Sai verstört an, der zu ihnen rüber starrte, statt weiterzuzeichnen. „Ich hätte schwören können, dass ihr Zwei zusammenkommen würdet.“ Sai war somit der Einzige, der der Überzeugung war, dass irgendetwas in diese Richtung zwischen ihr und ihrem besten Freund laufen könnte, obwohl dieser glücklich mit Hinata zusammen war. Wieso er ausgerechnet auf diesen Vermutung kam, war ihr ein Rätsel, aber vermutlich hatte er sich das in der Zeit, in der sie alle zusammen in einem Team waren, zusammengereimt. Anders konnte sie sich das auch nicht erklären. Ino seufzte entnervt. „Sai, das ist ein Frauengespräch, also halt dich da raus, wenn du nichts davon verstehst!“, wies sie ihren Freund in Schranken, welcher dezent die Stirn runzelte und dann kopfschüttelnd weitermachte. Soviel dazu. Sakura stöhnte leise. Vielleicht sollte sie noch einmal mit Naruto darüber reden. Wer weiß, vielleicht würde ihr das mehr helfen. - Ω - Naruto fand sie wie sooft um die späte Mittagszeit auf dem Trainingsplatz. Heute war er alleine da und stoppte abrupt sein Training, um sie überrascht zu begrüßen. In letzter Zeit war es zu einer Rarität geworden, dass sie ihrem besten Freund unangekündigt einen Besuch abstattete. „Sakura-chan!“, stieß er perplex aus und kam blinzelnd auf sie zu. Sein freundliches Lächeln behielt er auf. „Was machst du denn hier?“ Sie wich seinem fragenden Blick einige Augenblicke aus, sortierte ihre Gedanken, ehe sie leicht lächelte. „Nichts. Ich wollte nachsehen, wie es dir geht.“ Oh, das war aber wirklich weither geholt. Das würde sogar so ein Idiot wie Naruto merken, der war ja auch nicht vollkommen bescheuert. „Ist etwas passiert?“, fragte er skeptisch und zog geschickt die rechte Augenbraue in die Höhe. Die Grünäugige zögerte und zuckte mit den Schultern. Vielleicht war der direkte Weg doch besser. „Hast du ihn schon gesehen?“, fragte sie ihn hoffnungsvoll. Doch sie kassierte einen lediglich verwirrten Blick. „Wen denn?“, was seine konsternierte Gegenfrage. Sie blinzelte. „Du weißt es noch gar nicht!“, entwich es ihr verwundert und sie schlug sie mit der bloßen Handfläche gegen die Stirn. Wundervoll. „Was weiß ich nicht?“ Sie merkte, wie unruhig er wurde. Wahrscheinlich malte er sich das schlimmste Szenario in seinem Kopf aus und rechnete nicht mehr mit der guten Nachricht, wegen der sie eigentlich hier war. Wer hätte gedacht, dass sie es ihm nun sagen würde. In ihrer Vorstellung war der Uzumaki es immer, der ihr diese Nachricht überbringen würde. Das war zu mindestens immer ihr Ideal gewesen. Sakura holte tief Luft. „Sasuke ist wieder da.“ So, nun war es raus und ihr war ein Stein vom Herzen gefallen. Jedenfalls fühlte sie sich jetzt um einige Kilos leichter als zuvor. Er erstarrte, seine blauen Augen hatten sich ein Stück geweitet. „Was?“, hakte er ungläubig nach. Nun ja, diese anfängliche Ungläubigkeit hatte sie irgendwie erwartet. Sie hatte ja nicht wirklich anders reagiert, als der Uchiha vor ihr gestanden hatte. Ironie. „Sasuke ist wieder da“, wiederholte sie sich geduldig und nickte zur Bestätigung. „Ich... ich habe ihn gestern getroffen. Wir haben etwas geredet. Er bleibt dieses Mal. Endgültig.“ Die beiden besten Freunde sahen sich einige Sekunden stillschweigend an, bis sich ein breites Grinsen, für das er berühmt war, auf Narutos Gesicht bildete. „Ich – ich bin gleich wieder da!“ Mit diesen Worten verschwand er und sie wusste ganz genau, dass er nicht gleich wieder da sein würde. Sie kannte ihn eben viel zu gut. Und nun stand sie einsam und verloren auf dem Trainingsplatz. Sie war kein bisschen schlauer als vorher, hatte keine Lösung, keine Hilfe, keinen Rat gefunden. Stattdessen war ihr lediglich klar geworden, dass sie sich einem Gespräch mit Sasuke stellen musste. Ein Gespräch, das ihr Klarheit und Antworten bringen sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)