The Undeath von abgemeldet (Der Tod ist überall) ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Kapitel 2 Das Radio lief leise. Immer wiederkehrende Störgeräusche ließen uns kaum verstehen, was die Moderatorin sagte. „Der Virus scheint außer Kontrolle...“ „...Kanzlerin wurde so eben ausgeflogen...“ „...zu Hause und verschließen sie alle Türen...“ „...Einkaufspassagen geplündert...“ Wir alle starrten einfach nur auf die Straße. Überall sahen wir Menschen verwirrt oder schreiend durch die Gegend laufen. Hier und da blieb einer einfach stehen und kauerte sich an eine Mauer. Tote lagen auf den Bürgersteigen, am Bahnhof türmten sie sich schon. Der Zugang zu den unterirdischen Bahnstationen war versperrt, die Menschen dahinter eingeschlossen und schrien voller Panik. Tristan fuhr grade aus, bog nur ab wenn es unbedingt nötig war. „Hauptsache aus der Stadt raus...“ murmelte er vor sich hin. Keiner hatte in der Diskothek etwas davon mitbekommen, was draußen los war. Wir hatten gefeiert, so wie alle anderen auch, sorglos, nichtsahnend. Und dann brach die Hölle aus. Nun saßen wir im Auto und fuhren weg, ohne zu wissen wohin oder was überhaupt genau los war. Nach einer gefühlten Ewigkeit schrak Tatjana auf. „Wir müssen Tim holen!“ Ich zuckte zusammen. Reagierte nicht. „Vicky! Wir müssen Tim holen! Ist er bei euch zu Hause?“ Wieder reagierte ich nicht, weil ich nicht wusste, was ich antworten sollte. „Vicky!“ schrie sie nun und ich drehte mich zu ihr um. „Er ist nicht zu Hause.“ entgegnete ich kühl. „Wo ist er dann? Wir müssen ihn doch holen.“ Ich senkte meinen Blick. „Ich glaube nicht, dass wir etwas für ihn tun können.“ Meine Worte fühlten sich an, als würde jemand mit einem Messer in mein Herz stechen. „Wie kannst du so etwas nur sagen?“ Tatjana war entsetzt. „Er ist dein Sohn. Wir müssen zumindest hinfahren und schauen ob er noch da ist.“ Ich fasste meinen Mut zusammen und versuchte die Situation zu erklären. „Wir...er hatte einen Unfall.“ Auf einmal breitete sich eine noch bedrückendere Stimmung im Auto aus. Tatjana hielt sich sichtlich geschockt den Mund zu. Ich fuhr fort: „Ich hatte einen Kreislaufzusammenbruch, wegen der Hitze letzte Woche, kurz vor einer Kreuzung. Ich kippte um und Tim ging einfach weiter. Über die Straße. Dann kam ein LKW...“ Ich stockte. „Er liegt im Kinderkrankenhaus...im Koma. Wenn er noch lebt...“ Ich stockte wieder. „...dann können wir ihn nicht mitnehmen.“ Eine Träne lief über meine Wange, die einzige Emotion, die ich zeigen konnte. Ich war immer etwas kühl gewesen, wenn es um den Tod ging. Dachte immer, dass sei nun mal der Lauf der Dinge und verstand nicht, warum andere in Tränen ausbrachen, wenn ein geliebter Mensch starb oder kurz vom Sterben war. Diesmal konnte ich es besser verstehen. Tristan hielt den Wagen an. „Hast du Netz? Kannst du nicht anrufen?“ - „Nein, das hab ich schon ein paar Mal versucht. Auch Hannah hab ich versucht anzurufen, eine Freundin, sie arbeitet da. Aber sie geht ebenfalls nicht dran.“ Ich senkte wieder meinen Blick. „Es tut mir Leid, aber dann hat sie recht.“ schaltete sich Patrick ein. „Es wäre sowieso fraglich, ob wir ihn in seinem Zustand mitnehmen könnten. Und wenn keiner zu erreichen ist, obwohl die Leitung frei ist, dann...“ Er hielt inne. Alle wussten was er sagen wollte. Dafür musste er es nicht aussprechen. Tristan ließ den Wagen wieder an und fuhr weiter. Ich wischte die Träne weg und versuchte nicht mehr daran zu denken. Ich musste stark sein jetzt, zum Trauern war später noch mehr als genug Zeit. Es dauerte einen Moment bis Tristan sich überwinden konnte das Schweigen zu brechen. „Wohin sollten wir jetzt fahren? Am Besten irgendwohin, wo sich jemand von uns einigermaßen auskennt.“ - „Dann fahren wir nach Bennigsen. Vielleicht ist da ja auch noch alles in Ordnung oder wir können zumindest meine Eltern holen.“ schlug Tatjana vor. Tristan nickte. Patrick fing an gedanklich eine Liste zu schreiben. „Wir brauchen eine Unterkunft. Falls in Bennigsen auch die Hölle ausgebrochen ist, suchen wir uns im Wald Schutz. Am Besten an einem Bach oder sowas, damit wir Wasser haben. Und wir brauchen Vorräte. Und Waffen. Verdammt, wo bekommen wir hier Waffen her?“ Er versuchte an so vieles gleichzeitig zu denken, dass er fast in Panik geriet. Ich fasste ihm an die Schulter und versuchte ihn zu beruhigen. „Die Waffenläden, Millitärstationen und soweiter können wir wahrscheinlich vergessen. Aber wie wäre es mit Comicläden, Buchhandlungen oder so? Da kommen sicher eher wenige drauf, dass es da ja auch echte Messer und Schwerter gibt.“ - „Naja, aber stark abgestumpft.“ entgegnete Tristan. „Das ist doch egal, die schärfen wir. Besser als Küchenmesser aus dem Kaufhaus oder?“ - „Ja, besser als nichts. Aber nicht heute. Hier ist alles überfüllt von panischen Menschen und diesen Zombie-Viechern. Wir müssen bis es in der Stadt wieder ruhiger wird Alternativen finden.“ Was das zu bedeuten hatte, wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Eigentlich wussten wir garnichts, bis auf diese paar Fetzen, die wir im Radio gehört hatten. Weltweit hieß es da. Und dass es ein Virus war, der Menschen zu beißenden Monstern machte. An den Grenzen der Stadt wurde das Bild, welches sich uns bot, zunehmend verstörender. Die Sonne ging langsam auf und unzählige Fahrzeuge versperrten die Straßen, alle auf dem Weg stadtauswärts. Staus und Straßensperren waren die Folge. Wir reihten uns ein und wussten nicht, was wir tun sollten. Warten? Immerhin schien es hier im Moment sicher zu sein. Polizisten und Soldaten streiften durch die Reihen. Manche Leute warteten geduldig in ihren Autos, andere waren wütend und stritten sich mit den Polizisten über die Verengung der Straße. Einige saßen einfach nur da und weinten. John stieg aus und fragte einen der Soldaten, wie es außerhalb von Hannover aussehe. „Wir wissen es nicht genau. Die letzte Rückmeldung ist schon eine Weile her. Aber ich bin mir sicher, sie haben alles unter Kontrolle.“ Das klang nicht sehr beruhigend. „Können Sie nicht wenigstens die Straßensperren öffnen? Wir sitzen hier wie auf dem Servierteller.“ John klang aufgeregter als eben. „Dann bricht hier noch mehr Panik aus. Wir müssen sie bitten Ruhe zu bewahren und zu warten bis sie an der Reihe sind.“ Wütend klopfte John an Tristans Scheibe. „Das wird ewig dauern bis wir hier durch sind. Solange können wir nicht warten. Was ist wenn die Viecher kommen?“ Tristan nickte. „Aber was sollen wir tun? Zu Fuß gehen? Das ist eine eher schlechte Option.“ - „Wenn es so weiter geht, werden wir das müssen.“ John sah auf meine Schuhe und dann auf Tatjanas. Sie hatte nur Ballerinas an und würde damit nicht weit kommen. Ich hatte zumindest Turnschuhe an, wenn auch die nur halbwegs zum Wandern geeignet waren. „Hey! Kommt mit mir mit!“ rief ein Mann von hinten. Er war ungefähr Anfang 30, hatte seine blonden Haare zu einem langen geflochtenen Zopf gebunden und zeigte auf seinen Truck. „Ich fahre vor und ihr mir nach. Entweder brechen wir durch die Straßensperre oder wir nehmen gleich die andere Straßenseite. Die ist leer. Rein in die Stadt will keiner. Aber die Soldaten halten sie frei, als würden jeden Moment die erhofften zwanzig Panzer anrollen.“ Als ich mich umdrehte, stand er genau hinter mir. Ich starrte auf seine Brust und lenkte meinen Blick langsam nach oben, bis ich ihm in seine eisblauen Augen sehen konnte. „Hey, Kleines.“ strahlte er mir entgegen. Irgendetwas hatte er an sich, dass einen in seinen Bann zog, aber zugleich erschaudern ließ. „Komm, geh mal bitte aus dem Weg. Die Erwachsenen müssen sich unterhalten.“ Er blinzelte mir zu und schob mich zur Seite. John und Tristan standen mit einem schelmischen Lächeln in ihren Mundwinkeln da. „Was meint ihr Jungs?“ - „Wenn wir so nicht durchkommen ist das auf jeden Fall eine Option.“ antwortete Tristan. John lehnte sich an den Wagen und konterte weniger diplomatisch. „Und dann? Willst du dich uns anschließen oder gehen wir danach getrennte Wege?“ Nun fing der Blonde an zu lachen. „Natürlich, du traust mir nicht. Warum auch, ihr kennt mich nicht.“ Er fuhr sich durch das vordere Haar, das strähnenweise aus seinem Zopf herausfiel. „Fangen wir doch mit unseren Namen an, und den Rest sehen wir wenn es soweit ist. Ich bin Christopher.“ Ich stieg wieder in das Auto und ließ die Männer das bereden. Tatjana saß allein und zusammengekauert auf dem Rücksitz, ich dachte hier könnte ich eher nützlich sein. „Alles okay bei dir?“ Sie setzte sich etwas mehr auf und lehnte ihren Kopf an meine Schulter. „Ich kann sie nicht erreichen, die Netze sind tot.“ - „Deine Eltern?“ Sie nickte. Ich strich ihr übers Haar und sprach ihr Mut zu. „Sie werden sich sicher irgendwo versteckt haben. Denk nicht weiter drüber nach. Bevor wir da sind, können wir eh nichts machen.“ Sie nickte erneut und schloss die Augen. Ihr Körper zitterte und ich spürte förmlich ihre Angst. „Meinst du, wir werden es hier heil heraus schaffen?“ fragte sie mich. „Bisher ist doch alles gut gegangen. Ich glaube fest daran, dass es so bleiben wird.“ Wieder klopfte es an der Scheibe. Wieder war es John. „Mädels, schnallt euch an. Es geht los, wir spielen jetzt Geisterfahrer.“ Ein bisschen schien er mir sich zu sehr zu freuen. Dann öffnete er die Tür und stieg mit ein. Er schaute sich über die Schulter und winkte Christopher zu, der nun wieder in seinem Truck saß. Er schmiss den Motor an und riss das Lenkrad um. Langsam fuhr er über den Rasen, der die beiden Straßenseiten trennte, und dann immer schneller auf die Straßensperre zu. Tristan tat es ihm gleich und fuhr hinterher. Es schien ihm nicht wohl dabei zu sein, aber auch er sah keine andere Möglichkeit. Ein paar Soldaten fingen an uns hinterher zu rufen „Stoppen sie den Wagen!“, zwei oder drei konnten grade noch rechtzeitig zur Seite springen bevor der schwarze Truck sie erwischte. Dann durchbrach er die Gitter, die aufgestellt worden waren um die Grenze zu markieren. Wir polterten mit unserem mittelklassigem Kombi hinterher und ich sah wie ein paar Leute hinter uns in ihre Wagen stiegen, um das Gleiche zu versuchen. Wahrscheinlich hatten wir jetzt den Anstoß dafür gegeben, dass keiner mehr einfach so in Reihe stand und blind auf sein Unglück wartete. Wir fuhren weiter, bis wir außer Sichtweite waren. Christopher winkte uns an einen Standstreifen. Dort hielten wir an und John stieg wieder aus. Patrick und ich stiegen ebenfalls aus und folgten ihm zu Christopher, der breitbeinig und mit verschrenkten Armen vor seinem Truck stand. „Und nun sehen wir, was ist, wenn es so weit ist.“ sagte er und lachte. Ein bisschen schien er die Sache zu gelassen zu nehmen. Vielleicht war das aber auch nur eine Art Schutzmechanismus. John trat einen weiteren Schritt auf ihn zu. „Nun, wie ist dein Plan?“ Christopher lachte noch lauter. „Mein Plan? Denkst du wirklich irgendjemand auf dieser Welt hat an diesem verfluchten Tag auch nur irgendeinen Plan?“ Er rieb sich durchs Gesicht und schien sich dann wieder gefasst zu haben. „Also, mal Klartext. Natürlich habe ich keinen Plan. Höchstens ein paar Ideen. Und eine davon war, euch anzusprechen. Wer will schon in der Scheiß Apokalypse allein untergehen?“ Ich trat neben John und erklärte unser bisheriges Vorhaben. „Wir wollen nach Bennigsen, schauen ob es da besser ist als hier und ob wir Tatjanas Eltern finden. Plan B wäre uns im Wald Unterschlupf zu suchen. Weiter haben wir bisher auch noch nichts planen können.“ Christopher schaute mich etwas belustigt an, dann schüttelte er den Kopf. „In Bennigsen ist der gleiche Scheiß los, es kam in den Null Uhr Nachrichten. Wo wart ihr denn zum Teufel? Habt ihr denn garnichts mitbekommen?“ Patrick schüttelte den Kopf. „Nein, wir waren in der Disco. In dem einen Moment war noch alles gut, im nächsten brach Panik aus. Als wir draußen waren standen wir vor dem Chaos. Im Radio kam auch nicht mehr viel.“ - „Dann sollte ich euch wohl besser aufklären. In den Nachrichten sagten sie es sei ein Virus, der überall zur gleichen Zeit aufgetreten ist. Es gab noch keine Informationen darüber wie er sich verbreitet hat oder wie man sich schützen kann. Der einzige Fakt ist, dass diese verdammten Beißer überall durch die Gegend laufen und die Städte überrennen. Wir haben Glück, dass wir gleich in dieser Nacht noch aus der Stadt raus sind. Was meint ihr was passiert, wenn jetzt die ganzen Menschen wach werden und rausrennen. Wenn ihr das hier schon Chaos nennt...“ Ich unterbrach ihn mitten im Satz. „Wir fahren auf jeden Fall nach Bennigsen. Wald und Felder grenzen an das Dorf, wir haben also schnelle Rückzugsmöglichkeiten und können es riskieren nach Tatjanas Eltern zu suchen.“ Jedes Mal wenn ich den Mund aufmachte, schien Christopher amüsierter. „Nun gut. Wenn ihr nichts dagegen habt werde ich mit euch kommen. Vielleicht können wir dort ein bisschen was zu Essen auftreiben und was man sonst noch braucht. Bis zum Abend sollten wir aber ein sicheres Lager gefunden haben.“ - „Wir werden uns nicht mehr in Gefahr bringen als nötig, keine Sorge.“ erwiderte ich mit sarkastischem Unterton. Wieder lachte er und stieg dann in seinen Truck. Wir gingen zurück zum Kombi und fuhren ihm wieder hinterher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)