Kage no Sho - Das Buch der Schatten von Akemi-Homura (oder auch: Die Geschichte von der Herrin der mittleren Lande) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Die Aufgabe der Menschen ist es, diese Welt zu bewohnen und ihr Leben einzuhauchen. Die Aufgabe der Natur ist es, dieser Welt die Schönheit zu bringen. Die Aufgabe der Yokai ist es, diese Welt im Gleichgewicht zu halten. Die Aufgabe der Hanyou ist es, in dieser Welt zwischen den Yokai und den Menschen zu vermitteln. Die Aufgabe des Sakamoto-Clans ist es, den Frieden zu bringen und zu wahren. - Auszug aus dem Kage no Sho, dem Buch der Schatten, Kapitel 1, Vers 1 Kapitel 1: Treffen auf die Herrin der mittleren Lande ----------------------------------------------------- Gedankenverloren denke ich an den ersten Vers des Buches. Das Kage no Sho liegt auf meinen Beinen und abwesend starre ich es an. Nur dieses Buch erklärt die Welt so, wie sie ist. Dennoch ist es unfair, wenn deshalb jemand sein Leben lassen muss. Bilder wollen vor meinem inneren Auge auftauchen, doch rasch verbanne ich diesen Tag wieder aus meinen Gedanken. Ich weiß, dass das Buch überaus wichtig und wertvoll ist. Die Wahrheit dieser Welt steht hier niedergeschrieben. Mit diesem Wissen kann man die Welt verändern, sowohl zum Guten als auch zum Bösen. Deshalb versuchen viele Yokai, aber auch mächtige Herrn der Menschen an das Kage no Sho heranzukommen. Doch das können sie nicht, solange ich es gut verwahre. Auch wenn ich mir das nicht ausgesucht habe, ich mache es trotzdem. Wenn ich doch nur nicht so alleine wäre. Aber das bin ich nunmal. Ein Satz den mir mein Vater einmal gesagt hat, kommt mir in den Sinn: „Eines Tages wirst du der Welt den Frieden bringen!“ Doch wie soll ich diesen Frieden bringen? Das hat er mir nicht verraten. Dämonische Auren nähern sich mir. Mit einem Seufzen erhebe ich mich, greife nach meinem Katana. Sie sind feindlich gesinnt, das merkt man an den Schwingungen ihrer Auren. Schon stehen sie vor mir. Ein Rudel Bärendämonen, alle offensichtlich reinblütig. Ich ziehe galant mein Schwert, stelle mich den Feinden. Die Macht des Buches hat sie hierher gerufen. Verrückt, das Dämonen für Dinge wie das Juwel der Vier Seelen oder auch das Buch der Schatten, einfach mal so ihr Leben wegwerfen. Kopfschüttelnd mache ich mich Kampf bereit. Schon greifen sie mich an. Blitzschnell wirble ich herum und köpfe den ersten. Wenn es ums kämpfen geht, macht mir so schnell niemand etwas vor. Und wer der festen Überzeugung ist, sich mit in den Weg zu stellen, der muss auch damit rechnen, dass ich ihn angreife. „Inuyasha, was ist?“, Kagome sieht fragend zu dem Halbdämonen hinüber. „Ich rieche Blut, viel Blut“, meint dieser leise. „Was, wenn wieder Menschen von Dämonen angegriffen wurden?“, fragt Shippo. Der kleine Kitsune kann nicht verstehen, warum die beiden Seiten nicht einfach Ruhe geben können. „Shippo hat Recht. Lasst uns zur Sicherheit nachsehen gehen“, schlägt Miroku vor. Die Anderen nicken zustimmend und folge Inuyasha, der einfach dem Geruch des Blutes folgt, zu dem kleinen Schlachtfeld. Sie gelangen an eine Lichtung. In ihrer Mitte steht eine junge Frau mit dem Rücken zu ihnen. Ihr langes, schwarzes Haar reicht ihr bis auf die Hüfte. Um sie herum liegen die Kadaver der Bärendämonen. Diese sehen so aus, als hätte sie Naraku persönlich bei lebendigem Leibe zerfetzt. Warnend hält Miroku seinen Mönchsstab in Richtung der jungen Frau: „Wer seit Ihr?“ „Wer seit Ihr?“, eine mir unbekannte, aber eindeutig männliche Stimme erklingt hinter meinem Rücken. Langsam drehe ich mich um und entdecke eine kleine, durchaus komisch zusammengewürfelte Gruppe, bestehend aus einem Hanyou, einem Kitsune, einem Mönch, der Aura nach zu urteilen einer Miko, und einer unverkennbaren Dämonenjägerin mit einem kleinen Katzendämon. Innerlich staune ich nicht schlecht, es gibt wirklich Dinge in der Welt, die gibt es nicht. „Keh. Bist du taub? Miroku hat dich gefragt, wer du bist?!“, fährt mich der Halbdämon ungehobelt an. Typisch Hanyou eben, kaum Respekt vor anderen. „Inuyasha!“, schimpft die Miko. Bevor die beiden anfangen zu streiten, fährt die Dämonenjägerin dazwischen: „Das ist der falsche Zeitpunkt für so was.“ Nachdem die beiden wieder ruhig sind, wenden sich alle mir zu. „Ich bin Kazuko Sakamoto, das Kind des Friedens“, erwidere ich ruhig. Der Mönch wendet sich erneut an mich: „Ihr seit ein Dämon, nicht wahr? Auch wenn ich nicht glauben kann, dass Ihr zum Sakamoto-Clan gehören sollt.“ „Nun, ob ihr es glaubt oder nicht, ändert nichts an der Tatsache, dass dem so ist. Und ja, ich bin eine Yokai, wenn auch anders als andere“, mir ist es ehrlich gesagt, ziemlich egal was diese Gruppe über mich denkt. Ich bin nur auf der Suche nach einem ganz bestimmten Yokai, nicht mehr und nicht weniger. Auch wenn dieser Hanyou in gewisser Hinsicht große Ähnlichkeiten mit ihm aufweist. Moment, erwähnte er nicht mal, einen Halbbruder zu haben. Schön, dass ich den gefunden habe. „Was ist denn der Sakamoto-Clan, Miroku?“, der kleine Fuchsdämon sieht neugierig zu mir rüber. „Der Sakamoto-Clan ist ein uralter Dämonenclan, welcher angeblich aus gefallenen Engeln heraus entstanden ist. Nun so heißt es zu mindestens in den Legenden. Ob es in Wirklichkeit auch so ist, kann ich nicht sagen. Fakt ist aber, dass es diesen Clan schon lange nicht mehr gibt. Die letzten Familienmitglieder sind bei einem großen Inferno vor gut fünfzig Jahren ums Leben gekommen und schon davor war er so gut wie ausgestorben. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass du zu diesem Clan gehören sollst'“, mit den letzten Worten wirft mir dieser Miroku einen Blick zu, als würde er mich für eine Lügnerin halten. „Soll ich es dir beweisen?“, frage ich ihn mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen. Leider muss ich zugeben, dass er ziemlich gut über meine Familie informiert ist, aber dann müsste er auch gleich wissen, was ich mache. Ich schließe meine Augen und konzentriere mich auf meine dämonische Kraft. Mein Blut gerät in Wallung und meine Aura beginnt zu pochen. Die Klinge meines Schwertes zittert in der Scheide. Viele schwarze Blütenblätter tauchen aus dem Nichts aus und umwehen mich. Sie sammeln sich an meinem Rücken und bilden ein Paar pechschwarzer Flügel. Ich schlage meine Augen blitzartig auf und sie sind nicht mehr tiefschwarz sondern rubinrot. Denn die Geschichte mit den gefallenen Engeln stimmt wirklich, hin und wieder bezeichnet man uns als solche. Schwungvolle ziehe ich mein Schwert Kuro Suingu, die Schwarzschwinge, aus der Scheide. Trotz seines Namens ist seine Klinge strahlend weiß, wie der frisch gefallene Schnee. Meine Flügel breiten sich aus und tragen mich ein Stück in die Lüfte. Aus meinem Schwert wird mit einem hellem Leuchten ein eleganter Stab mit einer scharfen geschwungen Klinge an der Spitze, ähnlich einer Lanze. Mit der Andeutung eines Lächeln sehe ich zu der komischen Gruppe hinunter: „Ich fürchte, dass ich deine Erzählung ein Kleinwenig korrigieren muss. Meine Familie starb nicht bei einem Inferno, sondern durch die Hand des widerwärtigen Hanyou Naraku. Aber ich denke, dass es am aller einfachsten ist, wenn ihr euch das selbst anseht. Omoide no Hansha (=Spiegelung der Erinnerungen)!“ Um uns herum wird alles Schwarz. Dann lösen sich aus der Schwärze Konturen und schon stehen wir in einem Palast. Meine kleine Schwester Kazumi rennt direkt durch die Miko hindurch, welche sich sehr erschreckt. Ich wende mich dem Geschehen vor uns zu. 50 Jahre zuvor im Palast der mittleren Lande: Ich stehe vor meinem Vater. An meiner Seite mein geliebter großer Bruder Isamu. Er ist 200 Jahre älter als ich und hat mich dennoch immer beschützt und war immer für mich da. Eigentlich kein Wunder, den sein Name bedeutet ja Mut und Tapferkeit. Gemeinsam warten wir auf Kazumi, die genau wie ihr Name es besagt, stets Harmonie und Schönheit ausstrahlt. Schon kommt unsere kleine Schwester um die Ecke gerannt. Sie ist die Jüngste von uns Dreien, gerade mal hundert Jahre alt und somit in unseren Augen noch ein Kind. Auch wenn man ihr schon ansieht, dass sie später einmal sehr schön sein wird. „Du hast uns gerufen, Vater“, Isamu wendet sich unserem Vater zu. Mein Bruder hat, ebenso wie auch meine Schwester, die wunderschönen silbernen Haare von Vater geerbt. Auch haben sie alle drei die selben mondhellen Augen, welche mich immer an das Funkeln der Sterne erinnern. Nur ich muss ja eine Ausnahme bilden und habe die schwarzen Haare und tiefschwarzen Augen von Mutter geerbt. Doch diese ist bei Kazumis Geburt ums Leben gekommen, da meine kleine Schwester ihre Kräfte nicht unter Kontrolle halten konnte und unsere Mutter ungewollt tötete. Wir haben ihr das nie übel genommen. Warum sollten wir auch? Das hätte eh nichts geändert. „Ja, das habe ich Isamu. Denn ich habe eine Aufgabe für euch. Isamu, du wirst Kazuko beschützt, selbst wenn es deinen Tod bedeutet. Und du Kazuko, wirst das Kage no Sho an dich nehmen, denn du bist das Kind des Friedens, diejenige, die dieser Welt den lang ersehnten Frieden bringen wird. Ich zähle auf dich, meine Tochter“, ruhig liegt der Blick von Vater auf mir, „geht jetzt!“ Seine letzten Worte klingen wie ein Befehl. Kazumi dreht sich zu mir und holt aus ihrem Herzen das Kage no Sho. Mit den Worten: „Ich habe dich lieb, Onee-chan“, reicht sie es mir, bevor sie tot zur Seite fällt. Kazumi war der Behälter für das Buch. Das wusste ich nicht. Das Buch der Schatten glich ihrem Herzen und ohne es, kann sie nicht existieren. Erschrocken starre ich den Körper meiner Schwester an, bis ich eine Hand an meiner Schulter spüre die mich sanft, aber bestimmt wegzieht. Noch immer liegt mein Blick auf dem Körper meiner Schwester. Dann erbebt die Erde unter unseren Füßen. „Lauft!“, brüllt mein Vater. Ein seltsamer Dämonen erscheint und greift Vater an. Isamu packt mein Handgelenk und zieht mich hinter sich her. „Aber, wir müssen ihm helfen“, wehre ich mich. „Nein, du musst in Sicherheit gebracht werden“, widerspricht er mir. Schwungvoll zieht er mich vor sich. „Ich liebe dich, kleine Schwester“, murmelt er leise. „Janpu no seika (Sprung durch die Welt)“, ruft er und stößt mich durch das Portal. Nur Sekunden bevor es sich schließt, durchbohrt ihn ein Tentakel. Ich schreie: „ISAMU!!!“ Mit einem Lächeln sieht er mich an: „Lebe!“ dann schließt sich das Portal. Die Konturen des Palastes verschwimmen und wir befinden uns wieder auf der Lichtung im Wald. „W-was war das denn?“, keucht die Dämonenjägerin. „Das war meine Fähigkeit, Erinnerungen in die Wirklichkeit zu reflektieren. Eine Kunst, die mir meine Mutter einst beibrachte.“, erwidere ich ruhig. Die Miko tritt vor und stellt sich zu meiner Überraschung vor: „Tut mir Leid, dass wir so unhöflich waren, Kazuko. Ich bin Kagome Higurashi und das hier sind Inuyasha, Miroku, Sango, Shippo und Kiara. Wir jagen nach Naraku und wollen ihn zur Strecke bringen.“ Ich lande wieder auf dem Boden und verwandle mich zurück. „Möchtest du dich uns vielleicht anschließen?“, fragt der Kitsune. Verwundert sehe ich sie an. Dabei suche ich doch eigentlich nach IHM. Aber wer weiß, vielleicht begegne wir uns ja, wenn ich mit diesen Leuten reise. „Habt ihr keine Angst vor mir? Es wäre für mich ein leichtest eure schlimmsten Ängste und Erinnerungen in die Wirklichkeit zu reflektieren“, ich kann nicht glauben, dass sie so nett zu mir sind. Für Menschen ist das ein sehr untypisches Verhalten. „Wenn man bedenkt, dass uns Miroku jederzeit in ein schwarzes Lochen ziehen könnte, oder Inuyasha uns zerfetzt, weil er die Kontrolle über sein Dämonenblut verloren hat, finde ich die Vorstellung meine schlimmsten Ängste zu sehen, gar nicht einmal so übel“, sagt Shippo frei heraus. Dafür erntet er einen irritierten Blick meinerseits. Inuyasha sieht mich durchdringend an: „Du bist doch die Herrin der mittleren Lande, oder?“ Ich zucke zusammen. „Ja, das stimmt“, ich streiche mir meine Haare aus dem Gesicht. „Ist doch egal. Komm lasst uns gehen“, meint Miroku und marschiert los. Unschlüssig, was ich jetzt machen soll, bleibe ich stehen. Sango dreht sich zu mir um: „Kommst du, Kazuko?“ Ein Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen und ich laufe in einer, für Yokai typischen, Geschwindigkeit auf die kleine Gruppe zu. Kapitel 2: Familientreffen -------------------------- Seit zwei Monaten reise ich nun schon mit Inuyasha und seinen Freunden quer durchs Land, stets auf der Suche nach Splittern des Shiki no Tama. Dabei halte ich Ausschau nach dem Yokailord Sesshomaru, doch bis jetzt habe ich noch keine Spur von ihm entdeckt. Mit den Mitgliedern der kleinen Gruppe habe ich mich schon recht gut angefreundet, auch wenn es für mich als Yokai auf sie wahrscheinlich seltsam erscheint. Außerdem habe ich jetzt die Gelegenheit Naraku den Tod meiner Familie heimzuzahlen. Es ist zwar nicht so, dass ich auf Rache aus wäre, aber gut wäre es trotzdem, denn dann kann er dieses Schicksal niemandem mehr antuen. Von Shippo, mit dem ich mich am besten verstehe, habe ich erfahren, dass auch Sango ihre Familie durch Narakus Hand verloren hat. Dennoch scheint sie mir eher misstrauisch gegenüber zu sein. Auf Miroku lastet ein Fluch, das Kazaana, von dem ich zuvor nur gehört hatte. Inuyashas erste Liebe Kikyo ist durch Naraku gestorben und Kagome hat wohl aus Versehen das Shiki no Tama zerschossen. Meiner Meinung nach eine ziemliche Leistung, da ich selbst weiß, wie stabil solch ein Juwel ist. „Sag mal Kazuko, bist du nicht auch auf das Juwel der Vier Seelen aus?“, Sango wirft mir schon wieder einen dieser misstrauischen Blicke zu. „Nein, wieso sollte ich auch?“, stelle ich die Gegenfrage, „im Gegensatz zu Inuyasha bin ich als vollwertige Yokai zur Welt gekommen und Macht interessiert mich nicht wirklich. Mir reicht es aus, wenn ich von alleine stark werde, ohne die Hilfe von irgendwelchen mächtigen Gegenständen.“ Verwundert sieht sie mich an. „Nur mal so: Was ist das eigentlich für ein dämonenanziehender Gegenstand, denn du da immer mit dir rumschleppst?“, Inuyasha blickt über seine Schulter zu mir rüber. Fragend ziehe ich eine Augenbraue hoch. „Nun ja, es ist schon merkwürdig, dass wir in letzter Zeit, also seit du uns begleitest, immer wieder von Dämonen angegriffen werden, deren Ziel ganz eindeutig du bist“, klärt Miroku mich auf. „Habt ihr schon mal vom Buch der Schatten gehört?“, meine Stimme ist ruhig, obwohl ich dieses Buch über alles hasse. Synchrones Kopfschütteln ist die Antwort. „Dies ist der Gegenstand, den ich bei mir trage und auf den die Dämonen aus sind. In diesem Buch steht die Wahrheit über unsere Welt. Mit diesem Wissen kann man die Welt verändern, sie von Grund auf revolutionieren. Leider sind viele Yokai hinter diesem Wissen her, aber auch viele mächtige Fürsten der Menschen. Ihr habt es schon einmal gesehen, in der Spiegelung meiner Erinnerung bei unserem ersten Treffen. Der andere Name des Buches ist Kage no Sho, und wurde mir ja von meiner Schwester Kazumi überreicht“, jetzt kennen sie die Wahrheit, zu mindestens was das betrifft. „Warum setzt du das Wissen des Buches nicht ein?“, Sango scheint der Gedanke an meine Fähigkeiten und Möglichkeiten sehr zu missfallen. „Welchen Grund habe dazu? Meine Familie bringt es mir auch nicht wieder zurück. Außerdem möchte ich die Menschen nicht in Gefahr bringen, auch wenn sie die Existenz der Dämonen wohl nie voll und ganz akzeptieren werden. Ich hüte nur das Buch und verhindere, dass es in die falschen Hände gerät. Das ist seit jeher eine Aufgabe meiner Familie. Ich habe um diese Aufgabe nicht gebeten, denn sie bedeutete den Tod meiner kleinen Schwester“, ich breche ab. Noch immer fällt es mir schwer an sie oder Isamu zu denken, die beide ihr Leben geben mussten. „Dann gib es mir doch zurück, Onee-chan!“, die Stimme meiner kleinen Schwester Kazumi erklingt hinter mir. Erschrocken wirble ich herum. Wir befinden uns am Ufer eines Flusses, machen gerade Rast. Keine hundert Meter von mir entfernt stehen sie: Kazumi und Isamu, meine Geschwister. Geschockt starre ich die beiden an, unfähig irgendetwas zu machen. „Was machst du da eigentlich Kazuko? Hast du dich jetzt schon mit den Menschen verbündet? Wie erbärmlich“, Isamu spricht arrogant von oben auf mich herab. Inuyasha schnüffelt in der Luft: „Die stinken nach Graberde und Knochen! Keine Frage, sie wurden wiederbelebt, wahrscheinlich von Naraku!“ „Fall nicht auf sie rein, Kazuko!!!“, warnt mich Kagome. „Was wollt ihr von mir?“, frage ich meine Geschwister. „Ist doch klar, oder? Das Kage no Sho!“, meine Schwester mustert mich streitsüchtig. Sie sind nicht mehr die, die ich kenne. Denn diese beiden sind vor fünfzig Jahren gestorben. „Ich werde euch das Buch nicht geben“, in meiner Stimme liegt eine tödliche Ruhe, „geht jetzt. Oder ich sehe mich gezwungen, euch anzugreifen.“ „Dumme, kleine Kazuko. Wer glaubst du eigentlich, wer du bist?“, Isamu lächelt hämisch. Seine rechte Hand liegt auf dem Griff seines Schwertes. „Ich weiß ganz genau, wer ich bin. Ich bin Kazuko Sakamoto, letzte Überlebende des Sakamoto-Clans. Und ihr seit nicht meine Geschwister, sondern nur aus Erde geschaffene Hüllen mit von Dunkelheit verdüsterte Seelen“, mit diesen Worten ziehe ich mein Kuro Suingu aus seiner Scheide. Ohne zu zögern, greift mein Bruder mich an. Unsere Klingen kreuzen sich. „Haut ab, gegen meine Geschwister habt ihr keine Chance!!!“, rufe ich meinen Freunden zu. In diesem Moment fliegt Kazumis Sichelaxt auf mich zu. Blitzartig weiche ich in die Luft aus. „Keh. Dummkopf! Als ob wir dich alleine kämpfen lassen würden“, Inuyasha attackiert Isamu mit seinem Tessaiga. „Dreckiger Hanyou. Für wen hältst du dich“, blafft dieser ihn an. Auch die anderen begeben sich in Kampfstellung. „Inuyasha hat Recht“, pflichtet ihm Miroku zu. Doch ich weiß, dass sie sich sinnlos in Gefahr bringen. Und das will ich nicht. Ich brate Inuyasha mit der flachen Seite meines Katana eins über. Vor Schreck stolpert der Hanyou über seine eigenen Füße, fällt der Länge nach hin. Dann lasse ich meine Klinge auf Isamu zu schnellen, wie zu erwarten weicht er mir aus. Schon früher viel es mir schwer, ihn im Kampf zu besiegen. Mit einem traurigen Lächeln ziehe ich den Dolch meiner Mutter aus meinem Kimono, werfe ihn direkt auf ihn. Er trifft und Isamu fällt bewusstlos zu Boden. Dieser Dolch wurde in einem speziellem, selbst für Dämonen gefährlichem Gift getränkt. Jetzt widme ich mich Kazumi. Da sie auf den Fernkampf spezialisiert ist, habe ich bei ihr leichtes Spiel. Dennoch gelingt es ihr, mit ihrer Kraft mich auf Abstand zu halten. Immer wieder baut sie Barrieren um sich auf, damit ich sie nicht erreichen kann. Inuyasha hat sich zwar mittlerweile von meinem Schlag erholt, scheint aber ziemlich sauer auf mich zu sein, denn er hilft mir nicht mehr. Das ist für ihn auch besser so, dann gerät er weniger in Gefahr. Ich konnte noch nie mitansehen, wie meine Freunde sich meinetwegen in Gefahr bringen und dabei eventuell auch sterben. Doch ohne daran zu denken, habe ich einen großen Fehler begangen. Ich habe Isamu aus den Augen gelassen und das nutzt er aus. „Kazuko-chan!!!“, brüllt unerwartet Kagome. Ich wehre gerade einen Frontalangriff von Kazumi ab, wage einen Blick über meine Schulter. Mein Bruder baut Kraft für sein Hakai no Nami (=Zerstörungswelle). Mit einem geschickten Trick, lässt Kazumi schwarze Pflanzen aus dem Boden schießen, welche mich festhalten, damit ich nicht entkommen kann. Ein selbstsicheres Lächeln liegt auf den Lippen meiner kleinen Schwester, sie ist sich des Sieges gewiss. Ich spüre die Energie des Angriffs näher kommen. So soll es enden? Dabei habe ich weder den Frieden gebracht, auf den mein Vater so vergeblich gewartet hat, noch konnte ich IHN wiedersehen. Ich schließe die Augen, vor meinem inneren Auge erscheint ein Bild. Das Bild des Yokailord Sesshomaru. Kapitel 3: Der Herr des Westen ------------------------------ Ich warte auf den Schmerz,doch dieser bleibt aus. Das Tropfen von Blut ist zu hören. Weicher Stoff schmiegt sich an meine Wange, ein Arm liegt um meine Taille. Irritiert öffne ich meine Augen. Wer hat mir da geholfen? Suchend richtet sich meinen Blick nach oben, ich sehe in goldene Augen die mich prüfend mustern. ER ist da. ER hat mich gerettet. „Sesshomaru“, leise hauche ich seinen Namen. Sein linker Arm ruht um meinen Körper und drückt mich gegen ihn. Sein rechter, ausgestreckter Arm hält sein Schwert in der Hand, welches den Körper von Kazumi durchbohrt hat. Seine Atmung geht schnell und stoßartig. Er hat den Angriff meines Bruders voll abbekommen und steht noch. „Kaze no Kizu!“, brüllt Inuyasha. Blitzschnell springt Sesshomaru mit mir im Arm nach oben und weicht zur Seite aus. Auch mein Bruder ist ausgewichen. Rasch schnappt er sich die halbtote Kazumi und verschwindet mit den Worten: „Wir werden uns wiedersehen, Kazuko!“ im Wald. Sesshomaru lässt mich los, sinkt auf die Knie. Über seinen Rücken zieht sich eine blutende Wunde. Mit skeptischem Gesichtsausdruck nähern sich uns Kagome und die anderen. „Bist du verletzt, Kazuko?“, fragt mich der Yokailord. Meine Augen weiten sich vor Entsetzen. Er bringt sich meinetwegen in große Gefahr und fragt dann mich, ob ich unverletzt bin. „Idiot“, schimpfe ich ihn, knie mich hinter ihn. Sanft, drauf bedacht im nicht noch mehr Schmerz zu zufügen, lege ich meine Hände auf seinen Rücken. Meine Konzentration richtet sich auf seine Verletzung. Langsam beginnt sie sich zu schließen. Neben halte ich ihm eine Moralpredigt: „Sag mal, BIST DU BESCHEUERT GEWORDEN ? Warum bringst du dich meinetwegen in so große Gefahr? Ist dir überhaupt klar, dass du verdammtes Glück hattest? Einfach so in Isamus Zerstörungswelle zu treten. Sie hätte dich problemlos in viele kleine Stückchen zerfetzen können, wenn er im Besitz seiner vollen Kräfte gewesen wäre. Wieso setzt du so leichtsinnig dein Leben aufs Spiel!?“ Ich bin mir durchaus der Blicke der anderen bewusst. Allerdings bin ich auch so ziemlich die Einzige, die es wagt, so mit dem großen Sesshomaru zu reden. Dabei weiß er doch selbst ganz genau, dass ich es hasse, wenn meinetwegen andere sterben müssen. Doch er äußert sich nicht dazu, sondern sieht mir schweigend zu, wie ich mich über ihn aufregen. Als ich mich wieder beruhigt habe, fragt er: „Kann ich dich unter vier Augen sprechen, Kazuko?“ Mit einem Nicken folge ich ihm ein Stück weit den Fluss hinunter. Als wir außer Sichtweite der anderen sind, werfe ich mich ihm in die Arme. Unser letztes Treffen liegt über fünfzig Jahre zurück. Auch wenn ich ihn eben ausgeschimpft habe, war ich nicht wirklich auf ihn sauer. Ich hatte nur Angst, das weiß er auch. Leise schluchze ich. Gewöhnlich bin ich ja keine Heulsuse, aber das eben war einfach zu viel. Ich spüre seine starken Arme, die sich um meinen Körper legen. Noch nie war er ein Mann der großen Worte, ließ stets Taten sprechen. Meine Finger krallen sich in den Stoff seines Kimonos, oberhalb seiner Rüstung. „Mach das nie wieder!“, flüstere ich. Seine Wange ruht an meinem Haar. Das hat er noch nie zuvor gemacht. „Was? Dich zu beschützen? Das mache ich seit über 800 Jahren“, meint er mit seiner kühlen Stimme. „Du hättest dabei sterben können. Isamu ist ein nicht zu unterschätzender Gegner. Was hätte ich denn gemacht, wenn ich dich verloren hätte?“, schluchze ich leise. Er ist doch alles, was mir geblieben ist. Und ja verdammt, ich liebe diesen Eisklotz von einem Dämon. Das weiß er mit Sicherheit auch. Er war schon immer ein Meister darin, in meinen Augen zu lesen. „Was hätte ich denn ohne dich gemacht, Kazu-chan?“, fragt er. „Ich hab dich gesucht. Die ganzen fünfzig Jahre lang, seit meine Familie getötet wurde. Du hast mir furchtbar gefehlt. Bitte nimm mich mit“, gestehe ich ihm. „Du hast mir auch gefehlt, Kazuko, aber dennoch, kann ich dich nicht mitnehmen“, ruhig und kühl kommt es ihm über die Lippen, fast so als würde es ihn überhaupt nicht berühren. Geschockt sehe ich zu ihm rauf. „Bei mir wärst du einer zu großen Gefahr ausgesetzt. Auch wenn ich es nur ungern zugebe, aber mein kleiner Bruder und seine Freunde können dich besser beschützen als ich“, aus seinem Blick ist jegliche Kälte gewichen. „Aber, warum…?“, meine Stimme versagt. „Es fällt mir schwer, dich fortzuschicken, aber ich verspreche dir, dass ich dich holen komme, wenn alles vorbei ist. Versprochen, Kazuko. Ich werde dich holen kommen und dann nie mehr alleine lassen“, sanft sieht er mich an, kommt meinem Gesicht immer näher. „Weil ich dich liebe, Kazu-chan“, haucht er gegen meine Lippen, bevor er sie mit seinen versiegelt. Glücklich schließe ich meine Augen und erwidere seinen Kuss. Als wir uns wieder von einander lösen, flüstere ich leise: „Ich dich auch, Sess-chan!“ Er schenkt mir eines seiner seltenen Lächeln und verschwindet dann wieder, so wie es für ihn üblich ist. Glücklich laufe ich zu den anderen zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)