Doors of my Mind 2.0 von Karo_del_Green (Ihr Freund. Mein Geheimnis) ================================================================================ Kapitel 13: Ein Mann im Bällchenparadies ---------------------------------------- Kapitel 13 Ein Mann im Bällchenparadies Ich spüre, wie sie sich seine Hand auf meine Brust legt. Direkt über meinem Herzen. Ich fühle die Hitze, die von ihm aus geht, trotz des Stoffs, der zwischen uns liegt. Raphaels Blick haftet sich auf die Stelle unserer Berührung. Der Druck wird etwas stärker, so als würde er deutlicher spüren wollen, ob mein Herz im selben Takt schlägt, wie seins. Das macht es. Es rast. Es vibriert und rennt. Nur für ihn und genau das will er wissen. Seine Tränen berühren mich tief. „Ich wollte dir nicht wehtun. Wirklich... Ich fühle mich mit allem so schrecklich überfordert." Ich lasse ihn reden, spüre, wie sich seine Hand fester in den Stoff krallt und der Pullover damit höher rutscht, so dass er meinen Bauch freilegt. Kühle Luft trifft meine Hüfte und ich merke, wie sich die feinen Härchen überall an meinem Körper aufrichten. Dennoch lausche ich nur seinen Worten. „Damals. Dein Lächeln, ich musste immer daran denken, aber du ...du warst in einer ganz anderen Welt, weißt du. Wir hatten nichts miteinander zu tun, außer, dass wir auf die gleiche Schule gingen. Mark, ich dachte damals, dass es wieder weggehen würde und als ich plötzlich doch in deiner Welt war, da wusste ich einfach nicht mehr, was ich machen soll. Und dann sah ich den Kuss und ich wusste, dass du... Es wurde immer schlimmer, weil ich hin und hergerissen war." Ein kurzes verzweifeltes Lachen perlt über seinen Lippen und er schüttelt seinen Kopf. Ich weiß nicht, was es ausdrückt. „Ich dachte, wenn ich Abstand zu dir bekomme, dann würden die Gefühle wieder weniger werden, vielleicht aufhören und ich kann das mit Maya irgendwie hindrehen. Aber jedes Mal, wenn ich sie ansehe, dann...dann denke ich an dich und in Kalifornien gab es keinen Tag, an dem ich nicht bei dir sein wollte. Ich kriege dich nicht aus meinem Kopf, Mark. Egal, was ich versuche. Egal, wie sehr ich es mir zu erklären versuche. Der Gedanke an dich ist immer da." Ich schließe meine Augen um der Intensität seiner Worte zu entkommen. Es funktioniert nicht. Ich spüre die Wärme seines Körpers, die durch meine Kleidung bis in mein Innerstes dringt. Seine Hand brennt sich kribbelnd in meinen Körper. Sein Kopf kommt auf meiner Schulter zum Liegen. „Als du nicht auf meine Briefe geantwortet hast, da... Ich...ich habe so oft mit deiner Mutter telefoniert, damit ich nach dir fragen konnte. Was du machst? Wo du bist? Wie es dir geht? Maya spricht nicht über dich. Nicht so." Der letzte Teil ist nur ein bedauerndes Flüstern. Die Hand an meiner Brust ist unnachgiebig. Ich merke die Reibung auf meiner Haut. Es brennt. Er hält mich fest. Eine kurze Pause, dann setzt er fort. „Weißt du, ich mag deine Mum. Sie ist aufmerksam und freundlich. Sie behandelt mich gut. Sie fragt mich immer, wie es mir geht... Aber jedes Mal, wenn sie das macht, möchte ich ihr antworten, dass es mir schlecht geht, weil ich mit dem falschen ihrer Kinder zusammen bin." Ich brauche einen Moment bis ich wirklich verstehe, was er gerade gesagt hat. Maya ist die Falsche. Nicht die Richtige. Ich bin es. Mein Herz rast. „Bitte versteh doch, ich wusste einfach nicht mehr weiter. Auf meine Briefe hast du nicht geantwortet und als deine Mutter erzählte du seist ausgezogen, da dachte ich, du hattest deine Drohung wahrgemacht und wärst an eine andere Uni gegangen." Seine Stimme ist nur ein Flüstern und trotzdem ist er seltsam atemlos. Fast unbewusst gleitet meine Hand an seine Schulter, schenkt ihm diese beruhigende Geste. Raphael sieht auf und ich sehe ihn an. Eine weitere, feuchte Spur an seiner Wange. Ich folge ihr zum Ursprung und versinke in dem wunderschönen Grün. Mein Puls beschleunigt sich und meine Gegenwehr schmilzt mit jedem seine verzweifelten Worte mehr. Meine Mutter hat mir nie erzählt, dass sie viel mit Raphael gesprochen hat. Nichts erwähnt. Nur die allgemeinen Grußaufträge. „Ich wollte dich so gern sehen...", haucht er mir entgegen und sofort tanzt mein gesamter Körper Tango. Prickelnd und intensiv. Ich habe das Gefühl, dass selbst meine Ohrläppchen elektrisiert kitzeln. Die Worte hallen ungläubig durch meinen Kopf bis sich seine Lippen auf meinen Mund legen. Sanft und zart, doch ebenso spüre ich die gesamte Verzweiflung, die sich in ihm angesammelt hat. Nun liegen beide Hände an meinen Wangen. Seine Daumen streichen über meine Haut, während seine Lippen meine liebkosen. Zärtlich umschließen sie meine Unterlippe, küssen gleich darauf die Obere, um dann erneut das zarte Fleisch beider zu genießen. Sehnsüchtige Süße erblüht und legt sich auf meine Geschmacksknospen, wie ein Schauer voller witzig kleiner Feuerwerke. Spritzig. Prickelnd. Es lässt mich erzittern und selben Augenblick endlich nach Hause kommen. Ich fühle seine Hand langsam durch meine Haare streichen. Es sind nur seine Fingerspitzen, die meine Haut berühren und doch spüre ich all die Sehnsucht, die in dieser Berührung ruht. Mein Herzschlag wird flatternd und habe das Gefühl das mein Körper vibriert. Ich lege meine Hand an seinen Hals, ziehe ihn unbewusst dichter an mich. Seine warme Haut unter meinen Fingern fühlt sich wundervoll an. Sie wird von Sekunde zu Sekunde immer heißer. Meine Hand in seinem Nacken streift das Metall der feinen Kettenglieder. Ich denke an die eingravierten Zahlen. 5 Jahren. Ein Moment der Ernüchterung breitet sich in mir aus, der mich erneut schwer Schlucken lässt. All die Zeit. Die jahrelange Sehnsucht und der Verzicht. Er haucht mir einen Kuss auf die Lippen. Die Berührung. Nicht gierig. Nicht verlangend. Sondern dankend und bittend. Er löst den Kuss und ich weiche unbewusst seinem intensiven Blick aus, in dem ich meinen Kopf leicht zur Seite neige. Seine Finger streicheln sich über meinem Kinn und verweilen. Sie zwingen mich nicht, aber sie führen, so dass ich meinen Kopf wieder hebe. Sanftes Grün blickt mir entgegen, welches in diesem Moment so unendlich viele Emotionen ausdrückt. Ich tauche ganz tief hinein. Wieder ein sanfter kurzer Kuss. Nur ein Hauch und dann geht er vor mir auf die Knie. Seine linke Hand greift in den Ärmel meines Pullovers, findet meine kühlen Finger und wärmt sie. Die Rechte kommt auf meiner Brust zu liegen und bettet sich flach dagegen. So, als könnte er einzig so erfahren, ob es eine Chance gibt, dass mein Herz noch für ihn schlägt. Ich sehe dabei zu, wie sich seine Wange gegen meinen Bauch schmiegt. „Bitte, verzeih mir." Seine Worte sind nur ein Flüstern, doch ich verstehe sie. Auch meine Augen schließen sich und ich lehne mich ermattet zurück. Ich spüre, wie sich seine Hand gegen den Schlag meines Herzens schmiegt. Nichts ist zu hören. Nur unsere wildschlagenden Herzen. Ich blicke auf den knienden Mann hinunter. In mir nagen der Zweifel und die beißende Angst vor weiteren Enttäuschungen. Doch, wie soll ich den Mann, den ich schon so schon lange in meinem Herzen trage, abweisen? „Ich bringe alles durcheinander, oder?", sagt er leise und ebenso ermattet. Ich nicke, wohlwissend, dass er es gar nicht wahrnehmen kann. Ich strecke meine Hand nach ihm aus und streiche ihm eine der wirren Strähnen von der Stirn. Auf seiner Wange spüre ich feine Bartstoppeln, die sich langsam durch seine Haut drücken. Ich liebe das Gefühl und finde das ihm der Bart ausgesprochen gutsteht. Das will ich ihm sagen doch ich schweige. Als ich daran zurückdenke, bildet sich trotzdem ein feines Lächeln auf meinen Lippen. Raphael richtet sich wieder auf. Seine Hand schmiegt sich an meine Wangen und ich lächele weiterhin. Ja, selbst in so einer Situation lässt er mich lächeln. Seine Augen durchdringen mich. Ich spüre, wie es sich Millimeter um Millimeter durch meinen Körper arbeitet und diesmal halte ihnen stand. Ich will, dass er mich sieht. Nach einer Weile lehnt Raphael seinen Kopf gegen mein Schlüsselbein. „Ich bin kein Spielzeug", wispere ich in die Stille hinein und obwohl meine Stimme ruhig und bedacht ist, merke ich wie ernst es mir ist. „Ich weiß, ...", antwortet er. „Dann spiel nicht mehr mit mir." In diesen Worten liegt der ganze Schmerz, der im Grunde seit unserem ersten Treffen durch meinen Körper fließt. Die Jahre der stillen Begierde, in denen ich ihn nur als Fantasie wähnte. Doch vor allem ist es der Schmerz vergangener Monate. Seine plötzliche Nähe, in der er mir dennoch so unendlich fern war. Der Griff an meiner Hand wird fester. „Keine Spielchen mehr. Ich bin kein guter Verlierer", sagt er und seine Hand gleitet zu meinem Hals, dann in meinen Nacken. Seine Haut ist warm und sein Griff ist fest. Sein Daumen streicht über meinen Haaransatz, fährt meinen Hals entlang und bleibt über der pochenden Vene stehen. „Verlierer?", wiederhole ich leise und frage mich, ob er dabei an Jake denkt. „Ein 5-Jähriger im Bällchenparadies", kommentiere ich, mit dem vorigen Vergleich. Seine Stimme ist übertrieben heiter. Er ist also nicht sauer und dennoch ist es schrecklich unpassend, genauso wie vorhin. Seine grünen Augen beginnen zu schimmern und ein feines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Raphael erwidert es liebevoll. Er führt mich zu sich und erneut treffen unsere Lippen aufeinander. Ein herbes Kitzeln. Mein Verlangen wächst mit jeder weiteren Berührung. Ich unterbreche den Kuss und beiße mir auf die Unterlippe. Ich darf mich nicht verlieren. Ein durchdringendes Geräusch erfüllt den Raum. Ich starre auf die Stelle, von der das Geräusch kommt. Raphaels Hosentasche. Am Klingelton erkenne ich, dass es Maya ist. Ein Zittern erfasst mich und ich drücke mich augenblicklich von ihm weg. Es ist mitten in der Nacht und sie ruft ihn an. Es ist, als würde der Handyton jegliches positive Gefühl aus mir wischen. Raphaels Brust hebt und senkt sich unruhig. Seine Hand greift zu dem singenden Gerät an seiner Hose und ich fasse nach ihr, halte sie fest. „Geh nicht ran", knurre ich ihm ernüchtert entgegen. Immer dasselbe. Es wird sich nichts ändern. Er löst seine rechte Hand aus meinem Griff. Ohne weiteres. Ich zucke merklich vor Enttäuschung zusammen und schließe meine Augen. Erst als seine Hand über meine Wange streicht und sich in meinen Haaren vergräbt, öffne ich meine Lider wieder. Raphael lächelt entschuldigend. Er zieht mich in einen Kuss. Warm. Süß. Das Klingeln endet nicht. Es scheint stetig lauter zu werden. Ein verzweifeltes Seufzen perlt von meinen Lippen und ich löse den Kuss frustriert. Raphaels Blick ruht auf mir. Er beobachtet meine Bewegungen. Mit jedem weiteren Klingeln beginnt meine Hand stärker zu zittern, das merkt nun auch Raphael. Mayas Worte kommen mir in den Sinn. Sie beißen und brennen sich durch meine Gehirnwindungen. Maya hat meine Bilder einfach behalten. Sie hat ihn absichtlich kennengelernt. Raphaels Hände fühlen sich mit einem Mal kalt und falsch an. Ich stehe abrupt auf und flüchte. Vor den Schmerzen in meiner Brust. Vor der unausgesprochenen Entscheidung. In der Küche hält mich sein fester Griff um mein Handgelenk zurück. Raphael zieht mich an sich. Das Geräusch ist nur noch ein weit entferntes Surren. Unwillkürlich sehe ich an ihm vorbei. Er hat das Handy im Flur auf die Kommode gelegt. Ich sehe, wie das leuchtende Display über das helle Holz tanzt und er hat es auf lautlos gestellt. Er ist nicht rangegangen. „Mark,...", raunt er mir entgegen und in seiner Stimme schwimmt dieser seltsame Ausdruck, den er in der letzten Zeit öfter hat. Die Mischung aus Sanftmut und Verlegenheit macht mich noch verrückt. „Kannst du bitte aufhören?", flüstere ich ihm entgegen und löse mich aus seinem Griff. Ich ziehe mich an der Arbeitsplatte hoch und setze mich. Raphael bleibt direkt vor mir stehen. Jedes Mal, wenn er meinen Namen so sagt, spüre ich, wie ich innerlich erzittere. „Womit?", fragt Raphael mich verwundert. „Damit meinen Namen so zusagen", erläutere ich bissiger als er verdient. Er sieht mich fragend an. Das Klingeln hört nicht auf und scheint immer dröhnender zu werden, trotz der Entfernung. Maya ist wirklich verdammt hartnäckig. „Mark." Schon wieder. Ich bekomme Gänsehaut. „Trenn dich von ihr!", fordere ich ihn unvermittelt auf. Seit langem formulieren sich diese Worte in meinem Kopf. Wieder und wieder und wieder. Eine Stimme flüstert sogleich seine typischen Ausreden und Ausflüchte. Es ist zum Verzweifeln. „Schon passiert." „Was?" Ich blicke auf. Im ersten Moment denke ich, dass ich mich verhört habe. Die Aussage klingt für mich wenig glaubwürdig. Raphael sieht mich direkt und verwandt an. Er nickt zur Bestätigung. Ein Kribbeln durchströmt mich. Mein Herz beginnt noch heftiger zu pulsieren. Es hallt in meine Fingerspitze und in meine Zehen wider. Seine Hände legen sich auf meine Knie und er kommt noch etwas dichter. „Wirklich?", frage ich noch immer skeptisch und erhalte ein weiteres Nicken von Raphael. „Wirklich. Ich habe ihr vorhin erklärt, dass ich schon länger darüber nachdenke und ich mich trenne, weil es nicht das Richtige ist... Sie nicht die Richtige ist. Ich habe ihr auch mitgeteilt, dass ich morgen nicht mit zum Essen komme." Das Kribbeln wird zu einem Flächenbrand, welcher in jeder winzigen Zelle meines Körpers zu explodieren scheint. „Hast... hast du ihr gesagt, warum?" „Natürlich. Ich habe ihr haarklein erzählt, dass ich mich wegen plötzlich entdeckter Neigungen und ihrem Bruder von ihr trenne, falls dieser sich trotz meiner monatelangen Idiotie und Dummheit dazu erbarmt, es mit mir zu versuchen", kommentiert er sarkastisch, aber ruhig und gefasst. Ich weiß einen Moment lang nicht, ob ich beleidigt bin oder einfach nur lachen soll. Ich presse meine Lippen aufeinander. Mein Schweigen hält nicht lange. Ich hauche einen Kuss auf seine Lippen. „Wenn du ihr das so gesagt hättest, würde ich dich jetzt fürstlich belohnen", sage ich neckend und Raphael sieht mich wenig begeistert an. Er wird auch etwas rot, was mich ungeniert schmunzeln lässt. „Das ist nicht witzig." „Überhaupt nicht... wegen monatelanger Idiotie, ja?", wiederhole ich seine Worte giggelnd und blicke in sein beschämtes Gesicht. Sein Kopf kippt gegen mein Schlüsselbein und ich öffne meine Schenkel um ihn somit mehr Platz in meiner Nähe zu bieten. Er nimmt die Gelegenheit sofort wahr. Seine Hand bleibt auf meinem Oberschenkel liegen. In mir bildet sich dieses befriedigende Gefühl der Genugtuung, weil Maya eine rein gewirkt bekommen hat. Auch, wenn es wie im Raphaels Fall nur auf dezente Weise passiert ist. „Anscheinend hat sie noch nicht verstanden, dass es eine Trennung ist. Deshalb bombardiert sie mich mit Nachrichten und ruft sie mich stündlich an und will mit mir reden." „Du hättest ihr ein Bild malen müssen", kommentiere ich bissig. „Das kannst du ja noch tun", erwidert er ebenso bissig. Ich sehe auf den dunklen Haarschopf Raphaels und dann auf das Handy im Flur. Es blinkt munter vor sich hin. Raphael will mich. Ich kriege das Lächeln nicht aus meinem Gesicht. Dass es im Grunde noch immer nicht alles in trockenen Tüchern ist, verdränge ich gerade phänomenal schnell. Die Euphorie ist allumfassend. Strahlend und energiebringend. Ich lasse meine Fingerspitzen sanft durch seine Haare gleiten, streichele erneut kleine Wellen hinein und spüre, wie er mich immer dichter an sich herandrückt. Allein die Tatsache, dass er jetzt hier bei mir ist, keine Anstalten macht zugehen und ich ihn streicheln und anfassen kann, macht mich glückselig. Raphaels Bekundungen sind dezent, aber sie geben mir im Moment all das, was ich brauche. Er hat sich von ihr getrennt. „Bist du dir sicher?", frage ich trotz alledem aus einem dringenden Bedürfnis heraus. Er ist hier, aber ist er es wirklich? „Das bin ich." Ohne Zögern. Mein Herz rammt sich unaufhörlich gegen meinen Brustkorb, weil ich es nur langsam registrieren, dass Raphael sich für mich entschieden hat. Raphael schmiegt sich in meine Halsbeuge ohne noch etwas anderes zu erwidern. Seine Lippen küssen meinen Hals, gleiten in die Kuhle zu meinem Schlüsselbein um sich danach höher zu liebkosen. Kurz vor meinem Ohr endet er. Sein Atmen streichelt mich weiter. Ich schließe meine Augen und genieße seine Nähe, die sich darauf versteht mich in ein wohliges Gedankennichts zu ziehen. Auch jetzt. Mein Atem wird unruhiger und das merkt auch mein Gegenüber. Es muss das Pochen meines Herzens gewesen sein, welches sich auf seinen Körper überträgt. Stetig. Eindeutig. Seine Zunge tippt sanft gegen mein Ohr und ich vernehme ein leises Raunen. Obwohl ich nicht einmal seine Haut berühre, merke ich, wie mein Körper reagiert. In meinen Kopf blitzen Bilder auf. Das Spiel seiner Muskeln. Der Geschmack und das Gefühl seiner Haut auf meinen Lippen. Unbewusst neige ich mein Gesicht zu der Seite seines Kopfes. Meine Nase taucht in sein weiches, wohlduftendes Haar bis er sein Haupt hebt. Unsere Münder trennen nur wenige Millimeter. Ich spüre eine pulsierende Anziehungskraft. Sie zieht mich unaufhörlich dichter an ihn heran. Ein Kuss. Ein weiterer. Er kostet mich so wie ich ihn koste. Das Verlangen ihn tief in mir zu spüren, alle zu schmecken, alles von ihm zu bekommen, kitzelt sich heiß und unnachgiebig durch meinen Körper. Ich keuche leise auf. Ich will ihn. Ich intensiviere den Kuss und belasse es nicht bei der Berührung unserer Lippen. Spielerisch stupse ich mit meiner Zunge gegen seine Oberlippe, streiche über das zarte, warme Fleisch und frohlocke als Raphael auf das Spiel eingeht. Er tippt sich selbst gegen die eben ertastete Stelle und zieht seine Zunge weg, als ich erneut ansetze um eine diese wohltuenden Berührungen zu bekommen. Eine seiner Augenbraue zuckt neckisch nach oben. Dasselbe Spiel noch mal, doch diesmal berühren sich unsere Zungenspitzen. Ein heftiger Sturm durchströmt meine Glieder. Er wird stetig intensiver. Ich ziehe ihn am Kragen seines Pullovers dichter an mich, locke diesmal seine Zunge eindeutig in meinen Mund. Ich bin nicht zimperlich und das lasse ich ihn spüren. Meine Hände gehen auf seinem Oberkörper auf Wanderschaft, während unsere Küsse immer intensiver werden. Der Geschmack seiner Lippen und das wilde Kitzeln, wenn sich unsere Zunge umtanzen, sind atemberaubend. Ich will ihn so sehr. Meine Finger reiben über den rauen Stoff, der ihn bedeckt und beginnen irgendwann von ganz allein daran zu ziehen. Ich will seine Haut spüren. Ich unterbreche den Kuss um Raphael den Pullover über den Kopf zu ziehen. Irgendwann muss er sowieso runter, also können wir das auch jetzt erledigen. Raphael hilft mir dabei und wirft ihn auf den Stuhl neben dem kleinen Esstisch. Ich ziehe ihn direkt wieder dichter zwischen meine Beine. Seine Hände legen sich an meine Hüfte, streichen über den Stoff meiner Jeans und treffen hin und wieder zufällig meine warme Haut. Jedes Mal durchfährt mich ein warmer Schauer, der mich nur noch tiefer in den Erregungszustand treibt. Unwillkürlich keuche ich wohlig auf. Nun fährt seine Hand absichtlich tief unter meinen Pullover, streicht über meinen flachen Bauch bis zu meiner Brust hinauf. Dort ist meine Brustwarze bereits hart und giert nach seiner Berührung. Ich spüre, wie Raphaels Fingerspitze gegen die empfindliche Stelle tippt. Sanft. Hauchzart. Es ist, wie das erforschende Ertasten und Erkunden einer unbekannten Oberfläche. Ich vergesse einen Moment zu atmen und löse damit auch den Kuss. Erst das sanfte Schnappen nach meiner Unterlippe lässt meine Konzentration zurück auf seinen Mund wandern. Ich lasse neckisch meine Zähne über seine dargebotene Lippe reiben. Kein richtiger Biss, bloß ein sehnsüchtiges Knabbern nach mehr. Meine Finger gleiten seinen Oberkörper entlang. Ich spüre jede winzige Welle. Die feine Beuge zwischen seinen beiden Brustmuskeln. Den Übergang zwischen Brust und definierte Bauchmuskeln. Dieser Körper ist ein Paradies. Genüsslich lasse ich meine Fingerspitzen über die feinen Hügel seines Bauches gleiten. Ich spüre, wie er sich etwas von mir entfernt und mir so einen Blick auf seinen perfekten Oberkörper gewehrt. Ich habe ihn schon hunderte Mal gezeichnet und dennoch habe ich weiterhin das brennende Bedürfnis, ihn immer und immer wieder anzustarren. Doch viel stärker ist das Verlangen, ihn zu berühren. Ich lasse meine Finger in den Rand seiner Hose fahren und ziehe ihn somit wieder dichter. Seine Lippen suchen meine. Seine Zunge fordert Aufmerksamkeit, die ich ihm nur zu gern geben. Ein guter, leidenschaftlicher Kuss ist das Beste, was es gibt. Ich möchte nichts anderes mehr tun als ihn küssen. Jeden Morgen. Jeden Mittag. Jeden Abend. Und dann noch einmal vor dem zu Bett gehen. Raphaels Hand streicht in meinen Nacken, während die andere erneut einen Weg unter meinen Pullover sucht. Kurzerhand ziehe ich mir das störende Stück Stoff über den Kopf. Raphaels Blick richtet sich auf meine bebende Brust. Er hat mich schon nackt gesehen, doch diesmal ziert meine Brust kein störender blutunterlaufener Streifen. Seine Finger strecken sich nach mir aus, streicheln über meine blassanmutende Haut. Seine Hand verweilt an meiner Hüfte. Sein Daumen streicht über den oberen Rand meines Beckenknochens. Ein zartes Kitzeln. Es erregt mich nur noch mehr. Wieder stiehlt er sich einen Kuss von meinen gierigen Lippen. Ich will ihn. Ich greife ein weiteres Mal an seine Hose, löse seinen Gürtel und öffne dabei fast automatisch den Knopf seiner Jeans. Sein Kuss wird fahrig. Meine Hand gleitet tiefer hinein. Bei uns beiden. Ich löse den Kuss ganz, lasse meine Lippen über seinen Kiefer wandernd. Küssend, knabbernd. Auch ihm entlocke ich ein tiefes, wohliges Brummen. Ich will ihn keuchen hören. Meine Hand gleitet tiefer und bettet sich über die ausgeprägte Beule seiner Shorts. Ich spüre seine Härte unter meinen Finger. Raphael keucht. Ich kann mir ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen. Ich küsse mich seinen Hals entlang, verkneife mir ein genüssliches Beißen. Je tiefer ich komme, umso schwerer wird es für mich. An seinem Schlüsselbein steigert sich mein Küssen und Lecken in ein sanftes Knabbern. Mit zwei Fingern gleite ich an den Seiten seiner Erregung entlang. Es reicht mir nicht, also lasse ich den Stoff hinter mir und tauche in seine Unterhose ein. Die Hitze, die mir entgegenschlägt, jagt wohlige Schauer durch meinen Körper. Meine Finger umschließen seine bettelnde Erregung. Er zieht scharf die Luft ein und die Sehnen an seinem Hals spannen sich an. Ich küsse die Stelle erneut und kann nicht verhindern, dass ich doch sanft zu beiße. Genauso, wie Raphael es vorhin getan hat. Er zieht mich dichter und ich umfasse ihn fester. Ein feines Zittern erschüttert seinen Körper und das leise Keuchen wandelt sich in ein herbes Stöhnen. Erneut finden seine Lippen meine. Meine Zurückhaltung verabschiedet sich komplett und das nicht erst eben. Ich lasse meine Hand langsam auf und abgleiten, pumpe ihn genießerisch. Das Gefühl ihn diesmal mit halbwegs klarem Verstand zu spüren, ist erregend und unglaublich gut. Ich spüre, wie sich sein Becken nach vorn drückt. Er genießt es. Er will es. Genauso, wie ich. Die Bewegung seiner Brust wird schneller. Gestern bin ich nicht zum Zug gekommen und das will ich nun ändern. Ich öffne meine eigene Hose, schiebe den Reißverschluss runter und merke prompt, wie sich der Stoff des Verbandes darin verfängt. Das Reißen von Stoff ist zu hören und Raphael blickt auf. Ich sehe auf und erkenne deutlich, wie er schluckt und schweratmend seinen Blick senkt. Auch meine Erregung zeichnet sich offensichtlich unter dem Stoff meiner Hose ab. Ich ziehe ihn in einen leidenschaftlichen Kuss. Diesmal wickele ich zusätzlich meine Beine um seine Hüfte. Ich drücke ihn mehrere Male stoßend gegen mich. Ich zeige ihm damit, was ich will. Raphaels Finger an meinem Arm verkrampfen sich. Ich sehe klare Erregung in seinem Blick, aber ebenso viel Unsicherheit. Raphael deutet ein Kopfschütteln an. Minimal. Ich drücke ihn fester gegen mein Becken. Er keucht hilflos. In meinen Ohren beginnt es zu rauschen. Mein Blut pumpt sich heiß durch meinen Körper. Ich sehe ihn absichtlich nicht an, sondern versuche mich darauf zu konzentrieren, meinen Körper unter Kontrolle zu bringen. Ich will ihn so sehr. Ich will ihn spüren. Ich will ihn an mich binden. Mit allem, was ich ihm geben kann. „Was würdest du tun, wenn ich jetzt sofort mit dir schlafen will?", frage ich mit lustgetränkter Stimme und schwer atmend. Ich muss es einfach wissen. Ich sehe, wie sich sein Kiefer für einen Augenblick anspannt. Auch, wenn er es nicht allzu offensichtlich macht. Seine Hand streckt sich nach mir aus. Sie streicht hauchzart und irgendwie zurückhaltend über meine Wange. „Ich würde dich darum bitten, dass wir es langsam angehen." Ein ehrliches Flüstern. Ich verstehe es und bin zu gleich ernüchtert. Er beginnt mit den Fingern durch meine Haare zu streichen. Ich entziehe mich seiner Berührung. Obwohl es keine Ablehnung ist, spüre ich tiefe Verunsicherung. Für ihn ist es alles neu und fremd, sage ich mir wieder und wieder. Doch eine Stimme in mir schreit danach, dass ich es nur dann wirklich glaube, wenn er auch diesen Schritt getan hat. Ich weiche seinem Blick aus. Vielleicht hat er Recht. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, nicht der richtige Moment. Ich verstehe was er meint, aber die Unsicherheit, die sich in mir ausbreitet, überschattet jegliche Vernunft. Raphael legt seine Hand an meinen Arm. Er sucht noch immer den Körperkontakt, doch das ist im Moment das, was ich am Wenigsten gebrauchen kann. Ich löse mich aus dem Griff, rutsche von der Arbeitsplatte runter, greife nach meinem am bodenliegenden Pullover und ziehe ihn mir ohne zu zögern über. Der Druck in meinen Lenden ist unerträglich. Den gestrigen Überfall auf Raphael habe ich auch nur deshalb überstanden, weil ich zu betrunken war, um selbst zu merken, wie sehr das meinen Körper in Fahrt gebracht hat. Doch jetzt pulsiert die Erregung in mir, wie ein unaufhörliches Beben. „Bitte, geh nicht...", höre ich ihn sagen. Er denkt, dass er etwas falsch gemacht hat und ich bin im Moment zu empfindlich, um es zu verneinen. „Ich hätte gern einen Flug zum Pluto", kommentiere ich ausweichend witzelnd. Meine Aussage ergibt wenig Sinn. An der Tür wende ich mich zu Raphael um. Sein Blick ist unerträglich. Reue. Angst und noch ein Hauch der Erregung. Ich seufze leicht. Er ist so verdammt sexy. Selbst mit diesem Gesichtsausdruck. Ich schließe ermattet meine Augen. „Willst du, dass ich gehe?", fragt er nun direkt und ich zucke erschrocken zusammen. „Nein", sage ich energisch und atme tief ein. Danach direkt lange und ausgiebig aus. Ich streiche mir durch die Haare. „Aber wir sollten etwas schlafen. Das Bett ist neben an. Ich gehe nur gerade..." Kurz deute ich auf meine untere Körperhälfte und dann zum Bad. Ich kann nicht verhindern, dass ich etwas anklagend klinge, aber dennoch sehe, wie die Anspannung von Raphaels Schultern fällt. Ich bin selbst schuld. Ich hatte mir denken können, dass er zu so einem Schritt nicht bereit ist. Wie sollte er auch. Ich muss seine Bitte akzeptiert. Auch wenn es mir gerade jetzt unfassbar schwerfällt. Ich schleiche ins Bad, stelle mich für 5 Minuten unter die kalte Dusche. Ich atme tief durch. Der Gedanke, dass Raphael im Nebenzimmer wartet, ist schön und beängstigend zu gleich. Ich gehöre zu der sehr körperlichen Sorte und ich muss mir eingestehen, dass Sex einen hohen Stellenwert für mich einnimmt. Ich will und kann nicht darauf verzichten. Raphael jedoch. Er hatte eine Beziehung ohne Sex und ich Sex ohne Beziehungen. Da sind Probleme vorprogrammiert. Außerdem hat Raphael keinerlei Erfahrungen mit Männern. Ich weiß nicht mal, wie viel sexuelle Erfahrung er überhaupt mitbringt. Ich schüttle den Gedanken fort. Wie ihm mein Verhalten wohl vorkommen muss. Als würde sich durch Sex bei mir alles klären. Langsam wird mir deutlich, wie lächerlich ich mich ihm gegenüber verhalte. Wie ein Teenager, der nichts anderes will, als ihn zu bespringen. Und der Teenager in meinem Kopf will gerade wirklich nichts anderes und zeigt es mir deutlich durch meinen noch immer hochgradig nervenden Ständer. Als ich das Bad verlasse und ins Schlafzimmer komme, sitzt Raphael noch auf dem Bett. Ich schlucke und mein Blick schweift unwillkürlich zur Couch. Er bemerkt es. „Sei nicht albern." Raphael streckt seine Hand nach mir aus, als hätte er meine Gedanken gelesen. Ich zögere, gehe dann aber auf ihn zu. Er macht mich nervös. Er sitzt mit nacktem Oberkörper vor mir. Die Silberkette um seinen Hals. Ich sehe dabei zu, wie sich seine Muskeln anspannen. Seine Beine sind durch einen Zipfel der Bettdecke verdeckt und ich sehe seine langen schönen Beine. Ich spüre, wie mit jeder Minute mein Herz heftiger schlägt. „Es tut mir leid, Mark." Seine Hand greift nach meiner. Raphael zieht mich zu sich aufs Bett. „Ich habe dich mit meiner Bitte verunsichert." „Etwas“, erwidere ich vollkommen untertrieben. „Ich gehe nicht weg...und ich entscheide mich nicht um. Das Verspreche ich dir. Wirklich! Gib mir mit alldem nur ein wenig Zeit. Das ist alles neu für mich." Die Zärtlichkeit in diesen Worten beeindruckt und berührt mich. Sie geben mir das, was ich schon so lange ersehne und dennoch lösen sie in mir auch andere Gefühle aus. Obwohl wir uns jetzt so nah sind, haben wir noch einen weiten Weg. Ich spüre es. Ich bin am Morgen als Erster wach, obwohl ich am Abend lange gebraucht habe, um einzuschlafen. In meinem Kopf hatte sich eine Grundsatzdiskussion darüber entfacht, wie wahrscheinlich es ist, dass in ein plötzlich auftretendes Koma mit Fieberträumen gefallen bin oder das Raphael sich tatsächlich von Maya getrennt und sich für mich entschieden hat. Ich war lange zwiespältig, also streckte ich immer wieder meine Hand nach dem schlafenden Körper neben mir aus. Tippte gegen seine Schulter, streichelte seinen Hals oder fühlte einfach nur seine Wärme. Solange bis sich Raphael regte und im Schlaf meinen Körper an seinen zog. Der warme Körper neben mir verströmte diesen Geruch, der mir vertraut und zu gleich fremd ist. Raphaels ruhige Atembewegungen sollten mich ein und sorgten ebenfalls dafür, dass sich mein gesamter Körper mit Schauer überzog. Ich spürte seine Bewegung an meinem Rücken. Gleichmäßig und sanft. Es war schön und zu gleich seltsam. Doch die Ernüchterung vom vorigen Abend hatte sich aufgelöst und einen aufregenden Prickeln Platz gemacht, welches auch jetzt noch anhält. Ich konnte nicht einschlafen, weil ich befürchte, doch nur zu träumen. Deshalb bin ich auch so früh wach. Noch immer liegt Raphael dicht hinter mir. Ich spüre seinen warmen Atem der meinen Nacken kitzelt. Obwohl ich es genieße, winde ich mich vorsichtig aus seiner Umarmung und drehe mich zu ihm um. Ich schaue in das schlafende Gesicht des Mannes und kann es immer noch nicht glauben. Er ist wirklich hier. Ein weiteres Mal berühre ich seine Wange. Raphael regt sich und dreht sich auf den Rücken. Ich sehe, wie die schmale Silberkette auf seiner Brust ruht. Sie bewegt sich im sanften Takt seiner Atmung. Ich berühre den Anhänger, rufe mir die eingravierten Zahlen in Erinnerungen, die in diesem Moment nicht zu erkennen sind. Wie lange er die Kette wohl schon hat? Warum hat er sie anfertigen lassen? Wir sind in der Schule oft zusammengetroffen. In der Mensa. Bei Veranstaltungen. Trotzdem habe nie gemerkt, dass ich ihm aufgefallen bin. Mein Finger streicht über die warme Haut neben der Kette. Hauchzart. Raphaels Kopf bewegt sich zur anderen Seite, doch er schläft weiter. Mag er mich wirklich schon so viel länger und hatte es sich nur nie eingestehen können? Was müssen diese Gefühle für ein Chaos in ihm verursacht haben! Es wäre wahrscheinlich nie herausgekommen, wenn er nicht durch Zufall mitbekommen hätte, dass ich schwul bin. Der Gedanke daran löst seltsame Gefühle in mir aus. Ist es Glück oder purer Zufall? Ich stütze mich auf meinem Arm ab. Raphaels braune Haut hebt sich deutlich vom weißen Bettlaken ab und harmoniert mit dem dunkelblauen Stoff meiner Bettdecke. Ich will diesen Anblick mal, also sauge ich ihn vollkommen in mich ein. Ich setze mich auf. Die Decke ist bei seinen Beinen verdreht, so dass seine Füße und Teile seiner Beine hervorgucken. Mit geschlossenen Augen beuge ich mich nach vorn und bleibe mit dem Kopf ungefähr bei Raphaels Knie stehen. Der Geruch seines warmen Körpers macht mich wahnsinnig. Ich richte mich wieder auf. „Oh man!", flüstere ich in die Stille hinein als mein Körper schon wieder zu schreien beginnt. So notgeil kann ich doch gar nicht sein. Ich brauche einen klaren Kopf. Raphael hat mich um Zurückhaltung gebeten und diese werde ich ihm auch entgegenbringen. Wir haben Zeit, nicht wahr? Wir können alles langsam und gemeinsam entdecken. Das ist das Beste für ihn, für unsere Beziehung und ich bin mir halbwegs sicher, dass ich mich seinem Tempo anpassen kann, so lange er es wirklich ernst mit mir meint. Meine Lenden widersprechen und schweratmend richte ich meinen morgendlichen Salut. Mein Blick fällt auf den verdrehten Verband meiner Hand. Ich wickele ihn vorsichtig ab und werfe ihn vom Bett. Der Schnitt unterhalb meines Zeigefingers ist rot und sieht noch immer nicht gut aus. Ich bin auch nicht sehr sorgsam damit umgegangen. Etwas ungeschickt krieche ich aus dem Bett und bleibe mit dem Fuß in Raphaels Decke hängen. Ich ziehe sie leicht von seinem Körper. Umständlich versuche ich mich daraus zu befreien und rutsche von der Matratze. Einen kompletten Sturz kann ich gerade noch verhindern, komme mit allen Vieren auf dem Boden auf und atme kurz durch. Heldenhaft. So ein Pech hat man nur in einem Traum. Ganz bestimmt. Ich schlüpfe weitestgehend geräuschlos aus dem Zimmer ohne zu bemerken, dass mir Raphael nachsieht. Als ich aus dem Bad komme, höre ich lautes Klappern aus der Küche. Es ist wie ein Déjà-vu des gestrigen Morgens nur diesmal in meinen vier Wänden. Dazu kommt, dass ich kein schuldiges Schamgefühl empfinde, sondern erregendes Kribbeln. Ich ziehe mir eine legere, weite Jeans und eine Strickjacke über, sehe kurz in den Spiegel und gehe zu Raphael in die Küche. Sein Oberkörper verschwindet gerade in einem der Hängeschränke. Danach beugt er sich zu einem der unteren. Ich sehe belustigt dabei zu, wie er suchend jeden Schrank öffnet, den ich habe. „Frag mich, vielleicht kann ich dir helfen, auch wenn im Grunde Shari alles eingerichtet hat", sage ich witzelnd und sehe Raphael lächeln. Meine Aussage scheint ihn nicht im Geringsten zu wundern. „Okay, sag, wo sind bei den Tassen versteckt?" „Normalerweise dort, wo du schon gesucht hast", antworte ich und deute auf einen der Hängeschränke. "Da ich aber nur drei besitze, schau am Besten in der Spüle." „Ernsthaft?" Sein Blick wandert zur Spüle und dann wieder zu mir. „Erschreckend, oder?", kontere ich, sehe wie Raphael die Schranktür schließt und dann auf mich zukommt. Geschmeidig. Fließend. Er bleibt direkt vor mir stehen. Ich spüre, wie mein Herz erwartungsfroh aussetzt und dann heftig aufgeregt gegen meinen Brustkorb schnellt. Nur durch seine plötzliche Nähe. Seine Haare sind noch immer leicht verwuschelt und das Grün seiner Augen scheint so klar und rein, wie frischer Raureif in den frühsten Morgenstunden. Ich schmelze augenblicklich dahin. „Ich habe noch nie viel gebraucht und...", säusele ich und werde bei jedem Wort leiser, bis ich verstumme. „Und?", fragt er, sieht mich mit diesen atemberaubenden Augen an. Ich bekomme keinen Gedanken gefasst, der mehr als einsilbige Worte enthält. Nur ein seltsamer Laut entflieht meinen Lippen. Raphael grinst und zieht mich am Kragen meiner Strickjacke in einen Kuss. Er ist lang und intensiv. Noch immer habe ich das Gefühl, zu träumen. Bestimmt erwache ich gleich, liege völlig allein in meinem komplett zerwühlten Bett und falle in ein tiefes dunkles Loch. Raphael zieht mich näher. Mir wird immer wärmer und schlagartig kalt als ein dumpfes Summen an mein Ohr dringt. Es ist nicht mein Telefon. Denn das würde richtig klingeln. Noch während ich das denke, entfernen sich die süßen Lippen von meinen. Selbst meine Träume sind von Unterbrechungen geprägt. Ich bin eindeutig geschädigt. Raphael löst sich von mir, sieht wenig erfreut aus und verschwindet im Flur. Sein Handy liegt noch immer auf der Kommode. Ich wende mich zur Spüle und wasche zwei Tasse aus, während ich den Wasserkocher anschalte. Mit dem vibrierenden Plastikgerät kommt Raphael in die Küche zurück. Ich stelle den Kocher wieder ab, während er sich gegen die Küchenzeile lehnt und grübelnd auf sein Telefon sieht. Sicher ist es Maya, die einfach keine Ruhe gibt. Ich kann seinen Blick nicht deuten als er rangeht. „Hallo." Seine Begrüßung ist eher verhalten. Ich beobachte, wie sich seine Kiefermuskeln anspannen und sich bedenkliche Falten auf seiner Stirn und zwischen seinen Augenbrauen bilden. Ich gieße, ihn beobachtend den Kaffee und meinen Tee auf. Raphael streicht sich durch die dunklen Haare. „Ja...gut...ja", erwidert er lustlos auf irgendwelche Fragen. Ich kann nur bestimmen, dass es sich um eine weibliche Stimme handelt, die aus dem Telefon dringt. „Möglich. Mutter,...nein... Ja... Was?" Seine Mutter. Nun lehne ich mich selbst auch gegen den Küchentresen und verschränke ungeduldig meine Arme vor dem Bauch. Raphaels Hand wandert über sein Gesicht und er sieht mich kurz an. Der Anruf ist scheinbar nicht sehr erfreulich. Einen Moment lang hört er nur zu. Dann ein feines Seufzen, welches nur ich vernehmen kann. „Okay. Ich verstehe. Ja. Bis dann." Er legt auf. Seine Hand bleibt über seinem Gesicht liegen und er sackt leicht in sich zusammen. „Was ist los?" Ich will nicht neugierig klingen, aber da ich noch immer nicht weiß, welche Art von Kontakt er eigentlich zu seinen Eltern hat, kommt mir dieser Anruf seltsam vor. „Meine Eltern...", setzt er an und schließt die Augen. So viel habe ich schon mitbekommen. Ich schiebe mich langsam näher an den anderen Mann heran und stupse ihn mit der Hüfte an. „Sie... Sie sind auf dem Weg hier her...Sie kommen zu dem Essen." Nun bin ich es, dem für einen Moment sämtliches Blut in den Adern gefriert. „Wie bitte?", frage ich erschüttert. „Maya hat sie eingeladen und sie sind schon unterwegs." Ein Albtraum. Ich muss noch tief und fest schlafen. Das kann doch nicht wahr sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)