Gefühlsbekundungsversuche von Ur (Merida x Rapunzel) ================================================================================ Kapitel 1: 4 + 1 ---------------- 1. Merida hatte ihr ganzes Leben lang eine gewisse Verachtung für alle femininen Dinge dieser Welt empfunden. Ihre Mutter und ihr Training hatten ihr diese Abscheu beigebracht und es hatte viel Zeit gekostet diese Gefühle auch nur ansatzweise abzuschalten und zu lernen, dass feminin nicht gleichbedeutend mit minderwertig war. Und dann war Rapunzel im Zuge eines Friedensvertrags mit ihren Eltern in Meridas Leben getreten. Rapunzel mit ihren pinken Kleidern und ihrer Liebe zu allem flauschigen und niedlichen und ihrer Begeisterung für romantische Liebesgeschichten und schmalzige Lieder und Harfenspiel und Blumen. »Oh mein Gott, das Kleid ist ja wunderschön! Darf ich es mal anprobieren? Wäre das ok für dich? Ich hoffe, ich bin nicht zu aufdringlich, ich hab achtzehn Jahre lang in einem Turm gelebt und nicht wirklich gelernt mit Menschen umzugehen, also sag mir bitte, wenn ich mich total daneben benehme!« Überraschenderweise war es Merida nicht schwer gefallen, sich mit Rapunzel anzufreunden. Am Anfang hatte sie sich sehr gesträubt. Vor allem wegen ihrer Mutter. »Ihr seid in etwa im selben Alter, ihr werdet euch bestimmt verstehen!« Merida hatte diese Logik für unsinnig befunden und sich fest vorgenommen, Rapunzel nicht zu mögen. Aber sie hatte nicht mit der unglaublichen Wucht aus purer Freundlichkeit und Lebensfreude gerechnet, die man ihr entgegensetzte. Wie es sich herausstellte teilten sie beide eine Liebe zum Reiten, eine komplizierte Beziehung zu ihren Müttern – wobei Merida eingestehen musste, dass ihre Mutter gegen Rapunzels Ziehmutter ein wahrer Engel war – und ein ausgeprägtes und sehr unfeminines Talent zum Kämpfen. Merida hatte beobachten dürfen, wie Rapunzel die unflätigen Annährungsversuche eines Kriegers mithilfe einer Bratpfanne abgewehrt hatte und Merida war dermaßen beeindruckt gewesen, dass sie für Rapunzel ein paar Kuchen aus der Küche geklaut und ihr Unterricht im Bogenschießen angeboten hatte. Rapunzel hatte das Angebot begeistert angenommen. »Ist meine Haltung sehr schlecht?« »Nein, gar nicht. Du brauchst nur Übung. Und jetzt zieh deinen Arm noch ein Stück weiter nach hinten und halt deine Schultern gerade!« Merida griff von hinten nach Rapunzels Hand, die den Pfeil am Schaft festhielt und zeigte ihr, wie sie es machen musste. Rapunzel roch nach Blumen und Sommer und nach den Kuchen, die sie vorhin gemeinsam verspeist hatten und ein leises Kribbeln an der Stelle, wo Meridas Hand die von Rapunzel berührte, sagte ihr, dass es vielleicht an der Zeit war, Rapunzel zu erklären, dass sie sie wirklich, wirklich mochte. Nicht unbedingt auf eine freundschaftliche Art. Sondern so, wie es sich für eine anständige Prinzessin ganz und gar nicht ziemte. Der Pfeil schnellte von der Sehne und traf die Zielscheibe am äußersten Rand, doch Rapunzel drehte eine glückliche Pirouette und juchzte, als hätte sie ein Schießturnier gewonnen. »Hast du das gesehen? Ich hab getroffen!« Merida grinste und strich sich die roten Locken aus dem Gesicht. Vielleicht einander Mal. 2. »Vielleicht kann ich sie beruhigen?« »Ich glaube kaum! Reite schneller!« Niemand anders, den Merida kannte, hätte vorgeschlagen, ein Rudel ausgehungerter Wölfe zu beruhigen. Rapunzel hatte offenbar noch nie mit hungrigen Raubtieren Kontakt gehabt, aber Merida hatte spätestens seit Mordu die Nase gehörig voll. Sie jagte auf Angus durch den Wald, Rapunzel dicht hinter ihr und auf ihren Fersen folgten mindestens sechs oder sieben Wölfe, die wirkten, als hätten sie seit einer Woche kein Fleisch mehr zwischen die Fangzähne bekommen. »Jemand sollte sie füttern!« »Du machst dir Sorgen um die Wölfe?« Merida machte sich vor allem Sorgen um Rapunzel und nicht zuletzt um sich selbst. Aber Rapunzels Gedanken schienen darum zu kreisen, eine Futterstelle für die armen verhungerten Wölfe einzurichten, sobald sie außer Reichweite ihrer hungrigen Mäuler war. Merida fluchte und trieb Angus zur Eile an. Natürlich hatte sie ausgerechnet heute ihren Pfeil und Bogen zu Hause gelassen. Eigentlich hatte sie Rapunzel nur die riesigen Wasserfälle zeigen wollen, von denen sie bereits einmal getrunken hatte, aber dieser Ausflug war relativ schnell von den Raubtieren hinter ihnen vereitelt worden. »Wie sieht es bei dir mit Springen aus?«, rief sie nach hinten über ihre Schulter und versuchte das gelegentliche Jaulen zu ignorieren, dass dem Rudel ihre Position anzeigen sollte. Merida fragte sich, ob es noch mehr von diesen Wölfen da draußen gab. Aber sie hatte eine Idee. »Maximus ist der beste Springer in unserem Königreich, nicht wahr, mein Großer?«, entgegnete Rapunzel und Merida stöhnte angesichts ihrer zärtlichen Stimme und der scheinbar hervorragenden Laune. Rapunzel war entweder noch sehr viel verwegener als Merida, oder sie begriff den Ernst der Lage nicht. Wind peitschte Merida ins Gesicht und sie wünschte sich für einen Moment so eine Kurzhaarfrisur wie Rapunzel, doch dann hatten sie den Platz erreicht, auf den Merida zugesteuert hatte und sie presste ihre Oberschenkel gegen Angus‘ Flanken, um dem Pferd den Sprung zu befehlen und… sie flog, flog über die schmale Schlucht hinweg, als hätte Angus Flügel und entgegen all der Angst und Hektik, die sie immer noch empfand, lachte sie kurz auf. Mit einem heftigen Ruck kam Angus auf der anderen Seite der Schlucht zum Stehen. Unten hörte Merida Wasser rauschen und sie sie wendete ihren Hengst, um nach Rapunzel zu sehen. Gerade, als sie sich umgedreht hatte, flog ein weißer Farbwisch an ihr vorbei, gespickt mit einem lila Schleier, von dem Merida wusste, dass es Rapunzels Kleid war, und einem ausgelassenen Lachen. Rapunzel und Maximus kamen neben Angus und Merida zum Stehen und auf der anderen Seite der kleinen Schlucht hielten die Wölfe und knurrten. Doch sie folgten ihnen nicht. »Das war aufregend!«, japste Rapunzel und strahlte. Merida starrte sie an, doch sie konnte nicht umhin, ebenfalls zu grinsen. Rapunzels Euphorie war ansteckend. Und während Rapunzel darüber nachsann, ob man diesen »armen Tieren« nicht tatsächlich irgendwie Futter zukommen lassen könnte, musterte Merida sie schweigend von der Seite und dachte sich, dass keiner der Bewerber um ihre Hand jemals solche Dinge mit ihr tun würde. Sie öffnete den Mund, um Rapunzel dies mitzuteilen, doch in diesem Moment blieben ihre Haare in einem tiefhängenden Gestrüpp haften und es dauerte mehrere Minuten, bis Rapunzel Merida und ihre wilde Locken daraus befreit hatte. 3. Meridas Mutter hatte sich zwar gebessert, was all die anstrengenden Pflichten und strengen Tagesabläufe anging, aber ein Kritikpunkt an Merida hatte sich auch nach der Bärenkrise nicht geändert. »Schatz, deine Haare… du solltest sie wirklich öfter kämmen. Du könntest sie flechten, so wie ich?« Merida mochte ihre langen Locken. Zugegeben, manchmal waren sie im Weg, vor allem, wenn sie während des Reitens Bogenschießen übte. Aber alles in allem war Merida glücklich über ihre nicht zu bändigende Haarmähne. Vielleicht, dachte sie manchmal bei sich, weil sie so gut zu mir passt. Meine Haare sind nicht das einzige, was sich nicht zähmen lässt. Rapunzel schien sich überhaupt nicht an Meridas Haaren zu stören. Sie hatte bei mehreren Gelegenheiten bekundet, wie toll sie Meridas Haarfarbe und ihre Locken fand. »Meine Haare waren früher blond und ganz lang. Mittlerweile hab ich mich an die kurzen braunen Haare gewöhnt. Und so tolle Locken hab ich noch nie gesehen«, ereiferte sie sich gut gelaunt und drehte eine von Meridas Korkenzieherlocken um ihren Zeigefinger. »Meine Mutter will, dass ich sie fürs Bankett heute Abend flechte«, brummte Merida und starrte in den Spiegel. Diese Haare würden sich niemals flechten lassen. Ihre Mutter hatte ja leicht reden. Sie mit ihren seidigen, glatten Haaren brach ja nicht bei jedem Versuch sich die Haare zu kämmen fünf Kämme auseinander. »Ich könnte versuchen, sie dir zu machen! Ich hab ein bisschen Übung mit… ähm… widerspenstigen, langen Haaren«, bot Rapunzel strahlend an. Merida musterte die kurzen, glatten Haare und schnaubte ungläubig. »Wenn du willst. Ich hoffe nur, du bist nicht frustriert«, gab sie zurück und warf sich unmotiviert auf einen Schemel. Rapunzel zog sich einen Stuhl heran und ließ sich hinter Merida nieder, ehe sie nach einer Bürste griff. Leise summend machte sie sich an die Arbeit. Rapunzel hatte eine schöne Stimme und Merida lauschte dem Klang des Liedes, während Rapunzel sich voller Geduld und Vorsicht durch Meridas Haare kämpfte. »Ach, so schöne Haare«, murmelte Rapunzel glücklich, während sie die frisch gekämmten Haare sorgsam in einem geflochtenen Zopf bändigte. Merida fragte sich dumpf, ob Rapunzel nicht nur ihre Haare, sondern auch sie zähmen konnte, wurde rot bei dem Gedanken und starrte stur geradeaus. Sie freute sich darüber, dass Rapunzel ihre Haare mochte. Es fühlte sich an wie ein Ausdruck der Tatsache, dass Rapunzel sie ganz einfach so mochte, wie Merida nun einmal war. Doch gerade, als sie sich räusperte, um Rapunzel mitzuteilen, wie viel ihr dies bedeutete – und wie viel Rapunzel ihr bedeutete – kam ihre Mutter ins Zimmer und bekam einen freudigen Anfall im Angesicht von Rapunzels Meisterwerk. 4. »Da du mir Bogenschießen beigebracht hast, könnte ich dir das Tanzen beibringen. Wenn du magst.« Rapunzel verschränkte die Hände auf dem Rücken, beugte sich vor und legte freudig strahlend den Kopf schief. Merida dachte stumm bei sich, dass Rapunzel ganz bestimmt schon einmal jemanden mit ihrer Freundlichkeit umgebracht hatte. »Na gut«, sagte Merida mit hämmerndem Herzen. »Aber ohne Korsett unterm Kleid!« Rapunzel hatte auf der Stelle einen kleinen Freudentanz aufgeführt und Merida war sich nicht sicher, wozu sie sich gerade bereit erklärt hatte. Schon gar nicht, als Rapunzel sie zum Üben raus in den Hof schleppte. »Aber wir haben überhaupt keine Musik«, protestierte Merida halbherzig, während Rapunzel ihre Hand festhielt und in der Nähe der Ställe stehen blieb. Merida bemerkte dumpf, dass Rapunzel wieder einmal barfuß herumlief. Eine Angewohnheit, die – wie sie Merida erklärt hatte – sie aus ihrer Zeit im Turm noch nicht wirklich hatte ablegen können. »Ich singe! Kein Problem. Gib mir deine andere Hand!« Merida hatte Ausdauer, recht ausgeprägte Muskeln für eine Prinzessin und hervorragende Augen. Was sie offensichtlich nicht hatte, war Taktgefühl. Oder Gelenkigkeit. Rapunzel schien sich nicht daran zu stören. Sie wirbelte um Merida herum wie ein Sommersturm und lachte und sang ein Lied nach dem anderen, während Merida allmählich schwindelig wurde. Aber sie konnte sich nicht so recht dazu bringen, aufzuhören. Einfach, weil Rapunzel sich so freute und weil sie ihre Hände hielt. Wenn sie es ihr jetzt vielleicht sagte…? Lautes Klatschen ertönte, als Rapunzel schwer atmend und strahlend inne hielt und Merida noch zwei Schritte zur Seite torkelte, weil sie das plötzliche Ende des Tanzes nicht erwartet hatte. Als sie sich umblickte, stellte sie fest, dass gut zwanzig Leute sich um sie herum angesammelt hatten, um ihnen zuzusehen. Merida spürte, wie ihr heiß wurde vor Verlegenheit und so verschob sie ihr Vorhaben auf ein andermal. 5. »Ich schreib dir ganz bestimmt! Und wenn der Winter vorbei ist, musst du mich besuchen kommen! Dann werd ich dir Pascal vorstellen, er wird leider seekrank, deswegen konnte ich ihn nicht mitbringen…« Merida stand mit ihren Eltern im Hintergrund am Hafen und versuchte sich einzureden, dass sie Rapunzel nicht wahnsinnig vermissen würde. Aber anderthalb Monate waren für einen diplomatischen Besuch vermutlich ohnehin schon übertrieben gewesen und Rapunzel hatte nur so lange bleiben können, weil ihre Eltern ihrer Tochter nichts abschlagen konnte. Aber jetzt riefen die königlichen Pflichten daheim. Was, wenn Rapunzel heiraten würde, wenn sie jetzt weg fuhr? Irgendeinen Prinzen aus einem benachbarten Königreich, der eine gute Partie abgab und eine jahrhundertelange Fehde zwischen zwei Herrschaftsgebieten beendete? Merida schluckte. »Ich werd dir auch schreiben. Und… äh… Angus wird dich sicher sehr vermissen«, sagte Merida verlegen und fuhr sich peinlich berührt durch die Haare. Sie würde Rapunzel nie sagen, wie sie sich fühlte, wenn es noch nicht einmal über sich brachte, ihr zu sagen, dass sie sie vermissen würde. Ihre Mutter hatte versucht ihr alles Möglich beizubringen, nur nicht, wie man über seine Gefühle redete. Merida fluchte innerlich. Rapunzel lächelte so zärtlich, dass Merida sich am liebsten vom Steg ins Meer gestürzt hätte. »Ich werde Angus auch vermissen«, sagte sie und das Funkeln in ihren Augen sagte Merida, dass Rapunzel vielleicht wusste, dass Merida eigentlich etwas anderen hatte sagen sollen. Einen Augenblick lang schauten sie sich an, dann beugte sich Rapunzel vor und drücke Merida einen Kuss auf die Wange. Meridas Gehirn schien einen Moment lang eingefroren zu sein, dann holte sie tief Luft und umarmte Rapunzel. »Wirst du heiraten, wenn du zu Hause bist?«, wollte sie wissen. Ihr Herz drückte ihr auf die Luftröhre und machte das Atmen schwierig. Rapunzel roch nach Blumen und Erdbeeren und ihr Geruch mischte sich mit dem des Meeres. Merida blinzelte heftig, um zu verhindern, dass sie doch noch anfing zu weinen. »Nein. Nein, ich denke nicht«, murmelte Rapunzel. Sie hob den Kopf und betrachtete Merida aus ihren riesigen, grünen Augen. »Wirst du…?« »Nein. Nein, auf keinen Fall!« Rapunzel lächelte und sie sah beinahe ein wenig schüchtern aus. Dann… »Ich mag dich wirklich sehr, weißt du? Hey! Bitte weine nicht! Wir sehen uns ganz bald wieder und dann zeig ich dir den Turm, in dem ich gewohnt habe! Und du kannst all meine Räuberfreunde kennen lernen! Einer von denen ist ein ganz toller Pantomime!« Merida musste lachen und wischte sich peinlich berührt über die Augen. Sie hoffte, dass ihre Eltern sie nicht weinen sahen. »Ich mag dich auch«, erwiderte sie erstickt und Rapunzel strahlte sie mit geröteten Wangen an. » Ich hoffe, dass das so bleibt, bis wir uns wieder sehen!« Merida ließ Rapunzels Hand los und schluckte schwer, während Rapunzel langsam rückwärts in Richtung Schiff zurückwich. »Ganz bestimmt.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)