Josephine Klick - Allein unter Cops von Peggy_Padouk ================================================================================ Kapitel 40: ------------ Epilog „Willst du etwa schon los?“, fragte Fritz, der gemütlich mit seinem Kaffee am Frühstückstisch saß und gerade einen Bissen seines Käsebrotes verspeiste. Er klopfte auf den Platz neben sich. „Setzt dich doch wieder hin. Du hast nicht mal richtig gefrühstückt.“ Ich ging kopfschüttelnd mit meinen geschmierten Broten an ihm vorbei, als ich den letzten Schluck Kaffee aus meiner Tasse trank und sie anschließend in die Spüle stellte. „Damit du eher auf der Arbeit bist und ohne mich den Fall klären kannst...? Auf keinen Fall! Die Ergebnisse sind bestimmt schon da.“ „Ich verstehe sowieso nicht, warum wir nicht zusammen zur Arbeit fahren.“ „Fritz, du weißt doch, dass ich noch nach Wotan sehen muss. Viktor hat heute Züchter da und hat keine Zeit. Außerdem kann ich nicht von ihm verlangen, dass er ständig diese Aufgabe für mich übernimmt. Du willst ja nie dort schlafen, dann hätten wir alles in einem Abwasch erledigen können.“ „Aber wir haben hier mehr Ruhe und Privatsphäre“, verteidigte er seine Entscheidung. Ich sah ihn nicht ganz überzeugt an. „Die Ruhe ist jetzt sowieso vorbei, Fritz. Ich muss los.“ Als ich fast schon zur Tür raus war, dachte ich wieder an den Blumenladen, den er noch aufsuchen wollte. „Denkst du an die Bestellung für den Grabkranz? Wenn wir ihn Samstag früh mit nach Bielefeld nehmen wollen, sollte er Freitag fertig sein.“ „Ja, werde dran denken. Auf den Weg zur Arbeit halte ich nochmal am Laden an.“ „Danke“, lächelte ich und ging auf ihn zu. Eigentlich wollte ich mich nur kurz zu ihm beugen und ihn auf die Wange küssen, aber seine Arme umfingen meine Hüften und er zog mich auf seinen Schoss. „Kannst du wirklich nicht noch etwas bleiben und mit mir frühstücken?“, fragte er nach einem sanften Kuss. Er wusste welche Wirkung seine Nähe auf mich hat. Meine Lippen legten sich erneut auf seine, dann stand ich auf und blickte ihn entschuldigend an. „Ein anderes Mal gerne. Wir sehen uns später, okay?“ „Bis nachher“, murmelt er unzufrieden, vermutlich enttäuscht schon wieder am Frühstückstisch alleine gelassen zu werden. Aber er wusste schließlich, dass ich mir nur am Wochenende die Zeit für ein ausgiebiges Frühstück nehmen könnte. Ich schnappte mir meine Tasche und machte mich auf den Weg. Auf der Fahrt quer durch Berlin dachte ich über die letzten Wochen nach. Das Zimmer bei Viktor bewohnte ich noch immer, auch wenn ich beinahe jede Nacht bei Fritz verbrachte. Aber Zusammenziehen stand für mich noch überhaupt nicht zur Debatte. Ich genoss es mich zurückziehen zu können, wenn Fritz mich auf die Palme brachte. Aber ich war mir sicher, dass auch er seine Ruhe brauchte, wenn ich seine Nerven einmal mehr übermäßig strapazierte. Mit ihm wurde es nie langweilig und ich mochte das Verspielte und Temperamentvolle in unserer Beziehung. Unsere Kollegen fiel es nicht immer leicht uns zu verstehen, wobei wir uns größte Mühe gaben Privates nicht mit auf die Arbeit zu nehmen. Fritz kannte meine Meinung dazu und wusste, dass ich Privates immer erst nach Dienstende klärten wollte. Ich erinnerte mich an die Reaktion des Teams, als Fritz und ich am Montag nach dem Wochenende in Babelsberg gemeinsam zur Teambesprechung zu spät kamen. Für Falk war es nichts Neues und auch Alex hatte zumindest ein Wochenende gehabt um sich an den Gedanken zu gewöhnen. Waldi und Karin konnten von den Entwicklungen der letzten Tage nichts wissen und blickten uns entsprechend überrascht an. Zumindest warteten sie mit dem Überfall, bis der Chef seine Teamsitzung beendete und das Zimmer wieder verlassen hatte. Ich war überrascht, wie positiv alle die Nachricht aufnahmen. Zwei Wochen später konnte ich dann endlich wieder arbeiten, wenn auch erst einmal nur im Innendienst. Mein körperlicher Zustand verbesserte sich stetig und ich erwartete jeden Tag endlich das `Okay´ von meinem Arzt zu bekommen um wieder im Außendienst arbeiten zu dürfen. Aufgrund der Teamerweiterung, wechselte Waldi in das Büro von Karin, während ich mir das Büro von Waldi nun mit Falk teilte. Für Fritz und Alex änderte sich nichts. Seit vier Wochen arbeiteten wir in dieser Konstellation zusammen. Ich setzte den Blinker, als ich den Hof von Viktor erreichte. Im meinem Zimmer wechselte ich schnell meine Klamotten und ging zu Wotan in den Stall. Er sah zufrieden aus, auch wenn er wegen seinem Futter ungeduldig wurde. Die Zufriedenheit verdankte ich mit Sicherheit auch der neuen Pferdewirtin, die Viktor für den jungen Apollo und das restliche Gestüt seit einigen Wochen auf dem Hof beschäftigte. Sie erledigte ihren Job mit Herzblut und auch Wotan profitierte davon. „Josephine?“, hörte ich Viktor im vorderen Bereich des Stalls rufen. Er musste mein Auto auf dem Hof gesehen haben. „In Wotans Box“, rief ich zurück und platzierte das restliche Heu in der Raufe. Wotan genoss bereits sichtlich sein Hafer. Ich schnappte mir den Futtereimer und verließ die Box. „Was für ein seltener Gast“, begrüßte mich Viktor mit einem warmen Lächeln. Ich verzog mein Gesicht, während ich die Boxentür verschloss und für eine Umarmung auf ihn zuging. „Wir haben uns die letzten Tage wirklich oft verpasst“, entschuldigte ich mich. Er winkte nur ab. „Wir haben beide gerade viel um die Ohren. Wie geht es dir, Kleine?“ „Hervorragend fühl’ ich mich. Noch hat mein Arzt nicht zugestimmt, aber ich bin mir sicher bald wieder in den Außeneinsatz zu dürfen.“ „Macht der aktuelle Fall denn Fortschritte?“ „Wir werden wohl bis zum Wochenende die Akte schließen können. Die Spurensicherung scheint einiges gefunden zu haben. Wir warten nur noch auf den Bericht.“ „Das hört sich doch vielversprechend an. Wisst ihr schon, wann ihr nach Bielefeld fahrt?“ „Voraussichtlich Samstag, wenn der Fall mehr Zeit in Anspruch nehmen sollte reicht uns auch Sonntag. Fritz und ich haben bis Mittwoch frei. Wir wollte Montag alle zusammen auf den Friedhof.“ „Werden deine Brüder auch da sein?“ „Du wirst überrascht sein, aber beide haben zugesagt und sich für Sonntag angemeldet.“ „Sicherlich auch, weil sie Fritz in die Mangel nehmen wollen“, sagte Viktor und zog seine Augenbraun fragend hoch. „Das befürchte ich auch“, stöhnte ich. Dennoch war ich froh die beiden endlich wiederzusehen. Unser letztes Treffen war viel zu lange her. Ohne Frage war es ein trauriger Anlass, aber das Wissen, dass meiner Mutter so viele Jahre nach ihrem Tod noch immer die Familie auf diese Weise zusammenhielt, wärmte mich innerlich. „Wie macht sich Fritz?“, fragte mich Viktor während wir den Stall verließen und Richtung Haus gingen. Mein Gesichtsausdruck bei seiner Frage musste wohl Bände sprechen. „Ich freu mich für dich. Du hast dir ein wenig Harmonie in deinem Leben verdient.“ *** „Das ist doch totaler Quatsch“, fuhr mich Fritz an und brachte mich damit etwas aus dem Konzept. „Bleib doch mal realistisch.“ Ich glaubte nicht richtig zu hören. Seit Monaten hatte ich diesen schroffen Ton von ihm schon nicht mehr gehört. Was sollte denn bitte an meiner Vermutung so unrealistisch sein? So viel zum Thema Harmonie, dachte ich genervt an die Worte von Viktor. Warum immer nur auf der Arbeit die Bombe zwischen Fritz und mir so sehr platzte verstand ich einfach nicht. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und baute mich vor ihm auf. „Ich bin immer realistisch“, herrschte ich ihn an. „Fritz jetzt mal im Ernst... Wie oft hatte ich damit schon Recht?“ „Und jetzt glaubst du für jede deiner wilden Theorien einen Freifahrtschein zu bekommen oder was?“ „Erzähl doch nicht so einen Schwachsinn. Wenn du mir endlich mal zuhören und mich ausreden lassen würdest, könnte ich euch auch endlich alles erklären.“ Er knirschte zwar mit den Zähnen, schwieg aber und gab mir damit die Chance endlich auszusprechen. „Ich verstehe nur nicht, warum ihr den Ehemann als Täter ausschließen wollt.“ „Weil die SpuSi eindeutig dem Tatort Spuren vom Geschäftspartner nachweisen konnte.“ „Ich glaube wirklich nicht, dass der Geschäftsführer es war“, wiederholte ich mich und blickte das Team ernst an. Außer Waldi standen alle versammelt um den Tisch von Fritz und Alex und begutachteten die Beweise und Berichte eines Mordes an der 45-jährigen Geschäftsfrau Petra Schulz. Hoffentlich war Waldi bald zurück und brachte Beweise für meine Vermutung mit. „Findet ihr es nicht merkwürdig, dass der Ehemann sich mit ihr so offensichtlich vor einer unscheinbaren Überwachungskamera zeigt? Eine halbe Stunde vor dem Mord? Dann trennen sich ihre Wege und er bleibt bis 10 Minuten vor dem Mord in Reichweite der Kamera und verschwindet dann für eine halbe Stunde von der Bildfläche?“ „Das mit den 10 Minuten hast du gut erkannt, Bielefeld. Das reicht nämlich nicht aus um zum Tatort zu gelangen,“ versuchte mich Fritz auf die für ihn so offensichtlichen Fakten hinzuweisen. „Über den offiziellen Weg vielleicht...“ „Jetzt komm nicht schon wieder mit der Theorie der geheimen Gänge“, stöhnte Alex. Falk und Karin hielten sich wenigstens zurück und ließen mich meine Theorie erklären ohne ständig Einwände zu bringen. Warum stellten sich Fritz und Alex so quer? Oder war ich es vielleicht, die nur überreagierte, weil Fritz nicht meiner Meinung war? Ich konnte es nicht sagen und im Moment fehlte mir sowieso der Nerv um darüber nachzudenken. „Aber wieso nicht?“, gab ich zurück. „Das ist doch gar nicht so abwegig! Mein Onkel ist Handwerker und hat bei uns in einem Haus in Bielefeld bei einer Renovierung schon einmal einen versteckten Gang gefunden...“ „Josephine, jetzt lass doch mal die alten Kamellen aus deiner Heimat“, sagte Alex sichtlich bemüht um einen ruhigen Ton nachdem ich bei diesem Thema einfach nicht locker ließ. „Okay, lassen wir die Story mit meinem Onkel mal beiseite“, lenkte ich ein, gab aber nicht die eigentliche Thematik auf. „Aber Berlin hat noch so viele unterirdische Gänge. So konnte er die hektische Kreuzung schnell umgehen und problemlos in die Tiefgarage gelangen, ohne von irgendeiner Kamera erfasst zu werden. Warum hätte er sonst das Auto in dieser völlig überteuerten Garage an einer Stelle platziert, wo keine Kamera greift?“ „Die SpuSi hat aber Fingerabdrücke vom Geschäftspartner der Ehefrau gefunden und der Tatverdächtige hat kein Alibi für den Tatzeitpunkt. Warum willst du diese Fakten nicht sehen?“ „Ich sehe die Fakten, Fritz!“, sagte ich verbissen. „Aber noch offensichtlicher geht es doch kaum. Zufällig sind ominöse Hinterlassenschaften so einfach für die SpuSi zu finden. Das ist ja beinahe so, als wenn er seine Visitenkarte hinlässt mit dem Spruch `Ich war es´. Glaubt ihr nicht, dass an der Sache gewaltig was stinkt? Wir sollten auch nicht außer Acht lassen, dass auf ihren Namen eine hohe Lebensversicherung lief und der Ehemann als alleiniger Begünstigter aufgeführt wird. Das sind nämlich auch Fakten, die IHR anscheinend nicht sehen wollt.“ Ich lehnte mich mit verschränkten Armen an den Schreibtisch und sah Alex und Fritz stur an. „Ich muss da Josephine wirklich Recht geben“, warf Falk ein und erntete sofort einen bitterbösen Blick von Fritz. Die beiden kabbelten sich auf der Arbeit mindestens so regelmäßig wie Fritz und ich, auch wenn die Zusammenarbeit sich stetig verbesserte. Aber dieses Mal hatte Falk sich in die Schusslinie gewagt. Die anderen wussten, dass es nie eine gute Idee war zwischen die Fronten von Fritz und mir zu geraten. Zum Glück ging in diesem Moment die Tür auf und verhinderte eine Diskussion zwischen den beiden Männern. Ewald betrat den Raum und blieb im Türrahmen stehen. Er musste die angespannte Situation im Zimmer erfasst haben. „Wo warst du denn die ganze Zeit?“, fuhr Fritz ihn an. Ich war erleichtert ihn zu sehen. Die anderen hatte ich nicht informiert, aber da ich selber im Außendienst nicht aktiv werden durfte, war Waldi so hilfsbereit für eine Recherche sich auf den Weg zu machen. Er war für mich zum Eigentümer der Gebäude gefahren um nach möglichen Grundrissen der unteren Etage zu fragen. Vielleicht würden wir daraus endlich schlauer werden. „Hab für Josephine was besorgt“, entgegnete Waldi in einem ruhigen Ton und hielt einen Umschlag in die Höhe. Glücklicher Weise nahm er Fritz seinen schroffen Ton nicht übel – anders als ich. Im Moment beeinflusste es mich mehr als es mir gut tat und obwohl ich mich bemühte das Ganze dienstlich zu betrachten konnte ich es einfach nicht abstellen. Ich schüttelte die Gedanken für den Augenblick ab und versuchte mich bestmöglich auf den Fall zu konzentrieren. „Und?“, fragte ich Waldi und hoffte, dass er die nötigen Informationen gesammelt hatte. „Deine Intuition erstaunt mich immer wieder aufs Neue, Josephine. Der Eigentümer hat mir bestätigt, dass eine unterirdische Verbindung der beiden Gebäude besteht und der Weg keine 5 Minuten Zeit beanspruchen sollte. Damit ist der Ehemann wieder im Rennen.“ Erleichterung durchströmte mich. Bei der Befragung war mir der Ehemann von Anfang an immer wieder durch abwegige Bemerkungen und Äußerungen aufgefallen und ich hatte sofort an seiner Glaubhaftigkeit gezweifelt. Nicht einmal war in seinen Augen echtes Bedauern, Verzweiflung oder Trauer zu sehen. Alex und Fritz starrten Waldi für einen Moment an, bevor sie beinahe synchron entnervt ausatmeten. „Ich hab´s euch doch gesagt.“ „Josephine“, sagte Fritz warnend, aber ich ließ mich dadurch nicht einschüchtern. Er war ja selber Schuld, meinem Urteil so absolut keine Beachtung zu schenken. „Ihr wolltet dem frühen Verdacht von mir nicht nachgehen. Wir hätten schon längst den Fall abschließen und uns gemütlich aufs Wochenende freuen können. Das habt ihr nun davon...“ „Du bist im Innendienst wirklich noch deutlich anstrengender als im Außeneinsatz“, entgegnete Fritz genervt. „Nun streitet euch nicht“, ging Falk dazwischen. „Man könnte ja denken, dass ihr private Unstimmigkeiten hier auf der Arbeit auslasst!“ „Halt dich da raus“, riefen Fritz und ich tongleich. „Wir trennen Privat und Dienst, klar Falk?“, sagte Fritz weiter deutlich angespannt. Karin, die neben Falk stand beugte sich zu ihm rüber. „Das ist während Ermittlungen normal bei den beiden. Du musst dir erst Sorgen machen, wenn die beiden sich nicht streiten.“ Fritz fuhr sich frustriert durch seinen Bart. Er nahm sich einen Moment, offensichtlich um sich zu beruhigen. „Alles klar. Wir werden dem Ehemann noch einmal einen Besuch abstatten.“ Seine Stimme klang ruhiger, aber er mied meinen Blick. Er stieß sich von der Wand ab und marschierte an mir vorbei, schnappte sich den Autoschlüssel, der neben mir auf dem Tisch lag und folgte Alex, der schon an der Tür stand. Ich erwartete, dass er etwas Beschwichtigendes sagen würde, immerhin hatten wir uns versprochen nie im Streit zu einem Einsatz zu fahren und aus meiner Sicht war der Streit nur durch seine Sturheit entstanden. Aber offensichtlich sah er keinen Anlass noch etwas zu mir zu sagen. Er wandte sich direkt an Falk und ignorierte mich völlig. „Willst du nicht mit, Falk? Du lernst am Schreibtisch nichts. Glaub mir, wenn du wirklich Bielefelds Partner werden willst, müssen wir dich noch auf einiges vorbereiten.“ Ich wollte noch protestiere, aber er war bereits aus dem Zimmer verschwunden und ließ mich sprachlos zurück. Ich sah zu Falk, der mich entschuldigend anblickte. „Dann werde ich mich mal an seine Fersen heften und ein guter Schüler sein“, murmelte er und verlies ebenfalls den Raum. Mein Blick blieb an der geschlossenen Tür haften. Ich war mir nicht sicher, ob ich sauer sein sollte oder beeindruckt, dass Fritz sich wie immer benahm. Er hielt sich nur an die Regel, die wir für eine Trennung von Privat- und Berufsleben besprochen hatten. Also warum schlug mir das so auf den Magen? Leises Gebrabbel von Karin und Waldi ließ mich aufhorchen. „Das gibt heute Abend bestimmt Ärger“, hörte ich Waldi wispern. „Ob er wohl auf der Couch schlafen muss?“ „Ne Hundehütte haben sie ja noch nicht...“ Ich räusperte mich bevor ich beide warnend ansah. Augenblicklich verklangen ihre Stimmen und sie sahen mich schuldbewusst an. Ich brauchte den beiden nicht sagen, dass sie vor ihrer eigenen Tür kehren sollten, sie verstanden es auch so. Plötzlich wirkten beide beim zusammenpacken der Unterlagen schwer beschäftigt. „Ich werde dann die eine Akte nochmal überprüfen“, sagte Waldi, schnappte sich ein paar Unterlagen und machte sich auf den Weg. „Ich helfe dir“, rief ihm Karin hinterher, schnappte sich ihren eigenen Stapel an Akten und folgte Waldi aus dem Raum. Ich lehnte mich an den Schreibtisch von Fritz und blickte auf die Fakten und Fotos vor mir. Aber anstatt mir über den Fall weiter den Kopf zu zerbrechen, kreisten meine Gedanken noch immer um den Disput mit Fritz. War ich empfindlicher geworden oder störte es mich, dass trotz der Beziehung zwischen Fritz und mir sich ganz offensichtlich nichts veränderte? Ich zuckte zusammen, als die Tür mit einem Ruck aufging. Im Türrahmen stand Fritz und sah mich an. „Ich dachte schon Karin und Waldi verschwinden nie“, murmelte er und kam auf mich zu. Ich sah ihn fragend an. Er blieb wenige Millimeter vor mir stehen und beugte sich zu mir. Als unsere Nasen sich beinahe berührten schlug mein Herz augenblicklich schneller – der Streit war für diesen Moment vergessen. „Was machst du denn noch hier?“ „Ich hab noch was vergessen“, sagte er mit rauer Stimme und einem verschmitzten Lächeln. Ich wollte ihn schon fragen, was es war, aber er ließ mir keine Zeit. Im nächsten Moment lagen bereits seine warmen und herrlichen weichen Lippen auf meinen. Eigentlich wollte ich sauer auf ihn sein, aber sein Kuss beruhigte mein Gemüt zunehmend. Als er sich etwas zurückzog streifte ich mit meiner Hand zart seine Wange und lächelte ihn an. „Du hälst dich an die Regeln...“, erwähnte ich mit lobender Stimme. Er schnaubte bei meinen Worten. „In der Tat, das tue ich. Keine Knutscherei vor den Kollegen. Du hast dich deutlich ausgedrückt bei deinen Wünschen.“ Mein Grinsen wurde breiter, als ich seinen unzufriedenen Gesichtsausdruck sah. „Du solltest jetzt los. Die beiden warten auf dich.“ Ich küsste Fritz kurz auf den Mund bevor ich ihn langsam von mir drückte. „Pass auf dich auf.“ Er nickte mir zu und lächelte mich an. „Und du mach keine Dummheiten hier.“ Ich verzog mein Gesicht. „Ich bin hier im Innendienst, Fritz.“ „Ich bin mir sicher, dass dir auch hier was einfällt, wenn dir langweilig wird.“ „Eh“, rief ich protestierend und schlug ihm mit meiner Faust auf den Brustkorb. „Hau lieber ab, bevor du heute Abend wirklich auf der Couch schläfst.“ Fritz lachte, aber wurde schnell wieder ernst als mein Blick finster blieb. „Stand das denn zur Option?“ Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und wandte mich von ihm ab. „Ich ziehe es in Erwägung.“ Ich spürte, wie er seine Arme um mich schlang und mich langsam zu sich drehte. „Dann muss ich dich wohl davon überzeugen, dass es eine schlechte Idee ist...“ Als seine Lippen meine liebkosten, musste ich mir ins Gedächtnis rufen, dass wir noch immer im Büro waren. Also stemmte ich meine Hände gegen seinen Brustkorb und schob ihn von mir. „Mit deinen Bemühungen der Couch zu entgehen kannst du heute Abend weitermachen. Aber jetzt lass die Jungs nicht länger auf dich warten.“ Fritz stöhnte etwas widerwillig neben mir, aber stimmte zu. Die Tür fiel wenig später ins Schloss und ich drehte mich wieder um. Mit zwei Fingern fuhr ich die Konturen meiner Lippen nach. Der Kuss von Fritz prickelte noch immer auf ihnen. Ich musste lächeln. Vielleicht hatte sich doch deutlich mehr zwischen uns geändert, als ich dachte – selbst im Dienst. Es lag noch viel Arbeit vor uns, damit die Beziehung funktionieren konnte. Aber wir waren auf dem richtigen Weg. Ich freute mich auf alle zukünftigen Aufgaben mit ihm - als Kollegen und Paar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)