Fehlende Erinnerung von Yosephia (Wenn das Leben falsch ist) ================================================================================ Kapitel 5: Erinnerungsfetzen ---------------------------- -Erster Tag: Die Rede- Makarov räusperte sich und ließ den Blick über die Mitglieder seiner Gilde schweifen. Seine Schützlinge. Seine Kinder. Die Erinnerung sagte ihm, dass sie bis auf Gildartz vollzählig waren. Sogar Laxus und seine Gruppe des Donnergottes waren zugegen. Aber zu wissen, dass da noch jemand sein sollte und dass dieser jemand mittels Magie aus ihrer aller Erinnerung gelöscht worden war, war eine sehr bittere Pille für den Gildenmeister. Wie hatte ihm nach allem, was er bereits erlebt und gelernt hatte, so etwas passieren können? Wer hatte ihn eines seiner Kinder vergessen lassen können? Würde er sich jemals wieder an sie erinnern? Diese Fragen fraßen sich regelrecht in ihn hinein, seit er gestern erfahren hatte, was es mit Natsus Verhalten auf sich hatte. Natsu… Makarov ließ den Blick zum Feuer-Drachentöter wandern, der in einer dunklen Ecke alleine saß und den Blick auf den Schlüssel des Hundes gesenkt hielt. Noch immer wirkte er geschockt, auch wenn er nicht mehr weinte. Er hatte sich gestern noch untersuchen lassen und Wendy und Polyushka hatten keinerlei Anzeichen für eine Erkrankung feststellen können. Seitdem war er nicht mehr verpflichtet, im Krankenlager zu bleiben. Dennoch hatte er in der Gilde übernachtet, hatte hier vor sich hin gegrübelt und dabei niemals den Schlüssel losgelassen, welchen Yukino ihm nach der einstimmigen Entscheidung der anderen Anwesenden überlassen hatte. Während Makarov den Jungen beobachtete, hob dieser den Schlüssel an seine Nase und atmete dessen Geruch mit geschlossenen Augen ein. Für einen Moment grub sich ein Schmerz in Natsus Gesichtszüge, wie Makarov es noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Nicht einmal Lisannas scheinbarer Tod hatte solch einen Schmerz verursacht. Im nächsten Augenblick glättete sich die Miene des Magiers wieder und er lehnte sich zurück, tiefer in den Schatten, den Blick aber immer noch auf den Schlüssel gesenkt. Tief holte Makarov Luft und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Rest der Gilde. Einige wussten bereits Bescheid, andere hatten Gerüchte gehört, wieder andere waren vollkommen ahnungslos. Lange hatte Makarov überlegt, ob und wie er ihnen von dem erzählen sollte, was er gestern erfahren hatte. Würde es helfen, wenn sie davon wussten? Konnte das zur Rettung ihres Kameraden beitragen, über dessen Verbleib sie keinerlei Hinweise hatten? Letztendlich hatte er entschieden, dass sie alle ein Recht darauf hatten. Diese Lucy war ihre Kameradin. Sie alle waren von dieser Magie betroffen. Sie alle hatten Erinnerungen an ein Familienmitglied verloren. Es war nicht richtig, so etwas Wichtiges vor ihnen zu verschweigen. Insbesondere dann nicht, wenn sie Lucy finden wollten! Makarov räusperte sich erneut und erhob endlich das Wort. Kurz und bündig schilderte er ihnen, was sie gestern von den Mitgliedern von Säbelzahn erfahren hatten. Dabei deutete er auf Sting, Rogue und Yukino, die neben ihm am Tresen saßen. Mochten sie anfangs nur verwirrt ob dieser seltsamen Geschichte gewesen sein, jetzt waren ihre Mienen todernst. „Wir wissen immer noch nicht, was genau geschehen ist. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, wer Lucy gefangen hat und wo er sie festhält. Wir wissen nicht einmal, wann genau Lucy verschwunden ist.“ „Doch!“ Alle drehten sich zu Natsu um. Er hatte sich erhoben und in seinen Augen lag ein Lodern, das beinahe manisch war. Wut lag darin. Wut auf Lucys Entführer oder auf die Gildenmitglieder, die sich noch immer nicht an Lucy erinnern konnten? Makarov befürchtete Beides. „Vor einem Monat war ihr Geburtstag. Wir haben ihn hier mit ihr gefeiert. Jeder von euch hat sich eine Überraschung für sie ausgedacht. Wir haben mit ihr zusammen gesungen, getanzt und gelacht.“ Aus den Augenwinkeln konnte Makarov das vielfältige Gefühlsspektrum in den Mienen seiner Schützlinge erkennen. Einige wirkten schuldbewusst und beschämt, andere einfach nur verwirrt. Aber keiner wagte es, Natsu zu unterbrechen. Es hatte sich schon herum gesprochen, dass Natsu vor einigen Tagen beinahe Gildenmitglieder angegriffen hätte, weil ihnen nicht aufgefallen war, dass jemand fehlte. „Am Tag nach ihrem Geburtstag ist Lucy zu einem Auftrag aufgebrochen. Sie hat Levy ihr erstes fertiges Buch gegeben und dann ist sie gegangen. Ich wollte eigentlich mitgehen, aber sie wollte das nicht. Und dann… war sie weg…“ Makarov spürte ein Zögern bei Natsu. Irgendetwas an dieser Geschichte schien Natsu schwer zu bedrücken. Ob Natsu sich die Schuld für Lucys Verschwinden gab? Glaubte er, er hätte all das verhindern können, wenn er mit Lucy mitgegangen wäre? Wie viele Selbstvorwürfe quälten ihn jetzt wohl? Der Anblick stach Makarov ins Herz. Drückendes Schweigen senkte sich auf die Gilde. Natsu ließ den Blick schweifen, doch alle mieden den Augenkontakt mit ihm. Schließlich gab er ein verächtliches Schnauben von sich und verließ mit langen Schritten die Gilde. Als er die schweren Tore hinter sich zuschlug, zuckten einige zusammen, doch noch immer sagte keiner ein Wort. Es kam Makarov wie eine Ewigkeit vor, ehe er es endlich schaffte, den Kloß in seiner Kehle runter zu schlucken. „Wie gesagt: Es gibt keine Anhaltspunkte über Lucys Entführung, aber es steht fest, dass sie existiert. Womöglich können wir alle uns wieder erinnern, wenn wir Lucy finden. Ob es schon vorher eine Möglichkeit dazu gibt, wie es bei Natsu der Fall war, weiß ich nicht, aber wir sollten keine Zeit darauf verschwenden, danach zu suchen. Stattdessen will ich, dass ihr alle – jeder nach seinen Fähigkeiten – bei der Suche nach Lucy helft. Geht in alle Städte von Fiore, haltet Augen und Ohren offen, sucht nach Hinweisen über Erinnerungsmagie und über Personen, die wie Lucy aussehen. Morgen brecht ihr auf, bis dahin bereite ich mit einigen anderen eine detaillierte Beschreibung von Lucy vor. Dank unseren Freunden von Säbelzahn wissen wir, wie sie aussieht.“ Sting und Rogue erwiderten Makarovs dankbares Nicken. „Auch wir werden euch helfen. Ihr habt damals Säbelzahn auf einen neuen Weg geholfen, da ist das das Mindeste“, erklärte Rogue, wofür Makarov ihm ein weiteres dankbares Nicken schenkte, ehe er sich wieder an seine Gilde wandte. Viele wirkten jetzt entschlossen, anderen stand immer noch die Schuld ins Gesicht geschrieben. Wahrscheinlich würde das selbst dann noch so bleiben, wenn Lucy wieder bei ihnen war. Einen Kameraden vergessen zu haben – Magie hin oder her – war selbst für Makarov eine bislang unerkannt große Schande. „Lucy gehört zu unserer Gilde. Sie ist unsere Kameradin, unser Familienmitglied… Und wir lassen keine Familienmitglieder im Stich!“ Für Makarov fühlten sich diese Worte wie ein Befreiungsschlag an – als würde er sich damit ganz offiziell gegen diesen fremden Zauber stemmen – und es ging nicht nur ihm so: Die gesamte Gilde brach ihn zustimmendes Gebrüll aus. Keiner von ihnen würde die Hände in den Schoß legen. Gemeinsam würden sie Lucy finden und diese dumme Magie besiegen! -Zweiter Tag: Das Buch- „Vater ist bereits informiert. Er meinte, er würde mal seine Kontakte abtasten“, erklärte Cana mit einem Seufzen und ließ sich neben Mirajane nieder, die eine Liste anfertigte. Vor seiner Abreise sollte jeder sich bei Mirajane melden, einen Kommunikationslacrima und eine Beschreibung von Lucy in Empfang nehmen und sagen, wo und wie er nach Hinweisen suchen wollte. Sie wollten den Überblick über diese Suche behalten. Zudem wollte Makarov, wenn alle anderen Gildenmitglieder aufgebrochen waren, Kontakt zu Lamia Scale und Blue Pegasus aufnehmen, um sie um Hilfe zu bitten. Auch Sting und Rogue würden ihre Gilde dann auf die Suche nach Lucy schicken. Sie waren eine besonders große Hilfe, da ja noch mehr Mitglieder von Säbelzahn dabei gewesen waren, als Lucy dort aufgetaucht war, und sich daher daran erinnern konnten, wie genau sie aussah. Zu Mirajanes anderer Seite saß Levy, welche die Beschreibung von Lucy mit einem Runenzauber vervielfältigte. Sie wirkte seltsam fahrig und wischte sich immer wieder über die Augen. Die ganze Sache schien ihr besonders nahe zu gehen. „Levy, ich denke, wir haben genug“, sagte Cana behutsam und langte um Mirajane herum, um eine Hand auf die Schulter der Kleineren zu legen. Erschrocken zuckte Levy zusammen, blickte auf, nickte hastig und sprang dann auf. Ihr Zauber unterbrach sich mitten in der Herstellung einer weiteren Beschreibung, aber es waren ohnehin schon so viele, dass es wahrscheinlich auch für die anderen Gilden reichen würde. „Ich denke, ich gehe raus an die frische Luft“, erklärte Levy mit einem unüberhörbaren Zittern in der Stimme. Besorgt blickten Cana und Mirajane ihr hinterher, ehe sie einander ansahen. Wortlos nickte Cana und stand ebenfalls auf, um ihrer Freundin folgen zu können. Unter den Bäumen neben dem Gildengebäude fand sie Levy. Sie hatte sich zusammen gekauert und hielt etwas an ihre Brust gedrückt. Die Tränen rannen in Strömen über ihre Wangen. „Was-?“, setzte Cana an, verstummte jedoch, als ihr Blick auf das fiel, was Levy an sich klammerte. Ein Buch mit schlichtem braunen Einband, wohl ursprünglich ein Notizbuch. Es schien handbeschrieben zu sein und unter dem Titel stand der Name der Verfasserin: Lucy Heartfilia. -Dritter Tag: Der Geruch- Nie zuvor war die Gilde so leer gewesen. Eine bedrückende Leere. Sie schien durch Wendys Körper ins Herz zu sickern und dessen Schläge zu erschweren. Bleiern lastete sie auf ihren schmalen Schultern. Zusammen gekauert saß sie auf ihrem Barhocker und ließ den Blick stumpfsinnig durch die verwaiste Halle wandern. Seit sie von Lucy erfahren hatte, hatte sie mit Schuldgefühlen zu kämpfen. Diese Lucy war ihre Kameradin, ihre Freundin. Magie hin oder her, so etwas zu vergessen, kam Wendy unverzeihlich vor. Umso mehr wünschte sie sich, Lucy zurückholen zu können, aber sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie sie finden sollte. Beinahe alle Gildenmitglieder hatten sich bereits auf die Suche gemacht. Auch Gray und Erza waren aufgebrochen, um ihre Kontakte anzuzapfen. Nur Wendy war hier geblieben. Makarov hatte es befohlen, weil er wollte, dass sie mit Polyushka in der alten Gildenbibliothek nach Hinweisen über solch eine Magie suchte. Also war Wendy neben Mirajane und Cana, welche die Suchenden koordinierten, und Natsu die Einzige, die zurück geblieben war. Mirajane und Cana wollte sie nicht stören und Natsu… Nicht einmal Happy traute sich noch, sich ihm zu nähern. Es war, als würde eine Wolke aus Wut um ihn herum wabern – und obwohl diese Wut eher gegen ihn selbst gerichtet zu sein schien, schreckte sie auch Andere ab. Anders konnte Wendy es nicht beschreiben. Ob Lucy diese Wolke durchbrechen könnte? Wäre sie in der Lage, Natsu wieder zur Besinnung zu bringen? Was für eine Beziehung existierte wohl zwischen Natsu und Lucy? War sie derart intensiv, dass Natsus Gefühle für Lucy die Erinnerungsmagie hatten brechen können? Oder hatte das andere Gründe? Wie Lucy wohl roch? Wendy schloss die Augen und versuchte zum wiederholten Male, sich wenigstens an ein winzigkleines Detail zu erinnern. Anhand dessen, was Wendy in der Beschreibung über Lucy gelesen hatte, konnte sie sich einen mädchenhaften Geruch vorstellen, aber eher nicht verspielt, eher etwas damenhaft. Keine Kräuterdüfte, eher klassische Blumendüfte. Vielleicht Rosen und dazu noch etwas anderes. Womöglich Pfirsichblüten? Wendy schnupperte, dann schüttelte sie den Kopf. Nein, keine Pfirsichblüten und auch keine Rosen. Apfelblüten. Ja, das war es! Erschrocken öffnete Wendy wieder die Augen. Auf einmal schlug ihr das Herz bis zum Hals. Sie rutschte vom Barhocker herunter. Beinahe hätten die Knie ihren Dienst versagt. „Wendy, was ist los?“ Wendy drehte sich zum Barhocker neben ihrem herum, auf welchem Charly und Happy saßen. Sie hatte die Beiden ganz vergessen. Sorge stand ihnen in die Gesichter geschrieben. „Apfelblüten“, hauchte Wendy leise und jetzt gaben ihre Beine tatsächlich unter ihr nach. Der Geruch schien durch ihre Poren zu strömen. Mit einmal mal war er wieder da. Sonst gab es nicht die kleinste Erinnerung, aber da war dieser Geruch! „Apfelblüten… Apfelblüten…“ -Vierter Tag: Die Wut- Gray und Erza waren erst seit zwei Tagen unterwegs, aber sie hatten jetzt schon das Gefühl, die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu suchen. Es gab keinerlei Anhaltspunkte dafür, wo genau Lucy sein könnte – und das wäre wahrscheinlich alles eher anspornend als entmutigend, wenn sie sich an Lucy erinnern könnten. Wenn sie wüssten, was für ein Mensch Lucy war, was für Vorlieben sie hatte, was für Macken, Stärken und Schwächen. Wie sie zu ihr standen. Das war die Frage, die Erza am meisten beschäftigte. Hatte sie Lucy so wenig Aufmerksamkeit geschenkt, dass sie sie so leicht hatte vergessen können? Natsu hatte ihnen noch verraten, dass Lucy der Gilde etwa neun Monate vor der S-Klasse-Prüfung beigetreten war. Wenn Erza sich jetzt in Erinnerung rief, was in dieser Zeit alles geschehen war, wurde ihr ganz schlecht. Hatte Lucy Anteil gehabt an der Rettungsmission für Erza? Hatte Lucy damals auch ihr Leben in diesem Turm riskiert? „Darüber nachzudenken, bringt nichts“, durchbrach Grays Stimme die düsteren Gedanken. Erza hob den Blick. Der Eismagier sah grimmig aus, beinahe finster. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und öffneten sich wieder. Sie zitterten sogar ein wenig. Auch ihm schien es schwer zu fallen, ruhig zu bleiben, wenn auch aus anderen Gründen. „Du bist wütend“, stellte Erza ruhig fest. Irgendwie half es ihr, ihre Gedanken zu ordnen, indem sie sich auf Grays Gefühle konzentrierte. „Auf denjenigen, der Lucy entführt hat?“ „Sie ist eine Magierin von Fairy Tail“, erwiderte Gray gepresst. „Ein Angriff auf sie ist also im Grunde auch ein Angriff auf uns“, schlussfolgerte Erza. „Ein Angriff auf die gesamte Gilde.“ Auch ohne Antwort wusste Erza, dass sie Recht hatte. Sie konnte diese Wut nur zu gut nachvollziehen. Nun, da sie darüber nachdachte, spürte sie auch in sich selbst diese Wut. Ihr war bisher nur nicht bewusst gewesen, wie sehr sie ihr zugesetzt hatte. Wieder legte sich Schweigen über sie. Jeder hing seinen eigenen finsteren Gedanken nach. Jeder weitere Schritt durch den Wald kam Erza wie ein Kampf mit sich selbst vor. Sie wollte ihre Wut am liebsten heraus schreien, so viel machte sie ihr zu schaffen. Aber diese Wut würde Lucy nicht retten. Sie mussten sich zusammen reißen! Was mochte Lucy bereits alles durchgemacht haben, während sie darauf gehofft hatte, dass sie sie fanden? Laut den Magiern von Säbelzahn hatte sie sich in einem furchtbaren Zustand befunden. War sie gefoltert worden? Aber weswegen? Ob es wieder daran lag, dass sie eine Stellargeistmagierin war? Abrupt blieb Erza stehen. So abrupt, dass sie beinahe über ihre eigenen Füße gestolpert wäre. Überrascht blieb Gray stehen und drehte sich zu ihr herum, aber Erza sah ihn gar nicht an. Woher war dieses ‚wieder’ in ihren Gedanken gekommen? Und warum war sie sich dabei sicher, dass es richtig war, so zu denken? „Erza, was ist los?“ „Lucy ist eine Stellargeistmagierin“, murmelte Erza, immer noch benommen von ihrem gedanklichen Stolperstein. „Ja, sie kann Stellargeister beschwören“, erwiderte Gray gedehnt. Er schien zu bemerken, dass Erza etwas beschäftigte. „Wie diesen Hund… und Loki…“ Erzas Kopf ruckte hoch. Ihr Blick traf auf Grays und obwohl keiner von ihnen ein Wort verlor, wusste sie in diesem Augenblick, dass ihnen Beiden ein winziger Durchbruch gelungen war. Sie hatten sich an etwas in Bezug auf Lucy erinnert. Es mochte nur ein kleines Detail sein, nur ein einziges Puzzleteil, aber es war ein Anfang! -Fünfter Tag: Das Zuhause- Wie in Trance stand Happy da und betrachtete das abgebrannte Haus. Der Schutt davor war bereits aufgeräumt worden, nur noch die verkohlte Fassade kündete von dem, was hier geschehen war. Happy war sich nicht klar, wieso er hierher gekommen war. Er war ganz in Gedanken gewesen, betrübt von Natsus seltsamen Verhalten und bedrückt, weil er sich immer noch nicht an die verschwundene Kameradin erinnern konnte. Er war einfach losgelaufen. Eigentlich hatte er nach Hause gehen wollen, um eine Weile alleine zu sein. Und dann war er hier gelandet. Zuhause. Happy kamen die Tränen. Er konnte nicht sagen, weswegen, aber er konnte die Tränen auch nicht mehr zurückhalten… -Sechster Tag: Die Spur- Natsu wusste schon nicht mehr, wie oft er an diesem Schlüssel geschnuppert hatte. Er roch gar nicht mehr richtig nach Lucy. Ganz schwach war ihr Eigengeruch noch daran wahrzunehmen, aber was auch immer mit Lucy geschehen war, auf dem Schlüssel hafteten jetzt die Gerüche von Blut und Schweiß. Jedes Mal, wenn Natsu seine Nase daran hielt, zog sich alles in ihm vor Qual zusammen. Wie sollte er Lucy auf diese Weise finden und retten? Aber er konnte sich auch nicht den Anderen anschließen. Sie wollten Lucy auch finden und retten, aber sein Gefühl sagte ihm, dass sie mit dieser Methode Lucys knapp bemessene Zeit verschwendeten – und dass ihre Zeit knapp bemessen war, dessen war er sich aus irgendeinem Grund vollkommen sicher. Es musste einen anderen Weg geben, Lucy zu finden. Eine besseren. Danach suchte Natsu nun bereits seit sechs Tagen und er hatte ihn immer noch nicht gefunden. Das trieb ihn beinahe in den Wahnsinn. Ruckartig stand Natsu auf und verließ seine dunkle Ecke. Es war mitten in der Nacht. Wendy und die Ekceed saßen am Tresen und waren dort eingeschlafen. Die Wind-Drachentöterin hatte den Kopf auf ein riesiges Buch gebettet. Von Mirajane und Cana gab es keine Spur. Wahrscheinlich schliefen sie im Raum hinter der Theke. Lautlos durchschritt Natsu die Gilde und sog dabei alle Details in sich auf, die ihn an Lucy erinnerten. Der Schlüssel in seiner Hand. Der leere Barhocker neben Wendys. Das Buch, das ihn an Lucys Buch erinnerte. Die verkohlte Schreibfeder, die Happy gestern mitgebracht hatte. Der Geruch, der noch ganz schwach in der Luft hing. Das Lachen in seinen Ohren… Natsus Schritte wurden länger. Schneller. Länger. Schneller! Auf einmal wusste er, was er tun musste. Er hatte sich an Lucy erinnert, weil er auf sein Herz gehört hatte. Er würde sie auf demselben Weg finden, egal wie unlogisch das klang. Er würde loslaufen und er würde nicht eher innehalten, bis er sie gefunden hatte! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)