Challenged von Seven_Seas_Alliance (Ein Ice Bucket-Beitrag) ================================================================================ Challenged ---------- Morgiana wirbelte durch die Luft, trat schneller zu als er gucken konnte und landete schließlich mit einer Präzision die ihres gleichen suchte vor ihrem Gegner. Mit jedem Kampf, jeder neuen Herausforderung, wurde sie stärker und es würde nicht mehr lange dauern, bis sie in der Lage war ihren Trainer zu über- Pling! Morgiana ging erneut in Angriffsposition. Pling! Genervt ließ Thomas den Controller sinken und starrte in die rechte obere Ecke seines Bildschirms. „Verdammt“, entfuhr es ihm, obwohl der Teenager genau wusste, dass seine Eltern derartige Worte nicht im Haus hören wollten. Warum musste man ihn gerade jetzt stören? Der Kampf war gut gelaufen. Er hatte sich gerade warm gespielt und vielleicht, nur vielleicht, hätte er Masrur dieses Mal wirklich schlagen können. Aber nein, natürlich musste er gerade jetzt eine PN bekommen und natürlich musste diese PN wieder von Alibaba sein. Er seufzte. An manchen Tagen hatte der andere Spieler wirklich gar kein Timing und an wieder anderen... Thomas dachte an Balbadd und schüttelte den Kopf. Alibaba war schon eine Marke und wer wusste schon, was er sich nun wieder überlegt hatte? Einen neuen Dungeon? Eine Allianz mit einer neuen Gilde? Alibaba machte solche Sachen, das hatte Thomas in der kurzen Zeit, die sie zusammen spielten schon gelernt. Neugierig fuhr er mit dem Mauszeiger über die Anzeige, griff mit der Linken nach seinem Orangensaft und klickte auf die kleine, braune Schriftrolle. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann entrollte sich das Dokument. „Herzlichen Glückwunsch!“, schallte es ihm aus seinem Lautsprecher entgegen. „Dein Freund Alibaba Saluja hat dich für die Icebucket Challenge nominiert.“ Thomas ließ das Glas sinken. Alibaba hatte was? Er rückte seine Brille zurecht, starrte auf die Nachricht, aber irgendwie wollte die Rolle einfach nicht mehr hergeben und als wäre das nicht genug, gab es scheinbar auch nur einen Weg um die seltsame System-PN wieder zu schließen. Er musste auf den roten Button drücken, der in großen Buchstaben das Wort „Akzeptieren“ formte. Oh das klang nicht gut. Gar nicht gut. Thomas klickte und die Rolle faltete sich zusammen. Der Bildschirm zeigte erneut seinen Chara. Das kleine, niedliche, rothaarige Fanalismädchen stand mitten im grünen Wald von Sindria. Kampfbe- Platsch! Ein ganzer Schwall Wasser ergoss sich, scheinbar aus dem Nichts kommend, über seinem Avatar. Morgianas Lebenspunkte sanken drastisch und das Mädchen sah dabei aus, als wäre es nass bis auf die Knochen geworden. Thomas hämmerte instinktiv auf die Leertaste seiner Tastatur, goss einen Heiltrank in seinen Chara hinein, dann noch einen und noch einen, bis die Leiste endlich wieder voll war. Pling! Seine Augen lösten sich nur schwer von dem klatschnassen Mädchen. Pling! Thomas holte tief Luft, bevor er auf die neue Rolle klickte. „Herzlichen Glückwunsch, du hast die Icebucket-Challenge überstanden“, schallte es ihm daraufhin entgegen. Die nasse Morgiana machte einen fröhlichen Sprung, Erfahrungspunkte prasselten auf sie nieder, dann erschien die obligatorische Textrolle vor ihm. „Du hast die Icebucket-Challenge überstanden“, verkündete sie noch einmal, „In deinem Namen wird der ALS Association ein Dollar gutgeschrieben. Wenn du mehr für die Erforschung und Bekämpfung der Amyotrophe Lateralsklerose spenden möchtest, klicke bitte hier. Nominiere im folgenden bitte drei weitere Spieler.“ Thomas stockte. Nominieren? Er? Konnte er es wirklich auf sich nehmen Jemanden mit dieser seltsamen Quest zu nominieren? Und wenn ja, konnte man das Ganze dann verfolgen? Gab es jetzt ein Video von seiner Morgiana, wie sie, nass bis auf die Haut, im Wald herumstand? Und wenn ja, gab es das von Alibaba auch? Thomas Augen begannen zu leuchten. Wenn es so etwas gab, dann musste er es haben. Zum wieder und wieder ansehen und um es Alibaba bei jeder Angelegenheit unter die Nase halten zu können. Er musste es suchen! Er musste es haben! Er musste es bearbeiten! Aber vorher musste er ganz dringend noch Sinbads Namen in den niedlichen, kleinen Kasten schreiben, der ihm gerade so schön entgegen lachte. Bonus: Challenge Accepted ------------------------- Das Schwert sauste nur Millimeter über ihren Haarspitzen hinweg. Pisti warf sich zu Boden, entging dem nächsten Hieb, rollte zur Seite. Mit einem Satz war sie wieder auf den Füßen und rannte. Schwertschläge prasselten über ihr nieder, dann erreichte sie ihren Gefährten. Keinen Augenblick später war sie in der Luft, Sekunden später außer Reichweite. Die Schwingen ihres Adlers trugen sie zwischen den Bäumen hindurch bis sie das Meer erreichte. Blauer Himmel streckte sich über den Horizont, nur ein paar Wolken und Möwen leisteten ihr Gesellschaft. Sie atmete auf. Dieser Moment würde nur kurz dauern, sie musste ihn- Drakon erschien an den Klippen und er wirkte nicht begeistert. Vielleicht war es das sich langsam regenerierende Magoi, das sie trieb, vielleicht auch reiner Übermut. Mit einem Kampfschrei stürzte sie sich auf ihren Gegner, bereit mit Klauen und Schnäbeln zuzuschlagen. Ein Fehler. Drakon öffnete sein Maul. Dem Flammenwirbel, der ihren Gefährten in ein Brathähnchen verwandelte, konnte sie nicht mehr ausweichen. Mit Wucht schlug sie auf der Wasseroberfläche auf. Der Aufschlag reduzierte ihre Lebenspunkte auf Null. Die Backgroundmusik verstummte. Das Bild wurde schwarz-weiß, zeigte nur ihren im Meer treibenden Avatar noch in Farbe. In großen Buchstaben erschienen die Worte auf dem Bildschirm, die sie so hasste. GAME OVER. Frustriert ließ Kelly den Kopf auf die Tastatur sinken. „Nicht schon wieder“, murrte sie zu niemand bestimmtem. Das war mittlerweile der dritte Versuch, Pistis neues Rüstungs-Set zusammenzustellen und er war fehlgeschlagen. Schon wieder. Und das schlimmste: Eigentlich lag es nicht am Set, sondern ... ja, woran eigentlich? Vermutlich hätte sie statt mit Drakon einfach mit Sharrkan trainieren sollen. Der spie wenigstens kein Feuer und während der Ferien war er quasi daueronline. Missmutig hob sie den Blick. Eine Schriftrolle überdeckte mittlerweile das fette GAME OVER und fragte sie, ob sie Drakon erneut herausfordern wollte. Wollte sie das? Vielleicht ein viertes Mal als Brathähnchen enden? Eigentlich ... nicht. Sie griff nach der Maus und drückte auf Nicht jetzt. Automatisch transportierte das Spiel Pisti zurück auf den Marktplatz von Sindria, wo sie sich eingeloggt hatte. Einen Augenblick später tauchte Drakon neben ihrem Avatar auf. Pling! Ihr Blick glitt in die obere, rechte Ecke ihres Bildschirms, wo bereits eine Chatanfrage von Drakon auf sie wartete. Sie ahnte, was sie erwarten würde, öffnete den Chat aber dennoch. Eine neue Schriftrolle entrollte sich in der linken, unteren Ecke ihres Bildschirm. Drakon: Keine Lust mehr? Oder arbeitest du wieder am Set? Kelly seufzte. Egal, was sie jetzt schrieb, sie würde sich den ganzen Abend vorhalten lassen müssen, dass sie es immer noch nicht schaffte, gegen den Drachen anzukommen. Heute und morgen und vermutlich auch übermorgen beim Cheerleadertraining. Schlimmer würde es nur werden, wenn sie jetzt nicht antwortete. Dann würde ein „Du schmollst“ zu den Vorwürfen obendrauf kommen und darauf konnte sie verzichten. Sie tippte ihre Antwort und schickte ab. Pisti: Heute ist nicht mein Tag. Drakon: Ich finde, du bist ein sehr süßes Brathähnchen. Pisti: Ich schmecke nach Chili, nicht nach Honig! Drakon: Süß, scharf, Hauptsache geröstet. Pisti: Hahaha. Pling! Kellys stockte. War das noch eine Chatanfrage? Halt, nein, eine PN. Ohne groß darüber nachzudenken, klickte sie auf den Button, der die Nachricht öffnen würde. Erst, als sich die Schriftrolle vergrößerte und auf ihrem Bildschirm breit machte, bemerkte sie, dass etwas anders war, als sonst. Absender: Sinbad stand in der ersten Zeile. Was folgte, war ein kurzer Text in rot. Rot waren doch nur Quests- Als hätte sie darauf gewartet, ertönte die Quest-Computerstimme aus ihren Lautsprechern. „Herzlichen Glückwunsch!“, verkündete die Stimme, „dein Freund Sinbad hat dich für die Icebucket-Challenge nominiert!“ Sinbad hatte was? Natürlich, Kelly kannte die Icebucket Challenge von Youtube. Sie hatte sich schon mehr als ein Video angesehen – Tom Hiddleston, Misha Collins und sogar das von George W. Bush – und herzlich darüber gekichert, aber was hatte die Challenge auf Magi zu suchen? Sollte sie jetzt dort ein Video hochladen? Sie wollte kein Video hochladen! Schon gar keines davon, wie sie sich eiskaltes Wasser über den Kopf kippte! Nein, Ruhe bewahren. Vielleicht verwechselte sie ja auch einfach nur etwas. Sie atmete einmal tief durch, dann nochmal. Etwas gefasster suchte Kelly erst nach weiteren Quest-Informationen und dann nach dem Button, mit dem sie die Quest ablehnen konnte. Sie fand keins von beidem. Da war nur der leuchtend rote Button mit der Aufschrift Akzeptieren, der ihr Schicksal besiegeln würde. Ein knapper Blick in Richtung Chat bestätigte ihr, dass sie durch diese Nummer allein durch musste. Die Schriftrolle hatte sich über das Chatfenster gelegt. Sie konnte gerade noch erkennen, dass Drakon ihr noch nicht geantwortet hatte, aber schreiben war damit unmöglich. Ohne viel Zuversicht klickte sie auf das PN-Symbol am oberen Bildschirmrand. Erfolglos. Konnte es eigentlich noch schlimmer kommen? Sie klickte auf Akzeptieren. Die Rolle faltete sich zusammen und gab den Blick auf den Bildschirm frei. Ihre Pisti stand noch immer neben Drakon auf dem Marktplatz. Um sie herum wuselten NPCs und andere Spieler. Zwischen den Ständen konnte sie sogar Sharrkan ausmachen. Leider half ihr das kein bisschen. Was sollte sie jetzt- PLATSCH! Der Soundeffekt dröhnte aus ihren Lautsprechern, während sich ein Schwall Wasser über Pisti ergoss. „Was zum-“ Pistis Lebenspunkte sanken drastisch, ihr Outfit wirkte klatschnass. Alle Figuren in der näheren Umgebung drehten sich zu ihr um. Und nicht nur die Figuren gafften – Kelly gaffte nicht minder. Erleichterung machte sich in ihr breit. Sie schnaubte, dann kicherte sie. Eine In-Game-Challenge! Der einzige, der nass wurde, war ihr Avatar und Pisti sah auch in nasser Rüstung gut aus! Pling! Pling! Immer noch lachend klickte sie auf die Pergamentrolle, die in der oberen Ecke ihres Bildschirms leuchtete. „Herzlichen Glückwunsch! Du hast die Icebucket-Challenge überstanden!“ Pisti sprang in ihre Siegerpose, dann prasselte erneut etwas auf sie nieder – Erfahrungspunkte, dieses Mal. Ein weiteres Pling! meldete ihr, dass Pisti ein Level gut gemacht hatte. Vielleicht war ihr Tag doch nicht ganz so mies, wie sie angenommen hatte, dachte Kelly, als sich die obligatorische Textrolle öffnete. Du hast die Icebucket-Challenge überstanden. In deinem Namen wird der ALS Association ein Dollar gutgeschrieben. Wenn du mehr für die Erforschung und Bekämpfung der Amyotrophen Lateralsklerose spenden möchtest, klicke bitte hier. Nominiere im folgenden bitte drei weitere Spieler. Noch immer kichernd nominierte Kelly ihre Opfer. Drakon. Sharrkan. Spartos. Über den Köpfen der beiden Generäle, die sie auf ihrem Bildschirm sehen konnten, erschienen Ausrufezeichen, als die System-PN sie erreichte. Über Sharrkans Kopf verschwand das Ausrufezeichen als erstes. Gespannt wartete Kelly darauf, dass auch den Schwertkämpfer ein Schwall – hoffentlich eisig kalten – Wassers traf. Natürlich, Sharrkan würde die PN erst lesen müssen und sie dann vermutlich angaffen, so, wie sie ihre eigene PN angegafft hatte, aber das war es ihr wert. Pling! Unwillig sah sie zum Privatchat, der immer noch in der linken Ecke ihres Bildschirms auf sie wartete. Drakon hatte endlich geantwortet – aber die Antwort fiel nicht so aus, wie Kelly erwartet hätte. Sie erwähnte die System-PN nicht einmal! Drakon: Du hast doch gesagt, du hättest einen schlechten Tag? Pisti: Er wird gerade besser. ♥ Drakon: Ich fürchte, nicht. Pisti: ??? Drakon: Geh in den allgemeinen Chat. Du wirst sehen was ich meine. Kelly zog die Stirn kraus. „Kryptischer ging's wohl nicht“, murrte sie, öffnete aber den Chat, den sie während der PvP-Kämpfe minimiert hatte. Es war Text dazu gekommen. Viel Text. Gefühlte hundert Spieler schienen zu posten, oder zumindest mehr, als hilfreich gewesen wären, wenn man etwas bestimmtes lesen sollte. Sie scrollte und scrollte noch etwas mehr, überflog Nicknames und Gewäsch, das sie geschrieben hatten. Alibaba, Drakon, Spartos, Yamraiha … verdammt, offenbar war gerade die halbe Gilde im Chat unterwegs – die und Ren_Kouen. Wie sollte sie da Sinbad wiederfinden? Und noch dazu eine bestimmte Stelle? Kelly wollte bereits aufgeben und Drakon die Meinung geigen, da sah sie es plötzlich doch. Sie musste den Post mehrfach überscrollt haben, doch jetzt leuchtete er ihr entgegen und sie fragte sich, wie sie ihn ernsthaft hatte übersehen können. Immerhin hatte Sinbad einen Link gepostet – und Links fielen mit ihrer anderen Schriftart und der blauen Farbe auf. Neugierig klickte sie auf den Link. Der Internet Explorer öffnete sich automatisch und überdeckte für den Augenblick ihren Spiel-Bildschirm. Youtube baute sich auf. Das Video startete. Es zeigte etwas, das ein Balkon sein musste. Das Gitter, das sie sehen konnte, gehörte ganz sicher zu einem Geländer. Davor standen ein Tisch mit einer ausnehmend unstylishen, violetten Decke, und ein leerer Gartenstuhl. Im Hintergrund konnte sie eine Skyline sehen, die ihr vage bekannt vorkam. Wo nur hatte sie die schon einmal gesehen? Auf einem Photo? Vielleicht auf der Schulhompage? Halt! War – war das nicht die Stadt, in der sie wohnte? Kelly öffnete den Mund, stellte die Frage aber nicht laut. „Der Hohe König der Sieben Meere“, intonierte eine Stimme aus dem Off, „Anführer der Seven Seas Alliance und König von Sindria, Ihre Majestät, König Sinbad.“ „Oh.“ Kellys Nackenhaare stellten sich auf. Augenblicklich war das Unbehagen zurück. Sie sollte dieses Video schließen und es ignorieren! Dringend! Statt auf das große, lockende X zu drücken, starrte sie weiter auf die Aufnahme. Eine Person trat, offenbar an der Kamera vorbei, ins Bild. Umsichtig schritt sie – nein, er, es war augenscheinlich ein Mann – um den Tisch herum und stellte sich vor das Geländer. Sein Kopf blieb außerhalb des Bildes, aber das, was Kelly sah, war skurril genug. Er trug offenbar ein violettes Hemd und darüber ... ja, was war das eigentlich? „Ist das ein Bettlaken?“, fragte sie laut, doch natürlich antwortete niemand. Kopfschüttelnd verwarf sie den Gedanken. Niemand warf sich ein Bettlaken über, außer vielleicht die Jungs aus ihrer Junior High School im Geschichtsunterricht, wenn es um die alten Römer ging. Aber wenn das kein Bettlaken war ... Nein, dämmerte es ihr. Das war kein Bettlaken. Das war Sinbads Standardrüstung. Fast, als hätte ihre Realisation ihm ein Kommando gegeben, wandte der Mann sich ab. Lässig ließ er sich auf den Gartenstuhl fallen und griff nach einem Kelch, den sie erst jetzt bemerkte. Jetzt konnte sie sein Gesicht sehen – oder das, was nicht von einer großen, mit braunen Gläsern versehenen Sonnenbrille verdeckt wurde. Sein Haar, das er lässig zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, war nicht so lang wie Sinbads und nicht lila, aber immer noch länger als ihr eigenes. Nur ein paar brünette Strähnen fielen ihm ungezähmt ins Gesicht und umrahmten das Lächeln, das seine Lippen umspielte. Er wirkte locker, dreist und knapp zehn Jahre älter als sie selbst. Kelly starrte. DAS war Sinbad? „So hab ich mir den nicht vorgestellt“, murmelte sie, obwohl das eigentlich nicht stimmte. Zumindest sein Lächeln kam ihrer Vorstellung erschreckend nahe. „Meine lieben Untertanen und Freunde, geehrtes Kou-Empire“, verkündete er und schaffte es, trotz Pseudo-Bettlaken, majestätisch zu wirken. Irgendwie ... irgendwie wie Sin. „Ich wurde vor kurzem von einer tollkühnen Fanalis dazu herausgefordert, mir für den guten Zweck einen Eimer Eiswasser über den Kopf zu gießen.“ Ja, das hatte Kelly bemerkt. Immerhin hatte sie die System-PN von ihm bekommen. „Ihr wisst sicher, was es mit dem Eiswasser auf sich hat. Die Icebucket-Challenge dient dazu, um auf die tödlich verlaufende Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose aufmerksam zu machen und Spenden zu sammeln.“ Er nippte an seinem Becher. Hätte Kelly nicht geahnt, worauf die ganze Sache hinaus laufen würde, sie hätte sich vielleicht gefragt, was in dem Becher war. So aber starrte sie nur ungläubig auf das Video. „Natürlich stelle ich, der König von Sindria, mich dieser Herausforderung. Mein Avatar hat seine Herausforderung bereits hinter sich, aber als König mache ich selbstredend keine halben Sache. Liebe Morgiana“, er hob den Kelch zum Prost, „Ich akzeptiere deine Herausforderung. Jafar? Das Eiswasser, bitte.“ Aus dem Off ertönte ein Seufzen. „Euer Hoheit. Ich weise Euch pro forma noch einmal darauf hin, dass Ihr bereits gespendet habt. Ihr müsst das nicht tun.“ Sinbad schnaubte amüsiert. „Ich will es aber tun.“ „Seid Ihr Euch sicher? Es handelt sich um Eiswasser, nicht um ein bisschen Wasser mit Eiswürfeln darin.“ „Jafar“, seufzte Sinbad, ganz offenbar gespielt theatralisch, „Ich sagte doch bereits, ich mache keine halben Sachen.“ „Na schön.“ Kratzende Geräusche ertönten. Einen Augenblick lang sah Kelly einen Eimer, der in der Kamera erschien, dann trat eine zweite Person ins Bild. Erneut sah sie keinen Kopf. Auch diese Person trug etwas, das sie stark an ein Bettlaken erinnerte – zweifelsohne Jafar. „Bereit?“ Sinbad stellte den Kelch zur Seite und nickte. Mittlerweile, so bemerkte Kelly, wirkte sein Lächeln nicht mehr ganz so entspannt. „Ich zähle bis drei. Eins. Zwei.“ Drei folgte nicht. Was folgte, war der Schwall Eiswasser, den Jafar über Sinbad schüttete. Und Jafar traf gut. Wasser ergoss sich über Kopf und Schultern. Haare und Kleidung klebten augenblicklich wie eine zweite Haut. Kelly sah Eiswürfel fallen. Hinter seiner Sonnenbrille verzog Sinbad das Gesicht. Kelly lachte. Selbst ihr wurde bei dem Anblick kalt, dabei war das kühlste ihrer Umgebung der Eistee in ihrem Glas. Im Video spuckte Sinbad Wasser. „Das“, sagte er und klang dabei, als wäre gerade etwas geschrumpft, „war erfrischend.“ Er atmete einmal hörbar auf, dann richtete er den Blick in die Kamera. „Nun zu meinen Nominierten.“ Das Lachen blieb Kelly im Halse stecken. „Wenn ihr eure PNs abgerufen habt, werdet ihr es bereits ahnen.“ Vor ihrem Bildschirm wurde Kelly blass. „Oh – Oh nein. Nein, nein. Nein!“ Natürlich hörte Sinbad sie nicht. Zumindest hoffte sie, dass er sie nicht hörte, denn sein Lächeln war so schon gruselig genug. Er hatte einen Mundwinkel hochgezogen und ließ die Zähne hervorblitzen. Er wirkte unglaublich schadenfroh. Hinterlistig, böse und schadenfroh. „Yamraiha. Pisti. Ren Kouen. Ihr habt vierundzwanzig Stunden.“ Oh shit. Bonus: Conquest of Ice Bucket ----------------------------- Trommeln erklangen, während der Melodie schneller und schneller wurde, bis schließlich der Chor zu summen begann. James ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Betont langsam schritt er über die Terrasse hinweg, ignorierte die brennenden Fackeln links und rechts, um sich schließlich auf einem der weißen Gartenstühle niederzulassen. Er blickte in die Kamera und schwieg für eine ganze Weile. In noreni per ipe In noreni cora Tira mine per ito Ne domina „Ich bin Ren Kouen“, verkündete er dann ohne die Stimme zu erheben. Er hatte geprobt um herauszufinden an welcher Stelle das Lied ruhig genug war um es problemlos zu übertönen. „König Sinbad, seit neuestem „der Nasse“ genannt, hat mich herausgefordert und natürlich nehme ich seine Herausforderung an.“ In noreni per ipe In noreni cora Tira mine per ito Ne domina James rührte keinen Finger aber das musste er auch nicht. Es war nicht schwer gewesen seinen „Hohepriester“ davon zu überzeugen, ihm einen Eimer mit Eiswasser über den Kopf zu gießen. Genauer gesagt hatte Judar sogar jubelnd „Ja“ geschrien, kaum das er ihn in den Plan eingeweiht hatte und so blieb ihm nur in die Kamera zu starren und zu hoffen, dass sein Gesicht so ausdruckslos war, wie er es wirken lassen wollte. Nicht das Judar nicht bereitwillig noch einen Eimer geholt hätte, oder zwei oder drei. Aber wenn James ehrlich war, war ihm schon in seinem einfachen, weißen Hemd kalt. Leider musste sein Austragungsort ja die nächtliche Terrasse sein, wenn er nicht wollte, dass seine Geschwister zu früh Wind davon bekamen und leider machte es das alles nicht besser. Die Nachtluft war kühl, ein sanfter Wind wehte und James spürte, wie er unter dem Hemd eine Gäsehaut bekam. Ein Schwall eisiges Wasser klatschte auf ihn herab und obwohl er gewusst hatte, das es kam und das es kalt sein würde, war es ein kleiner Schock. In noreni per ipe In noreni cora Tira mine per ito Ne domina Das Bedürfnis sich das Wasser aus dem Gesicht zu wischen war groß, aber James hielt sich zurück. Ein Ren Kouen wischte nicht während einer Ansprache an sich herum. Ein Ren Kouen japste auch nicht oder verlangte einen Bademantel, egal wie groß das Bedürfnis war. Ein Ren Kouen zog die Sache durch. „Das Kou Empire“, sprach er weiter und war nicht ganz unglücklich, dass die Musik das Zittern in seiner Stimme übertönte, „spendet 200 Dollar an die ALS Association. Des weiteren nominiere ich Prinzessin Kougyoku, meinen Bruder Koumei sowie Alibaba Saluja. Ja, ich habe deine Nachrichten erhalten. Nein, ich gebe dir Balbadd nicht zurück und ja ich weiß wo der Spamfilter versteckt ist.“ Wasser lief aus seinen Haaren, über seine Stirn und kam seinen Augen empfindlich nahe, aber Kouen zwang sich weiter still zu sitzen. Er hatte es bis hierhin überstanden, dann überstand er auch noch das Outro. In romine tirmeno Ne romine to fa Imaginas per meno per imentira Der Chor begann zu summen und wie bestellt schlich sich Dan zu ihm auf die Terrasse. Eine Sekunde, dann noch eine und schließlich wurde der erlösende Knopf gedrückt. „Alles im Kasten“, jubelte Judar und Kouen sprang fast wie bestellt von seinem Stuhl. Wenn das Video nur halb so eindrucksvoll geworden war, wie er sich das vorgestellt hatte, würden seine Geschwister Augen machen, wenn sie sich nach dem Frühstück einloggten. Wobei, das würden sie so oder so. Spätestens dann wenn sie erfuhren, dass sie heute ein Date hatten und zwar eines mit einem Eimer Eiswasser. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)