Castle of lies von AtriaClara (... are you crying?) ================================================================================ Kapitel 11: Der Duft nach Rosen ------------------------------- Am Anfang war da der Schmerz. Er war überall und pulsierte durch Midines Adern, mit jedem Herzschlag stärker werdend. Unnatürlich laut rauschte das Blut in ihren Ohren, als brenne es geradezu darauf, ihren Körper zu verlassen. Beinahe übertönte es sogar das Piepen in ihrem linken Ohr. Angestrengt versuchte Midine, sich zu erinnern. Was war geschehen? Sie war in dem Haus mit den Büchern gewesen, den Büchern, die logen und versucht hatten, sie zu töten. Sie hatte es geschafft, mit dem Buch der Wahrheit zu fliehen. Und dann... ? Dann war da dieser laute Knall gewesen. Und dann nichts mehr. Also war das Ticken eine Zeitbombe, dachte Midine. Aus irgendeinem Grund belustigte sie das. Vielleicht war es der Gedanke daran, was für eine verrückte Geschichte ihre Reise wohl abgeben würde. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte mühevoll, ihre Gliedmaßen zu bewegen. Die Schmerzen versuchte sie, so gut es ging, zu ignorieren, aber dennoch schaffte sie nur ein schwaches Anheben ihrer Arme, bevor sie aufgeben musste. Danach waren die Beine dran. Ihr rechtes Bein ließ sich problemlos einige Zentimeter anheben, aber als sie dasselbe mit ihrem linken Bein versuchte, schoss ein heißer Schmerz durch ihren Körper und trieb ihr Schmerzenstränen in die Augen. Midine biss die Zähne zusammen und blinzelte ein paar Mal, um klar sehen zu können. Über ihr erstreckte sich der blutrote Himmel bis an die Ränder ihres Blickfeldes. Zukunft. Jetzt erinnerte sie sich wieder. Jemand in ihrem Traum hatte gesagt, das hier sei ihre Zukunft. Hatte die Stimme das gesagt? Midine wusste es nicht mehr, aber es war ihr auch egal. Nun löste sich doch eine Träne aus ihrem Augenwinkel. Konnte ihr Traum denn wirklich wahr gewesen sein? War das hier die Zukunft? Warum war sie hierhergekommen? Und wie war so etwas überhaupt möglich? Mit einiger Willensstärke zwang Midine sich dazu, jetzt nicht weiter darüber nachzudenken. Im Moment musste sie sich auf andere Dinge konzentrieren. Sie beschloss, sich irgendwie aufzurichten, um einen Überblick über ihre Verletzungen zu bekommen. Sie wollte wissen, wie schwer ihre Verletzungen waren und was mit ihrem Bein passiert war. Midine versuchte angestrengt, sich auf ihre Ellbogen zu stützen und den Oberkörper anzuheben. Aber ihre vor Muskelkrämpfen zitternden Arme waren keine gute Stütze und ihr Brustkorb rebellierte empört gegen jede Bewegung. So musste sie aufgeben und ließ sich mit einem enttäuschten und gequälten Stöhnen wieder zurücksinken. Eine Weile lag sie so da, zum Nichtstun verdammt, und wartete darauf, dass der Schmerz endlich etwas nachließ. Ab und zu versuchte sie mit wachsender Ungeduld, ihre Gliedmaßen zu bewegen, wobei sie ihr linkes Bein sorgfältig ausließ. Sie wartete. Arme anheben, rechtes Bein anheben. Es ist so still hier, dachte Midine. Normalerweise zeigte das an, dass sich keine Feinde in der Nähe befanden, niemand, der ein Geräusch hätte hervorrufen können. Aber diese Stille war keine beruhigende Stille, keine Stille, in der man sich zurücklehnen und entspannen konnte. Es war eine bedrückende, lauernde Stille, die sich so anfühlte, als könnte jeden Moment etwas geschehen. Diese Stille macht mich noch verrückt. Beinahe wünschte Midine sich, dass endlich etwas geschah, nur damit diese drückende Ungewissheit vorüber war. Arme anheben, rechtes Bein anheben. Bei ihren Armen war eine gewisse Besserung zu spüren, bei ihrem Bein nicht die geringste. Sie wartete. Und dann geschah etwas. Ein lautes Krachen, das einer Explosion glich, ertönte, gefolgt von den klackernden Tönen kleiner Steine, die von Fels abbrachen und zu Boden fielen. Midine schrak zusammen. Mit einiger Mühe drehte sie den Kopf nach links, in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. In einigen Metern Entfernung wurde die Brücke von einem großen Haufen Geröll blockiert, aus dem einige Trümmerteile hoch in den Himmel aufragten. Midine erinnerte sich vage, von der Explosion gegen eine Art Wand geschleudert worden zu sein. Konnte das dieser Schutthaufen gewesen sein? Ihre Gedanken wurden jäh unterbrochen, als das Krachen ein weiteres Mal ertönte, lauter diesmal. Das Geröll erzitterte und immer mehr Stücke brachen aus dem Haufen heraus. Da... da auf der anderen Seite ist etwas. Midines Lippe begann zu zittern. Und es... es will zu mir! In einem Anflug von Verzweiflung versuchte sie entgegen aller Vernunft, sich irgendwie in eine sitzende Position zu begeben. Ein greller Schmerz fuhr gleich einem Blitzschlag durch ihren gesamten Körper und ließ einen lauten Schrei ausstoßen. Nun, zumindest hätte sie gerne geschrien, um die höllischen Schmerzen irgendwie abzulassen, aber alles, was aus ihrem Mund kam, war ein heiseres Krächzen, von dem unerträglichen Klingeln in ihren Ohren übertönt. Die Welt um sie herum wurde abwechselnd schwarz und weiß. Ein grässliches Schwindelgefühl machte sich in ihrem Kopf breit. Midine blinzelte ein paar Mal, um ihre Sehfähigkeit wiederzuerlangen. Immer noch keuchte sie von dem Schmerz, der jetzt endlich langsam abebbte. Ein erneutes Krachen. Verdammt. Verdammt, ich kann hier nicht weg! Was mache ich denn jetzt? Denk nach, Midine, denk nach! Sie wühlte in ihrem Gedächtnis herum, auf der verzweifelten Suche nach etwas, das ihr jetzt helfen konnte. Zu ihrer eigenen Überraschung fand sie da tatsächlich etwas, einen Satz, den ihr Mentor früher einmal erwähnt hatte und den sie schon fast in das Reich des Vergessens verbannt hatte. Wenn du nicht fliehen kannst - verstecke dich. Ich muss mich verstecken, schoss es Midine durch den Kopf. Aber wo? Ihre Haare schleiften durch den Staub auf dem Stein unter ihr, als sie ihren Kopf versuchsweise auf die andere Seite drehte. Und erstarrte. Der süßliche Gestank nach Verwesung und Tod schlug ihr ins Gesicht. Midine wurde übel. Direkt vor ihr, nur ein paar Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt, starrte ein Paar toter Augen sie an. Das Gesicht, zu dem sie gehörten, war bereits halb verwest und hatte eine gelbliche Färbung angenommen. An einigen Stellen faulte das Fleisch bereits von den Knochen herunter. Die Augen waren tief eingefallen, die Haare hingen strähnig und blutverkrustet herunter. Fliegen schwirrten um die Leiche herum. Midine schluckte. Dann versuchte sie, irgendwie mit dem Atmen aufzuhören und spähte an der Leiche vorbei. Galle stieg in ihrem Mund auf, als sie sah, dass der Tote vor ihr nur ein kleiner Teil eines sehr viel größeren Leichenhaufens war. Mindestens dreißig Tote lagen dort auf der Brücke, einfach achtlos übereinandergeworfen wie kaputtes Spielzeug. Ein weiteres Mal ertönte das bedrohliche Krachen von links und riss Midine aus ihrer Fassungslosigkeit. Sie erinnerte sich wieder daran, was sie eigentlich vorgehabt hatte. Ich brauche ein Versteck, verdammt! Was helfen mir denn dann die Leiche- Eine Idee formte sich in ihrem Kopf, so plötzlich und so morbide, dass sie vor sich selbst erschrak. Oh nein. Nein, das mache ich nicht. Ich verstecke mich auf gar keinen Fall unter dem Leichenhaufen! Wieder das Krachen. Diesmal klang es näher. Als Midine ihren Kopf angsterfüllt nach links drehte, waren da bereits klaffende Risse im Gestein. Am liebsten hätte sie nun angefangen zu heulen, wie es kleine Kinder taten, wenn sie nicht bekamen, was sie wollten. Am liebsten hätte sie mit den Fäusten auf den Boden eingeschlagen, geschrien und sich schlicht und einfach geweigert, das zu tun, was diese verfluchte Albtraumwelt von ihr zu tun verlangte. Aber stattdessen streckte sie die Hand aus und krallte sie in die verblichene Kleidung des Toten, sich bemühend, kein verwesendes Fleisch zu berühren. Sie hielt die Luft an, während sie mit all ihrer verbliebenen Kraft zerrte und zog, bis sich die Leiche mit einem Ruck aus dem Haufen löste und nun auf ihrem Oberkörper lag. Jetzt schon war Midine speiübel, aber dennoch streckte sie ihre Hand ein weiteres Mal nach rechts aus, ertastete etwas Knochiges und packte es. Sie wollte gar nicht wissen, was es war, das sie da in ihrer Hand hielt und zog es mit angewidertem Gesicht zu sich hin, bis sie ein Gewicht auf ihren Beinen spürte. Schmerzen zuckten von ihrem linken Bein aus durch ihren Körper, doch Midine biss mit einem gequälten Stöhnen die Zähne zusammen und fuhr mit ihrer Arbeit fort. Bei ihrem nächsten Fischzug griff sie in verfilzte Haare. Beinahe erleichtert darüber, dass es nichts Schlimmeres war, grub sie ihre Finger hinein und zog ein letztes Mal. Da ertönte ein ekelerregendes Schmatzen, das Midine entsetzt in ihrer Arbeit innehalten ließ. Es klang beinahe so, als hätte sich Haut von der Schädeldecke gelös- aber so genau wollte Midine das auch gar nicht wissen. Sie schüttelte sich kurz vor Ekel, bevor sie die Leiche in einem Akt der Verzweiflung weiterzog, bis über ihr Gesicht. Sie wollte einfach nur, dass das hier endlich vorbei war. So lag sie da, begraben unter den Leichen, wartend, während das Krachen draußen immer lauter wurde. Der beißende Gestank trieb ihr Tränen in die Augen. Komm schon, betete sie stumm. Beeil dich, ich will, dass es vorbei ist! Als hätte das mysteriöse Etwas auf der anderen Seite nur darauf gewartet, ertönte in diesem Moment ein ohrenbetäubendes Krachen, das sehr endgültig klang. Dann herrschte Stille. Und über all den Gestank nach Blut und Tod, nach Vergänglichkeit und Verwesung, hob sich nun ein geradezu aufdringlicher Duft nach Rosen. "Sieht ja noch genau so hässlich aus wie damals", stellte eine amüsiert klingende Stimme fest. Dann waren Schritte zu hören, Stein knirschte unter Sohlen. Mit zusammengekniffenen Augen lag Midine unter den stinkenden Leichen und betete. Die Schritte blieben stehen. Panisch hielt Midine die Luft an. "Was? Nein, ich mochte das hier noch nie!", stellte die Stimme entrüstet fest. Sie ist verrückt, dachte Midine. Sie redet mit sich selbst! Einerseits war sie natürlich froh, noch nicht entdeckt worden zu sein. Andererseits, wenn diese Rosenduftperson verrückt war, wer wusste dann, wozu sie noch fähig war? "Das war keine Zerstörung, das war eine kontrollierte Sprengung, verdammt!", empörte die Stimme sich. Irgendwie kam sie Midine bekannt vor. "Warum ich das hier überhaupt mache? Hörst du mir eigentlich nie zu? Ich habe dir doch gesagt, dass sie hier ist und ich sie finden werde!" Und das... warum kam ihr das so bekannt vor? "Sehen wir es als eine Art Spiel", schallte Malicias Stimme durch ihren Kopf. "Du versuchst, bis zum Ende zu überleben und das Spiel zu gewinnen. Sie versucht, dich davon abzuhalten." Sie. Konnte das hier diese sie sein? Diejenige, die sie töten wollte? Wieder erhob die Rosenduftperson –sie- das Wort. "Sie muss es gewesen sein. Glaubst du ernsthaft, dass es nach meiner Aufräumaktion hier noch einen anderen Überlebenden gibt?" Wieder eine kurze Pause. Dann: "Jaja, schon klar. Weil Königreiche von solcher Größe sich ja auch einfach selbst vernichten. Wer bist du, dass du meine Fähigkeiten anzweifelst?" Midines Herz krampfte sich zusammen. Ihr Mund schmeckte nach Blut, sie hatte sich auf die Lippe gebissen. Also ist das hier diejenige, die an allem schuld ist. Diejenige, die meine Welt zerstört hat. Diejenige, die uns in diese Zukunft führen wird. Sie versuchte, das irgendwie zu akzeptieren, zu verstehen. Aber da gab es eine Sache, die sie einfach nicht begriff. Midine war in den Krieg gezogen. Sie hatte genug Mord und Totschlag gesehen, genug, um mindestens drei Leben damit zu füllen. Sie war in ihrem Leben auf unfassbar grausame und unfassbar brutale Personen getroffen, aber keine dieser Personen hatte sie so angewidert wie sie. So böse Malicia auch gewesen sein mochte, wie sadistisch und grausam ihre Taten auch waren, war sie doch immer noch ein Mensch. Nur ein Mensch, nichts weiter. Ein Mensch, den Midine schließlich getötet hatte. Aber genau das fehlte bei der Rosenduftperson. Sie wirkte nicht menschlich, absolut nicht. Sie wirkte wie ein höhergestelltes Wesen, jemand, dem Menschenleben völlig egal sind. Wie jemand, der diese Leben auslöschen konnte, ohne mit der Wimper zu zucken. Und der dann im Gespräch mit einer nur für ihn selbst sichtbaren Person über seine Taten sprach, als wären sie nichts. Eine kleine Trophäe, die man sich auf den Schrank stellen und dort verstauben lassen konnte. "Sie muss hier irgendwo sein. Ja, meine Güte, natürlich nur, wenn sie nicht schon tot ist." Wer zur Hölle war diese Person? Und warum kam Midine ihre Stimme so bekannt vor? Kann es sein, dass- "Im Leichenhaufen, sagst du?" Knirschend kamen die Schritte näher. Panisch hielt Midine die Luft an. Bitte, komm nicht hierher, flehte sie stumm. Ich bin es nicht! Ich bin eine von ihnen! Eine von denen, die du getötet hast! Abrupt stoppten die Schritte. Midine blieb angespannt liegen, nicht fähig, auch nur einen Finger zu rühren. "Ist das dein Ernst? Den werde ich NICHT anfassen!" Midine horchte auf. Hatte diese Person vielleicht doch noch einen Funken Menschlichkeit? "Spinnst du? Das ist der Haufen mit den Leuten, die ich so hässlich fand! Die habe ich doch absichtlich hierhin gelegt, damit ich sie nie wieder sehen muss!" Ein Würgereiz stieg hinten in Midines Rachen hoch, aber sie presste die Lippen fest zusammen und schickte ihn wieder zurück in ihren Magen. Sie durfte sich noch nicht übergeben. Zumindest noch nicht jetzt. Schade, dachte Midine sarkastisch, während ihr wieder Tränen in die Augen stiegen. Ich hätte mich gerne jetzt übergeben, um diese Aussage angemessen zu würdigen. "Wage es nicht, mich feige zu nennen, dämlicher Idiot!" Eine kurze Pause. "Selber blöd!" Und noch eine. "Also, das ist ja wohl die Höhe! Was glaubst du eigentlich, wer du bist?" Stritt sie sich gerade wirklich... mit sich selbst? Aus irgendeinem Grund -vielleicht färbte der Wahnsinn der Rosenduftperson ab- stieg ein glucksendes Lachen in Midine hoch. Diese ganze Situation war doch so absurd, dass man sie einfach nicht mehr ernst nehmen konnte. Ein prustendes Geräusch kam aus Midines Mund, noch ehe sie sich zurückhalten konnte. Erschrocken presste sie die Lippen aufeinander. "Warte. Pssst! Gott, kannst du nicht mal eine Sekunde still sein? Ich habe da gerade etwas gehört..." Wieder kamen die Schritte langsam näher. Midine hätte sich am liebsten geohrfeigt. Toll. Ganz toll. Jetzt finden sie mich, nur weil ich so blöd war, hier loslachen zu wollen! Sie konnte nichts mehr tun, konnte nur noch in hilfloser Verzweiflung warten, bis sie die Leichen über ihr beiseiteschob und alles endlich beendete. "Meinst du nicht, es reicht jetzt?" Midine zuckte zusammen. Die Rosenduftperson tat dasselbe, nach ihrem erschrockenen Aufschrei zu urteilen. "Wer spricht da?", verlangte sie zu wissen, während ihre Schritte sich wieder entfernten. "Antworte mir!" Ein amüsiertes Kichern war zu hören. "Oh, nichts lieber als das." Jetzt, wo Midine ihren Schrecken einigermaßen überwunden hatte, kam ihr auch diese Stimme sehr bekannt vor. Dieser herablassende Tonfall, dieses amüsierte Kichern... Das war doch nicht etwa- "Malicia?!", rief die Rosenduftperson mit fassungsloser Stimme. "Aber... du bist tot!" Malicia seufzte. "Nicht das schon wieder... meine Güte, ja, das bin ich." "Gut so." Die Rosenduftperson klang erleichtert. "Aber warum bist du dann zurückgekommen, hm? Um mich in den Wahnsinn zu treiben?" Midine konnte förmlich spüren, wie Malicia die Augenbrauen hochzog. Eigentlich ist es ja erschreckend, wie gut ich sie kenne, dachte sie. "Dich in den Wahnsinn treiben? Ich denke, das hast du selbst schon recht gut hingekriegt. Nein, ich bin hier, um dir einen Hinweis zu geben." "Einen... Hinweis?", fragte die Rosenduftperson misstrauisch. Einen Hinweis? "Ja. Ich kann dir sagen, wo du die Person findest, die du suchst." Entsetzen machte sich in Midine breit. Nun also war der Augenblick von Malicias Rache gekommen. Sie würde dieser Wahnsinnigen einfach Midines Versteck verraten und bräuchte dann nichts weiter zu tun, als zuzusehen, wie sie Midine fand und in ihre Einzelteile zerlegte. Sie würde Midine einfach beim Sterben zusehen, so, wie sie es schon einmal getan hatte. "Und warum solltest du mir bitteschön helfen wollen?", lachte eben jene Wahnsinnige. Malicia stöhnte genervt. "Hm, lass mich überlegen. Weil sie mir mein ganzes Leben zur Hölle gemacht hat? Weil sie dafür gesorgt hat, dass ich gedemütigt, beleidigt und schließlich verbannt wurde? Weil sie mich getötet hat?" "... gut, klingt angemessen." Midines Entsetzen wich und machte der immer größer werdenden Wut Platz. Sie hatte doch von Anfang an gewusst, dass man Malicia nicht trauen konnte! Warum war sie nur so blöd gewesen und hatte ihr all ihre Lügen auch noch geglaubt? So jemand wie sie konnte sich doch gar nicht so verändert haben! Verräterin blieb eben Verräterin! "Also, wo ist sie?", wollte die Rosenduftperson neugierig wissen. "Du suchst am falschen Ort. Sie ist schon längst aufgewacht und als sie sah, dass sie in dieser Richtung nicht weiterkommen würde, ist sie zur anderen Brücke herübergeklettert und nach Westen weitergegangen. Wenn du dich beeilst, erwischst du sie noch!" "Ernsthaft? Da ist sie herübergeklettert?" "Wenn ich es dir doch sage! Ich war dabei, ich habe sie gesehen!" "Okay, okay, ich glaube es dir ja. Nach Westen also?" "Mhm." "Dann laufe ich ihr mal besser schnell hinterher, nicht wahr? Ach ja, danke übrigens. Vielleicht sieht man sich mal wieder." "Wahrscheinlich, ja." "Gut. Na dann, auf Wiedersehen!" Danach waren schnelle Schritte zu hören, die an Midine vorbeirannten und sich dann rasch entfernten. Und zusammen mit der Wahnsinnigen verschwand auch endlich der aufdringliche Duft nach Rosen. Midine konnte es immer noch nicht fassen. Malicia hatte sie gerettet? Dieser Gedanke war nun so abwegig, dass Midine darüber nur den Kopf schütteln konnte. Malicia würde sie nie retten, noch nicht einmal dann, wenn ihr eigenes Leben dabei auf dem Spiel stände. Vielleicht hatte sie sich getäuscht? Konnte es sein, dass hier irgendwo noch eine andere Person herumlief? Vielleicht sah sie so ähnlich aus wie Midine, das würde dann erklären, dass- Der Einen blieb fast das Herz stehen, als plötzlich jemand die Leiche, die ihr Gesicht bedeckte, wegzog. Über ihr stand Malicia und sah mit einem seltsamen Gesichtsausdruck auf sie hinunter. Midines Herz klopfte wie wild. Wollte Malicia es jetzt selbst zu Ende bringen? Hatte sie die Rosenduftperson deshalb weggeschickt? Doch Malicia tat nichts dergleichen. Ein paar Sekunden noch stand sie schweigend da und sah Midine einfach nur an, bevor sie schließlich den Mund öffnete und genau vier Worte sagte. "Du schuldest mir was." Dann holte sie aus. Ihr gekonnter Schlag traf Midine genau an die Schläfe. Alles wurde schwarz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)