One Shot Sammlung von Hupfdohle ([ZXN]) ================================================================================ Kapitel 21: Wenn du gehst ------------------------- Auf einem Friedhof in der Nähe schlug die Turmuhr 12. Glocken erklangen und eine kleine Gruppe Menschen stand um ein Grab herum. Es war frisch, die Beisetzung gerade beendet. Auf den ersten Blick herrschte betretenes Schweigen, aber wenn man länger hinhörte, vernahm man ein Schluchzen. Jeder hatte eine Blume in das Grab geworfen, mit eigenen Gedanken, Wünschen oder Gebeten. Nach kurzer Stille bewegte sich die Gruppe in Richtung eines angrenzenden Cafés und nahm dort ihre Reservierung wahr. Die beiden Frauen sprachen kurz mit der Bedienung und danach wurden die sechs Leute zu einem angrenzenden Raum gebracht. In diesem stand ein großer Tisch, an dem sich alle Gäste niederlassen konnten sowie ein kleiner Tisch mit Kerze. Die Orangehaarige stellte den schlichten, schwarzen Bilderrahmen auf diesen. Zu sehen war ein Mann, welcher eine kuriose Mütze mit Windmühle trug. Unzählige Narben schienen sich auf seinem Gesicht entlangzuziehen und ein Oberlippenbart zierte sein Gesicht. Nami entzündete noch die Kerze, bevor sie sich zu ihrem Freund setzte, welcher sogleich seinen Arm um sie legte. Dankbar sah sie ihm in die Augen, bevor sie ihren Blick auf alle Anwesenden richtete. Ihre Schwester Nojiko saß auf ihrer anderen Seite und gegenüber von ihnen saßen die restlichen Arbeitskollegen ihres Ziehvaters, Lysop, Ace und Law. Es rührte sie, dass sie hier gemeinsam saßen. Wie lang war das schon her? Es musste erst so eine erschütternde Nachricht kommen, dass sie sich alle wieder vereinten. So wie 'n uralter Mann Der ohne Stock nicht mehr kann So wie 'n Flugzeug ohne Flügel So wie 'n Strand ohne Sand So wie das Meer ohne Salz So wie 'n Gleis ohne Züge Der Mensch ist irgendwie komisch Ja weil, er viel zu oft, das was er hat, vergisst Erst wenn er plötzlich alleine ist Fällt ihm auf, dass er was vermisst Nachdem sie ihre Getränke erhalten hatten und kleine belegte Häppchen serviert wurden, räusperte sich Nami und stand etwas unsicher auf. „Nun ja,ihr wisst, dass ich keine große Rednerin bin. Ich wünsche mir nur, dass wir Genzo heute würdigen. Dass wir heute in Erinnerung schwelgen, an ihn und seine besondere Art. Auf Genzo.“ Ein einstimmiges Prost ging durch die Runde und alle erhoben ihr Glas. Es herrschte eine kurze Zeit betretene Stille, bis Law sich räusperte. „Ich werde nie vergessen, wie Genzo mir bei meiner ersten eigenen Patientin half.“ Die Köpfe der restlichen Anwesenden wendeten sich zum Arzt der Gruppe, während dieser einen unsichtbaren Punkt auf der gegenüberliegenden Wand anstarrte und ein leichtes Lächeln auf seinem Gesicht trug. „Es war eine alte gebrechliche Frau mit unheimlichen Husten. Ich durfte ihr kein einziges Medikament verschreiben. Frustriert habe ich damals Genzo meine ausweglose Situation geschildert und der Wetterexperte hatte doch tatsächlich ein Buch mit selbstgeschriebenen Hausmitteln in Petto.“ Nojiko kicherte. „Hat er dir die Quarkwickeln empfohlen?“ Der Arzt nickte bestätigend, woraufhin die ältere der beiden Frauen weitersprach. „Das hat er bei uns auch immer gemacht. Und das hat wahre Wunder bewirkt. Es ging uns am nächsten Tag immer besser.“ Nami indessen kramte in ihrer Tasche und holte ein altes, in Leder gebundenes Buch heraus und legte es vor Law auf den Tisch. „Das ist für dich.“ Der Arzt war stets etwas emotionslos und distanziert, doch diesmal schloss er für einen kurzen Moment berührt seine Augen, bevor er nach dem Vermächtnis griff. „Ich halte es in Ehren.“ Nami holte einen weiteren Gegenstand aus ihrer Tasche heraus, nur um es ihrem Freund kurz hinzuhalten. „Ist das das richtige Bild?“ Er nickte ihr zu und nahm es in seine Hände. Darauf waren nur er, Ace, Lysop und Law zu sehen. Es stammte von Genzos Schreibtisch. Und obwohl Genzo das Bild selbst gemacht hatte und somit nicht drauf war, hatte er genau dieses Bild gewollt. Jedes Mal, wenn er in Genzos Büro kam, hatte er sich dieses Bild angeschaut. Wenn er es sah, dachte er automatisch an seinen ehemaligen Arbeitskollegen. Wenn du gehst Dann lass 'n bisschen was von dir Hier bei mir, hier bei mir Weil ich eigentlich schon weiß Du fehlst mir „Und Lysop? Ich habe hier auch eine verdächtige DVD. Auf dem alten Teil steht aber ein komischer Titel. Kannst du mir das erklären?“ Dem Angesprochenen fiel die Kinnlade regelrecht auf den Tisch, als er die Kassette erblickte, welche Nami in der Hand hielt. Darauf stand in etwas unkenntlicher Schrift „Pornorologie – für Lysop & Ace“. Der Lockenkopf lief puterrot an, während er anklagend den Finger hob. „Ich habe damals schon gesagt, dass das auf Frankys Mist gewachsen ist! Und außerdem habe ich keinen blassen Schimmer, wie er das nachverfolgen und auch noch herunterladen konnte. Dieser Mann sah so unschuldig aus, aber er hatte Hacks drauf, die teilweise auch mich verblüfft haben.“ Während er sprach, änderte sich sein Gesicht von verlegen zu nachdenklich. „Nun Lysop, wenn du die DVD nicht haben möchtest, wir hätten sicher Verwendung“. Ace grinste seine Freundin unverhohlen an und Nojiko musste ihre Augen bei der Aussage ihres unersättlichen Freundes verdrehen. Scheinbar schien ihr etwas einzufallen, denn sie schlug ihre flachen Handflächen auf den Tisch und schaute in die Runde. „Apropos Pornos. Da haben wir eine gute Geschichte auf Lager. Die hätten wie nie im Beisein Genzos erzählen dürfen!“ Nojiko klatschte kichernd ihre Hände zusammen. „Nami und ich haben zu Kindergarten- und Grundschulzeiten gern Petzi und seine Freunde angeschaut. Genzo war, wie ihr wisst, ein absoluter Sparfuchs und hat die Folgen auf seine alten VHS Kassetten aufgenommen und überspielt.“ Obwohl Nami bislang kaum ein Lächeln über die Lippen kommen wollte, so konnte sie ein Schmunzeln nicht mehr verhindern und begann weiterzuerzählen. „Es war kurz nach dem Kaffeetrinken. Draußen regnete es in Strömen. Genzo und Bellemere wollten noch in Ruhe ihren Kaffee austrinken und da wir nicht raus konnten, durften wir uns neue Folgen von Petzi anmachen. Für gewöhnlich waren mehrere Folgen auf einer Kassette, aber diesmal kam nach der ersten Folge der Rest, der quasi noch nicht überspielt wurde. Der Titel hieß Hüttengaudi. Es war ein bayerischer Porno. Obwohl es schon ewig her ist, habe ich es trotzdem noch vor Augen. Genzo war das sooo peinlich, wir durften diese Geschichte später nie mehr erwähnen“. Allgemeines Gelächter brach aus, während sich Ace an seine Freundin wandte. „Gibt's den noch?“ Kurz danach verzog er schmerzerfüllt sein Gesicht und rieb sich sein Bein. „Wenn du nichts Relevantes beizutragen hast, solltest du deinen hübschen Mund halten.“ Der Feuerwehrmann zwinkerte Nojiko zu. „Tja, ob du es glaubst oder nicht, ich verdanke meinen besten Hausmann-Tipp Genzo. Immer, wenn ich in sein Büro spaziert bin, hat er mich zwecks meiner schmutzigen Arbeitskleidung kritisiert und ich habe ihm immer erklärt, dass sich meine Maschine an den Flecken die Zähne ausbeißt. Und irgendwann hat er mich zu einem Notfall einberufen. Aber statt ein Feuer zu löschen, musste ich mit ihm gemeinsam meine Arbeitskleidung waschen. Er hatte Lavendelseife mit. Und die Flecken gingen mit jeder Wäsche besser raus.“ Mit jeder Geschichte über Genzo wurde die Stimmung erheiterter und fröhliches Lachen erklang in dem Raum. Wie ein Ballon ohne Luft Oder 'n trockener Fluss So wie 'n Film ohne Regie Meine Gitarre ohne Saiten Schwarze Tasten ohne Weiße So wie 'n Lied ohne Melodie Ja, ich bin irgendwie komisch Weil ich viel zu oft, das was ich hab', vergess' Erst wenn ich plötzlich alleine bin Fällt mir auf, dass ich was vermiss' Obwohl er fast die ganze Zeit still war, ergriff als nächster Zorro das Wort. „Ich bin wahnsinnig dankbar dafür, dass Genzo Nami verkuppeln wollte – wenn auch mit dem falschen Mann.“ Law wusste sofort, dass er angesprochen war und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen, was ihm einen böse Blick des Grünhaarigen einbrachte. Nami suchte nach der Hand ihres Freundes. „Und das nicht nur einmal, nicht wahr?“ Law und Lysop schienen irritiert, worauf sich die Aussage Namis bezog. „Genzo hat es nicht nur bei mir versucht, sondern auch bei Nojiko. Zorro hat damals etwas von seinen Plänen mitbekommen und da Nojiko und Ace bereits miteinander ausgingen, hat er die beiden verständigt. So ist Law wieder leer ausgegangen.“ Gespielt empört stemmte er die Fäusten in seine Hüften. „Ernsthaft? Da hat Genzo zwei Knallerfrauen und obwohl ich die auserwählte Nummer 1 war, bekomme ich keine ab? AUA!“ Sowohl Ace als auch Zorro starrten unschuldig in die Luft, während diesmal der Arzt über sein schmerzendes Schienbein strich und grinsen musste. Nojiko beendete die Stichelei. „Tja, ich sorge eben selbst für mein Glück. Auch, wenn er mir damals meinen Traumjob verschafft hat. Genzo konnte manchmal unheimlich anstrengend sein und er hat nicht immer die Grenzen unserer Privatsphären beachtet, aber er hat jede Aktion um unseretwillen gemacht, davon bin ich überzeugt.“ Still erhoben sie noch einmal das Glas auf Genzo. Wenn du gehst Dann lass 'n bisschen was von dir Hier bei mir, hier bei mir Weil ich eigentlich schon weiß Du fehlst mir Ein jeder hier im Raum vermisste Genzo auf seine eigene Art und Weise. Aber alle waren sich einig. In jedem neuen Jahr, an diesem einen Tag würden sie sich zusammensetzen und in Erinnerung schwelgen. An einen Ziehvater, Schwiegervater, Kollegen, Freund. An Genzo. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)