Quickies von KankuroPuppet (Drabble Sammlung) ================================================================================ Kapitel 6: Weihnachtsspecial: Little Drummer Boy (KidxLaw) ---------------------------------------------------------- Little Drummer Boy Come they told me, pa rum pum pum pum A new born King to see, pa rum pum pum pum Das Anwesen der Familie Trafalgar war für den ältesten Sohn selbst außerhalb der Feiertage viel zu groß: Teure Möbel verloren sich in der Weitläufigkeit der zahlreichen, nur selten genutzten Räume. Doch jedes Jahr an Weihnachten schien ihn dieses Gefühl besonders intensiv zu übermannen und so hatte das Festmahl am Heiligen Abend nur wenig von der geborgenen, feierlichen Stimmung, welche die Werbungen propagierten. Nach einer traditionell generösen Bescherung saß Law nun mit den Eltern und seinen zwei Schwestern am breiten Tisch, schlürfte schweigend eine Suppe und wartete darauf, dass dieser immer gleiche Abend ein Ende nahm, als die alljährliche Stille von einem lauten Scheppern gestört wurde… Our finest gifts we bring, pa rum pum pum pum To lay before the King, pa rum pum pum pum, Rum pum pum pum, rum pum pum pum, Einige Wochen zuvor hatte sich Law in der Nacht seines 20. Geburtstages aus dem Haus geschlichen und war mit dem Bus in die Innenstadt gefahren, um sich alleine in eine Bar zu setzen und ein entspanntes Bier außerhalb aller familialen Erwartungen zu genießen. „Bist du überhaupt alt genug, um hier zu arbeiten?“, hatte er den Barkeeper gefragt, der ihn aus spitzbübigen Augen neugierig musterte und breit grinste, mit einer Hand durch seine wilden, leuchtend roten Haare fuhr und frech erwiderte: „Bist du nicht etwas zu jung, um solche Fragen zu stellen?“ So to honor Him, pa rum pum pum pum, When we come. Als Law eine Woche später abermals den Laden betreten hatte, stand der auffällige Kerl wieder hinter der Bar und begrüßte ihn sogleich mit einem schelmischen Grinsen. In dieser Nacht hatte er ein Bier nach dem anderen getrunken und allerlei Gedanken mit diesem fremden Jungen geteilt, der zwar immer zu lächeln schien, aber nur selten etwas erwiderte. Law hatte nie Zeit für Freunde gehabt, viel zu sehr wollte er seine Eltern nicht enttäuschen, die ihren Sohn liebten und ihm die höchsten Ziele steckten. In dieser Gegend bedeutete der Name Trafalgar etwas und diese Tradition sollte gewahrt werden, egal wie groß die Fußstapfen wurden, die die Kinder zu füllen hatten. „Ich wäre einfach gerne normal… Ein ganz normaler, durchschnittlicher Mensch, an den durchschnittliche Erwartungen gestellt werden. So wie du, verstehst du das?“, hatte er damals voller Ernst erklärt und daraufhin lautes Lachen geerntet. „Was weißt du von Erwartungen?“, hatte ihm der Junge hinter dem Tresen entgegnet und ihm sein fünftes Bier gereicht. Von da an wurden die wöchentlichen Abstecher in die kleine Bar zur Routine. Little Baby, pa rum pum pum pum I am a poor boy too, pa rum pum pum pum Als der Junge mit den pechschwarzen Haaren vor einigen Wochen die Absteige betreten hatte, in der Kid notgedrungen seine Abende verbrachte, wusste dieser bereits, dass er ihn nicht ausstehen konnte. Die Typen aus dem Norden der Stadt waren allesamt reich und arrogant, hielten sich für etwas Besseres und das ohne jeglichen Grund. Das Kind einer reichen Familie zu sein war nun wirklich keine Leistung, auf die man stolz sein konnte, fand Kid und dank seiner teuren Schuhe und dem desinteressierten Blick konnte auch dieses Exemplar seine Herkunft nicht leugnen. Die direkte, skeptische Frage des Gastes war lediglich die Bestätigung dessen, was Kid schon lange wusste – verwöhnte Drecksblagen. Nichtsdestotrotz brauchte er den Job in der Bar und dieser Junge mit dem Namen Trafalgar Law bezahlte gutes Trinkgeld, also hörte er ihm zu, versorgte ihn mit mehr Getränken und versuchte das Bedürfnis zu unterdrücken, dem Idioten von den wirklichen Problemen dieser Welt zu erzählen, angefangen bei sich selbst. Ein Kind aus dem Villen-Viertel, das sich wünschte, mit ihm zu tauschen? Mit Kid und seinen vier Geschwistern aus dem verlausten Viertel im Süden? Er konnte nicht anders als laut zu lachen. Es brauchte ganze fünf Wochen und neun gesprächsreiche Abende am Tresen, bis Kid begann, hinter dem reichen Jungen mehr zu erkennen; bis er verstand, dass Armut offensichtlich mehrere Gesichter kannte. I have no gift to bring, pa rum pum pum pum That's fit to give the King, pa rum pum pum pum, Rum pum pum pum, rum pum pum pum, Es war bereits kurz nach acht, als Kid am Heiligen Abend das Anwesen erreichte, an dessen Eingangstor in großen Buchstaben der Name ‘Trafalgar’ zu lesen war. Schneeflocken fielen zart vom Himmel herab auf seine Schultern oder verfingen sich in seinen feuerroten Haaren, die von der Nässe im Licht der Straßenlaterne glitzerten. Seine Hände hatte er tief in den Taschen seiner schwarzen Bomberjacke verstaut, während er unentwegt seine Finger knetete, damit sie nicht auch noch kalt wie seine Ohrenspitzen wurden. Seine hellbraunen Schnürstiefel waren bereits durchnässt und auch die enge Jeans reichte schon lange nicht mehr, um seine zitternden Beine zu wärmen. Dennoch bereute er nicht, vor etwa einer Dreiviertelstunde von zu Hause aufgebrochen zu sein. Entschlossen richtete er die Tasche auf seinem Rücken und betrat die Einfahrt vor sich. Das Haus der Familie Trafalgar hatte zwar viele Fenster, doch nur zwei Räume waren beleuchtet und das Zimmer im Erdgeschoss schien die Küche zu sein. So stapfte Kid über eine schneebedeckte Rasenfläche vor der Villa, formte mit nackten Händen einen Schneeball, warf ihn mit aller Kraft gegen eines der hellen Fenster auf der zweiten Etage, griff nach dem Gegenstand auf seinem Rücken und begann ihn auszupacken. Shall I play for you, pa rum pum pum pum, On my drum? “Was war das?”, fragte Laws kleine Schwester, nachdem das Scheppern einer Scheibe durch den gesamten Essensaal gehallt hatte. Sein Vater verzog missbilligend das Gesicht, während er die Fensterfront musterte, wobei seine Frau beunruhigt ihren Löffel aus der Hand legte. „Der Weihnachtsmann!“, rief die Jüngste der Geschwister, sprang von ihrem Platz und rannte mit unbeholfenen Schritten zum verräterischen Fenster. Es brauchte nicht mehr als diesen kindlichen Frohsinn, um die Laune der Familie schlagartig zu bessern, sodass Law unter den liebevollen Blicken der Eltern aufstand und seiner fünfjährigen Schwester folgte. Kaum hatte er auf der Suche nach Santa das Fenster geöffnet, streckte die Kleine auch schon ihren Kopf nach vorne, schaute nach oben und unten, bis sie etwas interessantes entdeckt hatte und laut lachte: „Hallo Weihnachtsmann!“ Als Law auf den Platz vor ihrem Haus blickte, erkannte auch er die Person, welche zwar ebenfalls etwas Rotes auf dem Kopf trug, aber sicherlich kein alter, dicklicher Mann mit Rentierschlitten war. „Hallo junge Dame!“, rief eine tiefe Stimme schelmisch von unten, und hob einen Arm um zurückzuwinken, da waren Laws Eltern bereits aufgesprungen und zum Fenster gerannt. „Wer ist das?“, fragte sein Vater in den Raum, doch sein Sohn konnte nicht anders, als stumm und durcheinander auf den seltsamen Jungen zu schauen, der zu ihm hochsah und dabei entschlossen eine Gitarre umklammerte. Mary nodded, pa rum pum pum pum The ox and lamb kept time, pa rum pum pum pum Kid musste immer wieder seine Augen zusammenkneifen, um sich vor den taumelnden Schneeflocken zu schützen, doch kaum waren Law und ein kleines Mädchen am Fenster erschienen, da spürte er eine wohlige Wärme durch seinen Körper fließen. Das Mädchen rief etwas, er lachte und antwortete – mit kleinen Geschwistern kannte er sich aus. Keine zwei Sekunden später bestand sein Publikum sogar aus fünf Personen, von denen aber nur eine wirklich zählte. „Familie Trafalgar!“, schrie er dem Gedränge am Fenster aus ganzer Lunge entgegen. „Nach fast drei Monaten muss ich Ihnen sagen, dass mir das Gemecker Ihres Sohnes ordentlich auf den Sack geht. Bevor der Junge das Lachen ganz verlernt, habe ich beschlossen, etwas zu unternehmen, denn dieses Haus, Ihr Geld und Ihre Bemühungen haben offensichtlich versagt!“ Was er sagte, war gemein und vielleicht auch ungerechtfertigt, doch war dies nun einmal die Art, mit der er redete und er würde sich unter Garantie nicht für irgendwelche Snobs verstellen. Anstatt nun auf eine Gegenreaktion zu warten, umfasste er den Gitarrenhals und begann erste Akkorde zu spielen. I played my drum for Him, pa rum pum pum pum Rum pum pum pum, rum pum pum pum Laws Vater schüttelte ungläubig den Kopf, während die Schwestern verwundert kicherten. „Wer ist der Junge?“, wiederholte die Mutter und sah ihren Jungen unsicher an. „Für wen hält der sich, bitteschön?“, stieß der Mann des Hauses erbost aus und wollte bereits das Fenster schließen, als ihn der Klang von Musik innehalten ließ. „Wie niedlich“, scherzte Laws pubertäre Schwester an seiner Seite, doch verriet ein Leuchten in ihren Augen, wie sehr sie ihren Bruder in diesem Moment beneidete. Als der fremde Junge im Schneetreiben vor ihrem Haus zu singen begann, wurde es selbst am Fenster abrupt still, während jeder dem Weihnachtslied über einen kleines Kind mit seiner Trommel lauschte. Auch Law blieb vollkommen ruhig, blickte stumm auf den Kerl aus der Bar, der ihm so oft schon zugehört hatte, ohne viel zu erwidern. Jetzt hörte er eine Antwort und auch wenn die Gitarre von der Kälte ein klein wenig verstimmt war und die Stimme der Sängers von der kühlen Luft ein bisschen rau, konnte er nicht glauben, wie sehr ihn dieser Moment innerlich bewegte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er dem Jungen niemals eine Frage gestellt hatte, ja, nicht einmal seinen Namen kannte er. Trotzdem machte ihm dieser völlig Fremde das schönste Geschenk, das er sich denken konnte und alles was es kostete war Mut. Ein wenig Mut und vielleicht ein bisschen… Zuneigung? Bei diesem Gedanken konnte selbst er sich ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. Then He smiled at me, pa rum pum pum pum Me and my drum. Die Nacht war zu dunkel, um Details erkennen zu können. Außerdem brauchten die Griffe der Akkorde durch die eingefrorenen Finger seine volle Aufmerksamkeit und so bekam Kid gar nicht mit, dass seine Idee tatsächlich Früchte tragen sollte. Er war sich jedoch sicher, dass es bereits genügen musste, wenn Law, mit seinen traurigen Augen, nur ein wenig von der Freude spüren würde, die er selbst empfand, wenn er spielte und umso mehr, wenn er mit einer vollkommen verrückten Idee am Heiligen Abend vor einem versnobten Haus im Villen-Viertel sein Lieblingsweihnachtslied zum Besten gab. In diesem Moment, als der Schnee kühl auf seine Haare fiel und der Wind gegen seinen zitternden Körper wehte, während ihn ein tiefer Eindruck von Zufriedenheit innerlich wärmte, da fühlte er sich für einen kurzen Augenblick selbst wie dieser kleine Junge mit seiner Trommel. Er lächelte. Als seine rechte Hand den letzten Akkord anschlug, blickte Kid langsam auf und genoss für wenige Sekunden den kleinen Applaus, der ihm geschenkt wurde, auch wenn er im Gestöber nur schwer Gesichtsausdrücke ausmachen konnte. „Fröhliche Weihnachten“, rief er mit heiserer Stimme und streckte einen Arm nach oben, während er die Gitarre auf seinen Rücken schob. Come they told me, pa rum pum pum pum Me and my drum. “Hier Weihnachtsmann!”, schrie das kleinste der Kinder und schmiss etwas in den Schnee. Als Kid sich bückte, hob er einen Schoko-Nikolaus auf, der bereits seinen Kopf hatte einbüßen müssen. „Spielst du mir auch was?“, fragte die zweite Schwester hoffnungsvoll, wurde aber leider nur vertröstet: „Vielleicht nächstes Jahr.“ Bei der kecken Antwort knabberte Kid bereits an der geschenkten Schokolade. „Und dann vielleicht mit Vorwarnung“, mahnte der Vater, drehte sich um und ging zurück zum Tisch, nachdem er seinem Sohn einen vielsagenden Blick zugeworfen hatte: Das würde er ihm später erklären müssen. Seine Mutter flüsterte ihm zu: „Meine Kinder haben gelernt, sich zu bedanken“, legte eine Hand auf seine Schulter und ging dann ebenfalls zurück. Keiner schien diesen seltsamen und doch besonderen Moment zerstören zu wollen. Nur seine Schwestern wollten den Fensterrahmen nicht verlassen. Law blieb vollkommen ruhig. Das Lächeln auf seinen Lippen war immer noch nicht verschwunden, ebenso wenig das ungewohnt erfüllende Gefühl in seinem Inneren und so verstand er, wofür er sich bedanken musste. Während er seine Geschwister an die Seite drückte, beugte er sich nach vorn und blickte auf den Jungen mit der leuchtenden Frisur. „Vielen Dank für Weihnachten“, schrie er, gefolgt von einem Moment der Stille. Kid stutzte. „Das heißt ‚Frohe Weihnachten‘, du Spezialist!“, entgegnete er prompt. Law schüttelte grinsend den Kopf. „Nicht immer“, erklärte er und wiederholte seine Worte: „Vielen Dank für Weihnachten.“ Er beobachtete, wie der Junge im Schnee einen Augenblick verharrte, mit den Schultern zuckte und sich schließlich umdrehte. „Bis Freitag“, rief ihm Law vom Fenster aus hinterher. Kid hob die Hand, mit der er den Schoko-Nikolaus hielt, schritt aber weiter voran: „Bis dann“, rief er, wobei sich die Worte bereits in der Weite der Nacht verloren. Als der Junge mit der Gitarre nicht mehr zu sehen war, gingen auch die zwei Schwestern zurück zum Abendessen. Nur Law blieb noch am Fenster, genoss das fröhliche Pochen seines Herzens und das Gefühl, etwas wirklich Besonderes erlebt zu haben. Ein Gefühl von Dankbarkeit. Beschenkt von einem Jungen, dessen Namen er nicht einmal kannte. Doch das würde sich nun ändern – dessen war er sich sicher. „Frohe Weihnachten“, flüsterte er leise in die weißen Schneeflocken, die so friedlich vom Himmel rieselten. ~*~ *~ Fröhliche Weihnachten ~* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)