Let me be with you... von Vienne (Liebe geht seltsame Wege) ================================================================================ Kapitel 17: Who better than me ------------------------------ 17 Kaffeegeruch durchzog die Küche und Eier brutzelten in einer Pfanne auf dem Herd. In der Ecke neben dem Wasserkocher ertönte der Toaster und spuckte zwei weitere Scheiben Toast aus. Der Kühlschrank wurde geöffnet. Lebensmittel wanderten hinaus und auf den Tisch. Der Bacon fand seinen Weg in die zweite Pfanne, die Ikuko nun auf den Herd gestellt hatte. Die Mutter zweier Kinder summte das Lied mit, das im Radio gespielt wurde. Fröhlich eilte sie zwischen all den Küchengeräten hin und her. Deckte so ganz nebenbei noch den Tisch für fünf Personen und hauchte ihrem Mann einen Kuss auf die Wange, als dieser vom Briefkasten und mit der Wochenendausgabe der Zeitung unterm Arm wieder herein kam. “Es ist wirklich kalt draußen.”, er steckte zwei weitere Scheiben Toast in den Toaster und drückte den Schieber nach unten. “Ja, sie meinten im Radio eben, dass wir in den kommenden Tagen mit Nachtfrost rechnen müssen.” “Dann darf ich morgens wieder die Scheiben des Autos freikratzen. Ach ich freu mich drauf.” “Leg doch diese silberne Plane über die Frontscheibe. Das sollte doch helfen, oder?”, Ikuko sah ihn über die Schulter hinweg kurz an, bevor sie weiter die Tomaten in Scheiben schnitt. “Stimmt, dass ist eine hervorragende Idee. Ach wenn ich dich nicht hätte, Liebling!” “Dafür bin ich da. Kannst du bitte den Bacon wenden?” “Ja.”, er nahm den Pfannenwender und drehte den krossen Bacon um, “Sag mal, wer soll das eigentlich alles essen? Wir sind doch nur zu fünft.” “Eben.” ”Aber du weißt doch gar nicht, wie viel Mamoru morgens isst.” “Und eben weil ich es nicht weiß, mach ich lieber ein bisschen mehr.”, zwinkerte sie ihm zu und begann mit dem Kochen von Porridge. Kenji schüttelte nur den Kopf und nahm die geschnittenen Tomaten entgegen, um sie auf den Tisch zu stellen. Er wünschte seinem Sohn, der leicht verschlafen die Küche betrat, einen guten Morgen. Der Junge ließ seinen Blick schweifen und sah dann seinen Vater nur fragend an. Mit kurzen Worten erklärte er ihm, warum seine Mutter so einen Aufwand betrieb und der Auffassung war, sie müsste ein American Breakfast zaubern. Shingo schüttelte nur den Kopf und beugte sich zu seinem Vater: ”Ich wette, ein normales japanisches Frühstück hätte Mamoru auch gereicht.” ”Ja, oder Cornflakes.”, grinste Kenji. Beide nahmen am Tisch Platz. Während Shingo den Sportteil der Zeitung durchstöberte, hatte sich sein Vater den politischen Teil vorgenommen. Und Ikuko kochte immer noch wie eine Wahnsinnige. Sie versuchte so perfekt zu kochen, wie sie nur konnte. Mamoru sollte nicht von ihr denken, dass sie eine schlechte Schwiegermutter sein könnte. Auch wenn ihre Tochter nichts vom Kochen oder Backen verstand, musste er ja nicht gleich von Usagi auf sie schließen. Sie wusste von ihrem Mädchen, dass der Oberstufenschüler früh seine Eltern verloren und lange Zeit im Waisenhaus gelebt hatte. Erst als er auf die Oberschule kam, hatte ihm das Jugendamt erlaubt, in eine eigene Wohnung zu ziehen. Deswegen und weil ihm da das elterliche Erbe ausgezahlt wurde. Seitdem lebte er sehr selbstständig und arbeitete und lernte hart für seine Träume. Er war das ganze Gegenteil von Usagi. Und doch hatten sie beide zueinander gefunden und taten sich gut. Denn während er offener und geselliger wurde, lernte sie mittlerweile fast jeden Tag für die Schule und verbesserte sich dadurch auch merklich. Was auch ein Grund dafür war, dass Kenji den jungen Mann erst duldete und jetzt wirklich mochte. Ikuko selbst fand es einfach nur schön, dass Mamoru in ihrer Familie scheinbar angekommen war und sich wohlfühlte. Sie war so in ihren Gedanken gefangen, dass sie gar nicht mitbekam, wie ihre Tochter und der hoffentlich irgendwann einmal Schwiegersohn die Küche betraten. Sie erschrak eher, als sie sich mit der Kaffeekanne in der Hand zum Tisch drehte und das Pärchen dort sah: ”Ihr seid ja schon wach.” ”Guten Morgen, Mama!”, Usagi strahlte sie an. “Guten Morgen, Ikuko!” ”Guten Morgen, Mamoru. Ich dachte, ihr seid noch am Schlafen?” “Usakos Magen hat uns aus dem Bett getrieben.”, der Schwarzhaarige grinste breit, “Und mich der Kaffeeduft. Außerdem ist es ja eh schon halb zehn.” Ikuko nickte nur und goss ihm als Ersten das heiße schwarze Getränk in seine Tasse. Erst dann folgte die Tasse ihres Mannes und ihre eigene. Ihre beiden Kinder nahmen lieber und dankend den warmen Kakao entgegen. Sie reichte jedem einen Toast und musste nun auch gegenüber ihrer Tochter erklären, warum sie soviel aufgetischt hatte. Ihre Mutter war ein wenig rot bei ihrer eigenen Antwort geworden. Mamoru bedankte sich höflich. Versicherte aber auch gleichzeitig, dass ihm bei einer eventuell nächsten Übernachtung auch ein einfaches japanisches Frühstück ausreichte. Ikuko nahm es nickend zu Kenntnis und Kenji schlug dem Fass fast den Boden aus, als er meinte, dass Mamoru sicher noch öfters hier schlafen würde. “Lieber in den Armen deiner Liebsten als alleine. Oder mein Junge?” Alle Anwesenden am Tisch verschluckten sich und sahen den Familienvater irritiert an. Doch der grinste nur breit und biss in seinen Marmeladentoast. “Was habt ihr heute noch so vor?”, Ikuko sah Usagi über den Rand ihrer Kaffeetasse an. “Ich weiß nicht. Wie soll denn das Wetter werden? Ich denke, dass wir es davon abhänig machen werden.”, die Blondine drehte sich auf ihrem Stuhl um und sah aus dem Fenster. Graue Wolken hingen am Himmel und die Zweige des Rhododendron im Vorgarten bogen sich im Wind. Alles im allem schien es ein ungemütlicher Samstag zu werden. Normalerweise blieb Usagi an solch einem Tag im Bett und las Manga. Oder ging dick angezogen ins Crown, um dort einige Stunden zu verbringen. Jedoch war bei letzterem die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass sie dort auf Rei treffen würde. Sie würde Fragen stellen. Vorallem da Mamoru ihr gestern gesagt hatte, dass er schon verabredet war. “Usako?” ”Hm?” ”Kenji meinte gerade, dass es draußen ziemlich kalt ist.”, Mamoru schob ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. Sie trug ihr engelsgleiche Haar nur lose zu einem Zopf gebunden. “Lass uns hier bleiben. Wir können ja einfach auf der faulen Haut liegen und fernschauen.” “Von mir aus. Die Woche war turbulent genug.” “Also ich geh dann zu Izumi zum Zocken.”, Shingo stellte seine leere Tasse Kakao auf den Tisch, “Vielleicht fahren wir auch nochmal nach Shibuya. Izumi wollte sich ein neues Spiel kaufen. Ich bin sicher gegen sechs wieder da.” Kenji nickte und sah dann zu seiner Tochter: ”Deine Mutter und ich wollten noch zum Gartenmarkt fahren. Wir brauche noch ein bisschen Rindenmulch, um die Beete winterfest zu machen. Und ich brauche eine neue Gartenschere. Deine Mutter wird sicher wieder neue Orchideen finden, aber du weißt ja, was ich meine.” ”Ja, dass ihr mit viel mehr wiederkommt, als ihr eigentlich kaufen wolltet.” ”Ganz genau.” Während Shingo schon aufgestanden war, frühstückte der Rest der Familie, zu der nun auch eben Mamoru gehörte, weiter. Es wurde tatsächlich fast alles aufgegessen. Usagi machte sich über den Bacon her. Mamoru verspeiste nur allzu gerne die gegrillten Tomaten. Und Kenji lies den Toast in seinem Magen verschwinden. Es war bereits kurz vor elf, als der Tisch abgeräumt und die übrig gebliebenen Lebensmittel im Kühlschrank verschwunden waren. Usagis kleiner Bruder hatte sich bereits vor einer dreiviertel Stunde verabschiedet und war aus dem Haus verschwunden. Jetzt kam auch der Rest der Familie in Aufbruchstimmung. Sowohl ihre Eltern als auch Usagi standen im Flur. Genau wie Mamoru. Letzterer hatte seine Liebste zu einem Besuch im Shinagawa Aquarium überredet. Denn bei längerem Nachdenken hatte keiner der beiden Lust, den ganzen Tag faul auf dem Sofa zu liegen. Sie wollten noch einmal kurz zu Mamoru, damit er sich was neues anziehen konnte und dann von ihm aus los. “Sehen wir dich heute Abend wieder, Mamoru?”, Kenji zog seine Schuhe an und schaute vom Hocker, auf dem er saß, zu ihm auf. ”Ich weiß es nicht. Was denkst du?” ”Schauen wir mal, wohin der Wind uns weht.” ”Seid wann bist du so poetisch, Liebes?”, Ikuko sah ihre Tochter mit ungläubigem Blick an. Schlüpfte nebenbei in ihren Mantel. “Seid ich Mamo-chan kenne.”, grinste die Blondine und hing sich ihre Tasche um die Schultern, “Ich rufe an, wenn wir uns doch dazu entscheiden sollten, bei Mamo-chan zu schlafen.” ”Okay. Passt auf euch auf.”, ihre Mutter gab Usagi einen Kuss auf die Stirn und umarmte Mamoru. Kenji erhob sich ebenfalls, zog seine Jacke an und schnappte sich den Autoschlüssel. Während alle vor die Tür traten und der Herr des Hauses diese abschloss, ermahnte er den Oberstufenschüler dazu, auf seine kleine Tochter aufzupassen. Der Schwarzhaarige versprach es, bevor er mit Usagi den Vorgarten verließ und ihre Eltern zum Auto gingen, dass unter dem Carport stand. Das junge Pärchen winkten dem metallic-grauen Honda hinterher und liefen dann in die entgegen gesetzte Richtung und somit in Richtung Bushaltestelle. Sie zog sich ihren Schal dichter um den Hals. Nachdem sie heute Morgen die Temperaturskala ihres Thermometers, das am Fenster hing, gesehen hatte, hatte sie sofort alle dicken und warmen Wintersachen von ganz hinten aus dem Schrank nach vorne gezerrt. Und nach einem Blick aus dem Fenster und der Erkenntnis, dass der Tag mehr als nur trübe werden würde, wollte sie eigentlich das Haus gar nicht verlassen. Wäre da nicht die Tatsache gewesen, mit Usagi zu sprechen. Sie wegen ihrer Flirterei mit Mamoru zu fragen und warum sie das tat. Vielleicht ging sie auch nochmal bei Mamoru vorbei und ihn zu bitten, dass ganze zu unterlassen. Er würde es sicherlich verstehen. Schließlich war es Usagi, mit der er wie ein verliebter Teenager rumkicherte. Rei bog um die Ecke und in die Straße von Usagis Elternhaus. Aus dem Augenwinkel heraus nahm sie ein Auto war. Die Eltern ihrer Freundin saßen darin. Aber sie erkannten sie nicht, sondern schienen sich eher prächtig zu amüsieren. Die Schwarzhaarige wandte ihren Blick vom Wagen ab und wieder nach vorne. Stoppte abrupt. Was sie sah, ließ ihr Herz für einen kurzen Moment aussetzen. Mamoru. Usagi. Mamoru und Usagi wie sie sich anstrahlten. Wie sie sich anstrahlten und sich an den Händen griffen. Wie sich Mamoru zu dem Mädchen hinab beugte und ihr einen Kuss auf die Wange hauchte. Wie sich Usagi einen schmalen Haargummi aus der blonden Mähne zog und ihre Haare in goldenen Wellen über ihren Rücken fielen. Die Szene traf Rei wie ein Kübel mit eiskaltem Wasser. Sie versuchte zu atmen, aber konnte nicht. Ein dicker Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet und schien eine normale Atmung unmöglich zu machen. “Das kann nicht sein.”, flüsterte sie sich selbst zu. Ja, das konnte nicht wahr sein. Sie musste Halluzinationen haben. Mamoru würde niemals Usagi küssen. Warum sollte er? Das Mädchen lief einige Schritte weiter. Sowohl der Oberstufenschüler als auch die Blondine bekamen es nicht mit. ”Blondine!”, wieder schien sich ein Schwall Eiswasser über ihrem Kopf zu entleeren. Sie beschleunigte ihre Schritte und ging hinter einer Reihe von Koniferen in Deckung, während das Pärchen vor ihr an einer Ampel stoppte. Sie hielt sich die Hand vor den Mund, um ihren Schock nicht laut zum Ausdruck zu bringen. Ihre Augen weiteten sich vor Unglaube. Das konnte nicht sein. Nicht sie! Nicht Usagi! Nicht das Mädchen das keine Konkurrenz für sie war. Und doch stand sie wenige Meter vor ihr. Das Haar offen, der Blick so liebevoll auf Mamoru gerichtet. Wie konnte sie ihre vermeindliche Freundin nicht erkennen? Kannte sie Usagi so wenig? Und was war mit Mamoru? Sie sah, wie er die Blondine ansah. Sah seine Liebe für das Mädchen in seinem Blick. Hatte er sich wirklich in sie verliebt? In dieses unbedarfte Ding das nur in den Tag hinein lebte und noch nicht mal Ziele im Leben hatte außer dem einen, irgendwann mal eine wunderschöne Hochzeit zu haben. Sie konnte es nicht fassen. Und hätte beinahe den Anschluss verloren, als die Ampel auf Grün sprang und die beiden schon fast wieder auf der anderen Seite der Straße waren. Rei sprang aus ihrem Versteck und hechtete los. Sie hatte gerade den ersten Schritt auf die Straße gesetzt, als die Ampel wieder umschaltete. Doch es war ihr egal. Sie ging stur weiter. Die Lichtanlage für die Autos zeigte grün an, aber sie ließ sich nicht beirren. Nicht einmal von dem Hupkonzert, dass die wütenden Autofahrer nun samt fluchen zum Besten gaben. Irritiert über den Lärm hinter ihnen drehten sich Mamoru und Usagi um. Konnten aber die Ursache des Aufruhrs nicht ausmachen und gingen weiter in Richtung Haltestelle. Rei war hinter einer freistehenden Werbeanzeige verschwunden. Vorsichtig lugte sie um die Ecke. Wütend musste sie feststellen, dass Usagi und Mamoru gerade in den Bus einstiegen. Sie würde ihn nicht mehr schaffen. Aber das war egal. Dann würde sie eben zu Fuß zum Crown gehen. Es war nicht wirklich weit. Und wahrscheinlich nahmen die beiden Verfolgten nur den Bus, um Mamorus Bein zu schonen oder Usagis Faulheit zum Laufen zu unterstützen. “Nagut, dann stell ich dich, liebe Usagi, eben vor versammelter Mannschaft zur Rede. Mir meinen Freund auszuspannen, ich fass es nicht! Das wirst du bereuen.” Rei bekam nicht mit, wie sie die Leute anschauten, als sie mit sich selber sprach, während sie die Straßen zum Crown entlang lief. Immer wieder schüttelte sie ihre schwarzen Haare. Grummelte Flüche von nie zuvor gekanntem Ausmaß in ihren Schal. Überlegte, welche Wörter sie der Blondine an den Kopf werfen konnte. Welche Wörte es am ehesten trafen. Diesen Verrat an ihr. Dieser Betrug. Bis ins Detail plante sie ihren Auftritt. Von vorne bis hinten. Als sie vor dem Crown ankam, war der Plan perfekt. Schwungvoll warf sie eine Strähne mit der Hand über die Schulter und betrat das Stammcafé, dass so gut wie leer war. Suchend blickte sie sich um. Doch sie sah nur Motoki, der wie immer den Tresen auf Hochglanz polierte und sie freundlich begrüßte und die ihre drei anderen Freundinnen, die ebenfalls am Tresen saßen. Sonst war keiner da. Mit schnellen Schritten ging sie auf die Vier zu. “Usagi hat mir Mamoru ausgespannt.” Es war totenstill im Café und der zu Boden fallende Löffel hallte unwirklich laut wieder. Aber Ami ließ ihn am Boden liegen. Sie starrte Rei an. Genauso wie es Minako, Makoto und Motoki taten. Keiner von ihnen sprach ein Wort. Sie beobachteten nur Rei, die sich auf einen der vielen freien Barhocker setzte und sie wütend anfunkelte. Sie schmiss ihren Schal auf den Tresen und bestellte einen schwarzen Tee. Motoki brachte ihn ihr binnen Sekunden. Schweigsam. “Habt ihr mir gerade zugehört?”, die Stimme der Schwarzhaarigen klang gereizt. Alle Anwesenden nickten. “Und was sagt ihr dazu?” Alle Anwesenden schwiegen. “Usagi macht mir Mamoru streitig. Sie knutscht mit ihm. Hält Händchen und macht sich ungehindert und schamlos an ihn ran. Das wird sie bereuen. Ich bin Mamorus Freundin. Ich und nicht sie. Überhaupt, was will er mit ihr?”, sie redete sich in Rage, “Sie hat nicht mein Niveau und ist total schlecht in der Schule. Sie lacht über jede dummer Albernheit und nimmt nichts ernst. Sie kann nicht kochen und frisst nur Schokolade. Sie macht kein Sport und ist unmotiviert und faul. Hat keine Ahnung vom Leben und auch nicht das geringste Interesse daran, dass zu ändern.” Amis Augen weiteten sich. Makoto musste schwer schlucken. Motoki presste die Lippen zusammen. Minako schlug wütend mit der Hand auf den Tresen: ”Halt die Klappe, Rei!” Perplex starrte die Angesprochene das blonde Mädchen an: ”Was?” ”Du sollst die Klappe halten. Und hör auf, so schlecht von Usagi zu reden.”, Minako sah die Schwarzhaarige herausfordernd an. Während Reis Blick pure Verachtung ausdrückte. Sie schaute an der Blondine vorbei zu den beiden anderen Mädchen: ”Ich hab Recht. Stimmt’s?!” Sie sah, wie Bewegung in die beiden anderen kam. Ami rutschte unruhig von ihrem Hocker und ging zu Motoki hinter dem Tresen. Gab ihm ihre Tasse in die Hand und schüttelte nur den Kopf, während sie schüchtern zu Rei sah. Deren Blick schnellte zu Makoto. Doch auch die schüttelte nur den Kopf. Eigentlich musste sie nicht noch zu Motoki schauen, um zu wissen, dass er wahrscheinlich auch verneinte. Aber sie tat es trotzdem.Er schüttelte tatsächlich den Kopf. “Sie hat mich verarscht. Während ich mich wundere, warum Mamoru sich nicht mehr mit mir treffen will, hat sie sich an ihn rangeschmissen.” “Das wissen wir.” ”Was?”, Reis Augen waren aufgerissen vor Entsetzen, als sie zu Motoki blickte, der Ami eine weiter Tasse mit grünem Tee gab. “Wir wissen es schon seit einiger Zeit. Beziehungsweisen haben wir es erst geahnt und dann hat es sich bestätigt und die beiden haben es zugegeben.” ”Ihr habt gewusst, dass sie sich an ihn ranschmeißt und mich hintergeht?” “Red kein Scheiß, Rei!”, Makotos Stimme war laut und hart, “Sie hat sich nicht an ihn rangeschmissen und dich hintergangen. Sie hat sich schlichtweg in ihn verliebt.” ”Und er sich in sie.” “Ami hat Recht.” ”Das du dich auf Usagis Seite schlägst, Minako, ist eh klar. Ihr seid ohnehin vom selben Schlag.” ”Das hat damit nichts zutun. Du bist doch selbst schuld.” ”Ach jetzt bin ich hier die Dumme?” ”Wenn du es so sehen willst, dann Ja. Wer hat den Usagi unter fadenscheinigen Gründen dazu gebracht, sich um ihn zu kümmern? Das warst du. Und als die beiden hinter deinen dämlichen Grund kamen, kamen sie sich eben näher. Denn Usagi war echt deprimiert deswegen.” ”Das ist aber noch lange kein Grund.” “Aber ein guter Auslöser.” Alle Blicke wandten sich Motoki zu, der Rei seinerseits ernst und durchdringend ansah: ”Mamoru hat sie wieder aufgebaut deswegen und sich eben immer mehr in sie verliebt. Sie hatten Spaß zusammen. Und glaub mir, wenn ich dir sage, dass ausgerechnte Usagi Bedenken hatte, ihren Gefühlen nachzugeben. Wegen dir. Mamoru hingegen war von Anfang an der Auffassung, dass du es gut aufnehmen würdest, wenn er dir nur erstmal erklärt hätte, dass er nichts für dich empfindet. Aber du warst stur. Hast seinen Worten keine Bedeutung beigemessen.” ”So wie du unseren Worten keine Bedeutung beigemessen hast.”, Ami lugte immer noch schüchtern hinter Motoki hervor. Sie fühlte sich hinterm Tresen gerade wesentlich wohler. Kannte sie doch das hitzige Temperament ihrer schwarzhaarigen Freundin. “Wohl wahr. Wir haben dir alle dazu geraten, dass du auf ihn hören sollst. Dir gesagt, dass er womöglich schon jemand anderen hat. Usagi selbst und auch Mamoru haben es dir ins Gesicht gesagt.” Rei tigerte unwirsch auf und ab. Raufte sich dabei die Haare und sah ihre scheinbaren Freunde eiskalt an: ”Ihr habt mich verarscht!” “Nein! Du warst zu stur und egoistisch, um die Wahrheit zu erkennen.”, Minako seufzte, “Selbst als du wusstest, dass Mamoru tatsächlich eine Freundin hat, hast du nicht von ihm gelassen. Im Gegenteil. Du wolltest sie ausstechen. Sie ihm ausreden und ihm Glauben machen, du seist die bessere Partie. Stattdessen hättest du deine Niederlage lieber anerkennen und ihm sein Glück gönnen sollen. Aber das konntest du nicht.” “Die beiden haben ein Versteck-Spiel-Marathon hinter sich.”, Makoto lachte leise auf, “Erst haben sie versucht, es vor uns zu verbergen und dann vor dir. Und als du dich so uneinsichtig gezeigt hast, sind die beiden eben in die Offensive gegangen. Usagi war wirklich verletzt darüber, dass du sie mit offenen Haaren nicht erkannt hast. Selbst ich weiß, wie sie so aussieht. Aber du warst in deiner Eifersucht total verblendet. Die beiden beschlossen, und das zusammen mit uns, ihre Beziehung öffentlicher zu leben. Sie fingen an, zu flirten und sich zu berühren. Ich glaube, am Mittwoch waren beide sogar nur deshalb zusammen im Hinterzimmer, um zu knutschen, während sie die Strohhalme holten.” ”Echt?” ”Ja, wirklich Ami. Süß oder?” “Total!” Makoto grinste nur und wandte sich dann wieder Rei zu: ”Sie haben beide gehofft, dass du sehen würdest, was sie füreinander empfinden. Das sie sich ineinander verliebt haben.” Das schwarzhaarige Mädchen sah die Vier an und schüttelte fassungslos den Kopf: ”Ihr habt von dieser Schmierenkomödie gewusst und nichts gesagt? Ihr seid das Letzte! Und keinen Deut besser als Usagi.” Alle zogen scharf die Luft ein. Bis auf Ami waren sie unfähig, sich zu bewegen. Nur sie ging um die Theke herum und stellte sich vor Rei auf. Hob ihre Hand und gab ihr eine gepfefferte Ohrfeige. Tränen blitzten in ihren Augen und ihre Stimme klang merkwürdig fremd, enttäuscht und wütend zu gleich: ”Du hast keine Ahnung, wie wir uns dabei gefühlt haben. Du hast keine Ahnung, wie sich Usagi und Mamoru dabei gefühlt haben. Bei dir dreht sich immer alles nur um dich. Usagi war verzweifelt, als sie ihre Gefühle für Mamoru endlich verstanden hatte, weil sie dachte, sie sei zu spät. Sie dachte das solange, bis Mamoru ihr zu verstehen gab, dass er sie auch liebt. Das er sie schon von Anfang an geliebt hat. Weißt du, warum sie es beide erst jetzt geschafft haben, zusammen zu kommen?” Rei schüttelte, sich immer noch die pochende Wange haltend, den Kopf. “Weil du gestört hast.” ”Was? Ich?”, die Stimme der Schwarzhaarigen klang hysterisch, als sie diese wieder gefunden hatte. “Ja du!”, Motoki war ebenfalls um die Theke gekommen und zog Ami wieder ein wenig aus der Schussbahn, “Ich wusste, was Mamoru für Usagi empfand. Er hatte es mir von Anfang an gesagt.” ”Was gesagt?” “Das er sie mag. Das er sie niedlich und süß findet. Aber er war zu schüchtern, es ihr zu sagen. Lustigerweise dachte Usagi das gleiche über ihn. Doch auch sie konnte sich nicht überwinden. Zumindest solange nicht, bis sie letztes Jahr an seinem Geburtstag hier herein geschneit kam. Da wollte sie es ihm sagen. Und er ihr ebenso. Er wollte sich sozusagen selbst beschenken. Aber dann kamst du.” ”Ich?” ”Ja, ich erinnere mich ganz genau.”, Makoto nickte und sah zu der Schwarzhaarigen, “Usagi hatte dich einige Tage vorher im Tempel kennengelernt und dich spontan eingeladen, mal hier vorbei zu schauen.” “Und was hat das jetzt bitte damit zu tun, dass ich jetzt die Schuldige bin?”, Reis Stimme klang genervt. “Kaum hattest du das Crown betreten, verließ Usagi der Mut. Sie sah Mamorus neugierigen Blick und zog sich zurück. Erst recht als du dich an ihn rangeschmissen hast.” ”Sie hat ihn beleidigt. Sie, nicht ich!” ”Weil sie vollkommen verunsichert war.”, seufzte Minako, “Sie sah, wie er nett zu dir war. Netter als zu ihr und scheinbar mit dir flirtete. Als du ihn auch noch nach einem Date gefragt hast und er netterweise zusagte, war es mit ihr ganz vorbei. Deshalb hat sie ihn ab da nur noch beleidigt.” ”Mamoru war am Anfang total überrascht über Usagis Verhalten.” “Sie war total kindisch!”, mit blitzenden Augen sah Rei Motoki an. Doch der ließ sich dadurch nicht einschüchtern, sondern fuhr seelenruhig fort: ”Er reagierte dann so auf sie, wie sie es bei ihm tat. Aber durch die Woche als du in Kobe warst, konnten sie sich wieder annähern. Ohne Streit. Ohne Konflikte. Und soll ich dir was sagen? Das Missverständnis, was durch dich entstanden ist, haben sie auch erst letzten Dienstag hier im Crown geklärt. Kurz bevor du gekommen bist.” “So, und jetzt sag ich euch was!”, Rei hatte sich vor den Mädchen und dem jungen Mann aufgebaut. Die Hände in die Hüften gestemmt und mit unsagbarer Wut in den Augen, schaute sie die Anwesenden an: ”Es ist mir so ziemlich scheiß egal, wie sich Mamoru in sie verliebt hat. Oder warum. Es ist mir noch mehr scheiß egal, dass Usagi vor einem Jahr ihre Chance nicht genutzt hat. Jetzt bin ich da. Sie hatte ihre Chance, jetzt habe ich meine. Und ich werde sie nutzen. Ich hab mich nicht umsonst ins Zeug damit gelegt, mir alle möglichen und unmöglichen Schönheitsprodukte auf die Haut zu packen, um damit super bei meinen Dates mit Mamoru auszusehen. Ich hab mir die Hacken wund gelaufen nach neuen Klamotten. Alles nur um gut auszusehen. All das nur für Mamoru. Und ich gehöre zu ihm. Ich und nicht Usagi. Er ist mein Freund.” “Was hast du vor?”, Minako sah sie an. Sie hatte, wie die anderen auch, den drohenden Unterton in der Stimme des Mädchens gehört. “Ihn mir zurückholen.” ”Zurückholen?” ”Ja. Ich bin mit ihm zusammen. Und nicht Usagi. Ich habe sein Niveau. Nicht Usagi. Und das wird er ganz schnell begreifen. Er liebt mich. Ich weiß es.”, damit wandte sie sich ab. Schnappte sich ihre Tasche und ihren Mantel. Schwungvoll machte sie auf dem Absatz kehrt und rauschte aus dem Crown. Die vier Freunde sahen sich geschockt an. Keiner von ihnen konnte so recht glauben, was Rei da eben von sich gegeben hatte. Sie wussten nicht, was sie sagen sollten. Motoki kramte in der Schublade unter dem Tresen nach seinem Handy, um eine Aushilfe anzurufen. Er musste hier weg. Heute hatte er einfach keinen Kopf mehr dafür, noch irgendwie nett zu seinen Gästen zu sein. Er war froh, als er Haruki erreichte und dieser ihm sofort zusagte, seine Schicht zu übernehmen. Makoto ging in schnellen Schritten auf und ab. Immer wieder murmelte sie etwas vor sich hin und schüttelte den Kopf. Sie wusste, dass Rei ein Hitzkopf war. Und stur noch dazu. In vielem nahm sie sich nichts mit Usagi. Ein Grund warum die beiden immer aneinander gerieten. Doch so wie es jetzt aussah, schien ihre Freundin komplett am Rad zu drehen und wahnsinnig zu werden. Ami saß am Tresen und starrte auf ihren inzwischen kalten Tee. Eigentlich wusste sie, dass sie sich schämen sollte für die Ohrfeige, die sie Rei verpasst hatte. Sowas hatte sie noch nie getan. Oder auch nur daran gedacht. Aber heute war sie so sauer auf die Schwarzhaarige gewesen. Wie sie von Usagi sprach und dann von ihnen allen. Nur weil sie hinter dem Paar standen und ihr begreiflich machen wollten, dass sie auf dem Holzweg war. Ami schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht, wie sie sich bei Rei entschuldigen sollte. Oder ob sie das überhaupt wollte. Sie seufzte auf. “Hey, ich hatte auch den Drang, ihr eine runterzuhauen.” Die Kurzhaarige hob den Kopf und sah Minako, die sie schief angrinste und in den Arm nahm. “Sie wird mir das nie verzeihen, Mina.” ”Mir und Mako und Motoki wird sie auch nie verzeihen. Genauso wenig wie Kiriko und Kobajashi. Obwohl, mit denen war sie eh nicht befreundet.” “Wie kannst du das nur auf die leichte Schulter nehmen? Was ist mit unserer Freundschaft?”, Ami sah sie traurig an. “Hör mal, das renkt sich alles wieder ein. Vielleicht nicht heute oder morgen. Vielleicht auch nicht diese Woche. Aber irgendwann wird es Rei begreifen.” ”Seht ihr das auch so?” Makoto und Motoki sahen zu den beiden Mädchen und nickten. “Usagi ist wie ein kleiner Fixstern am Himmel.”, lächelte der Blonde Ami aufmunternd an, “Sie hat euch hierher gebracht. Erst war sie da. Dann du, Ami und Mako. Dann seid ihr hier auf Mina getroffen und einige Wochen später hat sie Rei angeschleppt. Eure Freundschaft ist durch sie entstanden.” “Stimmt, ohne sie wären wir immer noch die seltsamen Außenseiter.”, seufzte Makoto, “Mit mir würde immer noch keiner reden, nur weil ich größer als andere Mädchen in meinem Alter bin und mich eben ab und an prügel.” “Und mir ginge es ebenso. Nur weil ich gerne Schauspielerin werden will und dafür eben auch mal zu einem Casting gehe.”, Minako verleiherte genervt die Augen. “Mich würde man meiden, weil ich gute Noten schreibe. Die denken alle, dass ich nichts dafür tun muss. Aber ihr wisst es besser. Usagi hat es von Anfang an geahnt, was ich dafür leisten muss.”, Ami sah zu den anderen, “Ihr wisst, was mein Traum ist. Usagi weiß es. Und dafür kämpfe ich eben. Lerne. Eure Freundschaft hilft mir dabei.” “Seht ihr. Usagi hält euch zusammen und sie wird auch Rei wieder zu euch zurückbringen.”, Motoki ging zur Garderobe. Haruki kam gerade und nickte seinem Kollegen nur zu. Kurz besprachen sie die Übergabe. Dann wandte sich der Blonde wieder den Mädchen zu: ”Wir sollten den beiden Bescheid sagen.” Das Wasser warf bunte Lichtreflexe auf den Boden, die wild hin und her tanzten. Die Fische schwammen in großen und kleinen Schwärmen umher. Ab und an kreuzte ein Schwarzspitzen-Riffhai ihren Weg. Eine Meeresschildkröte ließ sich im seichten Wellengang treiben. Das Panorambecken übte schon von jeher eine gewisse Faszination auf Usagi auf. Hier war der einzige Ort, an dem sie abschalten konnte. An dem ihr sonst so quirliges Wesen zur Ruhe kam. Ihre Augen folgten dem Schwarm Schmetterlingsfische, die gemächlich ihre Bahnen zogen. Sanft lehnte sie sich gegen Mamoru. Sein Arm ruhte um ihre Schulter. Sie wusste nicht, wie lange sie so schon saßen. Sie wollte auch nicht aufstehen. Ihr taten die Füße weh, wenn sie ehrlich zu sich selbst war. Über zwei Drittel des Aquariums hatten sie bereits gesehen. Und für Usagi hätte der Tag nicht schöner sein können. Mamoru hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe. Flüsterte liebevolle Wort in ihr Ohr. Er war so froh, dass sie zusammen gefunden hatten. Noch jetzt konnte er sich dafür in den Hintern beißen, dass er vor über einem Jahr nicht allen Mut zusammen genommen und ihr seine Gefühle gebeichtet hatte. Es hätte ihnen jede Menge Streitereien, Diskussionen und Ärger erspart. Aber wahrscheinlich wollte es das Schicksal so. Innerlich betete er dafür, dass es ihnen noch eine Weile wohlgesonnen war. Nur noch für ein Weilchen. Ihm war klar, dass es Rei hart treffen würde. Aber er hatte seinen Standpunkt mehrmals klar gemacht. Usagi bemerkte, wie Mamoru seine Hand auf ihre Wange legte und ihr Gesich zu sich drehte. Seine Augen spiegelten das falsche Meer des Panoramabeckens wieder. Sie verlor sich darin. Spürte seine heißen Atem auf ihren Lippen, als er sich ihren näherten. Gerade als sie den magischen Moment erhoffte, wurde er durch ein lautes Summen unterbrochen. Beide zogen sich voneinander zurück und Mamoru sah sie entschuldigend an, während er nach seinem Handy in der Jackeninnentasche kramte. Sie quittierte es mit einem liebevollen Lächeln, dass ihn dazu veranlasste, ihr einen Kuss auf die Wange zu geben. Mamoru löste die Tastensperre und öffnete das Nachrichtensymbol. Er stutzte kurz, als er Motokis Namen im Feld vom Absender sah. Schnell huschten seine Augen über den Text. In Sekundenbruchteilen gefror ihm das Blut in den Adern und ihm wurde schwindelig. Ihr entging es nicht. Besorgt sah Usagi zu ihm. Sah seine weit aufgerissenen Augen, die sie nur starr fixierten. Er schüttelte nur den Kopf und reichte ihr wortlos das Handy. Sie senkte den Kopf. “Du solltest nicht mehr von Usagis Seite weichen. Rei weiß es.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)