Bloodred von ScarsLikeVelvet (KyoxKai) ================================================================================ Kapitel 1: Bloodred ------------------- "Tooru?" Meine Stimme hallt durch die Wohnung und ich erschauere. Es ist gruselig, wie leer deine Wohnung ist. Es stehen kaum Möbel darin. Im Wohnzimmer steht ein Fernseher und eine Spielkonsole auf dem Boden, die Spiele fein säuberlich daneben aufgestapelt und mehrere Sitzkissen und Säcke davor. Im Schlafzimmer liegt nur ein Futon am Boden, ein zweiter liegt aufgerollt an der Wand. Deine Kleidung ist nach Art in Kisten verstaut, die auch an der Wand stehen. Man könnte fast meinen, du wärst gerade erst eingezogen und hättest kein Geld für Möbel, aber tatsächlich sah deine Wohnung schon immer so aus. Ich ziehe meine Schuhe aus und stelle sie sorgsam vor der kleinen Stufe ab, die in den Flur führt, meine Jacke hänge ich an einen der Nägel, die als Garderobe dienen. Von dir kam immer noch keine Antwort und so rufe ich nochmals und erschauere wieder ob des Echos in deiner Wohnung. Meine nackten Füße gleiten lautlos über die Tatamimatten und ich werfe einen Blick in die Küche, niemand da, auch das Wohnzimmer, das Musikzimmer und das Schlafzimmer sind leer. Bleibt also nur noch das Bad und der Balkon. Ich persönlich hoffe ja, dass du auf dem Balkon bist. Das Bad ist niemals ein gutes Zeichen, wenn du nicht gerade duschen bist, aber auch der Blick, welchen ich durch das große Schlafzimmerfenster auf den Balkon werfe, enttäuscht mich. Also bist du tatsächlich im Bad. Als ich mich der Tür nähere, höre ich dich endlich. Ein leises metallisches Klappern auf den Fliesen und dein schwerer Atem dringen durch die halb geschlossene Tür zu mir. Ich seufze leise und drücke die Tür auf, sehe dich mit dem Rücken gegen die Badewanne lehnen. Dein Gesicht ist ein wenig blass, deine Knie gegen deinen Körper gezogen und dein linker Arm hängt schlaff herab. Über deine Finger rinnt Blut auf die hellen Fließen. Ich verliere kein Wort, gehe einfach zurück ins Schlafzimmer zu der Kiste auf der Verbandstoffe steht und nehme heraus, was ich benötige, bevor ich wieder zu dir zurückkehre. Ich gehe neben dir auf die Knie, hocke mich dann im Seiza hin und nehme die Hand deines verletzten Armes in meine, betrachte für einen Moment die tiefen Schnittwunden, welche deinen Arm dicht an dicht gedrängt verunstalten. Dann greife ich nach dem Desinfektionsmittel, sprühe es vorsichtig über die Wunden, darauf bedacht dir nicht noch mehr Schmerzen zuzufügen, als du ohnehin schon empfinden dürftest. Nachdem das Spray getrocknet ist, trage ich eine dicke Schicht Heilsalbe auf, bevor Kompressen und schließlich ein stramm sitzender Verband, der deine Blutzufuhr nicht abschnürt, folgen. Erst als ich damit fertig bin, lege ich meine Finger unter dein Kinn, zwinge dich sanft mich anzusehen. Eine Frage nach dem Warum stelle ich nicht. Den Grund kenne ich schließlich. Seelische Schmerzen, denen du durch diese Verletzungen Ausdruck verleihst, wenn du keine Worte mehr findest. Ich suche in deinem Blick einfach nur nach dir, will wissen, ob du schon wieder klar bist oder ob du noch Hilfe benötigst. Als sich unsere Blicke treffen, sehe ich Verstehen und dann ein wenig Scham. Du willst nicht, dass man dich so sieht, so schwach und verletzlich, aber mir ist das egal. Ich will einfach nur für dich da sein und meine Mundwinkel zucken kurz nach oben, zeigen mein normales Sonnenscheinlächeln, doch dann werde ich ernst. Ich schiebe einen Arm hinter deinen Rücken, den anderen unter deine Knie und hebe dich hoch. Es hat seine Vorteile Drummer zu sein, da kriegt man einen hübschkräftigen Körper. Ich bringe dich ins Wohnzimmer, wo ich dich auf deinen Lieblingssitzsack bette, dich sanft zudecke. Du versinkst fast in diesem Monster und ich muss tatsächlich für einen Moment ehrlich lächeln. Noch immer ist kein Wort zwischen uns gefallen, wir benötigen sie meistens nicht. Ich bringe dir eine Tasse Tee, stelle sie neben dir auf den Boden, bevor ich ins Bad gehe und die blutigen Überreste deines letzten 'Anfalls' beseitige. Die Rasierklinge, die du benutzt hast, wandert mit den benutzten Verbandstoffen in den Müll und seufzend ziehe ich eine neue aus meiner Hosentasche, lege sie auf die kleine Ablage unterm Spiegel. Lieber gebe ich dir jedes Mal eine frische Klinge, als zuzulassen, dass du dich mit einer verrosteten, stumpfen Klinge verletzt. So heilen die Schnitte wenigstens besser. Als ich heute Feierabend machte, wusste ich instinktiv schon, wie ich dich vorfinden würde. Es tut zwar weh dich so zu sehen, aber allein lassen kann ich dich mit diesem Problem nicht, ebenso wie du mich nicht mit meinen allein lässt. Du weißt auch, was hinter meinem Sonnenscheinlächeln verborgen liegt, welche Abgründe sich dort auftun. Einen Moment stehe ich hier vorm Spiegel, betrachte mich ernst und mir fällt auf, dass ich zugenommen habe. Dich wird es freuen, mich nicht. Ich wende mich angewidert ab und gehe zu dir ins Wohnzimmer, setze mich neben dich auf den Boden und beschließe einfach einen schönen Abend mit dir vor dem Fernseher zu verbringen, der inzwischen eingeschaltet ist. ~Owari~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)