Course of Time von LittlePuppetFreak ================================================================================ Kapitel 12: Wie man richtig spielt ---------------------------------- Es dauerte ganze drei Tage, bis ich mich wieder halbwegs zusammen hatte. Jetzt soll mich niemand für verrückt halten, das bin ich wirklich nicht, es ist nur… eine Erfahrung für sich, wenn man nun mal so jemand ist, wie ich es bin. Man sollte einbeziehen, dass ich kein Mensch bin und sich bisher niemand getraut hat, sowas zu machen. Wobei man sagen muss, dass sich Deidara sicher auch nicht getraut hätte, wenn er ihn sich nicht ‚angetrunken‘ hätte. Nun stellte sich nur noch eine Frage: Was genau hatte da jetzt hintergesteckt? Er könnte einfach nur vollkommen betrunken gewesen sein und einfach aus totaler Verwirrung heraus gehandelt haben. Oder er hatte das schon länger vor, brauchte nur etwas alkoholischen Mut. Oder aber ich interpretierte einfach viel zu viel hinein. Ich wurde paranoid, ganz sicher. Eine andere Frage war, wie es jetzt weitergehen sollte. Wie sollte ich mit ihm reden? War alles wie immer? In diesen Tagen hatte er mehrmals an meine Tür geklopft, einmal hatte sogar Pain angeklopft, aber ich hatte geschwiegen und alles vollkommen ignoriert. Aber Deidara hatte normal geklungen. Genervt, aber normal. Und er hatte geredet wie sonst auch. Hatte mich ‚Danna‘ genannt, mich gesiezt und sein ‚un‘ nicht vergessen. Alles wie gehabt. Aber ich wollte da nicht raus… Die dritte Frage und für mich immer noch die wichtigste Frage: Was sollte jetzt mit mir werden? Dieser Moment, in dem er mich geküsst hatte, hatte sich in mein Gedächtnis gebrannt, unauslöschlich. Aber dieses Gefühl… Es war gerade mal 72 Stunden her, aber mir fehlte es irgendwie. Auch wenn ich das niemals in meinem Leben zugegeben hätte. Schon hatte ich Ansätze davon vergessen. Vielleicht war es auch mein Stolz, der es verdrängt hatte. Aber ein anderer Aspekt der Frage war immer noch: Was war denn jetzt mit diesem nervigen Balg? Dieses Gefühl wurde wahrscheinlich durch die letzten Reste meiner Menschlichkeit im Herzen hervorgerufen. Also hatte das nichts mit Deidara zu tun. So war es doch, ganz sicher. Aber was war denn, wenn nicht…? Genau darüber hatte ich mir den Kopf zerbrochen und immer, wenn meine Gedanken darum kreisten, wechselte ich innerlich bereits das Thema, als ob diese Frage ein absolutes Tabu wäre. Und das war sie auch, denn letztendlich lief das alles auf eine Tatsache hinaus: Ich war eine Puppe. Eine Puppe war dazu da, zu kämpfen und die Zeit zu überdauern. Sie fühlte nicht, aß nicht, trank nicht, alterte nicht. Sie war nicht menschlich. Das konnte man dann Puppe nennen. Ich war Akasuna no Sasori. Der beste Marionettenspieler und –bauer der Welt. Ich war bekannt für meine Grausamkeit und Kälte. Kein Mensch mehr, vollkommen in der eigenen Kunst versunken. Der rote Skorpion. Das war ich. Und das sollte auch so bleiben. Wenn ich an meinen Partner dachte, was fiel mir zu ihm ein? Ich stellte mir sein Gesicht vor. Ich hatte niemals gesagt, dass er schlecht aussah. Aber das interessierte mich doch nicht, schließlich bedeutete mir der Kerl nichts. Wenn ich mich überhaupt für solche menschlichen Bindungen interessieren würde, dann würde ich mich wenn schon für Frauen interessieren. Nicht für Männer. Und vor allem nicht für sechzehn Jahre jüngere Männer, also halbe Kinder. Und für diese ganzen Überlegungen brauchte ich tatsächlich drei volle Tage. So viel zum Thema Puppe, ein Mensch hätte das nicht ausgehalten. Am Morgen des vierten Tages stand ich endlich vor der Tür meiner Werkstatt, mit dem Schlüssel in der Hand und starrte zögerlich die Klinke an. Sollte ich wirklich rausgehen…? Wenn man es genau nahm, konnte ich bis in alle Ewigkeit hier drin bleiben… Wobei meine Ewigkeit dann kaum noch Sinn hätte. Ich könnte es höchstens noch ein bisschen aufschieben und vielleicht morgen oder heute Abend rausgehen… Nein, jetzt mussten die endlosen innerlichen Ausreden mal aufhören! Entschlossen steckte ich den Schlüssel ins Schloss, schloss auf und öffnete schwungvoll die Tür. Und blieb mitten im Türrahmen stehen. Schräg gegenüber von mir lag Deidara auf dem Bett. Also so halb. Der Kopf hing gerade so vom Bettrand, sodass seine Haare schon auf dem Boden lagen. Seine langen Beine waren an die Wand gelehnt. In den Händen hielt er ein Stück Lehm, welches seine Münder an den Handflächen fleißig bearbeiteten. Jetzt neigte er den Kopf ein wenig und schenkte mir ein strahlendes Lächeln. „Ah, Danna, un! Sie kommen ja auch noch mal raus, was für ein ungewohnter Anblick, un!“, er strahlte mich an und seine Augen leuchteten ein wenig. Und irgendwie wurde mir warm. Keine Ahnung, wie das möglich war, das sollte eigentlich auch nicht gehen… „J-Ja, ich hatte viel Arbeit und war beschäftigt.“, erklärte ich gespielt ernst und sah ihn zumindest halbwegs kalt an. Er grinste und drehte sich auf den Bauch, sodass er mich besser ansehen konnte. „Dann hätten Sie doch was sagen können, ich dachte schon, Sie hätten sich selbst ein Messer irgendwohin gerammt und wären verblutet oder so. Oder hätten sich an einem Kabel oder sonst was selbst stranguliert, un! Das ist alles möglich, wissen Sie, es gibt doch so viele Möglichkeiten.“, er lachte. Anscheinend hatte er verdammt gute Laune. Irgendwie makabere gute Laune… „Ich dachte schon, Sie wollen wegen mir nicht mehr rauskommen, un.“ Automatisch schluckte ich und sah ihn bemüht unwissend an. Vielleicht kaufte er es mir ja ab, dass ich mich nicht erinnern konnte… „Ja, un. Ich dachte, Sie seien noch sauer, weil ich so betrunken war. Wobei ich mich nicht mehr erinnern kann, ins Zimmer gegangen zu sein, un. Haben Sie mich etwa geholt? Wenn ja, vielen Dank, un! Konan hat die anderen am nächsten Tag gefunden und ihnen die Hölle heiß gemacht, un. Nur ich habe keine Extraarbeiten bekommen!“, er lachte fröhlich und knetete nebenbei weiter an seinem Stück Lehm. Ich starrte ihn perplex an. „Du meinst also, du kannst dich nicht mehr erinnern? An gar nichts mehr?“ „Oh, doch natürlich, un. Also wir haben getrunken und so und haben ein paar Runden Poker gespielt, un. Kakuzu hat andauernd gewonnen und Hidan war schon kurz nach dem Anfang randvoll und hat sich das Shirt ausgezogen, bis ihm Kisame dafür eine reingehauen hat und später hat dann Kakuzu-“ „Jaja, schon klar, aber ich meine danach.“ „Danach? Ich bin irgendwann eingepennt und bin in meinem Bett aufgewacht, un. Wieso fragen Sie denn so nervös?“, er sah mich mit seinen großen blauen Augen fragend an und irgendwie fiel mir ein Stein vom Herzen. Wir konnten sie Angelegenheit also begraben, es war nie passiert, keiner wusste was davon. Irgendwann würde ich es auch sicher vergessen, so wie Deidara es bereits getan hatte. „Ach nichts. Habe mich nur gefragt, wie viel du überhaupt noch weißt, nachdem du so glanzvoll deine letzten Gehirnzellen mit Alkohol getötet hast.“, erklärte ich betont desinteressiert und schloss die Tür hinter mir wieder ab. Empört sah der Blonde auf. „Was soll der Mist denn jetzt, un?! Kaum sind Sie wieder hier, schon müssen Sie mich wieder fertig machen?!“ „Das war eine Feststellung. Ich mache dich nicht fertig. Knet du ruhig weiter an deinem Stück Matsch.“, ich winkte müde ab und verließ das Zimmer, hauptsächlich, um etwas Abstand zwischen ihn und mich zu bringen. Sein Gesicht erinnerte mich zu sehr an diese paar Minuten. Besser gesagt sein Mund, seine Lippen. Irgendwie hatte ich plötzlich Gedanken und Vorstellungen im Kopf, die ich gar nicht da drin hatte haben wollen. Langsam schlenderte ich durch den Flur, komplett ohne Ziel. Ich dachte nicht mal nach, wohin ich ging. Doch irgendwie führten mich meine Füße in den Gemeinschaftsraum. Irgendwas würde man da schon als Ablenkung finden, also öffnete ich die Tür und trat ein. Auf der Bank saß Kakuzu und zählte gemütlich seine Geldscheine. Ich seufzte leise. Endlich mal jemand, der beinahe eine entspannende Gesellschaft sein konnte. Kakuzu war mir von den Akatsukis am liebsten. Schweigend setzte ich mich neben ihn, verschränkte die Arme und legte den Kopf darauf. So blieben wir sitzen, ich mit aufgestütztem Kopf und er geldzählend. Muss ein seltsames Bild abgegeben haben, aber diese stille Gesellschaft tat ganz gut, nach drei Tagen in meiner Werkstatt. Dank Deidara war ich einfach gewöhnt, jemanden um mich zu haben. „Na, lässt du dich auch mal wieder blicken?“, fragte Kakuzu locker, während er immer noch weiterzählte. „Hatte viel Arbeit.“, war meine knappe Antwort. „Ach ja? Also die anderen hier dachten schon, du begehst da in deinem Kämmerchen heimlich still und leise Suizid oder so. Hast mir eine Menge Kohle eingebracht.“ Ich seufzte entnervt und drehte den Kopf zu ihm, sodass ich ihn ansehen konnte. „Warum denken eigentlich alle, dass ich mich umbringe, verdammt?! Und wieso habe ich dir Geld eingebracht?“ „Itachi hat gewettet, du bleibst da drin und wir sehen dich nie wieder. Ich habe gewettet, dass du nur ein paar Tage brauchst und dann angekrochen kommst.“, erklärte er stolz und hielt das Geld ein wenig hoch. „Jetzt habe ich gleich noch mehr davon!“ „Freut mich, wenn ich dir helfen konnte. Aber hat dir das Geld, dass du allen hier beim Spielen abgezogen hast, nicht gereicht?“ Kakuzu zischte leise durch die Zähne. „Pah. Weißt du, was das Problem hier ist? Der Lohn.“ „Lohn?“, fragte ich entgeistert nach. „Ja. Ich habe sämtliche hier im Gebäude Anwesende bis zum letzten Rest abgezogen, aber das Geld, was dabei rumkam, war auch nicht so viel. Das liegt am Lohn. Der ist hier nämlich unter jeder Grenze. Aber was will man machen… Die Wette hat’s ja auch getan. Eine wahre Freude, dass Itachi noch Geld übrig hatte. Oder noch hat. Ich geh es mir gleich abholen.“ „Aha. Wie bist du eigentlich früher an so viel Geld gekommen?“ „Weißt du, Sasori…“, er lehnte sich ein wenig zurück und steckte das Geld wieder ein. „Dein Problem ist, dass du die Menschen einfach nur verachtest, oder als Opfer ansiehst. Aber du musst alles dreimal überdenken. Menschen sind äußerst nützlich, denn sie haben den kleinen Vorteil, dass man sie manipulieren kann. Aktionen rufen gewöhnlich Reaktionen hervor. Also, was machst du? Du planst deine Aktionen so, dass die gewünschten Reaktionen entstehen. Zwing ihnen unbemerkt deine Pläne und deinen Willen auf, so kommst du ans Ziel. Sie dürfen es selber nicht merken, doch wenn sie es merken, muss deine Aktion gut genug gewesen sein, sodass sie sich nicht wehren. Lass sie glauben, es sei ihr eigenes Gefühl, was sie da haben, der eigene Wille, dir zu folgen, ihre eigene Idee. So kann man sie problemlos ausnutzen und machen, was man will. Spiel mit ihnen, Sasori, und sie liegen dir zu Füßen.“ Ich sah ihn an und schwieg. In meinem Kopf rasten die Gedanken hin und her. Was er da sagte, ergab Sinn. Es war eine fantastische Idee, vielleicht nicht gerade fair, aber wirklich fantastisch und es könnte klappen, wenn ich es nur richtig anstellte. Aber dafür musste ich planen und damit würde ich sofort anfangen. Hoffentlich klappte das dann alles so, wie es sollte… Kakuzu hatte mich auf eine Idee gebracht. Diese ganze Angelegenheit einfach zu vergessen war mir eben schon missfallen und nun hatte er mir eine perfekte Idee zum Lösen des Problems geliefert. Die größte Frage, dich mich im Moment beschäftigte, war nämlich, was genau Deidara jetzt eigentlich für mich empfand. Ihn einfach zu fragen kam natürlich nicht infrage. Aber diese Idee… Ich könnte es aus ihm heraus zwingen. Man konnte es ja nicht mal Zwang nennen, eher… Mut machen. Und sobald ich mir etwas überlegt hatte, würde mein Plan starten. Aktion „Deidara“ Teil 1 konnte beginnen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)