Last Desire 3 von Sky- (L x BB) ================================================================================ Kapitel 6: Ein später Besuch ---------------------------- Beyond fuhr schweißgebadet und mit rasendem Herzen hoch und war zuerst völlig orientierungslos und das erste Gefühl, was ihn beschlich, war Panik. Hastig schaltete er die kleine Lampe auf dem Nachttisch an und fand sich in seinem Zimmer wieder. Er war in seinem Zimmer… Gott sei Dank. Doch die Angst hatte ihn immer noch fest im Griff und seine Hände zitterten heftig. Schon wieder dieser Alptraum. Schon wieder hatte er von Sam und Clear geträumt, wie sie ihn gequält und vergewaltigt hatten. Dabei hatte er gehofft, dass er durch L irgendwie Abstand gewinnen und das alles verarbeiten konnte. Aber es war jetzt schon die weiß der Teufel wievielte Nacht, in der er genauso aus dem Schlaf gerissen wurde und Angst hatte, dass er aufwachte und in das Gesicht seiner Peiniger blicken würde. Und er merkte auch selbst, dass es ihm dabei alles andere als gut ging und es ihn selbst nach dem Schlaf noch verfolgte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es vier Uhr morgens war. Ob L schon wach war? Nachdem dieser am Abend beim Sex kurz ohnmächtig geworden war und mit dem Kreislauf zu kämpfen hatte, würde er sicherlich noch schlafen und sich erholen. Außerdem hatte sich seine Temperatur erhöht, da brauchte er sowieso erst mal Erholung. Was sollte er jetzt tun? Einschlafen konnte er nach diesem Traum ganz sicher nicht und irgendwie hatte er das Bedürfnis, jetzt mit jemandem zu reden. Doch wen konnte er denn fragen? L schied erst mal aus, der musste sich schonen und er wollte auch nicht, dass der sich schon wieder Sorgen oder sogar noch Vorwürfe machte. Und mit Watari zu reden kam auch nicht in die Tüte. Der alte Knacker war L’s Kindermädchen und Beyond konnte ihn sowieso nicht sonderlich leiden, genauso wie den Rest der Menschheit. Hester anzurufen war ebenso ausgeschlossen, denn die hatte Urlaub und trieb sich irgendwo an der kanadischen Grenze herum. Und am Telefon über so etwas zu sprechen, war auch irgendwie dämlich. Also wer blieb dann noch übrig? Beyond dachte darüber nach, Rumiko anzurufen. Aber um die Uhrzeit? Nun, sie konnte selbst nie wirklich lange schlafen und sie wäre ihm auch nicht böse drum, wenn er sie anrief. Er musste sie einfach anrufen, er brauchte jetzt jemanden, mit dem er reden konnte. Also schnappte er sich sein Handy und wählte ihre Nummer. Es dauerte nicht lange, da ging sie ran und sie klang ein klein wenig verschlafen. „Beyond, was gibt es? Ist irgendetwas passiert?“ „Habe ich dich geweckt?“ „Nicht so tragisch, ich konnte sowieso nicht lange schlafen, weil Jamie vorhin schlafgewandelt ist. Ich hab ihn zurück ins Bett gebracht, bevor er noch irgendetwas anstellen konnte. Aber sag schon, was hast du? Du klingst irgendwie so komisch.“ „Kann ich gleich vorbeikommen? Ich brauche jemanden zum reden.“ „Klar doch. Ich hab doch gesagt, dass du jederzeit vorbeikommen kannst, wenn du mich brauchst.“ Damit verabschiedete sich Beyond und beendete den Anruf. Er blieb noch einen Moment sitzen, atmete tief durch und zog sich dann um. Mit Rumiko zu reden, war eigentlich das Beste, was er in solch einer Situation machen konnte. Sie besaß schon seit damals die Gabe, ihm seine Ängste und Sorgen zu nehmen und seine Seele zu beruhigen. Sie hatte ihn immer beschützt und getröstet und war so viele Jahre für ihn da gewesen. Er hatte das all die Zeit immer als irgendwie selbstverständlich betrachtet und im Nachhinein nie wirklich zu würdigen gewusst, was sie für ihn getan hatte. Aber jetzt, da er L hatte und auch endlich wusste, was wahres Glück war, da erkannte er, was er Rumiko zu verdanken hatte und wie sehr er sie in solchen Situationen brauchte. Er hatte sie nicht immer so behandelt, wie sie es vielleicht verdient hatte und vielleicht hätte er ihr öfter mal sagen sollen, wie dankbar er ihr eigentlich war. Aber sie hatte sich nie beschwert oder beklagt. Stattdessen lächelte sie immer so liebevoll, strich ihm durchs Haar und sagte dann, es wäre selbstverständlich, dass sie für ihn da war, wenn er jemanden brauchte, an den er sich wenden konnte. Sie war einfach zu selbstlos in der Beziehung und dabei hatte sie selbst so viel erdulden müssen. Was wäre aus ihm geworden, wenn sie nicht für ihn da gewesen wäre, als er aus Wammys House abgehauen war oder als er im Gefängnis saß? Sie hatte ihm ohne zu zögern zur Flucht verholfen und war für seine Operationen aufgekommen, damit er nicht mehr so entstellt aussah. Und irgendwie hatte er ihr nie wirklich gedankt. Beyond zog seine Jacke an und nahm zu guter letzt noch Rumikos Schal mit, den er ihr zurückgeben wollte. Es war dunkel und still im Haus und als er vorsichtig in L’s Zimmer hineinschaute, sah er, dass der Detektiv noch schlief. Nun, der konnte auch noch ruhig länger schlafen. Als Beyond das Haus verließ, herrschte draußen Nebel und es schneite schon wieder. Der Wind war schneidend kalt und er war froh, dass er wenigstens an Handschuhe und einen eigenen Schal gedacht hatte. Bis zum Hotel, wo Rumiko mit Jamie abgestiegen war, brauchte er zu Fuß knapp eine Viertelstunde. Ein Taxi lohnte sich also schon mal nicht und der kleine Spaziergang würde ihm auch ganz gut tun, um seine Gedanken wieder geordnet zu bekommen. Auf den Straßen war es relativ ruhig im Vergleich zum sonstigen Durcheinander am Tag. Trotzdem trieben sich noch genug Menschen herum und überall leuchteten die Reklameschilder und Bildschirme. Egal zu welcher Tageszeit man sich in Tokio aufhielt, es war irgendwie immer „Tag“. In Los Angeles war es teilweise ja auch nicht anders, aber Tokio kam ihn deutlich belebter vor. Das Beikan-Hotel war ein hübsches, wenn auch nicht allzu luxuriöses Gebäude im Zentrum der Stadt und war auch recht leicht zu finden. Es war nicht so prunkvoll wie das Eibon-Hotel, aber es passte zu Rumiko. In Luxushotels fühlte sie sich eh nicht wohl, sie hatte sowieso nie sonderlich viel Wert auf so etwas gelegt. Sie wartete schon in der Eingangshalle auf ihn und trug einen Rollkragenpullover, einen knielangen Rock und Stiefel. Wie immer sah sie bildschön aus, auch wenn sie kein Make-up trug. Sie wirkte noch ein bisschen müde, doch als sie Beyond sah, war sie hellwach und ging direkt zu ihm hin. Sie umarmte ihn stürmisch und schloss ihn fest in die Arme. „Beyond, du siehst furchtbar aus. Na komm, gehen wir erst mal nach oben.“ Sie nahm seinen Arm und führte ihn zu ihrem Zimmer. „Was ist denn mit Jamie?“ „Er schläft tief und fest. In ein paar Stunden wollten wir zum Kanrei-Schrein und du weißt ja, dass ihn so schnell nichts aufweckt.“ Sie führte ihn in den Wohnbereich, der vom Schlafzimmer getrennt war, sodass sie den schlafenden Jamie nicht zu stören brauchten. Beyond setzte sich auf das Ledersofa, während Rumiko einen Tee vorbereitete. „Ich hab dir übrigens deinen Schal wieder mitgebracht.“ „Dankeschön, das ist lieb von dir!“ Schließlich kam sie mit einem Tablett zurück, goss Beyond den Tee ein und stellte noch etwas Süßgebäck hin. Sie selbst trank lieber eine heiße Milch mit Honig. Ihre rot leuchtenden Shinigami-Augen betrachteten ihn aufmerksam und sie schien schon irgendwie zu ahnen, was mit ihm los war. „Es geht um diese eine Sache, die du im Cafe angedeutet hast, oder? Irgendetwas beschäftigt dich ganz schön.“ „Ich kann wohl nichts vor dir verbergen, oder?“ „Erstens kenne ich dich schon zu lange dafür und zweitens bin ich Musiklehrerin. Da habe ich tagtäglich mit Kindern zu tun, die Probleme haben. Angefangen vom Mobbing bis hin zur Scheidung der Eltern, die sie nicht so ganz verkraften. Ich hab außerdem schon immer ein gutes Gespür dafür gehabt, wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist. Und dich scheint etwas sehr Schlimmes zu beschäftigen und zwar so sehr, dass du mir nicht mal in die Augen sehen kannst, wenn du daran denkst.“ Tatsächlich schaffte er es nicht, den Augenkontakt zu halten, als die Erinnerung wieder zurückkam. Manchmal konnte Rumiko mit ihrer Beobachtungsgabe schon gruselig werden. Aber was konnte er denn auch anderes von ihr erwarten? Sie hatte nicht nur Musik und Pädagogik, sondern auch Psychologie studiert und gehörte zu den intelligentesten Frauen, die er jemals kennen gelernt hatte. Hester natürlich ausgenommen. Nach einigem Zögern nahm sie seine Hand und hielt sie fest. „Nimm dir noch die Zeit, die du brauchst. Du musst dich auch nicht dazu zwingen, wenn du nicht willst.“ Doch Beyond schüttelte den Kopf. Er war doch nicht extra hergekommen, um jetzt die ganze Zeit schweigend neben Rumiko zu sitzen. Aber es fiel ihm schwer, darüber zu reden. Immerhin ging es um ein sehr schwieriges Thema und auch wenn er wusste, dass er ihr vertrauen konnte, war es schon ein seltsames Gefühl, ausgerechnet mit ihr darüber zu reden. Und es war ihm auch wirklich peinlich, darüber zu sprechen, was Clear und Sam ihm angetan hatten. Aber er brauchte jetzt jemanden, mit dem er darüber reden konnte, wenn er wollte, dass diese Alpträume ein Ende hatten. Also erzählte er ihr, was passiert war. Angefangen von den versuchten Angriffen des Stalkers, wie er alleine losgegangen war um L zu schützen und wie er daraufhin in die Gefangenschaft von Clear und Sam geraten war und was diese ihm angetan hatten. Natürlich erzählte er das nicht einfach so locker, sondern brauchte zwischendurch eine Weile, um die richtigen Worte zu finden, oder weil er sich einfach zu sehr schämte, es laut auszusprechen. Rumiko fragte nicht nach, sie sagte nichts und wartete geduldig. Sie drängte ihn auch nicht, sondern hörte einfach nur zu und nickte schweigend, während sie ihn mit ihren rubinroten Augen anschaute. Und als diese aufgestauten Gefühle Beyond endgültig übermannten und er sich nicht mehr zusammenreißen konnte, nahm sie ihn tröstend in den Arm. Sie blieb ruhig wie ein Fels in der Brandung und blieb stark für ihn. Genauso wie sie damals immer stark für ihn gewesen war und ihn aufgefangen hatte, wenn er vor dem Zusammenbruch stand. Sanft legte sie seinen Kopf auf ihre Brust, was sie schon damals oft getan hatte, wenn er aufgewühlt war und sich nicht beruhigen konnte. Ihren Herzschlag zu hören, hatte irgendwie eine beruhigende Wirkung und dann schließlich, als sie ihn so im Arm hielt, begann sie leise zu singen, während sie ihm sanft durchs Haar strich wie einem Kind, das aus einem schlimmen Alptraum erwacht war und nun Trost suchte. Sie hatte eine wunderschöne Stimme und hatte sich sehr intensiv mit der Psychologie der Musik beschäftigt. Man wusste ja bereits, dass Musik Einfluss auf das Unterbewusstsein ausüben konnte und daraufhin hatte Rumiko damit begonnen, die Wirkung von einzelnen Tönen und Frequenzen zu untersuchen. Es gelang ihr dadurch, Melodien zu entwickeln, um einen gewissen Einfluss auf das menschliche Unterbewusstsein auszuüben. So war es ihr möglich, Melodien und Lieder zu komponieren, mit denen sie Menschen beruhigen, sie wütend oder glücklich machen konnte. Und sie wusste genau, welches Lied es brauchte, um Beyonds verletztes Herz zu besänftigen und ihm seinen inneren Frieden zurückzugeben. Schließlich begann sie das Lied zu singen, welches sie ihm schon damals als Kind immer vorgesungen hatte. Es war eine Sprache, welche er vorher nie gehört hatte und er verstand auch nicht, was die Worte bedeuteten, aber trotzdem erfüllte es ihn mit einem seltsamen Gefühl der Geborgenheit und Ruhe, wenn er es hörte. „ Sonoyo lomi lo Kaya shaka lu Kiya ba mali malo Ehdra maki e Sulu haiteh Graiya mi eshi eshi e Ka thaliaka sa Ak'goloha Ehvi liu ma dra u Prehshti ka u Toteh saju Kimi va lei lei lu Olo dragu olo dragu Eva No luneh vali usa Nevu usa mali Noleh sulu baleh sulu baleh Eva No lu nehvali usa Nevu usa mali malo... Hanannai hanannai ya… Hanannai hanannai ya… Hanannai hanannai ya…” Auch wenn diese Sprache etwas seltsam klang, hörte es sich irgendwie wunderschön an, wenn Rumiko es sang. Er hatte sie vor langer Zeit gefragt gehabt, was es denn für ein Lied sei und wo sie es denn gelernt habe. Sie hatte ihm geantwortet, dass es ein Gebet sei und dass sie sich nicht mehr daran erinnern könne, woher sie dieses Lied kannte. Es war einfach in ihrem Kopf und sie sang es immer, wenn sie entweder ihn oder Jamie getröstet hatte. Es schien so, als hätte dieses Lied irgendwie eine besondere Wirkung. Aber womöglich lag es auch daran, weil sie es sang und weil er mit diesem Lied immer beruhigende Erinnerungen verband. Und als er ihrem Gesang lauschte, hatte er das Gefühl, in diesem Moment seinen inneren Frieden zu finden und als würden diese schlimmen Erinnerungen für immer ausgelöscht werden. Als Rumiko das Lied nach einer zweiten Wiederholung beendet hatte, löste sie sich wieder von Beyond und betrachtete ihn mit einem Blick, in dessen Tiefe man sich verlieren konnte. „Geht es dir besser?“ Er nickte und trank seinen Tee aus. „Ja, ich glaube schon.“ „Ich kann gut verstehen, wie du dich fühlen musst. Manchmal hilft es einfach, wenn man noch mal mit jemandem darüber spricht und auf diese Weise akzeptiert, dass es passiert ist und man es nicht ungeschehen machen kann. Es hilft dann, es besser zu verarbeiten. Es tut mir wirklich sehr leid für dich, was passiert ist und ich wünschte, ich hätte dich schon viel früher wiedergefunden und hätte dir helfen können. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie schlimm das für dich gewesen sein muss.“ „So ein Unsinn“, erwiderte Beyond und schüttelte den Kopf. „Du bist hier die allerletzte, die sich Vorwürfe machen sollte. Du hast doch mit der ganzen Sache nichts zu tun gehabt und außerdem hast du doch Jamie, um den du dich kümmern musst. Ich bin kein kleiner Junge mehr und kann gut auf mich selbst aufpassen.“ Als er das sagte, konnte Rumiko einfach nicht anders als zu kichern und kniff ihn in die Nase. „Ach was, für mich wirst du immer der kleine Rotzlöffel bleiben, der damals allen Ernstes geglaubt hat, dass man Samen eindosen muss, um Dosenpfirsiche zu bekommen.“ „Wärmst du schon wieder diese ollen Kamellen auf? Ich war damals erst sechs Jahre alt!“ Doch sie konnte sich dieses Grinsen nicht verkneifen und kicherte. Das war ja mal wieder typisch, dass sie ihm unter die Nase reiben musste, wie naiv er damals als Kind gewesen war. Auf diese Weise konnte sie ihn immer ärgern. Genauso wie er L damit auf die Palme brachte, wenn er ihn mit intimen Geschichten in Verlegenheit brachte, oder ihm peinliche Kosenamen gab. „Damals als Knirps warst du eben total niedlich, da kann man nichts machen.“ „Du bist gerade mal ein Jahr älter als ich. Also tu nicht so, als wäre der Altersunterschied so groß!“ Doch Rumiko kam aus dem Spaß nicht mehr raus und summte fröhlich vor sich hin. Oh Mann, die bringt aber auch gar nichts aus der guten Laune, dachte Beyond und war zuerst ein wenig genervt, konnte aber schlecht böse auf sie sein. Ihre gute Laune war einfach ansteckend und so lachten sie beide schließlich, während sie ihn mit peinlichen Geschichten von früher ärgerte. Schließlich aber fragte er „Wie spät wolltest du mit Jamie denn zum Kanrei-Schrein?“ „Um knapp zehn oder elf Uhr, danach wollten wir shoppen gehen. Morgen haben wir eine allgemeine Besichtigungstour geplant und danach, wenn es für dich in Ordnung ist, wollte ich dann deinen Freund kennen lernen und sehen, was das so für einer ist. Du weißt ja, ich bin total neugierig und möchte ihn unbedingt persönlich kennen lernen!“ „Erst mal schauen. Zurzeit ist er noch ein wenig gesundheitlich angeschlagen. Als wir im Bett waren, hat er einen kurzzeitigen Kreislaufzusammenbruch gekriegt.“ „Was hast du denn mit ihm angestellt?“ fragte Rumiko, als sie das hörte und ein leichter Vorwurf war in ihrem Unterton nicht zu überhören. Beyond kratzte sich verlegen am Hinterkopf und murmelte „Ich hab ihn gefesselt und ihm die Augen verbunden.“ Die Halbasiatin schüttelte den Kopf und konnte nicht fassen, was Beyond da so im Bett trieb. Nun ja, sie kannte ihn schon lange genug und wusste, dass er etwas eigen war, aber dass er es so dermaßen auf die Spitze trieb, dass sein Freund da noch umkippte, ging doch etwas zu weit. „Zu meiner Verteidigung möchte ich aber sagen, dass ich nicht alleine Schuld bin. Er hatte schon vorher eine leichte Erkältung gehabt.“ „Super, Beyond“, gab sie sarkastisch zurück. „Anstatt, dass er sich schont, kommst du mit deinem SM-Fetisch. Du solltest etwas mehr Rücksicht auf deinen Freund nehmen, sonst wird der arme Kerl noch krank und du steckst dich dann auch gleich mit an.“ „Ich konnte mich eben schlecht zurückhalten.“ „Mal wieder typisch Männer. Ihr könnt euch nie zurückhalten.“ Und damit gab sie ihm einen leichten Stoß in die Seite. Sie trank ihre heiße Milch mit Honig aus und genehmigte sich dann einen mit Vanillecreme gefüllten Keks, wobei sie ihre Beine überkreuzte. „An der Uni hatte ich auch so einen gehabt, der mich partout nicht in Ruhe lassen wollte und mir sogar an den Hintern gefasst hat. Und ständig kam er mit diesen total schlechten Anmachsprüchen. Der Perversling ist mir überall hingefolgt und hat mich ständig begrapscht.“ „Und wie bist du ihn losgeworden?“ Hierbei lächelte Rumiko hinterhältig und erklärte „Ich hab seine Hand auf den Tisch gedrückt und ihn mein Taschenmesser zwischen die Finger gerammt. Dann habe ich ihm gesagt, dass ich ihm, wenn er nicht endlich damit aufhört, den Arm abschneiden und dann so tief in den Allerwertesten rammen werde, dass er sich von innen den Hals kratzen kann.“ Hier hätte sich Beyond fast an seinen Tee verschluckt und musste lachen, als er sich bildhaft das verstörte Gesicht des Studenten vorstellen musste, als Rumiko ihm genau das gesagt hatte. Er konnte sich kaum noch einkriegen und klopfte ihr anerkennend auf die Schulter. „Oh Mann Rumi, du bist echt cool drauf. Der hatte sicher genug, oder?“ „Seitdem hat er zehn Meter Abstand gehalten. Schlimmer war aber noch mein Psychologieprofessor. Der hat mir sogar mal nachgestellt und mich nicht nur belästigt, sondern wollte mich ins Bett kriegen. Ich glaube, der hat sich bis heute noch nicht von dem Hodenbruch erholt. Aber manchmal hasse ich wirklich mein Aussehen. Ständig meinen irgendwelche Idioten, sie müssten sich an mich ranmachen und mir auf die Nerven gehen. Dabei geht es denen nur ums Aussehen und das ist echt frustrierend. Die Mädels sind dann sauer auf mich, weil sie denken, ich würde ihnen die Kerle ausspannen und die Jungs rennen mir scharenweise hinterher, obwohl ich nur meine Ruhe haben will. Die männliche Spezies ist echt für’n Arsch… Deshalb treffe ich mich vorzugsweise nur mit schwulen Männern. Die sind erstens nicht an Frauen wie mich interessiert und zweitens sind sie die besten Freunde einer Frau!“ „Willst du damit auf was Bestimmtes andeuten?“ „Nö. Wenn du dich gleich angesprochen fühlst, ist das ja wohl nicht meine Schuld. Aber weißt du, wenn ich Jamie nicht hätte, wäre ich wahrscheinlich lesbisch geworden. Oder noch besser: ich hätte mir statt einem Mann einfach einen Dildo zugelegt. Die sind sowieso besser als Männer. Sie sind immer zur Stelle, wenn man sie braucht, man kriegt sie in jeder Form und Größe, sie nerven einen nicht mit Bier und Fußball, sie machen keine Unordnung und sie machen keine Arbeit.“ Beyond sagte nichts dazu, musste aber trotzdem darüber lachen. Besonders, weil Rumiko es so unverblümt und locker dahersagte. Normalerweise sprach sie nie mit anderen so offen, aber da sie eine ganz andere Beziehung zu ihm hatte als zu anderen Männern und auch wusste, dass dieser sowieso mehr an Männern interessiert war, sah sie kein Problem darin, mit ihm so offen über solche Dinge zu sprechen. Sie redeten die ganze Zeit über irgendwelche banalen Sachen, einfach nur um die gemeinsame Zeit miteinander zu genießen und Spaß zu haben wie in guten alten Zeiten. Beyond fühlte sich deutlich erleichtert und war froh, dass er sie angerufen hatte. Schließlich aber wurde es draußen hell und als er auf die Uhr sah, bemerkte er, dass es bereits acht Uhr war. Ach herrje, er hatte die Zeit total vergessen und mit Sicherheit wunderte sich L schon, wo er sich schon wieder herumtrieb. Also stand er auf und zog sich seine Jacke an. „Sorry Rumi, aber ich muss langsam wieder zurück.“ „Soll ich dich begleiten? Ich wollte sowieso zur Apotheke gehen.“ „Wieso? Hat Jamie wieder irgendetwas?“ „Nein, ich hab nur in der letzten Zeit mit Übelkeit zu kämpfen. Um die Jahreszeit sind sowieso wieder unzählige Krankheiten im Umlauf und wahrscheinlich hab ich mir was eingefangen.“ Also wartete Beyond noch, bis Rumiko ihren Mantel und ihren Schal umgelegt hatte und verließ zusammen mit ihr das Hotel, nachdem sie Jamie eine Nachricht hinterlassen hatte für den Fall, dass er vor ihrer Rückkehr aufwachen würde. Inzwischen war der Nebel verschwunden und es hatte auch zu schneien aufgehört. Die Sonne schien angenehm und es war auch etwas wärmer geworden. Leider nicht warm genug, um den Schnee zu schmelzen. Rumiko, die keine rutschfesten Stiefel angezogen hatte, hielt sich an Beyond fest, um nicht noch zu stürzen. Sie ging allein in die Apotheke, während Beyond draußen wartete, brauchte aber nicht lange und kam schon nach kurzer Zeit wieder. Also setzten sie ihren Weg fort und Rumiko fragte direkt „Und was machst du sonst so zurzeit?“ „Nicht viel“, gab er zu und zuckte mit den Schultern. „Ich unterstütze meinen Freund bei seiner Arbeit, wenn er mein Augenlicht braucht und ich untersuche ab und zu mal bizarre Mordfälle, wenn sie mein Interesse geweckt haben.“ „Dein Freund ist Detektiv?“ fragte sie und sah ihn überrascht an. Beyond nickte und erklärte „Er ist sogar der Beste der Besten. Er ist nämlich derselbe, der meine BB-Morde aufklären konnte, bevor ich mit der Arbeit fertig war. Mit anderen Worten: mein Lover ist L.“ Nun blieb Rumiko stehen und sah ihn beinahe entgeistert an, wobei ihre Kinnlade nach unten klappte. Sie hätte ja mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass Beyond mit seinem erklärten Todfeind zusammen kam. „Etwa der gleiche L, den du umbringen wolltest?“ „Ja, aber das ist vorbei. Wir haben uns ausgesprochen und erkannt, dass wir beide Fehler gemacht haben und im Grunde trotz unserer Unterschiede zusammengehören. Wir lieben uns als Personen, aber nicht in unserer Rolle. Da ich L’s richtigen Namen kenne, stehe ich als Serienmörder unter seiner Beobachtung und muss ihm überall hinfolgen und mit dem Detektiv L hab ich selbst heute noch meine Differenzen. Unsere Beziehung ist zwar nicht einfach, aber wir lieben uns.“ „Na, wenn du damit klar kommst und glücklich bist, soll’s mir recht sein. Aber du überraschst mich trotzdem immer wieder… Zwei Erzfeinde, die zusammenkommen. Das klingt für mich nach einem Yaoi-Manga.“ „Ach du und deine Yaois…“ „Was denn? Ich stehe eben auf solche Romanzen. Ich…“ Rumiko blieb stehen und wurde mit einem Male blass im Gesicht. Sie sah gar nicht gut aus und stützte sich bei Beyond ab. Dieser blieb nun ebenfalls stehen und sah sie besorgt an. „Hey, alles okay bei dir?“ „Ich glaub, mir wird schon wieder schlecht…“ Da sie eh fast da waren, nahm Beyond sie noch mit und stützte sie. Bis jetzt hatte Rumiko noch einen ganz gesunden Eindruck gemacht aber jetzt sah sie aus, als müsste sie sich gleich übergeben. Offenbar doch ein kleiner Infekt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)