Persona: Shadows of Mirror von ShioChan (Kagami no Kage) ================================================================================ Kapitel 146: CXLVI – Unerwartetes Hindernis ------------------------------------------- [ ~Dienstag, 13. Oktober 2015~ ] [ -Neumond- ] [ *Später Abend* ] [ Spiegelwelt – Dungeon ] „Ich glaube, diese Shadows sind in Wirklichkeit Personas.“ Schweigen hatte sich innerhalb der Gruppe ausgebreitet, während alle ihre Teamleaderin ungläubig anstarrten. Keiner von ihnen konnte so recht glauben, was ihre Anführerin da eben gesagt hatte. Die Gegner, von denen sie hinterrücks angegriffen wurden, sollten allesamt eigentlich Personas sein? Diese Tatsache wollte keinem von ihnen so wirklich in den Kopf gehen, weshalb es Mirâ auch langsam bereute ihre Gedanken frei heraus ausgesprochen zu haben. Immerhin hatte sie keine Beweise dafür, außer ihrem Bauchgefühl. Sie selbst war sich der Sache eigentlich ziemlich sicher, aber sie wusste nicht, wie sie es ihren Freunden begreiflich machen sollte. „Bist du dir sicher? Aber wie…?“, stellte Akane die Frage, die ihnen allen auf der Zunge brannte. Die Violetthaarige nickte und legte ihre Hand auf die Stelle, an der ihr Herz schlug: „Ich bin mir ziemlich sicher, weil ich es gespürt habe. Ich kann euch nicht erklären, wieso… aber ich habe einmal gelesen, dass zwischen Personas und Shadows an sich kein Unterschied besteht. Beides sind Masken, die wir aufsetzen, um uns selbst zu schützen. Das erklärt auch, dass ein Shadow zu einer Persona werden kann, sobald man ihn akzeptiert.“ „Hm“, Megumi legte sich einen Finger ans Kinn und ließ sich die Worte von Mirâ noch einmal durch den Kopf gehen, „So abwegig klingt das alles gar nicht, wenn man es genau bedenkt. Seht es mal so… eure Personas sind aus euren Shadows geboren. Es würde auch erklären, wieso sich ihre Aura so verändert hat. Ehrlich gesagt ähnelt diese nämlich wirklich der von Personas, wenn ich es jetzt so bedenke. Vorhin konnte ich es nicht richtig zuordnen, aber wenn man diesen Aspekt bedenkt…“ „Wir müssen also jetzt gegen Personas kämpfen oder etwas, was ihnen ähnelt. Schön und gut, aber wieso dieser plötzliche Wandel? Ich meine… die ganze Zeit haben wir gegen diese primitiven Dinger gekämpft und urplötzlich verschwinden sie und es tauchen neue auf, die auch noch denken können?“, warf Kuraiko in den Raum und war sich damit der gesamten Aufmerksamkeit der Truppe sicher. Masaru legte sich ebenfalls den Finger ans Kinn und überlegte kurz: „Da ist was dran. Diese plötzliche Änderung ist merkwürdig. Das kam einfach zu plötzlich.“ „Vielleicht lag an meinem Dungeon? Ich meine, bis dahin waren es doch noch die anderen Wesen. Oder?“, fragte Ryu, doch schüttelte dann den Kopf, „Nein halt… später waren sie auch noch so…“ Das letzte hatte er nur vor sich hingenuschelt, um so weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen, woher er es wissen konnte. Immerhin hatte er eine der Regeln der Gruppe gebrochen und war vor einiger Zeit mal alleine in die Spiegelwelt gekommen, um Mika einige Dinge vorbeizubringen. Hiroshi blickte in die Runde: „Gab es etwas anderes Besonderes in letzter Zeit?“ Einheitliches Kopfschütteln kam als Antwort, woraufhin der junge Mann nur seufzend die Schultern sinken ließ. Auch dem Rest der Truppe entfleuchte ein mächtiger Seufzer. Sie konnten es in diesem Moment drehen und wenden, wie sie wollten. Ohne nähere Informationen würden sie nicht herausfinden, was diese Veränderungen hervorgerufen hatte. Sich darüber also nun den Kopf zu zerbrechen, würde vorerst nichts bringen. Mirâ nahm sich jedoch vor bei Gelegenheit Igor und Magarete zu fragen, wenn sie das nächste Mal im Velvet Room landen würde. Zwar erhoffte sie sich keine wirkliche Antwort davon, aber vielleicht gaben sie ihr ja ein paar Anhaltspunkte. „Belassen wir es am besten erst einmal dabei. Wir kommen hier sowieso nicht weiter“, meinte Yasuo, während er sich durch die strubbeligen Haare strich, „Viel wichtiger wäre es wohl sich auf den nächsten Kampf vorzubereiten. Sollten wir nicht wiedererwartend doch wieder irgendwie gestört werden, ist unser nächstes Ziel der Bossraum in Junkos Zimmer.“ „Senpai hat recht“, stand Akane nun auf und wandte sich dann an Mirâ, „Wäre es möglich meine Wunden zu heilen? Der Kampf gegen die Jack Frosts hat mich einiges gekostet. Leider sind deshalb auch einige Heilitems aufgebraucht wurden…“ Überrascht sah die Violetthaarige zu ihrer Freundin, doch nickte dann und rief Hemsut, die Diarama auf die junge Frau anwendete und damit deren letzte Wunden verschwinden ließ. „Wir sollten auch unsere seelische Kraft auftanken“, sagte Ryu und scrollte bereits durch die Liste von Items, wo er einige davon auswählte und auf die verschiedenen Gruppenmitglieder anwendete. So bereitete sich das Team auf den nächsten Gegner vor, so gut es eben in diesem Moment ging. Da sie nicht wussten, was sie in Junkos Zimmer erwarten würde, gingen sie erst einmal vom Schlimmsten aus. Am einfachsten wäre es natürlich, wenn sie Junko dort alleine vorfinden würden und einfach nur mitnehmen könnten. So wie Mirâ diese Welt allerdings in den letzten Monaten kennengelernt hatte, war sie sich jedoch sicher, dass es nicht so einfach werden würde, wie erhofft. Jeder von ihnen prüfte noch einmal seine Ausrüstung und seine Waffen, bevor sie sich darauf einigten der Strategie zu folgen, die sie besprochen hatten, bevor sie in den Dungeon gezogen und getrennt wurden. Dann sammelten sie sich vor der Treppe zum ersten Stock und folgten der Violetthaarigen kurz darauf hinauf. Bereits als sie die ersten Stufen betreten hatte spürte Mirâ den eiskalten Windhauch, der ihnen entgegenwehte und immer schlimmer wurde, je näher sie dem Zimmer der Grundschülerin kamen. Davor angekommen blieben sie alle wie angewurzelt stehen. Die Macht, die ihnen in diesem Moment entgegenströmte war unglaublich furchteinflößend und sorgte dafür, dass sich ihnen allen die Nackenhaare aufstellten. Allen war anzusehen, wie viel Angst ihnen diese Situation machte und trotzdem machte keiner einen Rückzieher. Sie wussten worum es ging und dass es keinen anderen Weg gab, als sich dieser Macht zu stellen. Mirâ atmete noch einmal tief durch, bevor sie ihre Hand vorsichtig auf die Klinke legte und ihren Freunden noch einen Schulterblick schenkte, die ihr nur ermutigend zunickten. Daraufhin drückte sie die Klinge nach unten und wollte den Raum öffnen, in welchem sie erhofften Junko zu finden. Doch zu ihrem Erstaunen tat sich nichts. Noch einmal wiederholte sie den Vorgang und drückte sich gegen das Hindernis, doch nichts geschah. Irritiert schaute sie auf das Hindernis vor sich. „Was ist los?“, fragte Hiroshi nach. Mit besorgtem Blick wandte sich die Oberschülerin ihren Freunden zu: „Die Tür lässt sich nicht öffnen.“ „Eh?“, sofort war Akane zur Stelle und schob ihre beste Freundin zur Seite, bevor sie es ebenfalls mit ganzer Kraft versuchte. „Haben wir was übersehen?“, fragte Masaru nach und blickte, mit an das Kinn gelegten Finger, auf die verschlossene Tür. „Du meinst, dass es vielleicht auch hier einen Mechanismus gibt, der die Tür öffnet?“, kam eine Gegenfrage von Ryu, der die Tür ebenfalls eingängig betrachtete, „Wäre nicht verwunderlich bei diesem Dungeon…“ „Aber… was sollen wir denn machen?“, fragte Mirâ leicht verzweifelt nach. „Gute Frage…“, murrte Kuraiko, die sichtlich genervt von dieser Situation war. Nicht nur sie störte diese Art von Dynamik in diesem Dungeon. Als hätte es nicht bereits gereicht, dass sie nur in Zweiergruppen kämpfen mussten. Nun waren sie hier an eine Sackgasse geraten, dabei drängte sie Zeit. Schweigen breitete sich innerhalb der Gruppe aus. Während die Mädchen darüber nachdachten, ob sie irgendetwas übersehen hatten, starrten die Jungs geschlossen auf die Tür, so als erhofften sie dabei, eine Antwort auf ihre Fragen zu bekommen. Mit Gewalt würden sie hier bestimmt nicht weiterkommen. Es musste also eine andere Möglichkeit geben. Yasuo war der erste, dem etwas auffiel, was merkwürdig wirkte. Mit hochgezogener Augenbraue trat er an die Tür heran, blieb jedoch rund einen Schritt entfernt daneben stehen. Fragend blickten die andern drei Jungs zu dem Größeren, woraufhin auch ihnen die kleine Einbuchtung auffiel, welche sich dunkel neben der Tür abzeichnete. „Was ist los Jungs?“, fragte Akane, die das Verhalten ihrer Teamkameraden mitbekommen hatte, ehe sie ebenfalls an sie herantrat, „Was ist das?“ Nun wurden auch die anderen Mädchen aufmerksam, doch da sich mit den vier Jungs und Akane bereits zu viele vor der Tür aufhielten, konnten sie nicht erkennen, was die Gruppe sich dort ansah. Fixierend kniff die Brünette die Augen zusammen, da sie das Gefühl hatte innerhalb der viereckigen Einbuchtung etwas weiteres sehen zu können. Und tatsächlich. Bei genauerer Betrachtung war innerhalb des Gebildes etwas zu erkennen. „Das sieht aus wie Formen… genauer gesagt wie… ah!“, sie sah auf und griff in ihre Jackentasche, nur um einen Moment später den kleinen Teddy herauszuholen, welcher der Schlüssel zur Öffnung der einzelnen Türen war. „Was hast du vor?“, fragte Kuraiko nach und griff dabei nach dem Arm der Brünetten, welchen sie gerade heben wollte, um den kleinen Bären dort einzusetzen. Überrascht sah diese über ihre Schulter: „Na den Teddy in die Form stecken. Anscheinend müssen die dort rein, um das Schloss zu öffnen.“ „Und woher willst du wissen, welches dieser Viecher an welche Stelle muss?“, fragte die Schwarzhaarige nach, woraufhin ihr Gegenüber eine Weile brauchte, um zu verstehen, was sie meinte, „Was ist, wenn wir eine bestimmte Reihenfolge einhalten müssen?“ „Dann probieren wir einfach alle aus?“, kam es nur mit schiefgelegtem Kopf von der Brünetten. „Urgh du machst mich verrückt. Wie viele Versuche willst du da durchziehen?“, verließ Kuraiko langsam die Geduld, „Und was ist, wenn etwas Schlimmes passiert, wenn wir falsch liegen?“ Nun schien Akane auch ihre Zweifel zu bekommen und ließ die Hand mit dem Teddy wieder sinken. Erleichtert seufzte ihr Gegenüber und wandte sich dann dem Rest der Gruppe zu: „Wir sollten genau überlegen, wie wir nun vorgehen, immerhin sind wir alle ziemlich angeschlagen.“ „Kuraiko hast Recht. Unbesonnenes Handeln sollten wir tunlichst vermeiden“, warf Masaru ein. „Aber irgendwo müssen wir ja mal anfangen…“, sagte Hiroshi, „Wenn wir gar nichts machen, rennt uns die Zeit davon…“ Er blickte auf die Öffnungen und überlegte. Auch wenn es ihm widerstrebte; Kuraikos Einwurf, dass sie hier eine bestimmte Reihenfolge einhalten mussten war gar nicht zu weit hergeholt. Die Frage war jedoch, welche es war. Der junge Mann griff nun in seine Hosentasche und zog dort den kleinen Bären heraus. Wieso er ihn eingesteckt hatte, wusste er gar nicht mehr. Wahrscheinlich aber war, dass er es aus Reflex getan hatte, als sie so plötzlich angegriffen wurden. Nun jedoch war es von Vorteil. Auch Ryu, welcher neben ihm stand starrte auf den kleinen Bären und wandte sich daraufhin an seine restlichen Teamkameraden, um diese aufzufordern auch die anderen Plüschtiere herauszuholen, die sie gefunden hatten. Es dauerte einen Moment, doch dann hielten sowohl Mirâ, als auch Akane, Kuraiko und Hiroshi die kleinen Tiere in seine Richtung. „Ein gelber, ein rot-weißer, ein schwarz-violetter und ein grau-weißer…“, der Brünette überlegte kurz doch schüttelte dann den Kopf, „Nein… das ergibt irgendwie keinen Sinn. Ich dachte, dass die Bären vielleicht eine Art Regenbogen oder so etwas bilden. Aber die Farben sind dann doch zu unterschiedlich…“ „Wie wäre es, wenn wir sie in der Reihenfolge einlegen, in der wir in den Flur gelangt waren?“, warf plötzlich Akane ein. Alle Anwesenden sahen zu der Brünetten und schienen dann zu überlegen. Sie wussten nicht was passieren würde, wenn sie falsch lagen. Andererseits hatten sie keinen anderen Hinweis. Das Einzige, was sie genau wussten war, in welcher Reihenfolge sie es geschafft hatten aus den einzelnen Räumlichkeiten zu entkommen. Trotzdem blieben Zweifel, immerhin wirkte das schon ziemlich offensichtlich. Aber welche andere Wahl blieb ihnen? Kuraiko seufzte: „Das ist wohl aktuell der einzige vernünftige Ansatz…“ Sie wandte sich an Mirâ: „Die Entscheidung liegt aber bei dir Mirâ…“ Angesprochene zuckte kurz zusammen und schien dann noch einmal zu überlegen, ehe sie nickte und dem Unterfangen zustimmte: „Es ist eine Chance… Das heißt, der hier zuerst…“ Sie trat an die Öffnung heran und setzte dann den gelben Teddy in ihrer Hand ein. Mit einem leisen Klicken schien er sich mit dem Gebilde zu verbinden, bevor ein leises Rauschen erklang, dass die Gruppe den Blick schweifen ließ. „In letzter Zeit hat Onee-chan kaum noch richtig Zeit für mich…“, erklang plötzlich Junkos leicht traurige Stimme, die sich jedoch einen Moment später wieder hob, „Aber dafür unternimmt sie mit mir etwas Besonderes, wenn sie endlich Zeit für mich hat.“ Überrascht sah sich Mirâ um. Waren das gerade Junkos Gedanken? Die Violetthaarige konnte nicht leugnen, dass sie weniger Zeit mit Junko verbrachte, seit sie in Kagaminomachi lebte und in dieses Abenteuer gestürzt war. Dies war jedoch der Tatsache geschuldet, dass sie durch all das, was geschah, so gute Freunde gefunden hatte. Die Jahre zuvor hatte sie sich ja weitgehend von ihren Klassenkameraden ferngehalten, weshalb sie natürlich weitaus mehr Zeit für ihre kleine Schwester hatte. Trotzdem wirkten diese Gedanken nicht so, als wäre die Kleine ihr dafür böse, dass sie aktuell weniger zusammen unternahmen, was jedoch nicht bedeutete, dass es der Violetthaarigen kein schlechtes Gewissen machte. Sie blickte auf die Einbuchtung, in der nun noch drei Plätze frei waren. Würden sie bei den anderen auch solche Gedanken erwarten? Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihre aus. Sie hatte Angst davor zu erfahren, was Junko womöglich wirklich über sie dachte. Akane jedoch bekam von Mirâs Überlegungen nichts mit und trat nun ebenfalls an die Öffnung, wo sie den schwarz-violetten Bären, den sie gefunden hatte, an zweite Stelle setzte. Erneut erklang ein Klacken, gefolgt von einem Rauschen, ehe Junkos Stimme ertönte. „Ah ich habe genug. Was ist nur los mit Onee-chan? In letzter Zeit meckert sie mich nur noch aus, egal was ich mache. Das nervt!“, schimpfte die erboste Stimme, „Wieso hat sie sich so verändert? So wie Mirâ zur Zeit ist, hasse ich sie!“ Erschrocken zuckte die Violetthaarige zusammen, als sie hörte was ihre kleine Schwester dachte. Hatte sie sich wirklich so negativ ihr gegenüber verändert oder gar verhalten? Ja, sie erinnerte sich daran, dass sie in letzter Zeit häufiger mit Junko schimpfte, allerdings hatte sie nicht das Gefühl bekommen, dass es überhandnahm. Das allerdings war nur ihre eigene Einschätzung. Die Grundschülerin jedoch schien es ziemlich zu belasten. Mit einem kurzen, besorgten Blick auf seine Teamleaderin trat nun Hiroshi an die Vorrichtung heran und steckte den kleinen rot-weißen Bären in die Öffnung, der sich mit einem Klicken einsetzte. „In letzter Zeit hat sich Onee-chan stark verändert. Ich freue mich, dass sie Freunde gefunden hat, auch wenn sie dadurch weniger Zeit für mich hat. Aber sie hat sich auch sonst so verändert. Sie ist immer so in Eile und wirkt gehetzt. Das macht mir Angst…“, erklang wieder Junkos Stimme, die besorgt und gleichzeitig etwas ängstlich wirkte, jedoch weitaus freundlicher, als zuvor. Dass sie sich verändert hatte, konnte Mirâ nicht abstreiten. Aber hatte sie sich wirklich so sehr verändert, dass es Junko Angst machen könnte? War sie wirklich immer so in Eile oder gehetzt? Sie selbst empfand das eigentlich nicht, aber Außenstehende oder gar Kinder hatten da natürlich einen ganz anderen Blick drauf, als man selbst. „Wir also als letztes…“, holte sie Kuraikos Stimme aus ihren Gedanken, die nun ebenfalls an die Einrichtung herantrat, dann aber stoppte und einen doch recht besorgten Blick zu ihrer Teamleaderin wandte. Erwähnte merkte den Blick auf sich ruhen, doch nickte dann, woraufhin ihre schwarzhaarige Freundin den letzten Teddybären einsteckte, der sich mit einem Klacken verhakte. Wieder erklang das Rauschen, ehe Junkos Stimme ertönte, die überaus Glücklich wirkte: „Ich habe die beste Schwester der Welt. Sie ist immer für mich da und spielt ganz viel mit mir. Ich liebe sie!“ Überrascht über diese Worte, die ein kompletter Kontrast zu dem zuvor gehörten waren, weiteten sich Mirâs Augen. Sie freute sich über diese Worte, die jedoch im Kontext zum Vorherigen einen bitteren Beigeschmack hinterließen. Das schlechte Gewissen nagte nun doch an ihr, da sie durch die Sache mit der Spiegelwelt und dem, was alles drumherum passierte, nur noch selten Zeit für Junko gefunden hatte. Kein Wunder also, dass ihr Gemütszustand so stark schwankte. Und Mirâ hatte nichts davon mitbekommen, weil sie so sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt war. Was war sie nur für eine große Schwester? Beinahe wäre sie wieder an ihren Gedanken verzweifelt, hätte sie nicht kurz darauf eine Hand auf ihrer Schulter gespürt, die sie aufschauen und zu Hiroshi blicken ließ. Dieser schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln: „Mach dir keine Gedanken, Mirâ. Wir alle wissen, wie wichtig Junko-chan dir ist und mit Sicherheit weiß sie das auch. Dass sie mal wütend auf dich wird, weil du ihr nicht so viel Aufmerksamkeit schenkst, ist normal. So sind jüngere Geschwister eben. Glaub mir, ich weiß wovon ich spreche.“ Er grinste breit, während die Violetthaarige einige Sekunden brauchte, um zu verstehen, was er mit seinem letzten Satz sagen wollte. „Da gebe ich Hiroshi recht“, lachte Masaru plötzlich, „Das Gefühl, wenn der ältere Bruder oder die ältere Schwester einen wegschickt, weil sie gerade „wichtigeres“ zu tun haben, ist echt unangenehm.“ Überschwänglich machte er mit den Fingern das Zeichen für Gänsefüßchen, während er das sagte. „Oh ja, wie wahr oder wenn man sich nicht ernst genommen fühlt“, seufzte Megumi. Überrascht sah die Wild Card-Besitzerin zu ihren drei Freunden und schien dann erst zu verstehen, was sie meinten. Sie alle drei hatten ältere Geschwister und konnten dadurch nur zu gut Junkos Gedanken nachvollziehen, da sie alle bereits in eine ähnliche Situation geraten waren, in der ihre Geschwister keine Zeit für sie hatten. „Mach dir also keine Gedanken, Mirâ“, wandte sich Hiroshi wieder an sie, „Nur weil Junko gerade böse auf dich ist, heißt das nicht, dass sie dich wirklich hasst. Sie ist nur etwas eingeschnappt, da kommen einen solche Gedanken schonmal. Aber du hast sie ja nicht mit Absicht auf Abstand gehalten oder so.“ „Richtig. Wenn du wieder mehr Zeit für sie hast und etwas mit ihr unternehmen kannst, dann hat sie das ganz schnell wieder vergessen“, lächelte der ältere Schwarzhaarige. Ihre Navigatorin stellte sich vor sie und machte eine aufmunternde Geste: „Also verzweifle nicht!“ Erneut sah Mirâ die jüngere etwas überrascht an, doch lachte dann leicht. Sie alle hatten ja Recht. Es war nie ihre Absicht gewesen Junko so zu behandeln. Sobald sie wieder zuhause waren würde sie der Jüngeren wieder mehr Zeit widmen. Die Kleine konnte immerhin nicht für das, was um sie herum passierte und von dem sie das meiste nicht einmal mitbekam. Mit neuer Entschlossenheit blickte sie auf die immer noch verschlossene Tür und machte sich bereit dazu sie zu öffnen. „Hat es geklappt?“, holte sie Akanes Stimme aus ihren Gedanken. „Das werden wir gleich sehen“, mit festem Schritt ging Mirâ auf die Tür zu, legte ihre Hand auf die Klinke und drückte diese herunter, bevor sie dagegen drückte. Doch widererwartend bewegte sich nichts, stattdessen strömte plötzlich aus den Spalten des Türrahmens schwarz-violetter Nebel auf und umhüllte die überraschte Gruppe, woraufhin sie in Dunkelheit eintauchten. Nur wenige Sekunden später lichtete sich der Nebel wieder und das Team fand sich in einem weiteren Raum wieder, der jedoch definitiv nicht Junkos Zimmer sein konnte. Es war kein besonders großes Zimmer, jedoch wirkte es für Mirâ wesentlich größer, als es eigentlich wirklich war. In der hintersten Ecke entdeckte sie einen schwarzen Schreibtisch, der flankiert von zwei großen Regalen, die mit Ordnern gefüllt waren, teilweise in Wand und Boden verschwunden war. Auch zu ihrer Rechten und Linken erkannte sie mehrere brusthohe Regale, die gerade so aus dem Boden ragten. Mirâ wandte sich schnell um und musste dann erschrocken feststellen, dass sie nur zu viert waren. Leicht panisch sah sie sich zu allen Seiten um, konnte aber nur Akane, Kuraiko und Hiroshi erkennen, die mit ihr in diesem Raum eingesperrt war. Sie wurden also wieder getrennt. „Wo sind wir jetzt gelandet? Ist das der Bossraum?“, fragte Akane, die neben ihre Freundin trat und sich dabei umsah. „Nein, ich denke nicht“, murmelte die Violetthaarige, „Wenn das hier der Bossraum sein sollte, dann hätten wir doch in Junkos Zimmer landen müssen. Das hier ist aber das Büro meiner Mutter.“ „Sie hat ein eigenes Büro?“, fragte die Brünette plötzlich überrascht nach. „Es ist eigentlich nur eine kleine Kammer, aber dort kann sie in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen…“, seufzte Mirâ. „Als wäre das jetzt wichtig“, kam es genervt von Kuraiko, „Wieso sind wir hier gelandet? Und wo sind die anderen?“ „Ich würde sagen die Reihenfolge der Teddys war falsch und deshalb wurden wir wieder getrennt“, warf Hiroshi ein und erntete damit einen vernichtenden Blick der Schwarzhaarigen. Dieser blieb jedoch nicht lange auf dem Blonden ruhen, sondern wanderte dann zu Akane: „Siehst du was ich meinte?“ „Ja doch… aber ihr habt doch zugestimmt!“, beschwerte sich die Angesprochene und zuckte plötzlich zusammen, als sie ein lautes Grummeln vernahm, „W-Was war das?“ Erneut ertönte das Geräusch und ließ die Gruppe sich umschauen. Doch war auf den ersten Blick nichts zu erkenne, während das Grummeln immer lauter wurde. Plötzlich löste sich etwas aus der bröckeligen Sandsteinwand, dem das Knurren eindeutig zuzuordnen war. Der Schatten wabberte für einen Moment und nahm dann die Form eines überdimensionalen Teddybären ein. Ein schrilles Quietschen kam aus Akanes Richtung, die sich plötzlich schräg hinter ihrer besten Freundin versteckte, als sich das Wesen in voller Erscheinung zeigte. Erschrocken wich auch Mirâ leicht zurück, als sie den Bären erblickte, dessen Bauchnaht zum Teil aufgerissen war, wo mehrere Totenköpfe herausschauten. Gleichzeitig rann ihm Blut aus seinem, mit scharfen Zähnen versehenen, Maul. Mit eiskalten und durchdringenden Augen starrte er auf die Persona-User, die sofort eine verteidigende Stellung einnahmen. „Das ist gar nicht gut“, ging Mirâ durch den Kopf. Nicht nur, dass sie von den vorherigen Kämpfen angeschlagen waren, nun waren sie wieder getrennt. Zwar würde es dieses Mal mit Sicherheit etwas besser laufen, da sie wenigstens als ganzes Team angreifen konnten, jedoch bedeutete dies auch, dass sie erneut ihre Kraft einsetzen mussten, bevor sie überhaupt bei Junko angelangt waren. Und von der war ohnehin kaum noch etwas übrig. Ein blaues Licht ließ sie aus ihren Gedanken schrecken und wieder zu ihrem Gegner schauen. Um diesen hatte sich der blaue Strudel gebildet, ehe sich über die Ebene ein violetter Nebel legte, der die Gruppe kurzzeitig einhüllte, jedoch nichts weiter anrichtete. „Nehmt euch in Acht“, rief Kuraiko, die anscheinend bereits ahnte, was es mit dem Nebel auf sich hatte. Sie festigte den Griff um ihre Sense und stürmte dann auf den Bären zu. Als sie in Reichweite war ließ sie ihre Waffe auf diesen niedersausen, was ihn etwas zurückweichen ließ. Kurz darauf stürmte bereits Akane an ihr vorbei und verpasste dem braunen Tier einen gekonnten Tritt in die Seite. Erneut strauchelte er, doch wirkte ansonsten eher unbeeindruckt. Ein Pfeil zischte an den beiden Mädchen vorbei und traf das Wesen am Kopf, bevor auch ein Fußball auf den Boden aufschlug und den Gegner am Kinn traf, was ihn endlich zu Boden riss. Sofort nutzte die Gruppe ihre Chance und griff gemeinsam an, doch erreichte dieser Angriff nicht den gewünschten Effekt. Zwar war der Shadow stark getroffen, jedoch nicht ausreichend, um besiegt zu werden. Deshalb dauerte es auch gar nicht lange, ehe er wieder auf beiden Beinen stand und erneut eine Beschwörung tätigte. Sofort gingen alle in die Verteidigung, was jedoch nicht verhinderte, dass Kuraiko einen Moment schwer von einem Schlag getroffen wurde, der sie schmerzhaft zu Boden riss. „Na warte!“, rief Akane und beschwor Wedjet, die den Gegner nun ebenfalls angriff, was jedoch nur einen geringen Effekt erzielte. Währenddessen richtete sich Kuraiko wieder auf, hielt ihren Blick jedoch gesenkt. „Alles in Ordnung?“, fragte Hiroshi, bekam jedoch keine Antwort. Überrascht sah er zu der Schwarzhaarigen, über welcher in blauem Licht ihre Persona Kedesh erschien. Im nächsten Moment bemerkte er im Augenwinkel ein rotes Licht, welches sich unter seinen Füßen bildete. Doch da war es leider schon zu Spät. Noch während er versuchte beiseite zu springen bildete sich aus dem roten Licht ein Strudel, welcher ihn umgab und schmerzhaft zu Boden riss. Als wäre dies nicht genug gewesen, wiederholte die junge Frau ihm gegenüber diesen Angriff ein weiteres Mal, während sie ihn mit trüben Augen anblickte. Schmerzhaft fasste sich der junge Mann an die Brust, während er versuchte sich wieder aufzurichten. „Hiroshi-kun!“, rief Mirâ erschrocken, als sie mitbekam, was neben ihr passiert war. Doch gerade, als sie ihr Smartphone zücken wollte, um Hemsut zu rufen, die den jungen Mann hätte heilen können, erblickte sie in ihrem Augenwinkel wieder ein blaues Licht, was von dem überdimensionalen Teddybären ausging. Schnell ging sie in die Verteidigung, doch spürte keinen Schmerz. Stattdessen hörte sie Akane kurz darauf schmerzhaft aufschreien, welche es jedoch nicht von den Beinen gerissen hatte, wie Kuraiko zuvor. Trotzdem hatte Mirâ plötzlich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Erschrocken wich sie zurück, als ihre beste Freundin sich ihr zuwandte und sie mit ebenso trüben grünen Augen anstarrte. Plötzlich kam die Brünette auf sie zugestürmt, griff sie am Arm und schleuderte sie daraufhin über ihre Schulter, genau auf Hiroshi, welcher es endlich schaffte sich langsam wieder aufzusetzen. Gemeinsam schlidderten die beiden Persona-User einige Meter über den rauen Sandsteinboden und blieben dann mehr oder weniger übereinander liegen. „Urgh…“, erklang die Stimme des Blonden unter der jungen Frau, „Alles in Ordnung, Mirâ?“ „J-ja… ich denke schon“, vorsichtig löste sich die Violetthaarige aus dieser Position und stemmte sich mit den Händen nach oben, um etwas Abstand zu bekommen. Vorsichtig schüttelte sie den Kopf und blickte dann zu ihren beiden Freundinnen, die langsam auf sie zugelaufen kamen. „Das ist gar nicht gut“, murmelte ihr Kumpel, der sich langsam aufsetzte und damit seine Beine unter ihr hervorzog. Das war es wirklich nicht. Zähneknirschend sah Mirâ zu den beiden Mädchen, die durch einen Zauber von ihrem Gegner kontrolliert wurden. Zu ihrem Ärger hatte sie gerade keine Persona zur Hand, die ihnen helfen konnte den Statuszauber aufzuheben und die Suche nach einem passenden Item würde wohl zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Es sah also wirklich schlecht aus. In diesem Moment zückte Kuraiko erneut ihre Handy und rief Kadesh, die auf Hiroshi erneut Eiha anwendete. Plötzlich spürte Mirâ, wie sie an der Schulter gegriffen und zur Seite geschubst wurde, sodass sie außerhalb der Reichweite des Angriffs landete. „HIROSHI-KUN!“, schrie sie erschrocken, als der Blonde von einem roten Strudel erfasst wurde, der ihm den Rest geben würde. Plötzlich jedoch prallte der Angriff ab und verschwand, ohne dass dem jungen Mann etwas passiert war. Irritiert blickte die Violetthaarige auf das Wesen, welches mit einem Mal vor dem Blonden erschienen war. Die junge Frau mit den blonden langen Haaren und dem grünen Kleid, wandte sich dem jungen Mann mit einem Lächeln zu und hob dann die Hand, woraufhin sich nicht nur um ihn, sondern auch und die drei Mädchen ein grüner Schimmer legte, welcher alle ihre Wunden heilte. „Eh was!?“, fragte Kuraiko vollkommen verwirrt, deren Statuseffekt nun anscheinend vorbei war, „Was ist passiert? Und was…?“ Auch sie blickte zu dem blonden Wesen, welches nun in die Runde schaute. „Cool Mirâ. Ich wusste gar nicht, dass du eine neue Persona hast“, kam es von Akane, bei der der Effekt des Shadows nun auch schon nachgelassen hatte. Die Angesprochene jedoch schüttelte nur den Kopf ohne den Blick von der blonden Persona zu nehmen: „Das ist nicht meine Persona…“ „Eh!?“ Die blonde Frau wandte sich wieder dem jungen Mann hinter sich zu und kicherte: „Ich habe ja gesagt, dass ich mich revanchieren werde für vorhin. Deshalb helfe ich euch hier.“ Erneut hob sie die Hand, dieses Mal in Richtung des Teddybären, unter dem sich kurz darauf ein hellblauer Kreis bildete, der nur einen Moment später mit einem lauten Knall explodierte und ihn damit zu Boden riss. Noch immer von der Szene vor sich irritiert starrten die User auf die Persona vor ihnen, welche sie plötzlich anschrie, dass sie gefälligst ihre Chance nutzen sollten. Daraufhin erwachten die Anwesenden aus ihrer Starre und starteten einen gemeinsamen Angriff auf den Shadow, welcher sie so unvermittelt angegriffen hatte. Die Attacke endete und der Bär verschwand in einer schwarz-roten Wolke. Doch als wäre dies nicht das Ende gewesen verzog sich plötzlich der Raum und kurz darauf landete die Gruppe wieder im Flur vor Junkos Zimmertür. „Wo wart ihr?“, fragte Masaru erschrocken und schien dann erst die Persona zu bemerken, welche noch immer zwischen den eben wieder erschienenen Usern schwebte, „Eine… neue Persona?“ „Ähm nein… das…“, begann Mirâ, wusste jedoch nicht, wie sie es erklären sollte. Sie wusste ja selbst nicht genau, wie sie sich das hier erklären konnte. Sie kannte diese Persona nicht und doch war sie vor ihnen erschienen und hatte ihnen geholfen. „Du bist doch der Shadow… die Persona von vorhin…“, warf plötzlich Ryu ein, weshalb einen Moment alle Blicke auf ihn gerichtet waren. „Richtig“, kicherte die blonde Frau und wandte sich dann wieder Hiroshi zu, „Ich hatte bei ihm noch eine Rechnung offen. Damit sollten wir jetzt quitt sein. Nicht wahr, mein süßer?“ Erschrocken wich angesprochener zurück, während ihn die Blicke der anderen durchbohrten. „Eins noch…“, ohne weiter darauf einzugehen, drehte sich die Persona zu Mirâ, „Ihr sucht das kleine Mädchen, das hier festsitzt. Nicht? Um zu ihr zu gelangen, müsst ihr die Schlüssel in der richtigen Reihenfolge einsetzen.“ „Kennst du die Reihenfolge?“, fragte Mirâ nach, doch lächelte ihr Gegenüber nur. „Ich kann dir so viel verraten, dass dieses Kind aus irgendeinem Grund ihr Lächeln verloren hat. Also dann machts gut. Vielleicht sieht man sich mal wieder“, mit diesen Worten verschwand das Wesen und ließ die Gruppe ratlos zurück. „Was meinte sie damit, dass Junko-chan ihr Lächeln verloren hat?“, fragte Megumi nach. Auch Mirâ überlegte kurz, doch hatte dann eine Idee, weshalb sie ohne weitere Worte auf die Einrichtung neben der Tür zuging, unter welcher die kleinen Teddybären lagen, die nach dem Fehlversuch zu Boden gefallen waren. Sie hob alle nacheinander auf und sah diese dann eingängig an, während sie versuchte sich zu erinnern, welchen Gedanken ihrer kleinen Schwester sie bei welcher Farbe gehört hatte. Danach setzte sie diese vom hellsten zum dunkelsten Ton ein, ohne dass dabei jedoch noch einmal die Gedanken zu hören waren. Dies war auch nicht nötig, da sie sich ohnehin in ihr Gedächtnis eingebrannt hatten. Die junge Frau setzte den letzten Bären in die Vorrichtung, woraufhin kurz darauf ein lautes Klacken ertönte, das ihnen sagte, dass der Weg nun frei war. Hosted by Animexx e.V. 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