Persona: Shadows of Mirror von ShioChan (Kagami no Kage) ================================================================================ Kapitel 88: LXXXVIII – Die Zwei Seiten der Medaille --------------------------------------------------- Sonntag, 06.September 2015 „Da bin ich“, grüßte Mirâ ihre beste Freundin, welche ihr breit lächelnd die Tür geöffnet hatte. Die Violetthaarige erwiderte dieses Lächeln jedoch nicht, sondern sah ihr Gegenüber nur mit einem missmutigen Blick an. Sie stand vor der Praxis von Akanes Eltern und war ursprünglich hier mit der Brünetten verabredet. Doch wirklich Lust hatte sie nun nicht mehr darauf. Nachdem ihre beste Freundin sie am Vorabend so hatte auflaufen lassen, hätte sie die Verabredung an diesem Tag am liebsten sofort abgesagt. Jedoch stand dieser Tag bereits seit einiger Zeit fest, weshalb sie trotz mieser Laune hier aufgeschlagen war. Akane bemerkte die miesgelaunte Stimmung der jungen Frau und schlug sofort die Hände zusammen. „Gomen. Ich wollte dich gestern nicht in Verlegenheit bringen. Ich wusste doch nicht, dass du unsere Bedienung werden würdest. Eigentlich dachte ich ja, dass wir dich nur kurz sehen würden“, entschuldigte sie sich sofort, woraufhin ihr gegenüber jedoch nur schnaubte. „Als hätte das etwas an der Situation geändert...“, meinte sie nur leicht genervt, „Du wusstest genau, dass ich Schicht habe und hast Hiroshi-kun und Nagase-kun bewusst ins Shādo gebracht. Weißt du eigentlich wie peinlich das war? Und dann noch die Aktion mit Minatsuki-san. Ich habe mich deshalb zum absoluten Trottel gemacht.“ „S-So ein Quatsch“, versuchte die Brünette ihre Kameradin zu beruhigen, was nur bedingt klappte. Sie musste zugeben, dass ihre Idee nicht so aufgegangen war, wie sie sich das erhofft hatte. Eigentlich war es ihr Ziel gewesen Hiroshi ein wenig zu necken und aus der Reserve zu locken, immerhin war das Shādo für seine Uniformen bekannt, die die Mädels dort trugen. Sie war sich sicher gewesen, dass ihr Kumpel vollkommen überrumpelt gewesen wäre, wenn er seinen Schwarm in diesem Aufzug sah. Das hatte zwar auch funktioniert, jedoch war die Kehrseite der Medaille, dass ihre beste Freundin nun sauer auf sie wer und das zu Recht. Dann war da noch die Sache mit Shina gewesen. Als Hiroshi sie angerufen hatte, dass seine Cousine zu Besuch war und sie überlegten etwas zusammen zu unternehmen war sie natürlich sofort Feuer zu Flamme gewesen. Als sie noch Kinder waren hatten die drei oft gemeinsam bei Hiroshis Großeltern im Garten gespielt. Auch in dieser Situation hatte die Brünette nicht weit genug gedacht. Sie wusste ja, dass Mirâ auf irgendeine Weise Gefühle für den Blonden hegte, selbst wenn sie es bisher verleugnete und immer noch Masaru nachrannte. Das sie jedoch jedes Mal eifersüchtig wurde, sobald sie den jungen Mann mit einem anderen Mädchen sah, war ihr nicht nur einmal aufgefallen. Und auch in dieser Situation hatte ihre Freundin mit ihrer Eifersucht zu kämpfen gehabt und dieses Mal war es endgültig eskaliert. Dass sich ihre Freundin dafür zutiefst schämte, war gestern nur allzu gut zu erkennen gewesen. Und dann musste sie die Gruppe auch noch den ganzen Abend bedienen. Mirâ hatte also allen Grund auf sie sauer zu sein. Geschlagen seufzte sie und setzte das reumütigste Gesicht auf, was sie zu bieten hatte. „Bitte verzeih mir Mirâ!“, bat sie noch einmal mit gesenktem Kopf und zusammengeschlagenen Händen, „Ich mach es wieder gut. Ich verspreche es.“ Die Violetthaarige hatte beleidigt ihr Gesicht abgewandt und sah ihre Freundin nun mit einem Seitenblick an, welche in genau dieser Position verharrte. Erst als sie ein geschlagenes Seufzen vernahm, wagte sie es langsam aufzuschauen. Die Oberschülerin hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt und die Augen geschlossen und wirkte dabei so, als würde sie überlegen was sie nun machte. Dann seufzte sie noch einmal und gab sich geschlagen. „Na gut. Dafür lädst du mich mal auf Tee und Kuchen ein. Und zwar ins Café Charbon in der Innenstadt“, sagte sie anschließend mit dem Wissen, dass dieses französische Café wirklich teuer war. „EH? Aber das ist doch dieser superteure Laden, der europäische Süßigkeiten verkauft“, schimpfte Akane geschockt, doch seufzte nach einer kurzen Pause und gab sich dann geschlagen, „Na gut…“ Ein breites Grinsen legte sich auf das Gesicht der Violetthaarigen: „Gut. Dann verzeih ich dir.“ „Hehe…“, lachte die Brünette nur bedröppelt, während Mirâ an ihr vorbei in die Praxis trat und sich dann umsah. Die Oberschülerin stand inmitten eines recht großen Wartezimmers. Zu ihrer Rechten war ein weißer Tresen, auf dem mehrere Prospekte zur Tierpflege standen. Dahinter erkannte sie einen Arbeitsplatz mit Computer, welcher an diesem Tag jedoch leer war. Auf der anderen Seite erstreckte sich der Raum ein wenig nach Links und schloss mit einer weißen Wand ab, in die eine Tür eingelassen war, wo „Privat“ draufstand. Anscheinend handelte es sich dabei um den Durchgang zum Wohnhaus der Familie Chiyo. Ansonsten unterschied sich der Rest des Raumes nicht wirklich von anderen Wartezimmern, mit der Ausnahme das hier und da ein leerer Wassernapf stand. Mirâ richtete ihren Blick wieder nach vorn, links am Tresen vorbei und erkannte an der Wand ihr gegenüber mehrere Türen mit Fenstern im oberen Drittel. Hinter dem Empfang verlief ein Gang, welcher wohl zu weiteren Räumlichkeiten führte. Hinter ihr schloss Akane wieder die Praxistür und stellte sich dann neben sie. „Willkommen in meiner Welt“, lachte sie anschließend, „Danke, dass du mir heute hilfst.“ Die Oberschülerin schüttelte den Kopf: „Schon okay. Ich wollte schon immer mal sehen, wie das in einer Tierpraxis so abläuft. Auch wenn ihr heute geschlossen habt.“ „Die Praxis ist zwar geschlossen, aber Arbeit ist immer da. Wir haben einige Tiere zur Pflege hier, die natürlich auch am Sonntag verpflegt werden müssen“, erklärte Akane den heutigen Tagesablauf, „Also werden wir uns vorrangig darum kümmern.“ Mit einem Lächeln nickte Mirâ und beobachtete wie Akane vorging und sich schon einmal die Ärmel hochkrempelte, bevor sie dieser folgte. Vor einigen Tagen hatte ihre Freundin sie schon einmal gefragt, ob sie ihr denn nicht mal helfen wolle, wenn sie in der Praxis aushalf. Anfangs war sich Mirâ nicht sicher, ob das eine so gute Idee war, immerhin hatte sie keine Ahnung von Tieren. Die Brünette jedoch hatte sie beruhigt und ihr versichert, dass es nichts Weltbewegendes wäre und sie ihr alles erklären würde. Außerdem konnten sie so mal wieder einen Tag zusammen verbringen. Das war natürlich ein Argument gewesen, dass auch der Violetthaarigen zusagte, denn so wirklich viel Zeit nur mit Akane hatte sie in den Sommerferien nicht verbracht. Meistens waren sie als komplette Gruppe oder im Dungeon unterwegs gewesen. Häufig hatten sie auch beide schon etwas anderes vorgehabt. Deshalb mussten sie die letzten Tage der Sommerferien noch einmal nutzen. Und hier konnte sie sogar noch etwas Gutes tun und den Tieren helfen. Sie nickte mit einem Lächeln und schob ihre Ärmel auch etwas nach oben, während sie ihrer Freundin durch den Gang hinter der Anmeldung folgte. Diese führte sie durch eine Tür in einen weiteren Gang, in welchem zu beiden Seiten jeweils drei Türen abgingen. Große Glasfenster gewährten einen Blick in die sechs Räume, welche durch hohe Deckenlichter an den Außenwänden erhellt wurden. Akane stoppte vor dem letzten Raum zu ihrer Linken und winkte die Violetthaarige zu sich, die der Bitte nachkam und an ihre Freundin herantrat. Neugierig blickte sie durch das große Fenster und erkannte einen kleinen Shiba, der freudig hechelte und mit dem Schwanz wedelte. Um seine linke Hinterpfote war ein dicker Verband gewickelt. „Das ist Aya. Sie ist letzte Woche beim Spazierengehen in ein Erdloch gestürzt und hat sich dabei die Hinterläufe gebrochen. Zum Glück nichts extrem Schlimmes, aber der Bruch war offen und sie kaut ständig am Verband, weshalb meine Eltern sie hierbehalten haben. Nachher müssen wir mit ihr noch eine Runde um den Block gehen“, erklärte Akane anschließend, „Sie bekommt aber jetzt erstmal Wasser und Futter. Wenn wir reingehen darfst du dich nicht erschrecken. Sie ist Fremden gegenüber etwas mürrisch. Kann sein, dass sie kurz bellt. Am besten ist, wenn du ihr Anfangs nicht zu viel Aufmerksamkeit schenkst, sonst schwänzelt sie dir die ganze Zeit zwischen den Füßen rum. Ach so… und wir müssen uns beeilen, wenn wir reingehen, sonst ist sie schneller draußen, als uns lieb ist.“ Mirâ nickte, während Akane nach einem Behälter griff, vorsichtig die Tür öffnete und durch einen Schlitz hineinschlüpfte. Die Violetthaarige tat es ihr gleich und schloss hinter sich sofort die Tür. Sofort begann ein ziemliches Gebell. Kurz blickte die junge Frau auf den kleinen Shiba, welcher breitbeinig aufgebaut vor ihr stand und sie von unten hinauf anbellte. Ein Zupfen an ihrem Ärmel ließ sie den Blick jedoch abwenden und zu Akane schauen, die ihr einen silbernen Napf vorhielt, in dem sich noch ein wenig Wasser befand: „Hier. Würdest du das wechseln? Rechts in der Ecke ist ein kleines Waschbecken, da kannst du den Napf ausspülen und frisches Wasser einfüllen.“ Nickend nahm Mirâ den Napf entgegen und wandte sich dann ab, um das erwähnte Waschbecken zu suchen. Es dauerte nicht lange, bis sie Gesuchtes gefunden hatte, jedoch war der Weg dahin ein Problem. Der kleine Shiba sprang ihr bellend zwischen den Füßen umher. Dabei waren seine Bewegungen so unlesbar, dass sie ihre Mühe und Not hatte ihn nicht zu treten. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte sie es endlich geschafft das Becken zu erreichen, jedoch ließ der Kleine einfach nicht von ihr ab. Ein leises Pfeifen erklang, woraufhin plötzlich Stille einkehrte und der Hund den Blick abwandte, um zu Akane zu schauen. Diese rief ihn mit einem kleinen Leckerli in der Hand zu sich. Kurz zögerte Aya, doch entschied dann, dass das Leckerli wohl besser war, als eine fremde Person anzubellen. So zog sie ohne weiteres von dannen und rannte zu der Brünetten, die ihr den kleinen Leckerbissen verabreichte und ihr dann über den Kopf strich. „Braves Mädchen“, lachte sie, „Du brauchst keine Angst zu haben. Die Tante tut dir nichts. Sieh, sie gibt dir nur frisches Wasser.“ Mirâ stellte den Napf mit dem frischen Wasser auf den Boden, an die Stelle, wo Akane ihn entfernt hatte, und spürte dabei die ganze Zeit den Blick des Hundes auf sich. Noch einmal strich ihr die Brünette über den Kopf und erhob sich dann langsam: „Wir gehen nachher nochmal raus. Ja? Gedulde dich bis dahin noch etwas, Aya.“ Ohne weiteres schritt sie an dem kleinen Hund vorbei, welcher sich mit schiefgelegtem Kopf auf seinen Hintern setzte und beobachtete, was sie nun tat. Dabei berührte sie vorsichtig Mirâs Arm, um ihr zu bedeuten ihr zu folgen. Kurz darauf standen sie wieder in dem Gang und Mirâ atmete erst einmal kurz durch. Es war nicht so, dass sie Angst vor Hunden hatte, allerdings mochte sie es überhaupt nicht, wenn diese sie so unvermittelt anbellten. Wobei sie sich nicht wundern musste, immerhin war sie in sein Territorium eingedrungen und nicht andersherum. Eine Hand legte sich auf ihre Schulter, woraufhin sie zu ihrer besten Freundin schaute, die sie anlächelte: „Das hast du doch schonmal gut gemacht. Du solltest dir deine Nervosität nur nicht so anmerken lassen.“ „Das sagt sich so einfach. Du hast damit ja auch Erfahrung“, seufzte Mirâ, woraufhin allerdings nur ein Lachen als Antwort folgte. Die Brünette klopfte ihr noch einmal auf die Schulter und setzte sich dann wieder in Bewegung zum nächsten Raum. Die Violetthaarige tat es ihr gleich und so verbrachten die beiden jungen Frauen den Vormittag damit die einzelnen Räume sauber zu machen und den Tieren, die darin zur Pflege waren, Futter und Wasser zu geben. Wie Mirâ im Laufe des Tages noch erfahren sollte, hatte der Leckerli, den Aya bekommen hatte, den Zweck, dass sie ihre Medikamente nahm. Tiere waren sehr intelligent und genau wie Menschen nahmen sie ungern etwas, was ihnen nicht geheuer war. In dem Fall Medikamente. Es war schwierig den Tieren dieses über ihr reguläres Futter zu verteilen, da vor allem Hunde, oft den Braten rochen und das Nassfutter nicht anrührten sobald etwas darin war. Oft blieb auch noch vieles über, sodass sie das Medikament nicht in der vollen Dosis nahmen. Mehr einzumischen war jedoch auch keine Option, weil man nie wusste, ob das Tier am Ende nicht doch alles fraß. Deshalb verabreichten sie den Tieren meistens Medikamente in Tablettenform, die sie in kleinen Leckerbissen versteckten. Das klappte meistens am besten. Im Laufe des Vormittags stießen auch noch Akanes Eltern hinzu und erledigten die Dinge, die die beiden Oberschüler nicht erledigen konnten. So musste die Violetthaarige feststellen, dass es in einer Tierpraxis wohl immer irgendetwas zu tun gab. Am frühen Nachmittag waren die beiden jungen Frauen mit ihrer Arbeit fertig und wurden zu Tee und Gebäck gerufen. Gemeinsam mit Akanes Eltern saßen sie im Wohnzimmer auf der bequemen hellen Couch und genossen frisch aufgebrühten grünen Tee und dazu passendes Gebäck. „Vielen Dank für deine tolle Hilfe, Mirâ-chan“, bedankte sich Akanes Mutter bei der Violetthaarigen, welche sie kurz überrascht ansah. „G-Gerne. Es hat mir wirklich viel Spaß gemacht, Chiyo-san“, sagte sie anschließend mit einem freundlichen Lächeln, „Ich habe eine Menge gelernt und wirklich sehr viel Respekt für ihre Hingabe für all die Tiere. Ich kann gut verstehen, wie Akane zu einem solchen Tierfreund werden konnte.“ Die Erwähnte lief plötzlich rot an und wandte etwas beleidigt den Blick ab: „N-nun übertreib mal nicht.“ Ihr Vater lachte: „Ja, Akane war schon immer so aufopferungsvoll, wenn es um Tiere ging. Nicht umsonst haben wir mittlerweile vier Katzen. Ich bin gespannt, wie viele es noch werden.“ Mirâ lächelte auf die Aussage des älteren Mannes nur, während Akane mit ihm schimpfte, dass das so klang, als würde sie jeden dahergelaufenen Streuner aufnehmen. Ein Lachen entkam ihrem Vater, in welches auch ihre Mutter mit einstimmte. Die Braunhaarige jedoch verschränkte nur beleidigt die Arme vor der Brust. Mirâ konnte ihr ansehen, dass sie sich leicht veralbert vorkam, doch nach nur wenigen Sekunden verflog dies wieder und die junge Frau stimmte ebenso mit ins Lachen ein. Das Klingeln eines Telefons unterbrach diese ausgelassene Stimmung jedoch jäh. Erschrocken blickten alle Anwesenden auf das schwarze Smartphone auf dem Tisch, welches unter lautem Klingeln und Vibrieren über den Tisch rutschte. Akanes Vater, welcher dem Gerät am nächsten saß griff danach und nahm das Telefonat entgegen. „Tierpraxis Chiyo. Was kann ich für Sie tun?“, fragte er und wartete einen Moment, bevor sein Blick ernst wurde, „Ja ich verstehe. Bringen Sie ihn vorbei, meine Frau wird Sie in Empfang nehmen.“ Während er telefonierte hielt er Blickkontakt zu seiner Frau, welche nur nickte und sich dann erhob: „Tut mir leid ihr beiden. Wie es scheint kommt ein Notfall rein. Trinkt ruhig weiter euren Tee. Wenn ihr noch etwas Gebäck haben wollt, dann könnt ihr euch welches aus der Küche holen.“ „Braucht ihr irgendwie Hilfe?“, fragte Akane nach. Der ältere Mann hatte mittlerweile das Telefonat beendet und erhob sich ebenfalls aus seinem Sessel: „Nein schon gut. Das bekommen wir alleine hin. Kümmere dich um deine Freundin, Akane.“ Daraufhin verließen beide Erwachsene den Raum, woraufhin man kurz darauf hörte, wie die Tür zur Praxis ins Schloss fiel. Die Brünette sah ihren Eltern kurz nach und seufzte dann. Überrascht blickte Mirâ zu ihrer Freundin: „Ich dachte ihr habt heute geschlossen…“ Zwei tiefgrüne Augen richteten sich auf sie, während ihr deren Besitzerin erklärte, dass dies zwar richtig sei, ihre Eltern allerdings eine Art freiwillige Bereitschaft hatten. So arbeiteten sie eng mit der großen Tierklinik in Hansha-ku zusammen, wo sie früher gearbeitet hatten, und nahmen auch mal Notfälle an, wenn die Klinik überlastet war. Natürlich kümmerten sie sich dabei nur um Tiere, mit denen sie sich auskannten. Von bestimmten exotischen Tieren ließen sie die Finger. Zwar hatten sie damit in ihrer Zeit in der Klinik auch zu tun gehabt, jedoch waren das eher die seltenen Fälle gewesen. Und das Risiko ihnen noch mehr Leid zuzufügen, war ihnen dann doch zu hoch. „Deine Eltern lieben Tiere wirklich über alles. Was?“, stellte die Violetthaarige fest und lächelte, „Ich kann wirklich verstehen, wieso auch du Tiere so sehr liebst.“ Ihre beste Freundin sagte nichts dazu, allerdings merkte man ihr an, dass ihr die Aussage unangenehm war, denn die leichte Röte in ihrem Gesicht war nicht zu übersehen. Eine angenehme Wärme breitete sich in Mirâs Inneren aus. Vorsichtig berührte sie die Stelle an ihrer Brust, wo ihr Herz schlug, während ihr bewusst wurde, dass sie ihre Freundin noch ein kleines Stück besser zu verstehen gelernt hatte. Der Himmel verfärbte sich bereits orange, als sie von ihrer besten Freundin noch ein kleines Stück auf dem Heimweg begleitet wurde. Sie hatten einen schönen Tag zusammen verbracht, an dem sie einen intensiven Blick in den Alltag der Familie der Brünetten werfen durfte. Für sie war dieser Tag angenehm und lehrreich zugleich und sie freute sich darüber, so viel über verschiedene Tiere gelernt zu haben. „Ah…“, stoppte Akane plötzlich, während sie ein Stück am Fluss entlanggingen, „Da ist Yasuo-senpai.“ Mirâ folgte dem Blick ihrer besten Freundin und erkannte daraufhin auch den älteren Schüler, wie er, wie so häufig, auf dem Hang zum Flussbett saß und seinen Hund zu beobachten schien, der sich am Wasser vergnügte. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als sie wieder zu der Brünetten sah, auf deren Wangen sich ein leichter rosa Schimmer gebildet hatte. „Wollen wir zu ihm? Ist ja noch etwas Zeit, bis ich zu Hause sein muss“, ohne jedoch auf eine Antwort zu warten, hatte sich die Schülerin bereits in Bewegung gesetzt und war auf den Blauhaarigen zugelaufen. Akane wollte erst protestieren, doch folgte dann ohne ein weiteres Wort, denn wenn sie ehrlich war freute sie sich sogar ihren Senpai zu sehen. Es dauerte einige Minuten, doch dann waren sie bei dem jungen Mann angekommen, welcher sie noch gar nicht bemerkt hatte. Geistesabwesend starrte er auf einen Punkt in der Ferne, während er über seine orangenen großen Kopfhörer Musik zu hören schien. Dass er wohl doch nicht Bêju zu beobachten schien merkte man daran, dass es nur wenige Sekunden dauerte, bis dieser plötzlich neben Akane erschien und diese stürmisch begrüßte. Aber auch das bekam der Blauhaarige nicht mit. Irritiert sahen sich die beiden Mädchen kurz an, bevor Akane sich dem hellen Hund zuwandte und ihn im Nacken kraulte. „Na Bêju. Was ist denn mit deinem Herrchen los?“, fragte sie und erhob sich dann, um direkt neben den jungen Mann zu treten und ihm unvermittelt, aber vorsichtig die Kopfhörer von den Ohren zog. Erschrocken kehrte dieser daraufhin in die Realität zurück und sah fragend auf, woraufhin sein Blick auf Akane fiel. „Guten Abend, Senpai. Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte sie vorsichtig nach, woraufhin ihr Gegenüber sie jedoch einige Sekunden mit großen Augen ansah und erst einmal verstehen musste, was überhaupt los war. Einige Zeit später saßen die drei Oberschüler nebeneinander auf dem Hang und beobachteten Bêju, der wieder damit beschäftigt war durch den flachen Teil des Flusses zu toben. Starr hatte Yasuo seinen Blick wieder auf den Hund gerichtet und schien mit den Gedanken wieder woanders, dieses Mal allerdings nicht so weit weg, wie noch vor wenigen Minuten. Dabei wirkte er niedergeschlagen. In seinen Augen spiegelte sich Traurigkeit und Wehmut und Mirâ fragte sich, was den älteren Schüler wohl bedrückte. „Ist bei dir alles in Ordnung, Senpai? Du wirkst du niedergeschlagen und abwesend.“, fragte sie schlussendlich vorsichtig nach, „Ist etwas Schlimmes passiert?“ Eine kurze Stille folgte, bevor der Blauhaarige den Blick von seinem Hund nahm und diesen auf seine Füße vor sich richtete: „Nein, es ist nichts passiert. Es ist eher der Tag…“ „Wie meinst du das, Senpai?“, fragte Akane mit schiefgelegtem Kopf nach, „Hattest du einen schlechten Tag?“ Ein kaum erkennbares Lächeln legte sich auf Yasuos Lippen, welchem ein ganz leises Kichern folgte, bevor er die Augen schloss und meinte, dass diese Aussage typisch für die junge Frau war. Dann wurde sein Blick jedoch wieder ernst und er schüttelte den Kopf. „Nein… wisst ihr…“, begann er plötzlich, „Heute ist… der Todestag meiner Mutter. Sie litt an einer unheilbaren Krankheit und starb vor sechs Jahren daran. Ich musste einfach an sie denken.“ Er wandte sein Gesicht dem orangefarbenen Himmel zu und beobachtete dann die vorbeiziehenden Wolken. Überrascht sahen die beiden Jüngeren ihn an und schienen einen Moment zu brauchen, um zu registrieren was sie gehört hatten. Bisher hatten sie angenommen, dass Yasuos Mutter noch lebte und ihn nur zu seinen Großeltern abgeschoben hatte. Das jedenfalls hatten sie dem Brief entnommen, den sie in dessen Dungeon gefunden hatten. Ihnen war nie in den Sinn gekommen, dass es anders hätte sein können. Trotzdem machte der Brief dann keinen Sinn. „Andererseits waren es nur Ausschnitte und wir haben nie den Rest lesen können, weil ein Shadow ihn vernichtet hat“, ging der Violetthaarigen durch den Kopf. Das Sinnvollste wäre es wohl gewesen ihren Senpai deshalb zu fragen, jedoch empfand sie das in dieser Situation als unsensibel. Doch bevor sie sich etwas anderes überlegen konnte, hatte ihre beste Freundin bereits wieder aus dem Bauch heraus gehandelt. „U-Und was war das dann für ein Brief in deinem Dungeon?“, hatte sie plötzlich gefragt und Mirâ damit aus ihren Gedanken gerissen, die sie nur irritiert ansah. Der Brünetten schien das nicht einmal aufzufallen, während sie ihren Senpai mit großen grünen Augen ansah. Dieser wirkte ebenso verwirrt und schien einen Moment zu brauchen, um zu verstehen, welchen Brief die Jüngere überhaupt meinte. Er zwang sich ein kleines Lächeln ab: „Das ist irgendwie auch typisch für dich… Ihr habt den Brief also in meinem Dungeon gefunden und gelesen. Ja?“ Die jungen Frauen senkten den Blick, während Mirâ antwortete: „Gomen. Wir wollten nicht neugierig sein, aber dieser Brief… er gab uns Anhaltpunkte, um zu dir zu gelangen. Aber wir konnten das Ende nicht lesen… ein Shadow hatte ihn zerstört.“ „Ich verstehe“, Yasuo wirkte gelassen, so als sei er sogar ganz froh, dass die Gruppe darüber bescheid wusste, „Der Brief war von meiner Tante. Meine Großeltern hatten sie gebeten mich bei sich aufzunehmen, weil sie nicht mehr die Jüngsten sind. Aber sie kommt wohl mit meiner Art nicht zurecht und hat deshalb abgelehnt.“ „D-das tut mir leid Senpai. Auch das mit deiner Mutter…“, entschuldigte sich Mirâ, doch der junge Mann schüttelte nur den Kopf. „Nein schon gut. So ist halt das Leben“, zuckte er anschließend mit den Schultern, „Das sind Dinge, mit denen wir lernen müssen zu leben. Sie passieren eben und wir können sie nicht ändern. So sehr wir uns das auch wünschen.“ Das violetthaarige Mädchen senkte den Blick, während sie spürte, wie sich in ihrer Brust ein warmes angenehmes Gefühl ausbreitete und ihr verriet, dass sie dem älteren Schüler wieder etwas nähergekommen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)