Persona: Shadows of Mirror von ShioChan (Kagami no Kage) ================================================================================ Kapitel 79: LXXIX – Auf ins Gefecht ----------------------------------- Donnerstag, 03.September 2015 „Ghn“, genüsslich streckte sich Akane und reckte ihr Gesicht gen Himmel, „Was für ein angenehmer Morgen.“ Nickend beobachtete Mirâ ihre beste Freundin, bevor sie ihren Blick ebenfalls Richtung Himmel hob. Ein angenehm kühler Wind kam auf und strich ihr durch die Haare. Es war wirklich ein sehr erfrischender Morgen an diesem Tag. Von der drohenden Hitze, welche sich über den Tag noch ausbreiten würde, war noch nichts zu spüren. So war es auch nicht verwunderlich, dass ihnen nicht mal wenige Menschen entgegenkamen, die die frische Morgenluft für Ihre Besorgungen nutzten, bevor es wieder zu heiß sein würde, um sich überhaupt zu bewegen. So auch Akane und Mirâ. Erstere wollte sich relativ früh auf den Heimweg machen, um noch einige Dinge zu erledigen, bevor sie am späten Abend wieder in die Spiegelwelt gingen. Und die Violetthaarige wollte sie noch ein Stück begleiten, bevor sie Junko bei ihrem Kapitän abholen würde. Die Braunhaarige wandte sich an ihre Freundin und blieb plötzlich stehen: „Das war wirklich ein toller Abend. Nächstes Mal laden wir noch Kuraiko und Megumi-chan mit ein, dann wird es noch lustiger.“ „Sicher.“, lächelte Mirâ, als sie neben Akane zum Stehen kam. Diese grinste: „So ich muss jetzt hier lang. Wir sehen uns dann heute Abend.“ „Ja, bis nachher.“, winkend sah das violetthaarige Mädchen ihrer besten Freundin nach, während diese sich immer weiter von ihr entfernte. Nach wenigen Minuten war diese dann aus ihrem Sichtfeld verschwunden, sodass sich nun auch die junge Frau abwandte und ihren Weg fortsetzte. Dabei kreisten ihre Gedanken um die an diesem Tag stattfindende Rettungsaktion. Wenn alles gut lief würden sie es dieses Mal bis zum Zwischenboss schaffen und das war auch das mindeste, was an diesem Abend drinnen sein musste. So tief in ihren Gedanken versunken bemerkte Mirâ nicht, dass sich ihr jemand von vorn näherte, der ebenfalls mit seinem Kopf ganz woanders war. So war es nicht verwunderlich, dass es nicht lange dauerte und beide ineinanderliefen. Mit einem dumpfen Geräusch knallten beide Personen gegeneinander und stolperte daraufhin einige Schritte zurück. Sofort schrak Mirâ aus ihren Gedanken und sah auf die Person ihr gegenüber, welche sie mit einem verängstigten Blick ansah und die sie mittlerweile vom Sehen her recht gut kannte. „Oh... Kamiya-kun. Was für ein Zufall“, lächelte die Ältere den Braunhaarigen an, „Entschuldige, ich war in Gedanken versunken und hab dich deshalb nicht gesehen. Alles in Ordnung?“ Der Jüngere sah sie immer noch mit weit aufgerissenen Augen an und kam nur langsam wieder zurück in die Realität, wo er erst zu bemerken schien, wen er umgerannt hatte. „Ah... Ähm... Shingetsu-san. Hab ich Recht? B-bitte entschuldige“, entschuldigte sich Satoshi und wollte sich dann wieder zum Gehen wenden, als er von der Violetthaarigen wieder abgehalten wurde. „Hey warte doch mal“, begann sie, woraufhin der Jüngere stehen blieb, „Du sahst eben so blass aus. Hast du wieder etwas gesehen? Letztes Mal bist du ja auch plötzlich weggelaufen. Ich würde gerne wissen, was du gesehen hast.“ „N-Nein es ist vielleicht besser, wenn du das nicht erfährst“, versuchte Satoshi abzulenken, doch die Oberschülerin ließ nicht locker und stellte sich ihm in den Weg. Kurz sah sie ihm eindringlich an, doch grinste dann: „Ich möchte es aber gerne wissen. Woher soll ich denn wissen wovor ich mich in Acht nehmen muss, wenn du nichts sagst? Komm, ich lade dich auch auf ein Eis ein. Hm?“ Wenige Minuten später hatten sich beide, mit einem Eis am Stiel, bei einem kleinen Spielplatz auf eine Bank gesetzt. „Also?“, fragte die Ältere grinsend. Satoshi sah sie kurz von der Seite aus an und zögerte, bevor er seufzte und anfing mit zittriger Stimme zu erzählen, was genau er gesehen hatte. So erfuhr Mirâ, dass der junge Mann bei ihr keine direkten Visionen mehr hatte, sondern das was er sah ganz anders war. Eine bedrohliche rote Aura soll um sie herum zu erkennen sein, welche sie zu verschlingen drohte. Mirâ hörte aufmerksam zu und schluckte kurz, um das, was sie erfahren hatte, irgendwie zu verarbeiten. Es klang eigentlich eher wie in einem Horrorfilm und wirkte nicht real, aber er hatte sie einmal gerettet nachdem er eine Vision in ihrer Gegenwart hatte. Außerdem wirkte Satoshi nicht so, als würde er lügen. Eher so, als sei diese Kraft, die er besaß, eine Last für ihn. „Ich weiß, dass klingt alles echt komisch. Ich kann verstehen, wenn du mir nicht glaubst. Sowas bin ich gewöhnt. In meiner Familie glaubt mir das auch keiner“, nuschelte Der Jüngere mit gesenktem Blick, „Ich würde dich nur bitten gut auf dich aufzupassen. Irgendwas daran ist wirklich merkwürdig.“ Sicher, es klang wirklich komisch, trotzdem hätte Mirâ keinen Grund ihm nicht zu glauben. Zumal sie eh schon einige Zeit das Gefühl hatte beobachtet zu werden, seit sie diesem unheimlichen Schatten das erste Mal in der Spiegelwelt begegnet war. Deshalb schüttelte sie nur den Kopf: „Nein ich glaube dir.“ Überrascht sah der junge Mann sie an, woraufhin sie ihm erklärte, dass sie bereits so eine Ahnung hatte und glaubte, dass sie jemand beobachtete. Satoshis Augen wirkten, als würden sie jeden Moment herausfallen. So groß waren sie, während er die Violetthaarige betrachtete. Diese setzte ein leicht besorgtes Lächeln auf und nickte dem jungen Mann zu, als Zeichen, dass sie ihm wirklich glaubte. Doch plötzlich wandelte sich dieses in ein Grinsen und die junge Frau blickte nach oben in den Himmel. „Aber gut. Dann weiß ich ja, worauf ich achten muss. Danke dir, Kamiya-kun.“, lachte sie anschließend und versuchte so die angespannte Stimmung etwas aufzulockern, auch wenn ihr selber nicht so danach war. Der Angesprochene wirkte leicht überfordert und wandte deshalb den Blick wieder gen Boden, während er nickte: „Schon gut. U-und du kannst mich Satoshi nennen.“ Die Ältere lächelte: „Gut... Dann Satoshi-kun. Du kannst mich ruhig Mirâ nennen.“ Ein angenehm warmes Gefühl breitete sich in Mirâs Brust aus und in ihrer Tasche spürte sie ein leichtes Vibrieren. Fragend sah die junge Frau auf diese und gerade als sie nachsehen wollte, stoppte sie, als sich Satoshi von der Bank erhob. „I-ich muss dann los. D-danke für das Eis, Mirâ-senpai.“, sagte er zurückhaltend und wollte gerade gehen, als ihn die junge Frau noch einmal kurz zurückhielt. „Warte mal. Wie alt bist du eigentlich?“ Überrascht sah der Braunhaarige sie an und antwortete nur zögerlich: „14...“ Die Ältere lächelte. Er war also noch in der Mittelstufe. So etwas hatte sie sich schon gedacht, immerhin sprach sein Verhalten sehr dafür. Zudem hatte ihn sein Auftreten ihr gegenüber verraten. Sie nickte: „Das konnte ich mir schon denken. Dann pass auf dem Heimweg gut auf dich auf. Und wenn wir uns das nächste Mal sehen, versuch nicht wieder gleich wegzurennen. Hm?“ Lächelnd warf sie dem jüngeren ein Zwinkern entgegen, auf das er etwas irritiert wirkte, doch dann ebenfalls lächelte, bevor er nickte und schlussendlich ging. Die Oberschülerin sah ihm kurz nach, ehe sie leise seufzte und nach ihrem Smartphone tastete. Mit einer gekonnten Bewegung hatte sie das kleine Gerät gegriffen, entsperrt und darauf die Persona App geöffnet. Sie tippte auf ihre Social Links und erkannte, dass sich die Arcana des Schicksals erweitert hatte. Noch einmal blickte sie in die Richtung, in die Satoshi verschwunden war und nickte dann leicht. Das letzte Mal hatte sie schon so eine Ahnung gehabt, doch nun hatte sie Gewissheit. Satoshi war die Fortune Arcana, welche sie bei ihrem letzten Treffen mit ihm geschlossen hatte. Am frühen Nachmittag hatte sich die Oberschülerin zu einer Schicht im Shādo eingefunden. „Herzlich willkommen.“, grüßte Mirâ, als sie die Türglocke vernahm, die ankündigte, dass jemand die Karaokebar betreten hatte. Sie selbst war gerade im Wartebereich zu Gange und kümmerte sich um die vorgeschriebene Ordnung. Dass jemand um diese Zeit bereits in die Bar kam irritierte sie schon etwas. Die meisten kamen eigentlich erst am Abend, doch andererseits waren Ferien. Wieso also auch nicht? Immerhin hatte das Shādo genau deshalb bereits geöffnet. Unter normalen Umständen würde die Bar erst gegen 17 Uhr öffnen, da es sich vorher gar nicht lohnen würde. Nur in den Ferien machten sie bereits gegen Mittag auf, weil es viele Schüler gab, die die Zeit nutzten und ihnen einen Besuch abstatteten. Sie wischte den letzten Rest von dem blauen Glas auf dem Tisch ab, erhob sich wieder und drehte sich in Richtung des vermeintlichen Gastes. Da um diese Zeit eher selten Besuch kam war der Tresen nicht dauerhaft besetzt. Falls Gäste kamen, konnten sie sich an einen der Kellner oder den Barkeeper wenden, sodass es nicht von Nöten war, dass dauerhaft jemand vorne saß. Doch als Mirâ sich aufgerichtet hatte und den vermeintlichen Gast sah, stoppte sie überrascht in ihrer Bewegung. Vor ihr stand ein junges Mädchen in ihrem Alter mit auffällig blonden Locken, welche unter einer etwas zu groß wirkenden Mütze hervorschauten. Ihre Kopfbedeckung saß ihr tief im Gesicht, wodurch Mirâ dieses nicht erkennen konnte. Sie trug ein legeres dunkelrosanes Shirt, dessen oberes Bündchen so weit offen war, dass es über ihre linke Schulter fiel und den Blick auf den schwarzen Träger eines BHs freigab. Das Oberteil war vorn locker in den Bund einer schwarzen Hotpants gesteckt, während es hinten herunterhing und fast über den Po reichte. Auf der Vorderseite stand etwas in goldener Schrift geschrieben, was Mirâ jedoch nicht richtig lesen konnte, da der Stoff zu sehr in Falten fiel. Dazu trug die Blonde ein paar schwarz-goldene Flipflops. Alles im allen wirkte dieses Outfit modisch, jedoch auch sehr leger. Mit großen Augen sah die Violetthaarige ihr Gegenüber an und legte den Kopf schief: „Kann ich dir helfen?“ Die Blonde sah sich kurz um und wirkte so, als wolle sie sicher gehen, dass niemand in der Nähe war, der sie erkennen konnte. Langsam hob sie ihre Mütze an, wodurch zwei goldgelbe Augen zum Vorschein kamen: „Hättest du einen Moment Zeit? Ich würde gerne mit dir sprechen.“ Vollkommen überrumpelt hätte Mirâ beinahe den Wassereimer in ihrer Hand fallen lassen, als ihr auffiel, dass niemand geringeres als Akisu vor ihr stand. Doch bevor dies geschah konnte sie sich noch fangen und nickte, während sie der Blonden bedeutete ihr zu folgen. Schnell sagte sie an der Bar Bescheid, dass sie für einen Moment hinten sei und führte das blonde Idol dann in einen der leeren Karaoke-Räume, wo sie ungestört waren. Als Akisu den Raum betrat sah sie sich kurz um, bevor sie sich die Mütze von Kopf riss und daraufhin ihre blonden, nun offenen Haare zum Vorschein kamen und ihr locker auf die Schulter fielen. Dann setzte sich die junge Frau auf die Bank und bedeutete Mirâ es ihr gleich zu tun. Die Violetthaarige tat wie geheißen und setzte sich dem Popsternchen gegenüber. „Also... Was möchtest du von mir?“, fragte sie anschließend. „Ich wollte dir danken“, sagte die Blondine ohne weitere Umschweife, was zu einem verwirrten Blick bei Mirâ führte, „Wegen Kyoyo.“ Die Fragezeichen auf dem Gesicht der Violetthaarige wurden immer mehr, was Akisu erst nach einer kleinen Ewigkeit zu bemerken schien und sich dann räusperte. „Entschuldige... Ich meinte wegen Kyo. Ich weiß nicht, wie du das angestellt hast, aber... Er kam mich einen Tag vor meiner Entlassung im Krankenhaus besuchen. Ich habe mich riesig gefreut, auch wenn man ihm angemerkt hat, dass es ihm unangenehm war.“ Nun verstand Mirâ und lächelte leicht: „Ach so. Aber um ehrlich zu sein habe ich gar nichts gemacht. Eigentlich wollte ich ihn an dem Tag, als ich bei dir war darum bitten dich zu besuchen. Aber dann habe ich gesehen, wie er sich mit eurer Mutter gestritten hat und deshalb habe ich das lieber gelassen. Er war danach sowieso schon gereizt.“ Das Idol senkte den Blick: „Ich verstehe. Kyos Verhältnis zu unserer Mutter war schon immer sehr angespannt. Weißt du... Unserer Familie gehört ein Modelabel. Unser Vater war ein begnadeter Designer. Kyo wollte in seine Fußstapfen treten... Und das könnte er mit seinen Fähigkeiten auch. Aber Mutter lässt das nicht zu. Sie will nicht, dass ein Mann den Konzern leitet. Ironisch oder? Wo unser Vater doch auch einst Chef war.“ „Ist er...?“, Mirâ konnte den Satz nicht beenden, doch die Blonde ihr gegenüber beantwortete ihn trotzdem: „Er ist vor einigen Jahren gestorben. Seitdem führt unsere Mutter das Unternehmen. Sie möchte, dass ich Design studiere, aber ich kann das nicht. Ich kann weder zeichnen, noch habe ich das Talent für sowas. Kyo wiederum kann es und darf nicht. Das führte bei uns immer wieder zu Reibereien, weshalb Kyo gegangen ist.“ Die Violetthaarige nickte. Jetzt ergab alles irgendwie einen Sinn. Akisus Dungeon, die dort aufgetauchten Bilder, Kyos Verhalten, seine Zeichenmappe und der Streit zwischen ihm und seiner Mutter. Nun verstand sie, wieso in Akisus Dungeon die Kleider und Blätter zerrissen waren und wieso sie immer das Gefühl hatte, das Idol würde in ihren Liedern nach jemandem suchen. Sie spürte eine angenehme Wärme in ihrer Brust und hatte das Gefühl Kyo nun etwas besser zu verstehen. Am späten Abend traf sie sich mit ihren Freunden in der Spiegelwelt vor dem Einkaufszentrum. Bevor sie sich endlich daran machten den Dungeon zu erkunden, wollten sie sich dieses Mal besprechen. Auch wenn sie es bei ihrem letzten Besuch geschafft hatten die Gegner zu besiegen, so war es im Nachhinein unverantwortlich gewesen ohne genaue Absprache in den Kampf zu gehen. Auf dieser Mission wollten sie vorbereitet sein, zumal sie am vergangenen Abend überraschend erfahren hatten, dass augenscheinlich auch Arabai vermisst wurde. Das bedeutete sie mussten sich nun höchstwahrscheinlich um zwei Opfer kümmern. Jedenfalls richtete sich die Gruppe nun darauf ein. Was genau sie jedoch erwarten würde wussten sie nicht, doch sie mussten auf alles vorbereitet sein. „Wo das geklärt wäre sollten wir los“, meinte Kuraiko, nachdem sich die sieben besprochen hatten. Ein kurzer Blick in die Runde verriet Mirâ, dass alle soweit waren. Also nickte sie mit fest entschlossenem Gesichtsausdruck und wandte sich dann um, woraufhin sich auch der Rest der Gruppe in Bewegung setzte. Einen Moment später lief auch schon Mika neben Mirâ her und bedachte sie mit einem fragenden Blick. „Du sagtest gestern, dass du etwas für mich hättest, damit wir besser miteinander sprechen können“, sagte sie mit neugierigem Unterton. Ein etwas irritierter Blick traf die Jüngere und es schien einen Moment zu dauern, bis Mirâ begriffen hatte, was sie von ihr wollte. Doch dann lächelte sie und griff mit einem Nicken in ihre Gürteltasche, welche um ihre Hüfte hing, nur um einen Moment später einen kleinen runden Gegenstand herauszuholen. Fragend sah Mika den runden Gegenstand an, den die Oberschülerin ihr entgegenhielt und griff dann danach. Kaum hielt sie das Runde etwas in der Hand, betrachtete sie es eingängig. An einer Seite erkannte sie ein schmales Scharnier, während dem gegenüber leicht versteckt eine Art Knopf war. Als die Blauhaarige diesen betätigte, sprang der Gegenstand auf. Erschrocken hätte sie ihn beinahe fallen lassen, doch konnte das rechtzeitig verhindern. Zum Glück, denn kaum war die runde Dose offen erkannte man, um was es sich handelte: ein kleiner Handspiegel. Mit großen, fragenden roten Augen sah Mika zu der Älteren, welche den Blick bemerkte und dann grinste: „Ich dachte, wenn wir uns über meinen Spiegel unterhalten können, dann vielleicht auch so. Als eine Art Handy oder so. Ich weiß nicht ob es funktioniert, aber einen Versuch ist es wert. Ich habe im Übrigen den gleichen. Wir sollten das später also mal testen. Wenn es funktioniert können wir uns immer und überall erreichen, was vor allem bei solchen kurzfristigen Änderungen wie gestern praktisch wäre.“ Die Jüngere wirkte etwas irritiert, doch nickte dann. Einen Versuch war es mit Sicherheit wert. Und wenn es klappte, wäre es umso besser. „Danke dir, Mirâ“, bedankte sich die Blauhaarige mit einem Lächeln, während sie den Spiegel wieder zusammenklappen, ihn kurz an ihre Brust drückte und dann in den Ärmeln ihres Kimonooberteils versteckte. Das Lächeln der Älteren wurde breiter: „Gern geschehen.“ Einige Minuten später erreichte die Gruppe das Schulgelände der Jûgoya High School, deren Tore noch immer sperrangelweit offenstanden. Dieses Mal jedoch versperrten keine Shadows den Weg, sodass sie ohne weitere Zwischenfälle das Gelände betreten konnten. Anfangs dachten sie noch, dass sich, wie bei Akisu, der Dungeon vor ihnen erstrecken würde, sobald sie durch das Tor getreten waren, doch dem war nicht so. Etwas irritiert sahen sich die sieben um, doch kam ihnen gleich darauf derselbe Gedanke. Ihre Blicke richteten sich direkt auf die Eingangstür des Hauptgebäudes der Schule, was ihre Vermutung verstärkte. Auch die Tür stand weit offen, als wollte sie jemand einladen einzutreten. So war klar, dass wohl erst dort der eigentliche Dungeon beginnen würde. Etwas nervös, was sie denn erwarten würde traten sie an den Eingang heran und zögerte dann einen Moment. „Jetzt geht es also los“, sagte Akane mit gespieltem Elan, der allerdings nur ihre Unsicherheit überspielen sollte. Mirâ nickte und sah hinauf in Richtung Dach. Etwas hier war anders. Die ganze Atmosphäre war surreal. Es war nicht so, als wäre ihr in dieser Welt etwas nicht merkwürdig vorgekommen, immerhin war sie so oder so total verdreht. Aber hier war es noch einmal anders. Eine bedrohliche Aura umgab das Gebäude. Sie war anders, als die, welche sie bei dem Schatten verspürte, aber auch nicht weniger gefährlich. Konnte diese Aura wirklich von Megumi ausgehen? So richtig glauben konnte die Violetthaarige das nicht. Sie hatte Megumi als zurückhaltenden Menschen kennengelernt, der sich ungern in den Vordergrund drängte. Lieber hielt sie sich im Hintergrund und versuchte alles, um nicht aufzufallen. Konnte so jemand eine so bedrohliche Aura entwickeln? Nun, sie wusste natürlich nicht, was in der Kleinen vorging, vor allem nicht, wenn sie mal wieder gemobbt wurde. Zumal sie auch das Gefühl des gemobbt seins nicht nachvollziehen konnte, immerhin hatte sie eine solche Situation nie am eigenen Leib erlebt. Vielleicht war es deshalb auch nicht ganz abwegig einen solchen Hass zu entwickeln. Trotzdem blieben einige Zweifel, denn so ganz konnte sie es nicht mit Megumi in Einklang bringen. Aber wahrscheinlich machte sie sich zu viele Gedanken. In dieser Welt war nichts wie es schien und deshalb wirkte wahrscheinlich auch diese Aura viel bedrohlicher. Sie schüttelte den Kopf und konzentrierte auf ihre vor sich liegende Aufgabe. Oberste Priorität war es Megumi und höchstwahrscheinlich auch Arabai zu retten. Demnach mussten sie es heute unbedingt schaffen den Zwischenboss zu erreichen. Bis zum Vollmond in dieser Welt blieb ihnen nicht mehr allzu viel Zeit, deshalb durften sie keine Zeit mehr verschwenden, egal was sich ihnen in den Weg stellte. So richtete Mirâ ihren Blick noch einmal auf ihre Kameraden, die sie geschlossen mit entschlossenen Gesichtsausdrücken ansahen und ihr damit die nötige Kraft gaben den Dungeon zu betreten. Noch einmal nickte die Oberschülerin, jedoch mehr zu sich, als zu den anderen, umfasste dann ihren Bogen etwas stärker und betrat schlussendlich das Schulgebäude. Dunkelheit und eine unheimliche Kälte umgaben die Gruppe nachdem sie durch die Eingangstür in das Schulgebäude eingedrungen waren. Mirâ versuchte sich zu orientieren, doch fiel ihr dies unglaublich schwer, denn mehr als Schwärze konnte sie um sich herum nicht erkennen. Was war das nur für ein Dungeon. „Müssen wir jetzt etwa im Dunkeln hier durch?“, hörte sie Akanes zittrige Stimme, „Wo seid ihr alle? Ah!“ „Hey! Hör auf zu klammern!“, schimpfte plötzlich Kuraiko, „Benimm dich endlich etwas erwachsener!“ „T-tut mir leid...“, jammerte die Braunhaarige, woraufhin nur ein genervtes Stöhnen folgte. Plötzlich erklang eine Art Ploppen und es wurde Hell. Eine Kerze hatte sich entzündet und nach und nach leuchteten immer mehr auf und gaben den Blick auf einen Gang frei. „Nee oder? Das ist doch nicht euer Ernst!?“, jammerte Akane, während sie in den Gang blickte. Vor ihnen erstreckte sich ein langer dunkler Gang, welcher einzig und allein durch wenige Kerzen schwach beleuchtet wurde. Die waren über alte schwarze Halterungen an der Wand befestigt, welche aus roten teilweise abgenutzten Ziegeln bestand. Der Mörtel in den Fugen rieselte bereits heraus und einige der Ziegel waren schon rissig. Auch der Boden bestand aus diesen stellenweise kaputten Ziegeln. An den Kerzenhaltern befanden sich große Spinnennetze, die sich teilweise von einem zum nächsten zogen und von denen sich hier und da eine Spinne abseilte. Alles in allem wirkte der Gang wie die Gemäuer eines alten, baufälligen Hauses, welches perfekt für Gruselgeschichten war. Und genau das war etwas, was Akane das Blut in ihren Adern gefrieren ließ: „Ich will hier wieder weg!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)