Persona: Shadows of Mirror von ShioChan (Kagami no Kage) ================================================================================ Kapitel 65: LXV - Zeitvertreib ------------------------------ Dienstag, 25.August 2015 Summend der Musik aus ihren Kopfhörern lauschend spazierte Mirâ am Fluss entlang, während sie die warmen Strahlen der Sonne genoss. Dabei versuchte sie die Gedanken, an das Gemecker ihrer Mutter zu verdrängen, welche jetzt wohl immer noch am Telefon stand und mit ihrem Vater diskutierte. Aus irgendeinem Grund hatte ihre Mutter herausgefunden, was in Osaka passiert war, weshalb die ganze Sache nun zu eskalieren drohte. Mirâ hatte ein wenig die Ahnung, dass Junko sich verplappert hatte, doch genau wissen konnte sie es nicht. Wiederum gab es keine andere Möglichkeit, wie Haruka von der ganzen Sache erfahren konnte. Seufzend musste sie nun doch wieder daran denken, wie sie erschrocken aus ihrem Zimmer gekommen war, nachdem sie die aufgebrachte Stimme ihrer Mutter mitbekommen hatte. Erst dachte sie, dass es Probleme mit einem Kunden gab, doch schnell musste sie feststellen, wer am Ende der Leitung war: Ihr Vater. Wütend darüber, dass er so unverantwortlich war und seine Töchter alleine in der Großstadt hatte herumlaufen lassen, wäre ihre Mutter wohl am liebsten durch das Telefon gekrochen, um ihn zu erwürgen. Jedenfalls war das Mirâs Einschätzung der Lage und in diesem Moment war sie froh, dass sie bereits gefrühstückt hatte und sich somit aus dem Haus verziehen konnte. Natürlich wusste sie, dass sie bei der ganzen Sache auch nicht ganz ungeschoren davonkommen würde. Spätestens, wenn sie wieder Zuhause war würde sie wohl ihr Fett wegbekommen. Zum Glück bekam Junko von der Diskussion nichts mit, da sie bei einer Freundin übernachtet hatte und Mirâ sie erst am Nachmittag wieder abholen sollte, was sie gleich mit ihrem nun gezwungenen Spaziergang kombinieren wollte. Ein erneutes Seufzen entkam ihr, während sie ihren Blick auf den Fluss richtete, an dessen Ufer sich zu dieser Zeit nur wenige Leute aufhielten. Eine Person jedoch stach ihr dabei besonders ins Auge, welche im Gras hockte und auf das fließende Wasser starrte. Der blaue Haarschopf mit den schwarzen Ansätzen fiel ihr dabei besonders auf. Dabei kam ihr in den Sinn, das Akane ihr am Vorabend bei einem Telefonat erzählt hatte, was am gestrigen Tag passiert war. Kein Wunder also, das Mirâ den cremefarbenen Hund, der sonst immer in Yasuos Nähe war, nicht erblicken konnte. Kurz überlegte die junge Frau, doch setzte sich dann in Bewegung, genau auf den Blauhaarige zu, dabei ihre Kopfhörer aus den Ohren ziehend und diese in ihre Tasche steckend. Als sie näher trat bemerkte sie erst die Person, welche neben dem älteren Schüler saß, weshalb sie stoppte und überlegte, ob sie da einfach dazustoßen konnte oder ob es angebracht war, die beiden in Ruhe zu lassen. Doch plötzlich sprang der Braunhaarige auf und verbeugte sich höflich vor Yasuo, bevor er kehrt machte und den Hang hinauflief. Dabei kreuzte sein Blick kurz den von Mirâ, da er genau an ihr vorbeilief, wodurch sie seine goldgelben Augen erkennen konnte. Diese jedoch verschwanden im nächsten Moment auch schon aus ihrem Sichtfeld, als der junge Mann auf dem Gras wegrutschte und mit einem überraschten Laut plötzlich mit dem Gesicht voran auf dem Boden landete. Erschrocken drehte sich Mirâ zu ihm: "Alles in Ordnung?" Sofort war sie zu dem jungen Mann hinübergegangen und wollte ihm aufhelfen, doch bevor sie ihn berühren konnte, hatte er sich bereits weggedreht und sie mit großen Augen angesehen. Noch einmal kreuzten sich ihre Blicke einen kurzen Moment, bevor der Brünette plötzlich aufsprang und mit einem kurzen "ja" den restlichen Hügel hinauf zur Straße gerannt war. Dabei wäre er beinahe erneut gefallen, doch konnte sich noch rechtzeitig fangen. Mirâ sah ihm nach, bis er verschwunden war und legte fragend den Kopf schief. Was war das denn gewesen? Schultern zuckend erhob sich die Violetthaarige wieder und sah noch einmal in die Richtung, in welche der Braunhaarige verschwunden war, bevor sie sich wieder Yasuo zuwandte. Dieser sah wieder auf den Fluss hinaus und schien in Gedanken versunken, weshalb er sie gar nicht bemerkte. Vorsichtig tippte die junge Frau den Älteren an, woraufhin sich dieser etwas erschrocken umdrehte und sie mit großen grünen Augen ansah. "Ach du bist es.", murmelte er anschließend und nahm seine Kopfhörer von den Ohren. "Ich wollte dich nicht erschrecken, Senpai. Entschuldige.", entschuldigte sich Mirâ, was der Ältere aber nur abwinkte, "Alles in Ordnung? Akane hat mir gestern erzählt, was passiert ist. Tut mir wirklich leid. Ich hoffe Bejû geht es bald wieder besser." "Ja das hoffe ich auch. Aber bei Akanes Eltern ist er in guten Händen. Da bin ich mir sicher.", murmelte der Blauhaarige, der seinen Blick wieder auf das Wasser gerichtet hatte. Mirâ nickte und blickte noch einmal in die Richtung, in welche der braunhaarige junge Mann verschwunden war: "Senpai sag, kanntest du den Jungen von eben? Er sah so panisch aus." Fragend sah Yasuo sie an und blickte dann ebenfalls über seine Schulter hinauf zur Straße: "Ach du meinst sicher Satoshi. Ja, Ich kenne ihn. Wir sitzen öfters hier am Fluss zusammen." "Was war denn mit ihm los?", hakte die Jüngere nach. Der Blauhaarige zuckte kurz mit den Schultern: "Gestern, bevor das mit Bejû passiert ist, hat er mich gewarnt, ich solle aufpassen. Ich hab ihn vorhin drauf angesprochen, ob er das meinte..." "Heißt das, er hat die Köder verteilt?", Mirâ konnte das selbst nicht glauben, denn ihr erster Eindruck von dem jungen Mann wollte nicht dazu passen. Und Yasuo bestätigte ihr Gefühl: "Nein. Ich denke nicht, dass es Satoshi war. Er ist nicht der Mensch für so was. Aber er hat manchmal solche Ahnungen, sagen wir es so. Er versucht tunlichst zu verhindern andere zu Berühren. Ich hab ihn mal gefragt wieso und er meinte, dass dann schlimme Dinge passieren würden. Klingt schon etwas merkwürdig, aber wenn man bedenkt, was wir so alles erleben..." "Ich verstehe...", murmelte Mirâ und verstand nun auch, wieso der junge Mann vorher nicht wollte, dass sie ihn berührte. Ihre Aufmerksamkeit wurde wieder auf Yasuo gelenkt, als dieser sich langsam erhob und streckte: "Ich muss dann los. Will noch mal bei Akane vorbeischauen, wegen Bejû. Möchtest du mitkommen?" Die Jüngere schüttelte den Kopf und lehnte lächelnd ab, bevor sie ihrem Senpai noch einen schönen Tag wünschte. Dieser verabschiedete sich ebenfalls und machte sich dann auf den Weg, während Mirâ ihm kurz nachsah. Sicher hätte sie mitgehen können, doch erinnerte sie sich dabei wieder an das Gespräch mit Akane, die trotz des Vorfalls vom Vortag geschwärmt hatte. Die Brünette schien wirklich sehr viel für Yasuo zu empfinden und die Violetthaarige war sich sicher, dass ihre beste Freundin deshalb wahrscheinlich lieber mit dem Älteren alleine war. Mit einem letzten kurzen Blick auf den Fluss entschied auch sie sich nun ihren Weg fortzusetzen. Ein genaues Ziel hatte sie nicht, immerhin wollte sie eigentlich nur dem Gezeter ihrer Mutter entkommen, aber wer wusste schon, wohin es sie an diesem Tag noch verschlagen würde, bevor sie Junko abholen musste. Sich streckend erreichte Sie wieder die Straße, welche am Deich entlangging und kramte ihre Kopfhörer wieder aus ihrer Tasche, die sie dort verstaut hatte, als sie zu Yasuo gegangen. Mit einem missmutigen Knurren musterte sie den Knoten, welcher sich durch das unüberlegte wegpacken gebildet hatte und den es nun galt wieder zu entwirren, während sie ihren Weg fortsetzte. Es dauerte eine Weile, doch dann hatte sie es endlich geschafft, die Kopfhörer auseinanderzuknoten. Mit einem triumphierenden Ton schaute sie auf die beiden kleinen Stöpsel, welche sie bezwungen hatte und wollte sie sich gerade wieder in die Ohren stecken, als sie eine weibliche Stimme aufblicken ließ. "Emiko, es wird auch Zeit.", sagte diese zurückhaltend, aber trotzdem leicht beleidigt. Mirâ folgte mit ihrem Blick der Stimme und erkannte ein Mädchen in ihrem Alter mit dunkelbraunem schulterlangem Haar, welches an den Spitzen kerzengerade geschnitten, aber doch leicht durch gestuft war. In diesem trug sie einen grünen Haarreif, während auf ihrer Nase eine zarte Brille saß, durch welche ihre grünen Augen leicht beleidigt den Damm hinunterblickten. Sie trug ein luftiges weiß-grünes Sommerkleid und dazu passende zarte Sandalen. Mirâ war so, als hätte sie die junge Frau schon einmal gesehen, doch konnte sie nicht einordnen wo. Wahrscheinlich war sie ihr einmal in der Schule begegnet, doch genau sagen konnte Mirâ es nicht. Kurz überlegte die Violetthaarige, ehe ihre Gedanken wieder auf das Hier und Jetzt gelenkt wurde, als eine weitere weibliche Stimme erklang. "Gomen, Gomen, Mariko.", entschuldigte sich diese, welcher kurz darauf eine weitere junge Frau folgte, die den Damm hinaufgelaufen kam und dann der Dunkelbraunhaarigen um den Hals fiel. Sofort zog sich Mirâs Herz etwas zusammen, als sie in dem Mädchen diejenige erkannte, welche sie vor einiger Zeit zusammen mit Hiroshi in dem Fast Food Restaurant gesehen hatte. Wieder hatte sie ihre hellbraunen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, welcher bei jeder Bewegung hin und her schwang. Gemeinsam mit ihrer Freundin setzte sie sich einen Moment später in Mirâs Richtung in Bewegung, wodurch die Violetthaarige erkannte, dass die junge Frau eine weiß-schwarz karierte Bluse trug, deren Ärmel sie bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt hatte. Darunter erkannte Mirâ ein schwarzes Trägertop. Dazu trug die junge Frau eine schwarze kurze Hose, welche den Blick auf ihre dünnen Beine freigab, die jedoch in weißen Overknees steckten, was Mirâ für diese Jahreszeit doch recht merkwürdig fand. Immerhin war es wirklich warm. Abgerundet wurde das Outfit der Brünetten durch knöchelhohe dunkelgraue Stiefeletten. "Sei nicht böse. Ich lade dich dafür auf ein Eis ein. Okay?", holte die Stimme der Hellbraunhaarigen Mirâ wieder aus ihren Gedanken, als die beiden Mädchen sie passierten. Einen Moment hatte Mirâ sogar das Gefühl, als würden die dunkelbraunen Augen des Mädchens sie kurz fixieren, jedoch dauerte es nur einen Wimpernschlag, bis die deiden bereits an ihr vorbei waren. Ruckartig drehte sich die Violetthaarige um und folgte den beiden Mädchen mit ihrem Blick, woraufhin sie kurz stockte. Für einen kleinen Moment hatte sie das Gefühl, als hätte sie um die beiden jungen Frauen jeweils einen Schimmer bemerkt. Während ihr so war, als würde um das Mädchen mit den hellbraunen Haaren ein warmes blaues Licht leuchten, hatte die Violetthaarige um deren Begleitung ein rotes, aber bedrohliches Leuchten bemerkt. Doch kaum hatte sie kurz gezwinkert, waren diese Erscheinungen wieder verschwunden gewesen, weshalb sie diese als Einbildung abtat und nur kurz mit den Schultern zuckte. "Ist das nicht Shingetsu?", hörte sie plötzlich eine männliche Stimme von unterhalb des Damms, woraufhin sie sich wieder ruckartig umdrehte. Dabei fiel ihr Blick auf zwei junge Männer, welche auf einem großen Feld am Fluss standen. Einer der jungen Männer, mit blau-violettem schulterlangem Haar winkte ihr mit einem breiten Grinsen zu, während derjenige neben ihm, mit blondem nackenlangem Haar, nur lächelnd den Arm zur Begrüßung hob. Es waren Shuya und Hiroshi, welche sie dort begrüßten, weshalb sich die junge Frau entschloss zu ihnen hinunterzugehen. Dabei ignorierte sie den kleinen Stich in ihrer Brust, welcher sich erneut bemerkbar machte, als ihr auffiel, dass das Mädchen mit den hellbraunen Haaren aus der Richtung der beiden gekommen war. Wieder kam ihr der Gedanke, in welchem Verhältnis sie zu den jungen Männern, insbesondere Hiroshi, stand. Ob sie den Blonden nach ihr fragen sollte? Leicht schüttelte sie den Kopf und entschied sich dagegen. Auch wenn es ihr schwerfiel, so wusste sie doch, dass es sie eigentlich nichts anging. Egal wie sehr sie das interessierte. Wieso sie sich überhaupt dafür interessierte, ignorierte sie erst einmal gekonnt. "Hallo Jungs.", grüßte die junge Frau ihre Schulkameraden. "Was verschlägt dich denn hierher?", grinste Shuya sie breit an. "Nur ein kleiner Spaziergang.", antwortete die Violetthaarige, "Und ihr?" Hiroshi lächelte und zeigte mit dem Daumen hinter sich, wo sich ein eingezäuntes Fußballfeld erstreckte, das allerdings schon bessere Tage gesehen hatte. Trotzdem tummelten sich dort mehrere Kinder, die sich lachend einen Ball hin und her spielten und damit über den Platz rannten. "Wir spielen mit den Kleinen Fußball.", erklärte der Blonde anschließend, "Gerade machen wir nur eine kleine Pause. Wir sind halt auch nicht mehr die Jüngsten." Mirâ lachte und beobachtete die spielenden Kinder eine Weile, die alle im Grundschulalter zu sein schienen, bevor sie sich wieder an die beiden Kumpels wandte: "Wirklich toll von euch, dass ihr euch um die Kleinen kümmert." Ein Grinsen legte sich auf die Gesichter der jungen Männer, mit dem sie die Aussage von Mirâ kommentierten, bevor sie ihre Blicke wieder auf die fröhlichen Kinder richteten. Auch die Violetthaarige sah wieder in die Richtung und bemerkte darauf einen Jungen, welcher etwas abseits stand und ebenfalls auf das Spielfeld starrte. Sein Blick wirkte traurig, so als wolle er gern mitspielen, sich aber nicht traute hinzugehen. Hiroshi schien dieser Junge auch aufzufallen, denn er setzte sich einen Moment später in Bewegung, um auf den Neuankömmling zuzugehen. "Hallo Kleiner. Möchtest du mitspielen?", fragte er den Jungen unvermittelt, welcher auf die unerwartete Anrede zusammenzuckte und Hiroshi erschrocken ansah. Als der Blonde ihn erreicht hatte, senkte er allerdings den Blick und schien mit sich zu hadern, was er denn antworten sollte. Irritiert legte der Oberschüler den Kopf schief und fragte noch einmal vorsichtig nach, doch auch dieses Mal blieb der Junge ihm eine Antwort schuldig. "Was machst du denn hier?", ließ den Oberschüler jedoch die Stimme eines anderen Jungen aufschauen, welcher bis eben noch fröhlich Fußball gespielt hatte und nun mitsamt der Gruppe auf die beiden zukam, "Verschwinde. Du hast hier nichts zu suchen." Die anderen Kinder stimmten ihm lautstark zu. Auf die harsche Aussage des Jungen und der Reaktion der anderen hin zuckte der Neuankömmling zusammen und wollte sich bereits zum Gehen wenden, als Hiroshi ihn zurückhielt, indem er ihn an der Schulter packte. Erschrocken sah der Kleine zu dem Älteren auf, doch blieb erst einmal stehen. "Mal langsam. Was soll das? Wieso schließt ihr ihn aus?", fragte dieser an die Gruppe von Kindern gewandt. "Na ist doch klar. Er ist ein Langweiler und außerdem eine totale Niete. Der trifft ja nicht mal nen Ball, wenn er genau vor ihm liegt.", erklärte ein anderer Junge der Gruppe mit einem Schulterzucken, worauf die restlichen Kinder lachten. Mirâ merkte, wie sich Hiroshis Körper anspannte und er trotzdem versuchte ruhig zu bleiben: "Und das ist für euch ein gerechtfertigter Grund jemanden auszuschließen?" Seine Stimme war ernst, aber dennoch ruhig und trotzdem bemerkte die junge Frau, dass ihn dieses Thema mächtig beschäftigte und sauer aufstieß. Auch Shuya schien dies aufzufallen, denn er setzte sich einen Moment später in Bewegung, um zu der Gruppe zu stoßen. "Hiro hat Recht. Das ist kein Grund den Kleinen hier auszuschließen.", sagte er mit seiner ernsten Stimme, die man so selten von ihm hörte. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah mit leicht bösem Blick auf die Kinder vor sich: "Ihr wisst schon, dass das Mobbing ist. Oder?" "Wieso Mobbing? Wir machen ihn ja nicht fertig oder so...", protestierte nun ein Mädchen, welches ebenfalls bei der Gruppe stand. "Auch jemanden auszuschließen ist Mobbing.", meinte plötzlich Hiroshi, dessen Stimme jedoch so laut wurde, dass die Gruppe und auch Mirâ zusammenzuckte, "So was spielt man auch nicht runter und lustig ist das erst recht nicht. Kapiert ihr eigentlich, was man demjenigen damit antut? Das ist kein Kavaliersdelikt. Und wenn das nicht in eure Köpfe geht, dann lassen wir das hier." "Aber ihr habt versprochen uns zu trainieren, damit wir das Spiel gegen die Kinder aus diesem Schnöselviertel am Ende der Ferien gewinnen können.", meckerte der Junge, welcher angefangen hatte. Der Blonde wollte etwas sagen, doch Shuya hielt ihn zurück, indem er ihm die Hand auf die Schulter legte: "Das machen wir auch. Aber nur, wenn ihr aufhört andere auszuschließen und auch versteht, dass so etwas einfach nicht geht. Sport soll verbinden. Und wenn er nicht so gut spielen kann, dann bringen wir es ihm bei. Wenn ihr ihm helft, geht es auch wesentlich schneller. Und vergesst nicht, dass wir hier sind um Spaß zu haben. Also was ist nun?" Die Gruppe von Grundschülern schwieg kurz, während sie sich alle gegenseitig ansahen. Einer nach dem anderen zuckte mit den Schultern, woraufhin der Junge, mit dem sie diskutiert hatten, seufzte und dann zustimmte. Der Hinzugekommene schaute erst einmal skeptisch und schien zu überlegen, ob es gut war zu bleiben, doch als ihm Shuya grinsend auf die Schulter klopfte und ihn einlud mitzuspielen, breitete sich ein fröhliches Lächeln auf seinem Gesicht aus. Trotzdem folgte er dem Violetthaarigen nur zögerlich, als dieser mit der Gruppe zurück auf das Feld ging und sich dann den Ball auf den Fuß balancierte. Dann spielte er den Ball dem Neuankömmling zu, welcher ihn mit Mühe entgegennehmen konnte und dabei auch noch fast stolperte. Zwar ertönte kurz darauf ein kurzes Lachen der anderen, was den Jungen etwas stocken ließ, doch der Ältere grinste nur kurz und erklärte ihm und auch der Gruppe noch einmal wie man einen zugespielten Ball am besten annahm. Zu Mirâs Erstaunen bekamen sich die Kinder sogar wieder ein und zeigten dem Neuankömmling plötzlich wie es funktionierte. Ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht, während sie auf Hiroshi zuging, der die Gruppe und Shuya beobachtete. "Das ist ja nochmal gut ausgegangen.", meinte sie, woraufhin der Blonde seinen Blick kurz auf sie richtete und dann wieder zum Feld schaute. "Ja. Aber echt unglaublich, die Jugend...", seufzte er anschließend. Mirâ sah ihren Kumpel besorgt an: "Das Thema scheint dich ernsthaft mitzunehmen." "Ich kann sowas einfach nicht leiden.", murmelte ihr Kumpel und schien das Thema damit beenden zu wollen. Die Violetthaarige jedoch hatte das Gefühl, dass mehr dahintersteckte. Allerdings wollte sie den Blonden auch nicht zum Reden zwingen, weshalb sie es erst einmal dabei beließ. Immerhin schien ihm dieses Thema auch unangenehm zu sein. "Gut das Nagase-kun auch eingegriffen hat. Sein Sinn für Gerechtigkeit ist echt toll. Und dass er den Kleinen gleich richtig mit einbindet...", sagte Mirâ stattdessen. Ihr Kumpel nickte: "Shuya war schon so als ich ihn in der Mittelschule kennenlernte. Sein Talent jeden mit einzubeziehen fand ich damals schon sehr imposant. Er schafft es Menschen zu verbinden. Außerdem kann er es nicht sehen, wenn jemand ausgegrenzt wird." "Ihr beiden ergänzt euch da wirklich gut.", lächelte die Violetthaarige, "Ihr seid echt richtig dicke Kumpels, was!?" Der Blonde schwieg kurz, was Mirâ ihren Kopf schief legen ließ, bevor er antwortete: "Ich hab ihm einiges zu verdanken." Der Signalton der Persona-App ertönte aus Mirâs Tasche, doch dies war nicht der Grund dafür, dass ihr Lächeln in diesem Moment erstarrte. Es war die Aussage ihres Kumpels, welche ihren Blick zu irritiert wechseln ließ. Was sollte diese den bedeuten? Noch ehe Mirâ jedoch darauf eingehen konnte, um dies zu hinterfragen, rief bereits Shuya nach seinem besten Kumpel, dass es Zeit wäre weiterzumachen. Dieser wandte sich daraufhin kurz an Mirâ und fragte ob sie nicht Lust hätte mitzuspielen. Die junge Frau jedoch lächelte nur und lehnte freundlich ab. Sie konnte eh kein Fußball spielen, zumal es nicht gerade zu ihrer liebsten Sportart gehörte. Außerdem wollte sie ihren Weg langsam fortsetzen, da sie ja auch noch Junko abholen musste. „Na dann bestell Junko einen lieben Gruß von mir.“, meinte ihr Kumpel nur lachend darauf. Auch Mirâ lachte: „Ja das mach ich. Viel Spaß euch noch. Nagase-Kun mach’s gut.“ „Ja, mach’s gut. Schönen Tag noch.“, rief Shuya fröhlich winkend zurück. Nachdem sich die Violetthaarige auch von ihrem Kumpel verabschiedet hatte, stieg sie langsam den Damm zur Straße hinauf. Oben angekommen sah sie noch einmal zurück, wo sie Hiroshi winken sah, bevor er wieder zurück zum Fußballfeld ging. Mit einem Lächeln wandte sich die junge Frau nun von dem Geschehen ab und kramte ihr Smartphone aus der Tasche, um die Persona-App zu öffnen. Doch kaum hatte sie diese gestartet, legte sie ratlos den Kopf schief. Obwohl sie hätte schwören können, dass sich der Social Link von Hiroshi gefüllt hatte, so hatte sie sich geirrt. Irritiert sah sie noch einmal hinunter auf das Fußballfeld, auf welchem die beiden jungen Männer bereits wieder mit den Kindern am Dribbeln waren. Dabei fiel ihr Blick auf Shuya, dessen Arcana es war, die sich ein bisschen mehr gefüllt hatte. Am Abend „Warum seufzt du denn so, Onee-Chan?“, fragte Junko, nachdem Mirâ zum wiederholten Male leise vor sich hin geseufzt hatte. Erschrocken sah die Oberschülerin auf ihre kleine Schwester, als sie endlich wieder ins Hier und Jetzt geholt wurde. Seit sie Junko abgeholt hatte, hatte sie sich Gedanken darüber gemacht, ob sich ihre Mutter wieder beruhigt hatte. Natürlich wusste sie, dass sie wohl trotzdem noch Ärger bekommen würde, jedoch hoffte sie, dass wenigstens der Streit mit ihrem Vater beendet war. Die Grundschülerin musste diese Diskussion nicht mit anhören und sie sollte auch nicht erfahren, dass dieser Streit wohl auch auf ihre Kosten ging. Mirâ hatte die Vermutung, das Junko begeistert wie sie war, einfach drauflos geplappert hatte und somit auch von den Vorkommnisen erzählt hatte. Wahrscheinlich wollte sie ihrer Mutter auch unbedingt von dieser niedlichen Katze erzählen. Die Ältere kannte ihre kleine Schwester einfach zu gut und wusste auch, dass Junko es nicht böse gemeint hatte. Trotzdem war es schon enttäuschend, dass die Kleine anscheinend keine Geheimnisse für sich behalten konnte. Noch einmal seufzte die Violetthaarige, woraufhin sie ein irritierter Blick ihrer kleinen Schwester traf. „Was ist denn los?“, fragte diese noch einmal nach. „A-ach nichts. Ich war nur in Gedanken, Junko. Alles gut.“, lächelte Mirâ, doch ihre Schwester ließ nicht locker und sah sie erst recht fragend an, „W-Weißt du. Nagase-Kun hat unserer Gruppe vorgeschlagen, die Tage mal in das Strandhaus seiner Großeltern zu fahren. Ich überlege wie ich Mama davon überzeugen kann, dass ich mitfahren darf.“ Diese Ausrede war nicht einmal gelogen gewesen. Noch bevor Mirâ Junko abgeholt hatte, war eine Nachricht im Gruppenchat von Shuya eingegangen, welcher nun ebenfalls in die Gruppe aufgenommen wurde. In dieser hatte er erklärt, dass seine Großeltern ihm das Strandhaus für den 27. bis 28. August überlassen würden und sie die letzten Tage der Ferien doch noch nutzen könnten, um sich dort etwas zu erholen. Zwar war kurz darauf eine kleine Diskussion zwischen Kuraiko und dem Violetthaarigen entbrannt, was sie denn dort sollen, doch kurz darauf war die Schwarzhaarige bereits eingeknickt und hatte gemeint, dass sie mit ihren Eltern sprechen würde. Natürlich war Shuya darüber extrem erfreut gewesen. Auch die Anderen hatten geschrieben, dass dies eine super Idee sei und sie um Erlaubnis fragen würde. Mirâ konnte sich denken, dass es für ihre Freunde wohl kein Problem darstellen würde die Erlaubnis ihrer Eltern zu bekommen. Bei ihrer eigenen Mutter war sie sich da allerdings nicht so sicher. Ungewollt war sie wieder in ihren Gedanken versunken, bis sie bemerkte, wie Junkos kleine Hand sich an ihrer verkrampfte. Sofort hatte sie ihren Blick auf die Kleine gerichtet und bereute es bereits ihrer kleinen Schwester diese Ausrede aufgetischt zu haben, als sie deren strahlenden Blick sah. Sie wusste sofort, was das bedeutete. Junko wollte mit an den Strand. Seufzend ließ Mirâ den Kopf sinken. Ihre Mutter um die Erlaubnis für sich zu bitten, würde schon schwer werden, aber auch noch für Junko die Erlaubnis einzuholen würde wohl in einer Katastrophe enden. Zumal sie immer noch die Standpauke von ihrer Mutter bekommen würde. Innerlich verfluchte sie sich bereits dafür, doch als sie Junkos strahlende Augen sah seufzte sie erneut: „Also gut. Ich frage Mama, ob du mitkannst. Vorher muss ich aber Nagase-Kun fragen, ob das in Ordnung wäre.“ „Yay!“, freute sich ihre kleine Schwester, während sie ihre Hand losließ, um fröhlich hüpfend vorweg zu laufen. Mirâ mahnte die Kleine noch nicht zu weit vorweg zu laufen, bevor sie diese lächelnd beobachtete. Sie bezweifelte, dass Shuya oder einer ihrer Freunde etwas dagegen hatte, wenn sie Junko mitbrachte. Nachfragen musste sie dennoch. Trotzdem war die größte Hürde immer noch ihre Mutter, denn diese hatte vor allem nach der Aktion in Osaka wohl erst recht ein wachsames Auge auf ihre jüngste Tochter. „Onee-Chan sieh mal. Da ist wieder der nette junge Mann.“, rief Junko plötzlich, woraufhin Mirâ ihren Blick nach vorn richtete. Und tatsächlich. Vor ihnen auf der Kreuzung war Alec und betete erneut für das kleine Mädchen, welches an diesem Ort ums Leben kam. An der Geschichte mit dem Unfall musste wesentlich mehr dran sein, als Alec zugab. Das war der Violetthaarigen mittlerweile klargeworden, denn sonst würde der junge Mann nicht so häufig an diesem Ort sein. Für ein fremdes Kind so häufig zu beten war schon merkwürdig, auch wenn es einem leidtat. Doch wusste Mirâ nicht, wie sie Alec darauf ansprechen sollte, immerhin wollte sie nicht unhöflich wirken und ihre Nase überall reinstecken. Wie es schien hatte Alec Junko gehört, denn er drehte sich unvermittelt in Mirâs Richtung. Die Grundschülerin wiederum war währenddessen bei dem Schwarzhaarigen angekommen und hatte die Hände zu einem Gebet zusammengelegt. Überrascht hatte dieser kurz auf die Kleine geschaut, seinen Blick jedoch kurz darauf wieder auf Mirâ gerichtet, welche nun auch an der Stelle ankam. „Guten Abend.“, grüßte sie höflich, woraufhin der junge Mann nur nickte, „Du bist wirklich häufig hier anzutreffen. Was?“ Alec wandte seinen Blick auf die Vase zu seinen Füßen: „Naja… wie gesagt, die Kleine tut mir leid.“ „Entschuldige, wenn ich so direkt frage, aber da steckt doch mehr dahinter. Oder?“, fragte Mirâ nun doch direkt hinaus, „Ich weiß es geht mich nichts an, aber für ein fremdes Mädchen so häufig hier zu beten… naja… da muss doch mehr dahinterstecken.“ Der Schwarzhaarige schwieg noch einen Moment, bevor er anscheinend einbrach: „Die Kleine war meine jüngere Schwester.“ Der Blick der Violetthaarigen schnellte zu der Vase und dann zurück zu dem jungen Mann: „Deine kleine Schwester?“ Alec nickte und erklärte, dass es schwer für ihn war, als dieser Unfall geschah und er mit ansehen musste, wie die Kleine, die noch ihr ganzes Leben vor sich hatte, ihr Leben ließ. Mirâ verstand dies natürlich. Ihr würde es nicht anders gehen, wenn Junko etwas dergleichen passieren würde. Doch an so etwas wollte sie erst gar nicht denken. Es war schon schlimm genug für sie, als die Grundschülerin in Osaka verlorengegangen war. „Tut mir leid.“, entschuldigte sich die junge Frau nun doch, „Ich wollte nicht taktlos sein.“ „Nein schon gut. Ich werde nur nicht gerne an diesen Tag erinnert.“, murmelte Alec den Blick wieder auf die Vase gerichtet. „Das kann ich verstehen.“, meinte die Oberschülerin und beobachtete, wie der Schwarzhaarige an ihr vorbei zu seinem Motorrad ging. „Es lässt sich leider nicht mehr rückgängig machen. Alle Beteiligten müssen damit nun leben.“, damit stieg er auf sein Gefährt, setzte seinen Helm auf, startete den Motor und fuhr davon. Traurig sah Mirâ ihm nach. „Was hatte er denn?“, fragte Junko noch, welche von dem Gespräch nicht viel mitbekommen hatte. „Ich glaube ich habe ihn mit meinen Worten verletzt.“, antwortete die Ältere geistesabwesend, woraufhin die Grundschülerin den Kopf schief legte, da sie diesen Satz nicht verstand, „Lass uns Heim gehen, Junko. Mama wartet schon auf uns.“ Kurz folgte Junko dem Blick ihrer großen Schwester, welcher auf die Straße gerichtet war, in die Alec verschwunden war, bevor diese sich abwandte und den Weg nachhause einschlug. Dabei bemerkte sie nicht einmal den leisen Klang ihres Handys, welcher von der Persona App ausging. Junko verstand nicht genau, was passiert war, weshalb sie nur mit den Schultern zuckte und ihrer Schwester dann folgte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)