Persona: Shadows of Mirror von ShioChan (Kagami no Kage) ================================================================================ Kapitel 19: XIX - Die Fähigkeit der Wild Card --------------------------------------------- Dienstag, 16.Juni 2015 - Im Dungeon Langsam drehte sich der Kopf des Shadows zu Fukagawa: „Ich bin du und du bist ich. Wir sind ein und dieselbe Person. Deine Gedanken sind auch meine Gedanken.“ „Nein niemals! Nie im Leben!“, rief das schwarzhaarige Mädchen und holte tief Luft. Masaru wusste, was folgte und wollte die junge Frau zurück halten: „Fukagawa, sag es nicht!“ Doch da war es bereits zu spät: „DU BIST NIEMALS ICH!“ Ein immer lauter werdendes Lachen durchzog nun den Raum. Ein schauderhaftes und grauenhaftes Lachen, welches eindeutig dem Shadow zuzuordnen war. „Du hast Recht! Nun bin ich Ich. Ich brauche dich nicht mehr!“, schallte es laut heraus, während der Shadow sich aufrichtete und immer größer wurde. Wieder bildete sich um das riesige Wesen das bläuliche Licht. Erschrocken machte sich die Gruppe für einen Angriff bereit, sodass sie nicht einmal merkten, wie sich unter ihnen eine schwarze Fläche ausbreitete. Fukagawa jedoch fiel es auf und sie rief der Gruppe eine Warnung zu, doch da war es bereits zu spät. Der Boden unter ihnen leuchtete schwarz-violett auf und hüllte die Gruppe vollständig ein. Einen Augenblick und erschütternden Schrei später lichtete sich alles wieder und gab den Blick auf Mirâ und die anderen frei, welche KO am Boden lagen. Sie hörte Mika nach ihren Freunden rufen und sah, wie sie auf Mirâ zuging und diese stützte. Schockiert blickte Fukagawa zu der schwer verletzten Gruppe. Was geschah hier nur? War das wirklich alles wegen ihr? Aber das wollte sie doch gar nicht. Wie konnte ein Gedanke nur solche Auswirkungen haben? Tränen stiegen ihr in die Augen und obwohl sie versuchte sie zurück zu halten, gelang es ihr nicht. Langsam bahnten sie sich ihren Weg über ihre Wangen. Sie wollte dass es aufhörte. Doch was konnte sie tun? Wie konnte sie dafür sorgen, dass dieser Albtraum ein Ende hatte? „Verdammt!“, rief sie laut heraus. Ein lautes Lachen ließ sie aufblicken. Es war der Shadow, welcher zu ihr aufblickte. Wütend sah sie ihn an. Nein. Es war nicht ihre Schud, redete sie sich ein. Er war schuld, dass das hier passierte. Er hatte sie hier her gebracht und hielt sie gefangen. Er griff die Vier an, die extra gekommen waren um sie zu retten. Er war der Ursprung allen Übels. Dieser Shadow war an allem Schuld. Das Lachen des Shadows wurde lauter: „Ja genau diesen Blick mag ich. Hasse mich. Verabscheue mich. Rede dir weiter ein, es sei nicht deine Schuld. Rede dir weiter ein, ich sei nicht du und ich kann wirklich ich selber werden.“ Fukagawa schrak auf. Was sagte das Wesen da? Schnell schüttelte sie den Kopf. Nein. Er wollte ihr nur irgendetwas einreden. Sie durfte nicht darauf hereinfallen. Es war nicht ihre Schuld. Sie wollte es einfach nicht wahr haben. Auch wenn es kindisch war, das wusste sie selbst. „Fukagawa!“, hörte sie plötzlich und sah In Richtung der Gruppe, wo sie mit ansah, wie Masaru langsam wieder aufstand und zu ihr aufblickte, „Hör zu. Ich weiß, dass es dir schwer fällt, aber hör auf ihn zu leugnen. Je länger du die Wahrheit leugnest, desto stärker wird er.“ „Was weißt du schon?“, rief die schwarzhaarige dem jungen Mann zu, „Rede nicht so, als wüsstest du wie es mir geht!“ Der Angesprochene jedoch, sah sie weiterhin ernst an: „Ich weiß genau, wie du dich gerade fühlst. Mir ging es vor einem Monat nicht anders. Und Mirâ, Hiroshi und Akane ging es sicher auch nicht anders.“ Erstaunt sah die junge Frau zu der Gruppe hinunter. Was sagte er da? Sie alle hatten dies ebenfalls durch gemacht? Hieß das, sie brauchte sich ihrer Gedanken nicht schämen. Ob diese vier sie verstehen würden? Oder würden sie sie verurteilen? Fukagawa war hin und her gerissen, doch ein Blick zu der Gruppe reichte, um das Gefühl zu bekommen ihnen vertrauen zu können. „Wir verurteilen dich nicht für deine Gedanken.“, sagte nun Akane, „Jeder Mensch hat dunkle Gedanken. Niemand kann von sich behaupten er hätte noch nie daran gedacht jemanden zu töten, wenn auch nur gedanklich. Wir Menschen sind so beschaffen. Du brauchst dich dessen also nicht schämen.“ „Da gebe ich Akane recht.“, Hiroshi setzte sich auf und stützte sich mit einer Hand auf dem Boden ab. Er sah von allen am meisten ramponiert aus, was wohl der Tatsache geschuldet war, dass seine Persona das Element Licht hatte und er demnach besonders stark von dem Mudo-Angriff des Shadows betroffen war. Doch trotzdem sah er mit ernstem und festem Blick zu der jungen Frau hinauf: „Jemanden deshalb zu verurteilen, wäre pure Ironie. Wenn wir dich verurteilen würden, wären wir wohl auch kaum hier.“ „Das war überflüssig.“, bemerkte Akane mit einem Seitenblick zu Hiroshi, doch Fukagawa lächelte nur leicht darauf. Auch Mirâ schien wieder etwas bei Kräften zu sein: „Siehst du? Niemand verurteilt dich. Wir alle wissen, wie du dich fühlst. Deshalb...“ „SCHWEIGT!“, rief plötzlich der weibliche Shadow und holte mit der Schlangenpeitsche aus, welche auf die Gruppe hinab sauste. Die Angegriffenen versuchten auszuweichen, doch bei dem Versuch Mika ebenfalls mitzuziehen schaffte es Mirâ nicht weit genug weg, sodass die Peitsche sie streifte. Mit einem Aufschrei landeten die beiden Mädchen etwas weiter weg auf dem Boden. „Mirâ! Mika! Alles in Ordnung?“, rief Masaru besorgt. „Ah.“, kam es nur knapp von der Violetthaarigen, „Da will anscheinend jemand verhindern, dass wir zu viel erzählen.“ Vorsichtig stand sie wieder auf, als sie plötzlich das grinsende Gesicht von Igor vor sich sah. Es war nur kurz und erst dachte sie, dass sie es sich nur eingebildet hatte. Doch kurz darauf, vernahm sie gedämpft seine ihr bekannte Stimme: 'Mir scheint, du könntest etwas Hilfe gebrauchen.' Danach leuchtete, unbemerkt von den anderen, ihr Handydisplay auf. Währenddessen bereitete sich der Shadow auf einen erneuten Angriff vor. Dieses Mal wollte er den Kampf endgültig beenden und die Gruppe, sowie sein menschliches Ich ein für alle male beseitigen. Das blaue Licht formte sich um den weiblichen Körper und man konnte erahnen was folgen sollte, denn das blaue Licht war wesentlich intensiver als die Male davor. Die Gruppe wusste was sie erwarten würde, wenn Fukagawa nicht einlenkte. Allerdings blieb auch die Frage, ob es denn überhaupt noch etwas brachte, wenn die Schwarzhaarige sich alles eingestand. Der Shadow schien bereits seine volle Kraft erlangt zu haben. Das blaue Licht verschwand und die Gruppe machte sich bereits auf den Angriff gefasst, welcher wohl wieder von unten in Form des Mudo-Zaubers folgen würde. Doch plötzlich... „SCHLUSS DAMIT! Ihr habt Recht!“, rief die Gefangene plötzlich, was selbst den Shadow aufschrecken ließ, weshalb die Gruppe die Chance hatte auszuweichen. Erstaunt blickten alle zu der jungen Frau hinauf, welche den Blick gesenkt hatte. Tränen liefen ihre Wangen hinunter und tropften zu Boden. „Ja, ich gebe es zu. Du hast recht mit dem was du sagtest. Diese Gedanken. Ich hatte sie, aber doch nur weil ich sauer war. Nie im Leben meinte ich das ernst. Sie sind doch meine Eltern und ich weiß, dass sie mich lieben, auch wenn sie es mir auf eine merkwürdige Art zeigen. Deshalb... Deshalb... Bitte hör auf. Verletze die fünf nicht noch mehr. Bitte.“ „Nein! Das stimmt nicht! Du hasst sie aus tiefsten Herzen.“, rief der Shadow und wollte damit anscheinend Fukagawas Gedanken kontrollieren. Allerdings ging diese nicht darauf ein und lächelte den Shadow mit Tränen in den Augen an: „Nein. Ich hasse sie nicht. Wie könnte ich? Und du weißt es!“ „Nein!“, rief das riesige Wesen und schrumpfte langsam in sich zusammen. Im selben Moment erstrahlte ein helles Licht inmitten der Gruppe. Alle drehten sich erstaunt zu Mirâ um, welche ihr Handy in der Hand hielt, dessen Display hell erleuchtet war. Einen Augenblick später erschienen vor ihr zwei nebeneinander schwebende Karten. Bei genauerer Betrachtung erkannte man auch, dass es sich dabei um die Karten der Personas Ose und Loa handelte, die Mirâ während ihres Aufenthaltes in dem Dungeon erhalten hatte. Plötzlich wurden beide Karten von Lichtfäden verbunden und hinter ihnen bildete sich ein merkwürdiges Gebilde. Kurz darauf leuchteten sie hell auf, sodass sich alle die Augen zuhalten mussten, um nicht geblendet zu werden. „Narashima!“, rief die violetthaarige junge Frau. Das Licht wurde stärker und einen Augenblick später erschien aus eben diesem eine männliche Persona mit gebräunter Haut und dem Kopf eines Löwen. Auf seinem Kopf trug er eine Art roten Helm, während um seinen Hals ein grünes Tuch mit weißem Muster hing. Ebenfalls um seinen Hals baumelte eine Lederkette mit goldenen Talern als Anhänger. Um seine Hüfte trug er einen Lendenschurz in derselben Farbe wie sein Halstuch. Auch um seine rechte Wade war ein Tuch in derselben Farbe gebunden, während um sein linkes Fußgelenk nur mehrere rote Bänder hingen. Seinen linken Arm zierte ein roter Unterarmschutz. In seiner rechten Hand hielt er ein langes Schwert und um das Handgelenk dieser Hand baumelten die gleichen roten Bänder wie um sein Fußgelenk. „Narashima! Angriff mit Hamaon!“, rief Mirâ erneut, was die Persona veranlasste nach oben zu springen und den Arm mit dem Schwert zu heben. Um den Shadow bildete sich eine breite hell leuchtende Fläche, von welcher mehrere Bannzettel hinaufstiegen. Erschrocken blickte sich der Shadow um, doch einen Ausweg für ihn gab es nicht mehr. Die Fläche unter dem Wesen leuchtete in gleißendem Licht auf und der Shadow schrie so laut und grässlich auf, dass es einem durch Mark und Bein ging. Kurz darauf bildete sich schwarzer Nebel um das Wesen, welches immer weiter zusammenschrumpfte, und verbreitete sich in alle Richtungen. Auch die Fläche, an welche Fukagawa gefesselt war löste sich auf und sie fiel sanft zu Boden. Schnell war die ganze Gruppe an ihrer Seite, doch sie hatte in diesem Moment nur eines im Sinn: Ihren Shadow. Vorsichtig und mit wackeligen Beinen stand sie auf und ging auf diesen zu. Das Wesen war mittlerweile wieder zu einem kleinen Schatten geworden, welcher aber die Silhouette von Fukagawa besaß. „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht wahrhaben. Ich wusste irgendwie, dass du recht hast und dass du schon immer in mir warst, aber ich wollte es mir nicht eingestehen. Ich wollte nicht einsehen, dass ich solche Gedanken hatte. Aber... Du bist ich und ich bin du. Wir sind eine Person.“, sagte die junge Frau ruhig, aber sichtlich geschwächt. Der schwarze Schatten nickte und stieg langsam nach oben, wo er sich erst in blaues Licht verwandelte und dann die Form einer Frau annahm. Eigentlich sah diese sogar dem Shadow von eben sehr ähnlich. Ihre langen schwarzen Haare fielen ihr leicht ins Gesicht, welches von einer Maske verdeckt war. Ihr gut gebauter Körper war von weißen Leinen umgeben, welche allerdings vorne rum nur ihre Brüste verdeckten und dann an ihrem Bund an der Hüfte zusammen liefen. Der weiße Rock, welcher von einem goldenen Gürtel gehalten wurde, hatte an der Seite einen tiefen Ausschnitt, doch zeigte nicht mehr als nötig. Auch ihre Arme waren von weißen Leinen umgeben, welche locker um diese schwangen. In ihrer rechten Hand hielt sie eine Peitsche, dessen Schaft einer Schlange ähnelte, da das Ende sehr an einen Schlangenkopf erinnerte. Zu ihren Füßen lag ein weißer Löwe, welcher aufmerksam zu Fukagawa blickte. Auch die Persona an sich blickte noch einmal zu der jungen Frau, ehe sie sich in sanften blauem Licht auflöste und auf Fukagawa herab sank. Vorsichtig fing diese eine Karte auf, welche ebenfalls zu Boden sank, sich jedoch auflöste, als sie ihre Hand berührte. Nun schien die Anspannung und das Adrenalin aus der jungen Frau zu weichen, denn plötzlich brach sie unvermittelt zusammen. Schnell waren die anderen zur Stelle und halfen ihr wieder auf. „Wir sollten von hier verschwinden.“, meinte Masaru, während er die junge Frau vorsichtig stützte, „Geht es, Fukagawa?“ Die schwarzhaarige nickte kurz schwach, woraufhin sich die Gruppe langsam auf den Rückweg machte. Sie brauchten etwas länger zurück zum Ausgang, da Fukagawa ziemlich geschwächt und der Weg dieses Mal etwas länger war, doch nach einer Weile hatten sie es geschafft. Erschöpft setzten sich die fünf kurz auf eine Bank, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen. „Ich begleite Fukagawa nach Hause.“, meinte Masaru, „Alleine wird sie es nicht schaffen.“ „Am besten ich begleite dich. Zu zweit ist es einfacher. Außerdem werden ihre Eltern sicher stutzig, wenn nur du, als Mann, vor ihrer Haustür stehst.“, erklärte Akane. Masaru wollte zwar erst protestieren und meinte, dass sie ja danach alleine nach Hause müsste und es viel zu gefährlich wäre, doch Akane ließ sich nicht umstimmen und so machten sich die Beiden mit Fukagawa im Schlepptau auf den Weg. Hiroshi unterdessen bot Mirâ an, sie nach Hause zu begleiten, damit sie nicht so alleine wäre, zumal sie seiner Meinung nach ebenfalls so aussah als würde sie bald umfallen. Auch die junge Frau wollte erst protestieren, doch sie fühlte sich wirklich etwas merkwürdig und schwach. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass sie jemand begleitete. So machten sich auch die Beiden auf den Weg. Auf diesem jedoch schwiegen sich beide eine Zeit lang einfach nur an. Jeder schien seinen Gedanken nach zu hängen. Aus dem Augenwinkel heraus schielte Mirâ zu ihrem Kumpel, welcher aus dem Fenster der U-Bahn blickte. Ob er immer noch sauer war? Er hatte sich die letzten Tage zwar wieder normal verhalten, doch trotzdem machte sie sich immer noch Sorgen. Immerhin hatte sich Hiroshi wirklich merkwürdig verhalten, bevor sie Fukagawa zur Rettung geeilt waren. Während sie in dem Dungeon war konnte sie sich darüber keine Gedanken machen, immerhin gab es da Wichtigeres. Doch nun kam sie um diese Gedanken nicht drum herum. Irgendwie hatte sie ja auch das Gefühl, sie wäre schuld an Hiroshis Laune. Vielleicht sollte sie sich entschuldigen. „Entschuldige!“, sagte sie plötzlich, während Hiroshi zur selben Zeit „sorry“ sagte. Erstaunt blickten sich beide an und fingen plötzlich an zu lachen. „Warum entschuldigst du dich denn bei mir?“, fragte Hiroshi, nachdem er sich beruhigt hatte. Mirâ zuckte mit den Schultern: „Du warst vor einiger Zeit so merkwürdig drauf. Ich hatte das Gefühl, dass es wegen mir war.“ Fragend blickte sie der Blonde an: „Nein. Es war nicht deine Schuld. Nicht direkt jedenfalls. Ich war nur etwas genervt, weil du so davon geschwärmt hast, dass du die Nummer von Shin bekommen hast.“ Auch die junge Frau blickte nun fragend hinauf zu dem jungen Mann, welcher seinen Blick wieder Richtung Fenster gerichtet hatte. Trotzdem hatte Mirâ das Gefühl einen leichten roten Schimmer auf seinen Wangen zu bemerken. Sie grinste leicht: „Eifersüchtig?“ Erst erstaunt, dann leicht beleidigt sah der Blonde zu Mirâ: „Vielleicht ein wenig.“ Diese lachte nur leicht: „War nur Spaß. Aber keine Sorge. Du bist und bleibst mein bester Kumpel.“ Vorsichtig schlug sie Hiroshi auf die Schulter, als Beweis dass sie es ernst meinte. Dieser lächelte zwar, doch spürte auch einen kleinen Stich in seiner Brust, weil Mirâ das alles anscheinend falsch verstand. Andererseits war er auch ganz froh, dass Mirâ diese Anspielung nicht zu verstehen schien. Es würde eh nur kompliziert werden. Gedanklich schüttelte Hiroshi den Kopf. Es war gut so wie es war. Mit einem breiten Lächelnd sah er seine Freundin nun an und grinste dann: „Na dann bin ich ja beruhigt.“ Ein Geräusch ertönte aus Mirâs Tasche, was sie veranlasste ihr Handy hervor zu holen. Auf dem Display erkannte sie bereits, woher das Geräusch kam. Auf dem Zeichen der App war wieder das kleine Ausrufezeichen zu erkennen. Anscheinend hatte sie den Social Link weiter gefüllt. Etwas anderes konnte sie sich nicht vorstellen. „Alles in Ordnung?“, fragte Hiroshi erstaunt. Schnell packte sie ihr Handy wieder weg und lächelte: „Ja alles in Ordnung. Das war nur ein Alarm. Aber das hat sich erledigt.“ Fragend blickte der Blonde sie an, doch meinte nur, dass es dann ja gut sei. Wenn es etwas gab, was Mirâ ihm nicht sagen wollte, dann war er zwar beunruhigt, aber anscheinend war es dieses Mal wirklich nicht wichtig, sodass er es dabei beließ. Nachdem Mirâ sicher zu Hause angekommen war und sich von Hiroshi verabschiedet hatte, wollte sie nur noch Baden und in ihr Bett. Als sie ihr Zimmer betreten hatte, wollte sie sich fertig fürs Bad machen, aber als sie ihr Handy zur Seite legen wollte stoppte sie. Sie erinnerte sich daran, dass auf der Persona-App das kleine Ausrufezeichen war, was ihr sagen wollte, dass sich etwas getan hatte. Eigentlich ging sie davon aus, dass es Hiroshis Social Link war, doch irgendwie hatte sie das Gefühl, dass da mehr war. Deshalb endsperrte sie das Display und tippte auf das kleine viereckige Zeichen mit dem blauen Schmetterling. Die App öffnete sich, doch brauchte sie einige Sekunden bis sich ein Bild zeigte. Erstaunt sah Mirâ auf ihren Display, denn dieser zeigte nicht wie gewohnt das Menü an, sondern einen blauen Hintergrund mit einem zarten weißen Schmetterling darauf, unter welchem sich ein Ladebalken befand. Dieser füllte sich nach und nach, was allerdings einige Minuten dauerte. Was hatte das zu bedeuten? „Ein Update?“, fragte sie sich. Nachdem der Balken vollständig geladen war öffnete sich sich das von ihr bekannte Menü, doch es sah etwas anders aus. Unter dem Button für „Items“ hatten sich zwei neue gesetzt. Auf dem einen Button stand „Fusion“. Jedoch war dieser grau unterlegt, was wohl bedeutete, dass sie diese Funktion nur in der Spiegelwelt nutzen konnte. Ob die Fähigkeit, welche sie in der Spiegelwelt eingesetzt hatte, diese Fusion war? In dem Moment, als sie die Fähigkeit genutzt hatte, wusste sie eigentlich nicht wirklich was sie tat. Sie hatte Igors Stimme gehört und kurz darauf hatte ihr Handy geleuchtet. Als sie drauf geschaut hatte, sah sie nur eine Persona, welche ihr angezeigt wurde, darunter waren zwei Balken, in welchen die Namen zweier anderen Personas standen, welche sie kurz zuvor erhalten hatte. Und oben rechts in der Ecke stand nur ein Button mit einem Häkchen, den sie aus Reflex einfach gedrückt hatte. Daraufhin war Narashima erschienen. Nun wo sie so darüber nachdachte kam es einer Fusion schon sehr nahe. Um dies nachzuprüfen berührte sie den Button „Personas“ und wurde in ihrer Vermutung bestätigt. Die zwei Personas, welche sie genutzt hat, um Narashima zu rufen, waren weg. Das bedeutete sie war nun in der Lage aus zwei vorhandenen Personas eine neue zu erschaffen. Sie hatte bereits in ihrem Buch darüber gelesen, dass es wohl eine Fähigkeit der Wild Card war. Damit hatte sie diese wohl nun auch erlangt. Es wunderte sie nur, dass Igor sie dieses Mal dafür nicht in den Velvet Room gerufen hatte, sondern es auf diese Weise geschah. Seufzend berührte Mirâ die „Zurück“-Taste und schaute erstaunt auf den zweiten dazu gekommenen Button im Menü. Dieser war blau unterlegt und darauf stand „Velvet Room“. „Was hat das denn zu bedeuten?“, nuschelte sie, doch berührte vorsichtig den Button. Kurz darauf wurde sie von einem weißen Licht umgeben, was sie dazu brachte die Augen zu schließen. Als ich meine Augen wieder öffne blicke ich in das grinsende Gesicht der Langnase Igor. Fragend sehe ich ihn erst an, ehe ich mich umschaue. Ich bin wirklich im Velvet Room gelandet. Schlafe ich schon wieder oder...? „Wir haben dich bereits erwartet.“, spricht Igor in seinem üblichen Ton, „Anscheinend hast du die neue Funktion der App bereits bemerkt.“ Ich nicke. „Die Katastrophe, die deinen Weg begleitet... Sie scheint nun Menschenleben zu fordern, um an dein Schicksal zu gelangen. Doch du brauchst dich nicht fürchten. Du hast bereits die Kraft, um gegen sie zu kämpfen. Es scheint nun ist die Zeit gekommen, die Kraft deiner Persona zu nutzen...“, Igor kichert, was mir einen Schauer über den Rücken jagt, „Deshalb haben wir deine App etwas verbessert.“ „Wie du bereits herausgefunden hast, ist die Fähigkeit deiner Persona, die der Wild Card. Wenn du die Kraft deiner Social Links stärkst, werden sie dir helfen jedes Problem zu lösen. Unsere Rolle ist dazu da, dies zu erleichtern.“, spricht Margaret in ihrer üblichen ruhigen Stimme. Igors Grinsen wird wieder breiter: „Mein Beitrag dazu ist, dass ich Personas neues Leben schenken kann. Ich kann ihnen eine neue Form geben, in dem ich verschiedene Personas zusammen mische. In anderen Worten: Die Fusion von Personas.“ Also hatte ich mit meiner Vermutung mit der Fusion sogar Recht. Igor musste mir in diesem Moment seine Fähigkeit geliehen haben, als ich die Persona im Dungeon gerufen habe. „Die Persona-App... Sie wird dir in den Dungeons meine Fähigkeit leihen, wenn du sie brauchst. Du kannst aber auch außerhalb der Dungeons zu mir kommen, indem du die Option „Velvet Room“ benutzt. Dann fusioniere ich die Personas vor Ort.“, erklärt er mir, „Du besitzt die Fähigkeit mehrere Personas zu nutzen und zu beschwören. Auf deinem Weg werden dir immer wieder neue Personas begegnen. Zier dich nicht sie uns vorbei zu bringen. Wenn du deine Social Links weiterentwickelst, werden deine Personas mehr Kraft erhalten. Das solltest du dir zu Herzen nehmen...“ Ich nicke erneut. Dieses Mal verstehe ich wenigstens was Igor mir erzählt. Ich kann in den Dungeons neue Personas finden und diese auch als Material für eine Person benutzen, die mir Igor fusionieren kann. Aber warum soll ich diese Personas hier her bringen? Sammeln sie sie etwa? Aber was wollen sie damit? Haben sie dann nicht von den vorherigen Wild Cards genug gesammelt? Margaret ergreift das Wort und hebt das blaue Buch an, welches immer auf ihrem Schoß liegt: „Wie du bereits weißt ist dies das Persona Compendium. In diesem kannst du deine neu erhaltenen und erweiterten Personas registrieren. Dies erlaubt dir sie jederzeit zurück zu holen, selbst wenn du sie als Material für eine neue Persona nutzt. Komm einfach her, wenn du dies in Anspruch nehmen möchtest.“ Ach so ist das. Eigentlich ganz praktisch, wenn man das so bedenkt. Aber bestimmt hat das ganze irgendwo einen Haken. Oder bin ich einfach nur zu misstrauisch? Aber wer will es mir verübeln. Das ist das erste Mal, dass mir die Beiden einen Tipp geben, den ich auch sofort verstehe. Da muss es also irgendwo einen Haken geben. Außerdem hätten die Beiden mir das ruhig mal eher sagen können. Die zwei Personas, die ich für Narashima geopfert habe, sind nun weg. Ohne dass ich sie vorher registriert habe. Ein leichtes Seufzen entweicht mir, ehe mich Igors Kichern wieder aufblicken lässt. „Erinnerst du dich noch an meine Worte am Anfang?“, fragt er mit seinem typischen Grinsen, „‘Das kommende Jahr ist ein Wendepunkt in deinem Schicksal. Wenn das Rätsel ungelöst bleibt, geht deine Zukunft verloren.‘ Ich meinte genau was ich sagte. Im Kampf besiegt zu werden ist nicht der einzige Weg, dass deine Reise vorzeitig ein Ende nimmt. Bitte vergiss das nicht. Wenn wir uns das nächste Mal treffen, kommst du aus eigenem Willen hier her. Bis dahin. Lebewohl.“ Als Mirâ ihre Augen wieder öffnete befand sie sich in ihrem Zimmer. Alles schien wie immer. Sie rief sich Igors Worte in Erinnerung, dass ihre Reise auch anders als durch die Niederlage in einem Kampf vorzeitig beendet werden konnte. Sie war sich zwar nicht sicher, aber meinte zu wissen was er ihr damit sagen wollte. Ihr Blick schweife zum Fenster, wo sie den dunklen Himmel betrachtete. Wenn sie es nicht schafften die in den Spiegel gezogenen Leute bis zum nächsten Neumond zu retten, würde wohl etwas passieren, was ihre Reise beendete. Sie wusste nicht, was es war, aber wenn Igor sie davor warnte konnte es nichts Gutes sein. Hoffentlich gelang es ihnen das Rätsel dieser mysteriösen Umstände zu lösen. Mittwoch, 17.Juni 2015 Die Schulglocke läutete das Ende des Unterrichts ein, woraufhin sich alle Schüler auf den Heimweg machten, sofern sie keine Klubaktivitäten hatten. Mirâ und ihre beiden Freunde und Klassenkameraden machten sich deshalb gemeinsam auf den Weg zum Klubgebäude. Dabei mussten sie am Gang des ersten Jahres vorbei. Ein lautes Geräusch, welches sich anhörte wie ein umfallender Tisch, ließ sie jedoch stoppen und ihre Aufmerksamkeit zu den Räumen des ersten Jahres richten. „Bitte gib es mir zurück.“, rief ein, für Ihr Alter, recht kleines Mädchen, während sie hinter einem Jungen her rannte. Dieser grinste nur und rannte vor dem Mädchen weg. In seiner Hand hielt er einen Block, auf welchem man einige leichte Skizzen erkennen konnte. Die anderen Schüler um sie herum lachten nur, doch halfen ihr nicht. Bei der Verfolgung hatte der Junge bereits einige Tische und Stühle umgeworfen, aber die Lehrer schienen alle zu weit weg oder beschäftigt, um diesen Krach überhaupt mitzubekommen. Das junge Mädchen hatte den Jungen und somit ihren Block fast erreicht, als dieser den wieder wegzog, lachte und weiter floh. Langsam stiegen ihr Tränen in die Augen. Wieso taten ihre Mitschüler das immer? Wieso half ihr keiner? Warum musste ihr das passieren? „Hey lasst Yoshiko ist Ruhe!“, rief plötzlich eine kindlich wirkende Stimme. Das kollektive Lachen verebbte und alle Blicke richteten sich auf die vordere Tür des Klassenraumes. Dort stand ein kleiner Junge mit rotbraunem Haar und Sommersprossen im Gesicht, was ihn noch niedlicher wirken ließ. Unter seiner Uniformjacke, welche er offen und an den Ärmeln nach oben gekrempelt hatte, trug er ein blaues Kaputzenshirt mit gelben Blitzen drauf. Der Junge mit dem Block in der Hand grinste nur: „Sonst was Abarai? Wirst du uns dann bestrafen?“ Er versuchte nicht einmal die Ironie in seiner Stimme zu verbergen, doch genau das zeigte Wirkung, denn der kleine Junge holte plötzlich aus und ging auf sein Gegenüber los, wurde allerdings vorher von zwei anderen Jungen, welche gut einen Kopf größer waren als er, gestoppt und zu Boden gebracht. „Abarai-Kun!“, rief Yoshiko entsetzt. Der Junge mit dem Block in der Hand lachte: „Und was nun Schwächling?“ Abarai versuchte aufzustehen, doch wurde wieder zu Boden gedrückt. Keiner half, alle standen nur teilnahmslos daneben. Einige lachten sogar. Verzweifelt versuchte Yoshiko die Sache zu schlichten und bat darum, das Abarai in Ruhe gelassen und ihr der Block zurückgegeben wurde, doch nichts half. Der eine Junge hatte sogar die Idee, den Block im Pool der Schule zu versenken und war bereits im Begriff den Raum durch die hintere Tür zu verlassen, als er plötzlich gegen ein Hindernis stieß. Erschrocken drehte er sich um und blickte in zwei wütend aussehende dunkelblaue Augen, welche zu einem größeren blonden jungen Mann gehörten. Kurz darauf wurde ihm der Block aus der Hand gerissen. „Das ist aber nicht gerade die feine englische Art.“, meinte Hiroshi sauer. Sein Blick fixierte den Jungen vor sich, welcher mindestens einen halben Kopf kleiner war. Dieser sah ihn immer noch geschockt an, doch fand kurz darauf bereits seine Sprache wieder: „Was willst du denn? Wieso mischst du dich ein?“ Ein vernichtender Blick traf ihn, woraufhin er zusammen zuckte: „Hä? Wie war das? Ich hab dich gerade schlecht verstanden.“ „Ähm... A-ach nichts. Lasst uns gehen.“, meinte der Junge nun kleinlaut und verließ, mit den anderen Schülern, den Raum durch die andere Tür. Zurück blieben Yoshiko, Abarai und Hiroshi, zu welchen sich allerdings noch Mirâ und Akane gesellten, die ihrem Kumpel gefolgt waren. Mit einem verächtlichen Schnauben blickte der Blonde den Schülern nach: „Feiglinge. Solange sie in Gruppen sind fühlen sie sich stark. So was unverschämtes.“ Langsam ging er auf das Mädchen mit den hellbraunen Haaren zu und reichte ihr den Block: „Hier. Und lass ihn dir nicht wieder klauen. Du solltest versuchen dich mehr gegen solche Typen zu wehren, sonst hören sie nie damit auf.“ Leicht erschrocken nahm die Kleine den Block entgegen und drückte ihn an ihre Brust: „D-Danke. I-ich versuche mich... Ja zu wehren, a-aber d-das ist verdammt sch-schwer.“ Hiroshi seufzte nur und ging dann auf den Jungen mit rotbraunem Haar zu, während die beiden Mädchen zu Yoshiko gingen und versuchten sie etwas zu beruhigen, indem sie ihr aufmunternde Worte zusprachen. „Hey Kleiner. Alles in Ordnung?“, fragte der Blonde den am Boden liegenden Jungen, welcher sofort zusammenzuckte. „Nenn mich nicht Kleiner!“, schrie er Hiroshi an. Anscheinend war dies sein Schwachpunkt, mit dem man ihn schnell auf die Palme bringen konnte. „Ok, dann eben Ochibi. Du solltest dich nicht mit Leuten anlegen gegen die du keine Chance hast, nur um den starken heraushängen zu lassen. Du siehst ja wozu das führt.“, erklärte Hiroshi und bot dem Jungen seine Hand an, um ihm aufzuhelfen. Doch dieser schlug die Hand nur weg und stand von alleine auf, ehe er den Blonden anschrie und meinte, dass er auf solche Art von Hilfe verzichten konnte. Daraufhin verließ er wütend und fluchtartig den Raum. Die drei älteren Schüler und Yoshiko sahen ihm nach. Dieses Thema schien bei ihm ein rotes Tuch zu sein, welches man besser nicht ansprach. Auch Yoshiko erhob sich nach einiger Zeit und verabschiedete sich von der Gruppe, nachdem sie dieser mehrmals gedankt hatte. „Ob die Beiden gemobbt werden?“, fragte Mirâ besorgt, als die Kleine gegangen war. „Es sah danach aus.“, meinte Akane, „Schrecklich.“ „Aber so lange, wie sie nichts dagegen tun wird sich daran nichts ändern.“, meinte der Blonde, während er ein Blatt vom Boden aufhob, welches vor seinem Füßen lag, „In der Gruppe fühlen sich alle stark. Entweder die Beiden wehren sich oder melden das. Es bringt aber auch nichts, wenn wir uns da einmischen. Am Ende ist es gar nicht so schlimm und die Klasse hat sich wirklich nur einen extrem bösen Scherz erlaubt.“ Während er sprach blickte er auf das Blatt in seiner Hand, was die beiden Mädchen neugierig machte und sie veranlasste über seine Schulter hinweg ebenfalls auf das Blatt zu blicken. Was sie zu sehen bekamen verschlug ihnen fast die Sprache. Auf dem Blatt war eine Mangaskizze von einem Mädchen in Schuluniform. Sie hatte lange Haare, welche an einigen Stellen geflochten waren. An ihrer Seite hatte sie eine kleine Fledermaus, deren Stirn ein kleiner Edelstein schmückte, und in ihrer einen Hand hielt sie einen Stab mit rautenförmiger Spitze. Die Skizze sah wirklich professionell aus, als wäre sie von einem Profi gezeichnet wurden. Doch keinem der drei war ein Manga bekannt, in dem ein solches Mädchen auftauchte. Erstaunt sah Mirâ in die Richtung, in welche Yoshiko verschwunden war. Hatte diese Kleine etwa die Skizze gezeichnet? Das würde jedenfalls erklären weshalb sie ihren Block unbedingt zurück haben wollte. Die Violetthaarige entschloss sich die Skizze vorerst mitzunehmen und sie bei Gelegenheit der Kleinen zurück zu geben. So nahm sie Hiroshi das Blatt aus der Hand und legte es in eines ihrer Hefte, damit es nicht kaputt ging. Danach mussten sich die drei Freunde allerdings beeilen denn sonst wären sie zu spät zu ihren Klubs gekommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)