Die Blume und der Schmetterling von Namaiki (12 Monate - 12 Leitmotive) ================================================================================ Kapitel 1: Februar - Verständnis -------------------------------- Februar – Verständnis Als Choji durch die verschneiten Gassen lief, merkte er kaum, wie kalt der Schnee war, der um ihn fiel, und der Wind, der ihn durch die Straßen wehte.  Er fühlte sich noch wie taub, seine Gedanken flossen träge ohne Ziel dahin.  Aber der Schmerz würde sich noch einstellen, spätestens wenn seine Gedanken wieder erwachten und anfangen würden, die Erinnerungen vor seinem Auge abzuspielen. Spätestens, wenn er erkannte, dass er sie endgültig aufgeben musste.  Aber noch lief er weiter, stiefelte durch den Schnee und nahm den gleichen Weg, den er jeden Tag nahm. Er ging den Weg, bis er sein Zuhause fand, bis er sein Bett fand und seine Decke, unter der er sich verkriechen konnte.  Er wünschte, er wäre erschöpfter gewesen, um einschlafen zu können. Aber er war nicht erschöpft, nur traurig.  Deshalb lag er wach und der Schmerz kam. Er hatte gesagt, dass er Verständnis hätte, als er es ihr gestand. Er hatte das immer wieder beteuert, aber er hatte insgeheim auch gehofft.  Sie hatte ihn nur angesehen, verblüfft, erschrocken. Das passte nicht zu ihr. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn sie ihn ausgeschimpft hätte. Dass sie ihm ja gesagt habe, dass ihn keine Frau haben wolle mit seiner Figur. Und sie sei ja schließlich eine Frau, also was würde er sich eigentlich einbilden...  Das wäre ihm lieber gewesen, weil es dann seine Ino gewesen wäre.  Aber sie hatte nur angstvoll dagestanden und nach den Worten gesucht, vor denen er sich fürchtete, sie zu hören. Dabei hatte ihm ihr verzweifeltes Schweigen doch schon alles gesagt, was er nicht wissen wollte. Also war er geflohen.  Und nun, allein unter seiner Decke, erkannte er, dass er tatsächlich Verständnis dafür hatte, dass sie ihn nicht wollte. Kapitel 2: März - Mut --------------------- März – Mut Choji spazierte entspannt durch Konoha. Nicht um irgendwo anzukommen, nur um irgendwo zu sein. Er genoss die schneefreie, kalte Luft, die seine Gedanken aufklarte und sog sie tief in seine Lunge.  Viele Leute waren auf der Straße, gingen ihren Beschäftigungen nach, eilten hierhin und dorthin, ohne viel von ihrer Umgebung wahrzunehmen. Im Gegensatz zu ihm genossen nur wenige von ihnen die frische Luft und ärgerten sich stattdessen über die Kälte. Sein Blick schweifte von den Straßen zum klaren Himmel über ihm hinauf Er lief weiter und war für diese Momente glücklich mit sich selbst, als kurz hinter ihm lautes Rufen ertönte. „Choji, wag' es ja nicht, auch nur einen Schritt weiter zu gehen! Nimm deinen Fuß da weg!“ Er erkannte Inos Stimme und wollte sich umdrehen, blieb aber, weil er nicht sicher war, ob sie das Gesagte wörtlich meinte, mit einem Bein in der Luft stehen und versuchte angespannt das Gleichgewicht zu halten. Mittlerweile war sie bei ihm angekommen und riss ihn mit einem kräftigen Ruck zurück. Wäre er leichter gewesen, wäre er vielleicht gefallen, aber so setzte er nun den Fuß hinter sich ab. Sie hatte die behandschuhten Hände in die Hüften gestemmt und unter den Haaren, die aus ihrer Mütze hervorquollen, blitzten ihm blaue Augen entgegen.  „Ino, was ist denn?“, fragte er verwirrt von ihrer plötzlichen Wut, die ihm entgegensprühte. Sie schob ihn noch weiter zurück und zeigte schließlich auf den Boden. „Du hättest beinahe dieses Schneeglöckchen zertrampelt!“, beschuldigte sie ihn. „Du musst schon aufpassen mit deinen großen Füßen.“ Bedröppelt sah Choji auf die Blume hinab, die ein Stück vor seinen Füßen aus einer Grasfläche wuchs. Er hatte die kleine Blume mit der weißen Blüte tatsächlich übersehen. „Ähm, tut mir leid, Ino. Das wollte ich nicht.“ „Das ist auch gut so“, grummelte sie. Sie betrachtete ihn aus ihren blauen Augen grimmig. Choji, der nicht wusste, was er tun sollte, wartete einfach, bis sie etwas sagte.  „Schneeglöckchen sind besondere Blumen“, verkündete sie schließlich und ließ ihn los. Sie hockte sich hin und winkte ihn zu sich hinab, woraufhin er sich neugierig auf dem kalten Boden im Schneidersitz niederließ. Die Leute sahen sie komisch an, aber das machte ihnen nichts aus.  „Schneeglöckchen sind Frühblüher. Von allen Blumen gehören sie zu denjenigen, die als erstes den Mut finden, aus dem Schnee zu brechen und dem Licht entgegenzustreben.“ Sie hob den Blick zu seinen Augen und lächelte.  „Verstehst du? Sie sind die mutigsten Blumen der Welt. Und diesen Mut darf man nicht danken, indem man achtlos auf ihnen herumtrampelt.“ Er lächelte zurück und dachte dabei an ihre gemeinsame Zeit zurück. Wie sie auch durch die dickste Schneedecke  gebrochen war und immer ihr Licht gesucht hatte. Sein Herz klopfte. Er erhob sich schwerfällig und ein unsicherer Zug schlich sich um seinen Mund.  „Ino, du weißt aber, dass ich nie absichtlich ein Schneeglöckchen zertrampeln würde, oder?“ Auch sie stand wieder auf und sah ihm in die Augen, während der aufkommende Wind ihr eine Strähne aus den Augen strich. „Ja, Choji, das weiß ich.“ Unter ihnen nickten die Schneeglöckchen im Luftzug. Kapitel 3: April - Lüge ----------------------- April – Lüge Ihm stieg der Geruch des Apfels in die Nase, den er gerade mit einem Kunai schälte und schnitt. Choji bot seinem besten Freund ein Stück an, der allerdings ablehnte. Choji und Shikamaru saßen oder lagen im Schatten eines großen Baumes auf dem Trainingsplatz und warteten auf den Rest ihres Teams.  Er nahm selbst das Stück in den Mund, das noch leicht sauer schmeckte, als er schnelle Schritte näher kommen hörte. Er hob den Blick und entdeckte Ino, die gut gelaunt auf sie zugelaufen kam. Zu seinem Pech wusste er, warum sie so fröhlich gestimmt war. „Na, Jungs, alles in Ordnung mit euch?“ Lächelnd ließ Ino sich neben sie ins Gras fallen. Shikamaru hob ein Augenlid an, zu mehr Aktion ließ er sich nicht herab.  „Hm...“, grummelte er. Choji nickte und bot auch ihr ein Apfelstück an, das sie dankend annahm.  Lüge.  Es war nicht alles in Ordnung. Sie ließ sich mit dem Apfelstück im Mund nach hinten fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Glücklich grinste sie in die Baumkrone, hinter der das Sonnenlicht schimmerte und er war sich fast sicher, dass sie auch gelächelt hätte, wenn es gestürmt und geschneit hätte. Eigentlich wäre er froh über ihr Glück gewesen, wenn er nicht wüsste, woher es rührte.  „Hm!“, nuschelte sie und schlang das Apfelstück hinunter. Mit einem Ruck setzte sie sich wieder auf. „Das hätte ich beinahe vergessen. Nach dem Training kann ich leider nicht, ich... ich habe was vor. Das macht euch doch nichts aus, ohne mich loszuziehen?“  „Keine Bange“, antwortete er. „Wir kommen auch so zurecht.“ Lüge.  Er war weit davon entfernt, ohne sie zurecht zu kommen.  „Warum sollten wir auch nicht? Nimm dich mal nicht so wichtig“, nuschelte Shikamaru. Bevor Ino ob dieser Erwiderung losschlagen konnte, meldete sich ihr Sensei zu Wort, der sich hinter Ino aufgebaut hatte.  „Hört auf zu streiten. Lasst uns lieber anfangen“, grummelte er. Ino warf Shikamaru einen letzten vernichtenden Blick zu und sprang anschließend auf die Füße. Choji und Shikamaru ließen sich mehr Zeit, aufzustehen. Während des Trainings schob Choji jegliche romantische Gedanken beiseite. Körperkontakt war unvermeidbar, bedeutete im Training allerdings nichts. Daran hatte er sich schon eine lange Zeit zuvor gewöhnen müssen. Er genoss diese Zeit, in der er nicht an sie dachte, nicht an sie, nicht an ihn und schon gar nicht an sie zusammen. Schließlich riss eine Stimme vom Ende des Trainingsplatzes ihn aus diesen Momenten.  Inos Kopf fuhr augenblicklich herum und sie begann zu strahlen und als Asuma das Training beendete, konnte sie gar nicht schnell genug zu ihm. Nur Chojis Hand, die plötzlich zu ihrem Arm fuhr, hielt sie davon ab, zu ihm zu gehen. Ihr Blick suchte fragend den seinen. Er selbst starrte sie einige Sekunden an, suchte irgendetwas in ihrem Gesicht, fand es aber nicht. Ihre blauen Augen wirkten langsam ungeduldig, als er schließlich hervorbrachte: „Ich freue mich für dich.“  Er hatte einen schalen Geschmack im Mund, der den frischen des Apfels verdrängte, als sie ihm lächelnd dankte und zu ihm verschwand.  Aber zumindest das hatte der Wahrheit entsprochen. Kapitel 4: Mai - Können ----------------------- Mai – Können Geplauder ertönte um ihn herum, dass allerdings allmächlich verklang, als er sich hinstellte und in die Runde blickte. Er wartete, bis auch das letzte Hüsteln erstarb, bevor er anfing zu sprechen.  „Ino kann vieles.“ Von der anderen Seite der Tafel ertönte ein leises „Jo“. Er ließ sich nicht beirren. „Sie kann Blumengestecke arrangieren. Tatsächlich ist sie wohl für die Hälfte der Blumen hier verantwortlich...“ Er räusperte sich, während ein paar Leute ihre Blicke von ihm abwenden, um die Blumen auf den Tischen zu beachten. Danach lenkte er die Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Sie kann die Hände der Menschen lesen. Sie kann wüten, bis die Erde bebt und schmollen, bis ihre Lippen zusammenwachsen.“ Vereinzeltes Gelächter und Kichern. Er holte tief Luft.  „Sie kann lachen, dass die Sonne aufgeht und sie kann andere zum Lachen bringen.“ Es herrschte wieder atemlose Stille. „Sie kann eine gute Freundin sein.“  Sakuras Hand fand Inos und drückte sie kurz. „Sie kann dafür sorgen, dass mein Herz mein Blut viel schneller durch die Venen pumpt und vielleicht kann sie mich eines unglücklichen Tages dazu bringen, abzunehmen.“ Hinter Hüsteln verstecktes Gelächter drang zusammen mit dem Kommentar „Wohl kaum“ an sein Ohr. Sein Mundwinkel zuckte unmerklich.  „Aber vor allen Dingen konnte sie mich heute und an vielen anderen Tagen unglaublich glücklich machen. Und ich weiß ganz sicher, dass noch viele andere solche Tage kommen werden. Ich hoffe, dass dich glücklich zu machen auch zu meinen Fähigkeiten gehört. ...Wenn nicht wird es nämlich ziemlich schwierig für dich sein, es den Rest deines Lebens mit mir auszuhalten...“  Er lachte verlegen. Sein Anzug spannte ein wenig, als er den Arm hob, um sich im Nacken zu kratzen. „Ich... Das wollte ich nur sagen.“  Hastig setzte Choji sich wieder hin, neben Ino, die ihm eine Hand auf den Arm legte und sich zu ihm hinüber beugte, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Ihr bauschiges weißes Kleid raschelte dabei hörbar.  „Glaub mir, Choji, es gehört zu deinen Fähigkeiten...“  „Oh, noch etwas, Schatz... Ganz sicher werde ich dazu bringen, abzunehmen. Ich bin jetzt deine Frau, es ist meine Pflicht, auf deine Gesundheit zu achten, hörst du?“ Kapitel 5: Juni - Verantwortung ------------------------------- Juni – Verantwortung Es war so viel schlimmer, auf der anderen Seite der Tür zu sein.  Drinnen, da war das Adrenalin, der Kampf, das Leben. Drinnen war noch nichts verloren.  Draußen dagegen... Hier war nichts außer dir selbst und der Kaffee aus dem Automaten, der dir Gesellschaft leistete. Dir und deinen Gedanken, die sich um endlose Möglichkeiten drehten.  So viel konnte passieren. Er könnte leben. Er könnte sterben. Und alles, was dazwischen lag. Krampfhaft hielt Ino den Kaffeebecher umklammert, obwohl sie eigentlich gar keinen Kaffee mochte. Aber es gab einem etwas zu tun, auf einen Kaffee am Automaten zu warten. Das war besser, als auf eine Nachricht über Leben und Tod zu warten.  Die Zeit verrann elendig langsam und die Zeiger der Uhr taten sich schwer damit, vom Fleck zu kommen. Sadistische Zeiger. Als seine Ärztin dann endlich von der anderen Seite der Tür kam, sprang sie auf. Sie kannte die Anzeichen, die ein Arzt gibt, wenn er eine gute oder eine schlechte Nachricht zu überbringen hat. Doch dieses Wissen wäre gar nicht nötig gewesen, denn sie lächelte ganz offen.  „Es wird ihm bald wieder besser gehen, er braucht aber wohl ein paar Tage Ruhe. Sie können nun zu ihm.“  Tränen, die schon lange in ihren Augenwinkeln gewartet hatten, liefen ihre Schläfen hinab, über ihre Wangen und tropften von ihrem Kinn in ihren billigen Kaffee, der dadurch wohl völlig ungenießbar wurde.  „Danke.“ Mehr brachte sie nicht heraus und drückte ihr den ungenießbaren Kaffee in die Hand. „Vielen Dank.“ Danach hielt sie nichts mehr davon ab, auf die andere Seite der Tür zu kommen, auf die sie sich nun schon eine halbe Stunde wünschte.  Choji lag blass und lächelnd in seinem Bett, als sie herein gestürzt kam. Sie hastete ohne Begrüßung an seine Seite und nahm seine Hand. Seine Hand, die warm war und einen Puls hatte, und die sie auch nicht losließ, als sie sich neben ihn auf sein Bett setzte.  „Was ist mit... Shikamaru?“, krächzte er.  „Ihm geht’s gut. Für ihn haben sie schon viel früher grünes Licht gegeben, aber er ist noch zu schwach, um das Bett zu verlassen. Ich habe nach ihm gesehen und seine Eltern sind bei ihm. Und man kann sicher veranlassen, dass ihr ins selbe Zimmer verlegt werdet.“  „Meine Eltern?“ „Dein Vater ist selbst noch auf Mission. Und deine Mutter weiß Bescheid und sollte jeden Moment kommen.“ Er nickte und kurze Zeit war es um sie herum still. In Ino herrschte allerdings immer noch Unruhe. Neben der unbändigen Erleichterung und Dankbarkeit war da noch etwas. „Du bist schuld“, sagte sie schließlich, immer noch mit einem überraschten Unterton über ihre Erkenntnis in der Stimme. Und obwohl sie seine Hand immer noch nicht losließ, fixierte sie ihn mit einem wütenden Blick. „Was?“ „Du bist schuld.“ Ihre Stimme klang fester. „Daran, dass ich heulend zusammengebrochen bin und daran, dass sie mich nicht haben helfen lassen. Daran, dass ich eine halbe Stunde mit einem ekligen Kaffee im Wartezimmer saß, ohne etwas tun zu können, weil du mir zu viel bedeutet hast.“ Sie holte tief Luft.  „Du bist dafür verantwortlich, mich in dich verliebt gemacht zu haben.“ Kapitel 6: Juli - Wissen ------------------------ Juli - Wissen „Wissen, Wissen, Wissen, Wissen...“ Ino runzelte die Stirn. Ganz egal, wie oft und in welcher Betonung sie es sagte, es half ihr nicht, einer Inspiration auch nur irgendwie näher zu kommen. Sie las sich zum x-ten Mal die Aufgabe durch, die ihr Lehrer ihnen in einem Anflug geistiger Umnachtung mit kreativem Schuss gegeben hatte.  Liebe Klasse,  schreiben Sie etwas Kurzes zu dem von ihnen gezogenen Begriff. Lassen Sie sich einfach inspirieren, ohne viele Einschränkungen. Ich möchte allerdings nichts Unanständiges lesen!  Daneben lag ein kleiner, ehemals gefalteter Zettel mit dem Wort Wissen. Nichts. Keine Inspiration. Sie stand auf dem Schlauch.  Es war eine typische Kurz-vor-den-Ferien-ist-eh-egal-Hausaufgabe. Und wenn ihr Lehrer, was Hausaufgaben betraf, nicht so verdammt streng wäre, hätte sie sie wohl ignoriert. Aber er mochte sie sowieso nicht sonderlich und sie wollte sich keine Strafarbeit wegen kreativem Schreiben einfangen.  Also, Wissen. Irgendwo musste sie ja anfangen. Worüber wusste sie viel? Mode. Aber wollte sie wirklich über Mode schreiben? Was noch? Sie kannte ihre Freunde gut. Und dann... Blumen! Blumen, gutes Thema. Spontan schnappte sie sich Zettel und Stift und begann zu schreiben. Wissen. Ich weiß eine Menge über Blumen.  Da, der Anfang war gemacht.  Ich bin die Tochter einer Floristin, dementsprechend ist das wohl natürlich. Ich mag es, viel über Blumen zu wissen, denn sie sind interessant. Es gibt so viele verschiedene Arten, die unter so unterschiedlichen Bedingungen wachsen und jede Blume ist auf ihre Art und Weise schön, auch die Unbekannteren.  Da gibt es natürlich die Rose. Aber ich habe mittlerweile so viele Rosen verkauft, dass sie ziemlich an Bedeutung verloren haben.  Ino hatte mittlerweile das Gefühl vom Thema abzuweichen, aber gut, wenn er ohne Einschränkungen gestattete... Sollte ich je Blumen von einem Jungen geschenkt bekommen, sollten sie eine Bedeutung haben. Entweder für mich persönlich oder in der Blumensprache. Es ist erstaunlich, wie viel man durch die Blume sagen kann, wenn man will und der andere sie versteht. Und das ist ein Wissen, auf das ich stolz bin.  Damit war sie fertig, beschloss Ino, packte alles ein und streckte sich auf dem Bett aus. Freiwillig vorlesen würde sie das Ganze sowieso nicht.  Es war ihr geistig umnachteter Lehrer mit kreativem Schuss, der ihr einen Strich durch die Rechnung machte. Er lies einen Korb herumgehen, in den jeder von ihnen sein Geschriebenes werfen sollte, das dann neu verteilt wurde. Ino bekam augenblicklich schlechte Laune. Ihren neuen Zettel zur Eifersucht überflog sie nur hastig, stattdessen schielte sie zu den anderen Tischen, ob sie irgendwo ihren Zettel erkennen konnte.  Aber nichts zu sehen.  Ino grummelte. Was sie geschrieben hatte, war auf irgendeine Art ziemlich persönlich und obwohl sie ihren Zettel nicht beschriften mussten, gab es in dieser Klasse nur eine Tochter einer Floristin. Sie konnte nur hoffen, dass der Text nicht Sakura in die Hände fiel und sie erfuhr, dass sie nie Blumen geschenkt bekommen hatte. Zu ihrem Missfallen hatte Sakura ihr das sogar zweimal voraus. Und auch wenn Naruto und Lee wohl kaum die Traummänner schlechthin waren. Sie waren männlichen Geschlechts. Vermutete sie mal.  Aber sie hatte Glück. Niemand sprach sie auf ihren Text an und sie vermutete fast, dass niemand ihn gelesen hatte, bis es am Nachmittag an ihrer Tür klingelte und sie eine Blume auf den Stufen davor fand. Sie war strahlend gelb und von der Mitte aus schien sich ein rotbrauner Fleck auszubreiten. Ein Mädchenauge. Sie war wunderschön und wenn man der Blumensprache glaubte, hielt derjenige, der sie hier abgelegt hatte, Ino selbst ebenfalls für schön. Für die Schönste. Kapitel 7: August - Held ------------------------ August – Held Ino wusste, was sie erwartete. Die nächsten Schritte würden noch erträglich sein. Jeder Nächste eine einzige Qual.  Noch stand sie bis zur Hüfte im Wasser, das ihren Körper umspielte. Der Wind strich ihr unangenehm kalt über den Rücken, sie zitterte und sie war sicher, dass ihre Lippen mittlerweile wahrscheinlich hässlich blau angelaufen waren. Trotzdem konnte sich nicht recht dazu durchringen über den schrecklich heißen Sand auf ihr Badehandtuch zu sprinten, und nicht nur weil es unelgangt aussähe.  Gerade wollte sie die Zähne zusammenbeißen, doch stattdessen entwich ein spitzer Schrei ihren Lippen, als sie auf einmal spritzend aus dem Wasser gehoben wurde. Überrascht starrte sie in Chojis lächelndes Gesicht. Im Glanz der Sonne und mit den funkelnden Wassertropfen auf seiner Haut und in seinem Haar wirkte er nahezu heroisch. Prompt musste sie an ihre eigenen blauen Lippen und die vom Salzwasser roten Augen denken. Im nächsten Moment richtete er den Blick allerdings schon wieder nach vorn und lief mit ihr auf den Armen los bis zum Ufer über den heißen Sand und zu ihren Handtüchern.  Dort setzte ihr Held in Badehose sie vorsichtig ab, doch bevor er sich ganz aufrichten konnte, zog sie ihn noch einmal hinab und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.  „Dankeschön!“, zwitscherte sie fröhlich und drehte sich anschließend auf den Bauch, um eine Zeitschrift aus ihrer Tasche zu kramen.  Choji spürte, wie seine Lippen sich zu einem Lächeln verzogen und ihm die Hitze in die Wangen stieg.  Als ihm endlich auch wieder die Hitze an seinen Füßen bewusst wurde, ließ er sich schnell auf sein eigenes Handtuch plumpsen und zog sie aus dem heißen Sand, der ihm heute definitiv den Tag gerettet hatte. Kapitel 8: September - Hoffnung ------------------------------- September – Hoffnung Ihr Nachtlager lag still und dunkel vor ihm. Bis auf den Wachdienst, der rundherum aufgestellt war, schliefen alle. Diese Art von Stille war im Krieg schwer zu finden. Nicht die Stille kurz vor dem Kampf, keine Stille, die dir eine Gänsehaut über den Rücken jagt.  Als er Schritte hinter sich hörte, verspannte er sich automatisch. Sein Rücken war dem Lager zugekehrt, von dieser Seite war also keine Gefahr zu erwarten, aber im Krieg gab es keine Sicherheit.  „Choji.“  Er musste sich nicht mehr umdrehen.  „Shikamaru.“ Er trat einen Schritt aus der Dunkelheit. Er setzte sich neben ihn auf den Boden. Choji sah aus dem Stand auf ihn herab.  „Du solltest schlafen.“ „Ich kann nicht schlafen.“  Chojis Mundwinkel zuckten. „Dass ich das von dir mal hören würde...“  „Nichts ist wie bisher“, antwortete Shikamaru.  Dann, ohne innezuhalten: „Was willst du machen, wenn das vorbei ist?“  „Mit ihr reden.“ Choji zögerte. „Und wenn ich nicht... könntest du es ihr...“  Shikamarus Stimme klang seltsam belegt, als er murmelte: „Sag sowas nicht, Mann.“  „Wirst du?“  „Hm-hm.“ Er stand auf und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter. „Stürz dich trotzdem nicht in ein Selbstmordkommando, um drum herumzukommen.“  Es sollte ein Witz sein, aber Choji lächelte nicht. „Werd' ich nicht.“  Shikamaru wandte sich ab und ging zurück zu seinem Schlafplatz. Als er sich noch einmal umdrehte, war Choji längst wieder mit den Schatten verschmolzen. Choji atmete wieder durch. Seine Knie waren weich, nachdem er diese Frage stellen musste... Aber die Hoffnung hielt ihn aufrecht. Die Hoffnung auf ein Leben danach. Kapitel 9: Oktober - Bewunderung -------------------------------- Oktober – Bewunderung Er wusste schon lange, dass er vorsichtig sein musste. Er musste seine Wünsche, seine Sehnsucht unter Kontrolle und seine Hände davon abhalten, nach ihrem Haar zu greifen. Seine Nase, ihren Duft einzuatmen. Seine Ohren, ihrer Stimme zu lauschen. Seinen Mund, ihre Lippen zu schmecken und seine Augen, ihren Bewegungen zu folgen.  Man sollte meinen, es wäre mit der Zeit einfacher. Dass ihr Lächeln ihm weniger strahlend vorkam, ihr Haar weniger seiden oder ihr Herz weniger groß.  Manchmal, wenn auch selten, gab es Tage, an denen er hoffte, dass sie etwas tat, was sein Bild von ihr zerstörte und sie wieder zu dem Menschen machte, der sie war.  Denn ihre Fehler wurden überstrahlt, wurden wettgemacht, mit jedem Wort, das sie zu ihm sprach, jedem Tag, an den sie ihn zum Lachen brachte und jeder Mahlzeit, die sie mit ihm teilte. Und so lächelte sie ihn weiter an und machte es ihm unmöglich, sie nicht zu einem Lichtblick seiner Welt zu machen. Kapitel 10: November - Wahrheit ------------------------------- November – Wahrheit „Wirklich schade, Ino, dass du heute nicht mitkommen kannst. Ich hätte so gehofft, dass du uns begleitest.“  Auch wenn Sakura das sagte, ihr Gesichtsausdruck erzählte eine andere Geschichte.  „Mach dir keine Hoffnungen, Breitstirn, du bist auch ohne Ablenkung meinerseits zu langweilg. Viel zu langweilig für Sasuke.“ Ino schenkte den aufgesplusterten Wangen ihrer ehemaligen Freundin keine Beachtung und verschwand durch die Klassenzimmertür. Noch auf dem Weg durch die Ninjaakademie überlegte sie, wie viel mehr Zeit Sakura tatsächlich mit Sasuke verbrachte, weil sie auf den Blumenladen ihrer Famile achtgeben musste. Abgelenkt von dem wirklich angsteinflößenden Ergebnis, schritt sie durch die Eingangshalle, in der sich nun nach Unterrichtsschluss Schüler tummelten, während ihr blondes Haar im Pferdeschwanz hinter ihr her wippte. Eine Gruppe von Mädchen aus ihrem Jahrgang zischelte hinter ihrem Rücken, ohne dass Ino sie beachtet hätte. Eingebildet, zischelten sie und hält sich für was Besseres. Sie lief weiter und schenkte den Zischlern keine Beachtung. Stattdessen ärgerte sie sich, dass Sasuke viel zu selten Blumen kaufte. Aber wenn, für wen wären sie dann? Feiglinge. Choji spürte, wie seine Fäuste sich ballten, als sie sich an einer Gruppe Mädchen vorbeidrängten. Shikamaru sah ihn von der Seite an.  „Alles okay?“  „Shikamaru.“ Er fuhr zu ihm herum und legte ihm die Hände auf die Schultern. Shikamaru, von dieser plötzlichen Aktion überrascht, hob eine Augenbraue. „Ja?“  „Du bist faul, aber ein toller Freund“, teilte Choji ihm in einem ernsten Tonfall mit. „Und entschuldige bitte, ich gehe voraus.“ Shikamaru wusste nicht, ob er wirklich wissen wollte, was in seinen besten Freund gefahren war. Eine angenehm brummige Stimme schreckte sie auf ihrem Nachhauseweg auf.  „Du bist eingebildet, aber du bist was Besseres.“ Choji beschleunigte und zog an ihr vorbei, bevor sie mehr erwidern konnte als ein verwirrtes „Huh?“  Gegen den Wind und von ihr abgewandt, sodass sie ihn nur schwer verstehen konnte, murmelte er.  „Was? Nur die Wahrheit.“ „Was meinst du mit eingebildet, he?“ Kapitel 11: Dezember - Heimkehr ------------------------------- Dezember – Heimkehr Erschöpft versuchte Choji seine Schritte leise zu setzen, sodass sie nicht in dem leeren Treppenhaus widerhallten. Alle Anspannung der letzten Tage war längst von ihm abgefallen, er sehnte sich nur noch danach nach Hause zu kommen, nach seiner Tochter zu sehen und ins Bett zu seiner Frau zu schlüpfen, hoffentlich ohne sie zu wecken. Als er den Treppenabsatz erreichte, kramte er leise den Schlüssel heraus. Das Klirren hallte laut in der Stille. Er hielt inne, bevor er die Tür langsam aufstieß, damit niemand von dem Geräusch wach wurde.  Mit einem dumpfen Geräusch schlug plötzlich ein Wurfmesser neben ihm im Türrahmen ein. Sein Blick wanderte von der immer noch zitternden Waffen zu der ebenso zitternden Werferin. Sein Magen krampfte sich zusammen, als er seiner Frau gegenüber stand, die ihrer Wut nicht anders zu helfen wusste, als in mit spitzen, scharfen Gegenständen zu bewerfen.  Ino war zur Hälfte in ihre Missionsuniform gekleidet, direkt über ihrem Nachthemd, das noch darunter hervorlugte. Ihr Haar stand wild ab und wurde nur mühsam von einem Zopf zurückgehalten. Sie starrte ihn an, sauer, traurig, erleichtert – in erster Linie sauer. Er fand sie wunderschön. „Choji Akimichi! Du bist zu spät!“, schimpfte sie leise auf ihn ein. Er zuckte ob seines vollen Namens zusammen und schloss die Tür leise hinter sich. Währenddessen hatte sie sich zu ihrer vollen Größe vor ihm aufgebaut. Sie war immer noch einen halben Kopf kleiner als er, aber das hielt ihn nicht davon ab, sich etwas zurückzuziehen. Doch statt auf ihn einzuschlagen und ihn anzuschreien, begann sie, ihn nach Verletzungen abzutasten. Er atmete erleichtert aus, als er ihre sanften Berührungen spürte. „Äh, nur ein paar blaue Flecken“, versuchte er sie zu beruhigen.  „Wo?“, fragte sie, ohne ihre Suche einzustellen. Er deutete auf seine Seite, wo ihn ein paar abgesplitterte Steinstücke getroffen hatten. Ihre Finger wanderte hinab, bis sie die Stelle fanden.  „Hier?“, versicherte sie sich. Er nickte und sie piekste ihn mit aller Kraft. Schnell drückte sie ihm einen Kuss auf die Lippen, damit sein Schrei Ayumi nicht weckte. Anschließend, als er sich von der Überraschung erholt hatte, krallte sie sich in seine Uniform und ihre Stirn sank an seine Brust.  „Das hast du verdient. Ich bin tatsächlich eine Hausfrau geworden, die sorgenvoll zuhause auf ihren Mann wartet, bis er wieder da ist, hm?“  Noch mit Schmerzenstränen in den Augen drückte er ihren zierlichen Körper an sich und küsste sie aufs Haar. Seit Ayumis Geburt hatten sie beide darauf geachtet, nie gleichzeitig auf Mission zu sein. Stattdessen hatte Ino ihre Fähigkeiten als Iryōnin immer mehr verbessert und arbeitete meistens im Krankenhaus Konohas, was leider aber auch dazu führte, dass meistens sie diejenige war, die auf ihn warten musste.  „Ich sollte es nicht sein“, flüsterte Choji. „Aber ich bin ein bisschen glücklich darüber.“ Nach einigen Minuten, die sie eng umschlungen im Dunkeln verbrachten, löste sie sich von ihm und ging zu ihrem Schlafzimmer. Als er ihr folgen wollte, drehte sie sich noch ein Mal um und deutete eine Tür weiter.  „Du schläfst heute auf der Couch. Und Essen kannst du dir selber machen, wenn du hungrig bist“, teilte sie ihm mitleidslos mit und verschwand hinter der Tür.  Trotz ihrer Worte lag Ino an diesem Abend noch lange wach und lauschte dem Schnarchen ihres Mannes durch die Wand, das sich heute ausnahmsweise wie Musik in ihren Ohren anhörte. Kapitel 12: Januar - Erinnerung ------------------------------- Januar – Erinnerung Die Tür fällt schwer hinter mir ins Schloss. Die Tasche rutscht mir von den Schultern, schlägt dumpf auf dem Boden auf. Mechanisch hänge ich meine Jacke auf und laufe weiter – ins Wohnzimmer.  Auf dem Tisch stehen die Blumen, die sie von unten heraufgebracht hat. Unverwelkt. Die Decke auf dem Sofa ist zerwühlt, als habe sie eben erst darin gelegen.  Meine Beine werden weich. Ich sinke in den Sessel. Sie hat ihn mir geschenkt. Zu meinem 30. Geburtstag. Ich springe ächzend wieder auf die Beine. Ich wandere weiter in die Küche. In der Spüle steht eine leere Kaffeetasse. Ich kann noch den Abdruck ihres Lippenstiftes erkennen. Die Zeitung liegt aufgeschlagen da, auf der Seite 7. Mich starrt das Logo ihres Blumenladens an. Ich wende meinen Blick ab. Von der erkalteten Decke, der leeren Tasse, von Seite 7. Auf der Küchentheke liegt ein gelber Zettel. Ihre Handschrift. Guten Morgen!  Gut geschlafen?  Vergiss bitte nicht, mich heute von der Behandlung abzuholen. Ich liebe dich, Ino Die Bild verschwimmt vor meinen Augen. Aber ich sehe ihre Worte vor mir. Vergiss bitte nicht, mich heute von der Behandlung abzuholen...  Vergiss mich bitte nicht... Bitte, erinnere dich an mich. Ich werde mich immer an dich erinnern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)