Children of the Lake von ThreadingStory ================================================================================ Kapitel 1: Tilda erfährt etwas Unerwartetes ------------------------------------------- Für Tilda war es nicht ganz so ungewohnt eine Prinzessin genannt zu werden wie für Sigrid, aber sie wusste, dass ihre Schwester eine dreifach so starke politische Kraft war wie sie selbst. Als sie sich alle für einen Besuch in den Hallen Erebors bereitmachten, für irgendetwas, was ihre Beziehung stärken sollte, obwohl diese bereits hervorragend war, weil ihr Pa den Drachen erlegt hatte und so weiter (sie dachte nicht gern an den Rest), konnte sie also nicht anders, als nervös herumzuflattern. Es war nichts besonderes, es war nicht außergewöhnliches, sie waren schon da gewesen, sie hatten mit den Zwergen geredet, sie hatten ausgelassene Feste gefeiert, die damit endeten, dass sie auf dem Tisch einschlief (Bain neckte sie immer noch damit), aber trotzdem. Tilda wusste, dass sie langsam erwachsen wurde und sie wollte wenigstens ein winziges bisschen Verantwortung auf ihre Schultern nehmen wie Pa und Sigrid, weil sie wusste wie hart sie gearbeitet hatten während sie Bain und sie selbst großzogen, oder zumindest dachte sie, dass sie es wüsste. Sigrid war jünger gewesen als Tilda jetzt war als ihre Ma gestorben war und Sigrid dafür verantwortlich wurde für ihre kleine Schwester zu sorgen, was wirklich unglaublich war, denn Tilda fühlte sich nicht als könnte sie in näherer Zukunft Verantwortung für ein Baby übernehmen. So dachte sie, dass es eine gute Idee wäre, etwas Verantwortung von den Schultern ihrer Schwester zu nehmen und Tilda beschloss, dass sie lernen würde wie Sigrid das alles tat. Als sie ankamen ging sie also sicher, die ganze Zeit zu beobachten was ihre große Schwester tat. Wie sie den einen Zwerg begrüßte und dann den anderen, mit Respekt und einem Lächeln, wie sie sich diplomatisch aber auch sehr bestimmt ausdrückte und die Zwerge zuhörten, wie sie über das ein oder andere lachte... Tilda runzelte die Stirn. Das letzte bisschen stimmte nicht so ganz. Sigrid war nie eine gewesen, die schnell lachte, ziemlich wie Pa, immer zu beschäftigt und pragmatisch für zu viel Ablenkung, aber heute war etwas anders an ihrer Schwester. Nach einigen Minuten der Beobachtung bemerkte sie wie Sigrids Schultern leicht nach unten hingen und die kleine Falte zwischen ihren Augenbrauen, wie sie immer einem Moment mehr brauchte um ein Lächeln heraufzubeschwören. Sigrid sah müde aus und...und traurig. Tilda war sich allerdings nicht sicher ob irgendjemand anders es bemerkte, der Wein begann alle lebhaft werden zu lassen und Instrumente wurden herausgeholt. Als Musik und Tanz in vollem Gang waren, sah sie ihre Schwester still durch eine Seitentür davongehen, die Tilda nicht einmal bemerkt hatte. Sorge und ein nicht ganz so kleiner Anteil Neugierde kämpften für eine Sekunde mit dem Teil von ihr, der ihr sagte das sei alles bloß Einbildung, dann stand sie so unauffällig wie möglich auf. Als sie die Türe öffnete und in den Korridor huschte, der mit den Glaskugel behangen war, die von den Zwergen als Schmucklichter benutzt wurden, sah sie gerade noch Sigrids Röcke um das Eck verschwinden. Ihre Instinkte als das jüngste Kind, das sich regelmäßig an die Älteren heranschlich, kamen durch und Tilda folgte so schnell sie konnte ohne ein Geräusch zu machen. Nach nur einer kurzen Weile stellte sie fest, dass sie schon schnaufen musste. Wo auch immer Sigrid hinging, sie wollte offensichtlich nicht, dass irgendjemand bemerkte wie lange sie weg war, was Tildas Vorstellungskraft nur dazu brachte die wildesten Ideen zu fabrizieren. Nach einigen Ecken und Treppen, die alle nach unten führten, rannte Tilda um eine Ecke und beinah in Sigrids Rücken hinein, die unerwartet stehen geblieben war. Ihre normalerweise scharfsinnige Schwester schien sie aber gar nicht zu bemerken, so beschäftigt war sie damit, eine riesige Doppeltür mit eingeschnitzten Runen und Ornamenten anzustarren. Aus ihrem Blickwinkel konnte Tilda gerade das strenge Gesicht eines Kriegers erkennen, der in den Stein eingemeißelt war, bevor sie zu Sigrid zurückblickte. Sie zeigte Zeichen von Nervosität, wrang ihre Hände und schaute zu der Türe hoch und auf ihre Füße zurück. Das alles hatte Tilda von ihr bis jetzt nur bei den wenigen Malen gesehen, bei denen Pas Schelte ihr gegolten hatte. Nur das dass hier schlimmer war, so schwer wie Sigrid atmete, dachte Tilda,. Ihre Schwester schien ähnlich zu denken, denn sie atmete scharf ein und straffte ihre Schultern so wie sie es immer tat, wenn es eine Aufgabe zu bewältigen galt, und öffnete die eine Hälfte der Tür mit einem gewaltigen Stoß. Sie wartete ein paar Sekunden nachdem Sigrid in den geheimnisvollen Raum gegangen war, dann stellte Tilda sich langsam hinter den geschlossenen Teil der Tür und linste hinein. Ihre Augen brauchten einen Moment um sich anzupassen, weil es dort drinnen etwas heller war durch das Licht, welches von draußen wie ein goldener Wasserfall durch ein hohes Fenster floss, und Fackeln, die über Steinstatuen auf großen Würfeln flackerten. Sie fand Sigrids Gestalt kniend vor einem beinah in der Mitte, gerade unter dem Lichtstrahl. Die sanfte Hand ihrer Schwester streckte sich aus und legte ein kleines Bündel Lavendel und anderer Sommerblumen auf den Vorsprung des Würfels. „Ich habe dir Blumen mitgebracht,“ sagte sie leise als sie zu der Statue hinaufsah, die auf dem Würfel saß, „Du sagtest du magst Lavendel weil es die Käfer fernhält.“ Ein gebrochenes Lachen, das wie ein Schluchzer klang, kam von ihr und Tildas Magen zog sich zusammen als sie erkannte was der Zweck des Raumes war. Es war eine Grabstätte. „Du hast auch gesagt, dass Blumen das wertvollste sind, was du mir jemals hättest geben können, weil sie so selten in den Bergen wachsen, und deswegen schätzt dein Volk sie sehr als Geschenk um- um jemanden zu werben.“ Tildas Augen wurden groß und das gerade Gehörte und seine Bedeutung rasten ihr durch den Kopf. Sie hatte nicht gewusst, dass Sigrid jemals einen Freier gehabt hatte, ganz besonders keinen Zwerg! Wann war das passiert? Ein weiterer gebrochener Laut kam aus Sigrids Kehle. „Aber es war schon zu kalt für Blumen, also hab ich vorgeschlagen einen Kompromiss mit Disteln einzugehen. Du hast gesagt, ich wär albern. Dann hast du mich geküsst.“ Lachen nach Lachen rüttelte Sigrid und wurde langsam zu Schluchzern. Ihr ganzer Körper zitternd mit der Macht von Gefühlen, die Tilda in ihrer Größer nicht ganz nachvollziehen konnte, streckte Sigrid ihre Hand aus und schlug mit der Faust auf den Stein. „Du Idiot! Du kompletter und vollkommener-“ Sie schlug wieder zu. „Du musstest einfach gehen und kämpfen und-“ Ihr Kopf sackte auf die Stelle, die ihre Hand geschlagen hatte. Tilda war sich nicht mehr sicher, ob sie noch atmen konnte. Zu sehen wie ihre Schwester, ihre große Schwester, die immer wusste was zu tun war wenn es ein zerschrammtes Knie gab oder wenn Bain nicht aufhören wollte, sie zu ärgern, so zitterte war etwas, das Tilda sich nicht in ihrem schlimmsten Alptraum hätte ausmalen können. „Du musstest gehen,“ fuhr Sigrid viel stiller fort, „Natürlich musstest du. Um deinen Bruder zu beschützen, weil es das ist, was wir tun, nicht wahr? Wir beschützen sie, um jeden Preis. Ich wünschte nur es hätte nicht so viel gekostet. Ich wünschte, du wärst zurückgekommen, Fíli, sogar- sogar alleine.“ Ihre Stimme brach mit einem weiteren Schluchzer und ihre Schwester zuckte zusammen. Fíli, sie kannte diesen Namen. Tilda würde nie vergessen wie die Gesellschaft von Zwergen und einem Hobbit aus ihrer Toilette gekommen waren, wie Kíli ihr Geschichten erzählt hatte und sie zum Lachen gebracht hatte obwohl er schwer verletzt war, und wie sie geweint hatte, als sie herausfand, dass ihr neuer Freund gestorben war, tapfer im Kampf, aber trotzdem gestorben. Sie hatte nie gewusst, dass sein älterer Bruder und Sigrid so eng verbunden, sogar so verliebt gewesen waren, dass ihre Schwester alle Kraft verlor. Ihre Brust zog sich zusammen und sie atmete mit brennenden Augen scharf aus. Bei dem Geräusch wirbelte Sigrid herum. „Tilda! Was machst du hier?“ „Ich, ich bin dir gefolgt.“ Als Sigrids Miene sich schnell verdunkelte, beeilte sie sich zu erklären, „Ich hab mir Sorgen gemacht.“ „Du- du hättest nicht kommen sollen.“ Sigrid wischte schnell die Tränen von ihren Wangen ohne ihre Schwester anzusehen. „Aber du solltest nicht allein sein.“ Flüsterte Tilda. Sie fürchtete, dass sie selbst anfangen würde zu weinen. „Nein, das sollte ich nicht,“ sagte Sigrid in einer Stimme, die Tilda ganz fremd war. Ihre normalerweise strahlenden blauen Augen blickten matt auf das Gesicht aus Stein vor ihr. Das war es, realisierte Tilda. Das war das gleiche Gewicht, welches ihr Vater so lang mit sich getragen hatte, dass es ein Teil von ihm war, nun auf den jungen Schultern ihrer Schwester. Sie konnte dieses Gewicht nicht von ihr nehmen. Sie konnte es nicht leichter machen. Aber sie konnte ihre Schultern anbieten, um zu teilen. So setzte sie sich so nah wie möglich neben ihre Schwester und nahm ihr Gewicht als sie nach einem Moment des Zögerns leicht gegen sie sackte. Und sie hörte zu als ihre Schwester, ihre tapfere, starke Sigrid, für einen ebenso tapferen und starken Mann weinte, der verloren war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)