Love and Blood von -B-chan- ================================================================================ Kapitel 12: Blindness and Far-sightedness ----------------------------------------- Der Abend war angebrochen. Die Sonne sank gerade über den Horizont und erfüllte den Wald mit ein paar letzten rötlichen Strahlen ihres Lichts. Es lag beinahe etwas magisches darin. Aus diesem und noch einem anderen Grund wünschte sich Bast, dass dieser Moment noch etwas länger bleiben würde. Wäre die Sonne erst einmal weg, so wusste er, würde bald stattdessen der Mond aufgehen. Und davor fürchtete er sich nun trotz Arans Worte heute Morgen sehr. Bast war mittlerweile wieder hellwach. Die meisten Wunden des Kampfes letzte Nacht waren beinahe verheilt und lediglich ein paar Rötungen hier und dort zeugten noch davon. Es war geradezu erschreckend, wie groß die selbstheilerischen Fähigkeiten ausgebildet waren. Bast hatte sich etwas zu arbeiten gesucht. Er konnte unmöglich ruhig sitzen oder gar liegen bleiben. Die steigende Unruhe hielt ihn auf den Beinen, welche ihn nach draußen geführt hatten. Neben der Hütte stand ein widerstandsfähiger Holzstumpf, in dem eine Axt gesteckt hatte. Diese hatte er genommen und damit angefangen, das aufgehäufte Holz daneben in kleinere Stücke für den Kamin zu schlagen. Das war eine Arbeit, die er gut kannte und gut ausführen konnte. Aran war kurz nach Bast am Morgen ebenfalls eingeschlafen... Jetzt aber kam er von einem See, der ganz in der Nähe lag, zurück. Er hatte einige Fische dabei und warf sie auf einen freien Klotz. Kurz musterte er den Jungen, der eifrig das Holz zerkleinerte und der offenbar noch immer in Gedanken versunken war. In Gedanken darüber was mit ihm werden sollte. Etwas seufzend lehnte sich der ältere gegen einen Baum und beobachtete sein Gegenüber beim Hacken des Holzes. In seinem "Danke" heute Morgen, hatte sehr viel gelegen, mehr als vielleicht ein Anderer hätte daraus lesen können. Doch in Arans Augen war das noch zu früh. Noch hatte er ihm nicht helfen können. "Du solltest dich etwas entspannen, Bast. Der Mond steht bald hoch oben am Himmel." Es war die erste Nacht, in der er anfangen sollte seine zwei Seelen zu einen. "Ich...entspanne mich.", entgegnete Bast nach kurzem Zögern. Alles, was seine Gedanken ein wenig in eine andere Richtung trieb, bedeutete für ihn Entspannung. "Diese Arbeit hilft. Das ist etwas, das ich kenne und das mir vertraut ist." Dann musste er nicht daran denken, dass - wie Aran gerade gesagt hatte - bald der Mond wieder aufgehen würde. Diesen Moment konnte er nicht hinauszögern und deshalb wollte er zumindest nicht fixiert darauf warten müssen. Er ließ sich im Kopf nochmal das Gespräch von heute Morgen durchgehen. Aran mochte ja vielleicht denken, dass sein Dank zu früh gekommen war, aber Bast dachte nicht so. Und das trotz der Tatsache, dass er wusste, dass alles erst anfangen würde. Diese aufbauenden Worte waren das gewesen, was er in jenem Moment am dringendsten gebraucht hatte. Nun aber hielt er in seiner Arbeit inne und drehte sich Aran zu. Vor ihm lagen ein paar Fische, die er gerade hierher gebracht hatte. Bei ihrem Anblick wurde Bast ganz plötzlich bewusst, dass er wieder schrecklichen Hunger hatte. Basts Blick auf die gefangenen Forellen war nicht zu übersehen. Aran schmunzelte deshalb etwas und dann trat er an den Jüngeren heran. "Leg doch erst mal die Axt weg und dann machen wir zusammen die Fische fertig und essen." Dazu waren sie immerhin da. Aran begann etwas von dem gehackten Holz aufzusammeln und richtete es in der Feuerstelle an. Es schadete nicht, es schon mal zu entzünden. Gleich hätte man so eine kleinere Flamme, die perfekt wäre zum braten. "Liege ich richtig in der Annahme, dass du dich noch nie vorsätzlich verwandelt hast?" Aran half ihm so sicher nicht, das bevorstehende zu verdrängen oder so lange zu vergessen bis es Bast einholte, aber das war auch nicht seine Absicht. Vielmehr sollte er sich damit auseinandersetzen. Er musste! Sonst würde er nie die Kontrolle über den Wolf in sich erlangen. Bast hatte in der Zwischenzeit, während Aran das Feuer entfacht hatte, einen Eimer und eine große Schüssel mit Wasser sowie ein Messer geholt. Mit dieser Ausrüstung hatte er schon angefangen, den ersten Fisch auszunehmen und das fertige Produkt in die Schüssel zu legen. Gerade, als er den zweiten Fisch geöffnet hatte, vernahm er Arans Frage. Er hielt in seiner Bewegung inne, sein Blick auf den Fisch fixiert. "Nein, hab ich nicht.", beantwortete er dessen Frage nach einer Weile. Arans Worte hatten ihm schon gesagt, dass er nicht davor weglaufen konnte und doch versuchte er es immer noch. Er hasste es, so ein Feigling zu sein. Doch noch stärker war die Angst davor, wieder die Kontrolle zu verlieren. Dass eben das aber sein Problem war, war ihm mittlerweile klar, aber nur weil er es verstand, hieß das nicht, dass er es akzeptieren konnte. Sarias Bild, als sie unter ihm lag, war immer noch da und selbst die Tatsache, dass Aran stark war, konnte in ihm nicht die Angst verdrängen, dass auch dieser am Schluss genauso vor ihm liegen könnte. Da konnte er noch so oft den Kampf von gestern Revue passieren lassen, in dem klar gewesen war, wer hier den Ton angegeben hatte. Nickend begann nun aber auch der ältere, die Fische mit auszunehmen. Ganz in sein Tun vertieft antwortete er trocken. "Das solltest du aber." Nur so würde Bast es lernen, so und nicht anders. Dass seine Vergangenheit ihm da stark mitspielte, das war ihm verständlich, aber er musste sie bewältigen. Er musste, wenn er diese Ängste irgendwann mal ablegen wollte. "Stell dich deinen Schatten, spring rüber wenn du kannst." Er musste das alles hinter sich lassen, vorher würde er nicht mehr in Frieden leben können. Nicht ein bisschen. In Basts Augen hatte Aran leicht reden. Er hatte sich nie mit diesem Thema auseinander setzen müssen. "Das sagt sich so einfach. Weißt du überhaupt, wie es ist, wenn die eigene Familie direkt vor den Augen ausgelöscht wird?" Und das durch die eigene Hand? Bast wusste, dass es seine Schwester nicht mehr zurückbringen würde, nur weil er sich nicht mehr verwandelte, aber dennoch... Über den eigenen Schatten springen. Das war alles andere als leicht. Er würde dafür viel Anlauf brauchen und selbst, wenn ihm Aran einen Schubser gab, wusste er nicht, ob er es schaffen würde. Doch nein. Das war falsch. Er schüttelte innerlich den Kopf. Er durfte nicht so denken! Wenn er es nicht wenigstens versuchen würde, würde er es nie schaffen, Sarias letzten Wunsch zu erfüllen. Diese Sache hatte nichts damit zu tun, leicht zu sein. Er hatte schon andere Schwierigkeiten überwunden und das hatte ihn jedesmal stärker gemacht. Vor seiner gegenwärtigen Angst war er zwar noch nicht gefeilt, aber er durfte nicht ausgerechnet jetzt davonlaufen. Sonst wäre Sarias Tod wirklich sinnlos gewesen. Bast konnte nicht wissen, dass er bei Aran nun einen Nerv traf! Dieser steckte zwar noch die Forellen, die sie zusammen vorbereitet hatten, ans Feuer, sah dann aber fast schon erschrocken auf. Dieser erschrockene Gesichtsausdruck wich dann aber einem angespannten und verbissenem Ausdruck. Diesem folgte ein raues und bedrohliches Knurren, das sich aus seiner Kehle wand. "Ja ich weiß, wie das ist! Und du solltest aufhören, so feige zu sein und ebenso damit aufhören dich zu verkriechen, das hilft dir nicht weiter..." Kurz war er aufgebracht gewesen, sehr aufgebracht sogar, aber nun wurde Aran wieder ruhiger. "Ebenso wenig, wie Rache hilft. Das alles bringt dir diejenigen nicht wieder, die du verloren hast. Man kann nur weiter machen. Immer wieder weiter machen." Bast blickte ihn erschrocken an. Dass er da an was schmerzliches erinnert hatte, war ihm sofort klar, als er Arans Gesichtsausdruck sah. Und noch viel mehr, als dieser seine Stimme erhob. Aran sprach von Rache. Das musste bedeuten, dass ihm jemand seine Familie genommen hatte. Und das tat ihm unheimlich leid. "Ent...schuldige.", entgegnete er aufrichtig. "Ich wollte dich mit meinen Worten nicht verletzen." Er war durch seine Angst so auf sich fixiert gewesen, dass er komplett vergessen hatte, dass er nicht der einzige Mensch auf Erden war, dem das Schicksal schlecht zuspielte. "Du hast Recht. Ich kann nicht ewig davonlaufen." Er blickte Aran nun mit festeren Blick an. Dieser Mann vor ihm hatte offenbar auch schlimmes durchgemacht und war wieder auf die Beine gekommen. Und Bast hatte seine Unterstützung. Da konnte er das auch schaffen. "Ich muss mich meinem Schicksal endlich stellen.", gerade weil es ihm solche Angst machte. Bast hatte das nicht wissen können und sein frischer Verlust blendete ihn sicher, was ganz normal war. Darum nahm Aran ihm das auch nicht übel, denn er wusste selbst zu gut, wie das war. Man sah dann nur noch sich und den eigenen Schmerz und noch heute stumpfte es ihn selbst ab. Zuweilen war er grob, launisch und nicht wirklich interessiert an seiner Umwelt, Hauptsache man ließ ihn in Frieden und er konnte sein Leben weiter leben. Dann gab es aber Momente, wo er lieber jemandem unter die Arme griff, einfach, weil das etwas gewesen war, das ihm vergönnt geblieben war in so dunkler Stunde. So schlimm es auch war, was Bast getan hatte, es traf ihn keine Schuld und dass das so blieb, dafür musste er nun arbeiten. "Schon gut, Kleiner, du konntest das nicht wissen. Hauptsache deine Einstellung ändert sich in fünf Minuten nicht wieder." Bast schüttelte den Kopf. "Nein, wird es nicht. Dieses Mal nicht." Solche Stimmungsschwankungen hatte er eigentlich noch nie gehabt. Und er wollte sie auch nicht nochmal haben. Dass das auch für Aran besonders anstrengend war, hatte er ja gerade gesehen. Sicherlich hätte Bast an dessen Geduld auch dann gezerrt, wenn er nicht diesen einen wunden Punkt getroffen hätte. So machte er sich wieder daran, die Fische für das Feuer herzurichten. In seinem Kopf blieb nun allerdings eine neue Frage hängen. Was war Aran passiert? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)