Love and Blood von -B-chan- ================================================================================ Kapitel 4: Smile and Tears -------------------------- Saria tollte draußen im Garten herum. Bast hatte es ihr erlauben können, nachdem er festgestellt hatte, dass sein Vater tief und fest schlief oder zumindest so weggetreten war, dass es dazu fast keinen Unterschied mehr gab. So schwer es auf diese Weise mit seinem Vater auch sein mochte, hatte Bast doch gelernt, immer dafür zu sorgen, dass genug Alkohol im Haus war. Das erste und einzige Mal, wo das nicht der Fall gewesen war, wäre fast in einer Katastrophe geendet. Der unbändige Zorn zusammen mit dem Alkoholentzug wären schon schlimm genug gewesen, aber ihn damals wirklich gefährlich gemacht hatte, war der viel klarere Verstand, der ihn wieder Herr über seinen Körper hatte werden lassen. Bast konnte sich an diesen Abend nicht mehr so recht erinnern, wenn er es denn versuchte, aber irgendwie musste er es damals geschafft haben, Saria aus Osmunds Griff zu befreien und sie über die eingetretene Tür, dessen Schlüssel er stets an einem Lederband um den Hals trug, raus aus dem Haus zu schaffen. So schnell er es mit einem hinkenden Bein gekonnt hatte, war er zum einzigen sicheren Ort gerannt, der ihm eingefallen war. Laurence, so hatte er gebetet, konnte ihm hoffentlich zumindest für ein paar Stunden ein sicheres Dach über dem Kopf geben. Bast wollte dessen großzügige Hilfsbereitschaft nur ungern ausnutzen, aber in letzter Zeit hatte man von zu vielen Menschen gehört, die im Wald einfach verschwunden waren. Und – was noch viel unheimlicher war – von Wölfen mit menschlichen Augen. Im Wald hätte er also auf keinen Fall Schutz finden können. Nachdem er an die Hintertür geklopft hatte, hatte er noch eilig das Blut ausgespuckt, das sich von der aufgeplatzten Lippe im Mund gesammelt hatte, und dann seinen Blick mit einem halb zugeschwollenen Auge auf die Tür fixiert. Es war die reinste Erlösung gewesen, als sie sich geöffnet und die stämmige Gestalt des Metzgers vor ihm gestanden hatte und dieser ihn stummt musterte. „Kann...ich ein paar Stunden hier bleiben?“, hatte Bast vorsichtig gefragt. „Und meine Schwester auch?“ Laurence hatte es ihm zu Bast größter Erleichterung erlaubt. Dessen Frau war schon länger im Bett gewesen und hatte bereits tief und fest geschlafen. Zum Glück hatte sich Saria bis dahin auch wieder beruhigt gehabt, sodass er sich zusammen mit ihr auf einer gepolsterten Bank ein wenig hatte hinlegen können. Laurence, einer der wenigen, der wohl an so etwas teures rankam, hatte ihm sogar etwas Eis für sein schmerzendes Auge gegeben. Bast hatte später auf dieser harten Bank so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen, Saria eng an sich gedrückt. Dieser Vorfall hatte ihn aber schlauer gemacht. Nochmal passierte ihm das nicht. Er konnte nicht immer auf Laurence' Freundlichkeit bauen, auf wenn dieser Vorfall nun schon wieder einige Jahre her war. Und Freunde, bei denen er Unterschlupf hätte finden können, hatte er schon lange nicht mehr. Die Mütter hatten penibel darauf geachtet, dass jeder Kontakt mit ihm abgebrochen wurde, um gar nicht erst das Risiko eingehen zu müssen, dass Saria irgendwann Teil der Gemeinschaft werden könnte. Mit der Schule war es für Bast auch vorbei gewesen. Zunächst hatte er sich ja immer um Saria kümmern müssen und als es schließlich so weit war, dass sie auch ein paar Stunden lang ruhig gewesen wäre, sodass er sie zum Unterricht hätte mitnehmen können, ohne dass sie diesen gestört hatte, ließ man ihn nicht mehr ins Klassenzimmer hinein. Zum Glück, damals hatte sich sein Vater noch um solche Dinge gekümmert, hatte er davor schon lesen gelernt und Rechnen beziehungsweise der Umgang mit Zahlen war ihm schon immer leicht gefallen. Das war auch gut so, denn Laurence legte großen Wert darauf, dass Bast gut und schnell im Kopfrechnen war, um Waren und Zutaten richtig aufzuteilen oder zusammenzusetzen. Nicht, dass Bast oft Zeit hatte, zu ihm zu kommen, aber wenn er dafür mal bei ihm war, wollte er das sein seltenes Erscheinen zumindest durch doppelten Einsatz wett machen. Das war er Laurence schuldig. Dank ihm konnte Bast mittlerweile schon kleine Tiere selbst schlachten und korrekt ausnehmen, sodass er zumindest in dieser Hinsicht schon selbstständig war. Mit seinen elf Jahren hatte er inzwischen den Haushalt schon komplett im Griff. Nur, wenn er hin und wieder Fleisch von großen Tieren wie Schweinen oder Rindern haben wollte, musste er auf das heimliche Angebot, das ihm gemacht worden war, zurückgreifen. Im Moment nun aber war alles in Ordnung. Zumindest so in Ordnung, wie es sein konnte. Mit der Zeit, in der Saria nun schon etwas herangewachsen war, hatte sich herausgestellt, dass sie ein kleiner Engel war. Sie erinnerte ihn mehr und mehr an seine Mutter und immer, wenn er mit ihr Zeit verbrachte, konnte er sich zumindest dann entspannen. Er ertappte sich selbst immer öfter beim Lächeln oder sogar Lachen, wenn sie zusammen draußen spielten. Vor ihrem Vater aber fürchtete sich Saria schrecklich. Sie hatte nie seine freundliche Seite kennen gelernt. An guten Tagen ignorierte er sie einfach, wenn sie zufällig doch mal im selben Raum waren. Derer Tage waren nicht viele. Oft ertappte Bast Saria dabei, wie sie heimlich in einer Ecke weinte, damit er es nicht sah. Und doch merkte er, wie sie immer und immer wieder dessen Nähe suchte. Sie wollte es wohl einfach nicht wahr haben, dass er keine Liebe für sie spürte und versuchte oft, durch kleine Gesten seine Zuneigung zu gewinnen. Meistens endete es damit, dass er sie anbrüllte. Trotzdem entdeckte Bast regelmäßig kleine Blumensträuße von der Wiese draußen oder verschiedene Früchte vor der Tür, hinter der sich ihr Vater immer einschloss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)