Love and Blood von -B-chan- ================================================================================ Kapitel 2: Love and Hatred -------------------------- Die Nacht war für Bast schrecklich gewesen. Zumindest der Teil, der von ihr noch übrig gewesen war. Bast Mutter war von der Hebamme noch gewaschen worden und sie hatte ihrem leblosen Körper ein frisches, sauberes Kleid angezogen, ehe Maria auf ein Totenbrett gelegt und zur Totenwache in die kühle und große Stube gebracht wurde, wo zu späteren Gebeten und Rosenkränzen auch eine größere Zahl an Menschen Platz haben würde. Nachdem sein Vater einfach ohne ein Wort das Zimmer verlassen hatte, war es an Bast hängen geblieben, sich um seine Schwester zu kümmern. Diese hatte zunächst ruhig und friedlich geschlafen, aber gerade in dem Moment, wo auch Bast das fast geschafft hätte, war sie aufgewacht und hatte zu weinen und schreien angefangen. Bast, der sich in eine Ecke des Raums verkrochen hatte, weil er sich unmöglich ins Bett und noch weniger in die kleine Wiege hätte legen können, sprang sogleich auf, eilte zu letzterer und blickte über den Rand, was Saria denn fehlte. Da er aber natürlich nichts entdecken konnte, versuchte er, sie durch Hin- und Herwiegen zu besänftigen. Dabei blickte er immer wieder zu Tür, ob nicht sein Vater hereinkommen würde, um ihm zu helfen. Darauf wartete er jedoch vergeblich. Und auch die wiegende Bewegung half nicht dabei, Saria zu beruhigen. Da fiel ihm etwas ein, was ihm seine Mutter vor ein paar Tagen noch gesagt hatte: „Kleine Neugeborene haben viiiel Hunger. Noch mehr sogar als du. Und besonders nach der Geburt.“ Außerdem hatte sie gesagt, dass er deshalb fleißig beim Essen machen mithelfen musste. Das 'mithelfen' war nun nicht mehr möglich, aber Bast glaubte nun zu wissen, was zu tun war. So eilte er kurz in die Küche, um Ziegenmilch zu holen. Es war wichtig, dass es Ziegenmilch war, denn von Kuhmilch würde sie Durchfall bekommen, wie ihm seine Mutter erklärt hatte. Er wärmte es über der Feuerstelle, die mittlerweile fast erloschen war, ein wenig auf. Nachher dufte er nicht vergessen, Holz zu holen und das Feuer wieder anzufachen, damit es warm im Haus blieb. Dann eilte er zurück zu seiner Schwester, die mehr als begierig von der Milch trank und ihn dann mit einem forschenden Blick betrachtete. Und er tat das selbe. Diese blauen Augen waren aber auch faszinierend. So schauten sie sich eine Weile stumm an. So lange, bis sie wieder zu weinen anfing und dieses Mal auch stärker als zuvor herumstrampelte. Was ihr dieses Mal fehlte, wusste er beim besten Willen nicht. Wie schon vorhin half das Wiegen auch dieses Mal nichts. Als er schließlich gar nicht mehr weiterwusste, hob er sie vorsichtig aus der Wiege und trug sie beruhigend schüttelnd und an sich gedrückt im Raum hin und her, so wie er es oft bei Frauen im Dorf gesehen hatte. „Sch...ist schon gut. Ich bin ja da.“ Mit solchen und ähnlichen Worten bemühte er sich, ihr Weinen aufhören zu lassen, aber auch das half nicht sofort. Erst als sie ein Bäuerchen gemacht hatte (bei dem auch gleich noch etwas von der Ziegenmilch mitkam), ließ sie sich beruhigen. Die ganze Zeit über hatte Bast gehofft, dass sein Vater kommen würde, aber so wie es aussah, war er auf sich allein gestellt. Sein Vater hatte sich dem Anschein nach in eine Kammer eingeschlossen und reagierte selbst dann nicht, als Bast nach ihm rief. Saria schlief schließlich wieder ein und nun ließ auch Bast es zu, dass die Erschöpfung gewann und ihm etwas Schlaf schenke, bis ihn sein natürlicher Tagesrhythmus keine zwei Stunden später zu Sonnenaufgang weckte. An Schlaf war nun nicht mehr zu denken, so müde er auch war und so stand er auf, schaute kurz nach seiner schlafenden Schwester und ging zum Feuerholz holen nach draußen, nachdem er sich frische, saubere Kleidung angezogen hatte. Draußen musste er zum Glück wenigstens kein Holz hacken, da das sein Vater Tags zuvor noch gemacht hatte. Bast konnte das zwar auch schon irgendwie, aber er brauchte fünfmal so lang wie sein Vater, der mit zwei kräftigen Hieben ein Holzstück in vier Scheite spalten konnte. Gerade, als er ein paar dieser Scheite auf seine Arme gestapelt hatte, erklang vollkommen abrupt Sarias wimmernde Stimme. Selbst hier draußen erkannte man sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Schreie waren plötzlich erklungen und hatten einen erschrockenen Unterton. Sofort ließ Bast das Holz fallen und rannte zurück ins Haus, direkt in das Zimmer, in dem das Bettchen seiner Schwester stand. Was er dort sah, ließ ihm den Atem stocken. Er roch sofort die Fahne seines Vaters, der mit blutunterlaufenen Augen und einer halb leeren Flasche selbstgemachten Brombeerweins in einer Hand über der Wiege stand und auf Saria einschlug. Bast, der seinen Vater noch nie so gesehen hatte, stand schockiert in der Tür, kam dann aber wieder zu Sinnen und rannte auf ihn zu, um ihn mit ganzer Kraft vom Bett wegzuschubsen. „Lass sie in Ruhe!“, schrie er ihn an. Da sein Vater gut doppelt so groß war und um vieles schwerer als er selbst, setzte er sein ganzes Körpergewicht ein, aber es war viel einfacher als gedacht, ihn wegzustoßen. Sein Vater stolperte schwanken zurück und fiel gegen die Wand. Der Blick, mit dem er dann Bast betrachtete, war furchteinflößend, aber selbst, als er mit schrecklich wütender Stimme Bast befahl, zur Seite zu gehen, schüttelte dieser den Kopf und blieb genau dort, wo er war. Zwischen seinem Vater und Sarias Wiege, so viel Angst er auch haben mochte. 'Beschütze sie.', hatte er gesagt. Bast hatte nichts anderes vor. „Dieses Ding ist daran schuld, dass...“, wie auch immer er hatte ausdrücken wollen, dass seine Frau und Basts Mutter tot war, er ertränkte es in einem weiteren, großen Schluck aus der Flasche in seiner Hand. „ZUR SEITE!“, brüllte er dann noch lauter und schmetterte die Flasche vor Bast auf den Boden. Wahrscheinlich hatte er ihn sogar treffen wollen, war aber dafür viel zu betrunken. Nach Alkohol stinkend kam er einen schwankenden, aber großen Schritt näher. Als Bast aber auch dieses Mal nicht nachgab und, standhafter als er sich fühlte, mit einem „Nein!“, antwortete und dort stehen blieb, wo er war, sah dieses Mal er die starke Hand des Erwachsenen auf sich zufliegen. Die Kraft, mit der ihn die Ohrfeige traf, ließ ihn kurz schwindelig werden und zurücktaumeln. Bast aber war robuster als er aussah, sodass er sich schnell wieder fing und mit demselben unnachgiebigem Gesichtsausdruck wieder vor der Wiege stand, um seine Schwester vor weiteren Schlägen zu beschützen. „Verschwinde.“ Bast sah seinen Vater mit vollkommen ernstem Blick an. „Raus hier.“ Er wusste, dass er gegen den viel größeren Mann keine Chance haben würde, würde dieser sich dazu entscheiden, diesen Worten keine Folge zu leisten, aber er durfte dennoch keine Furcht zeigen, denn dann, so wusste er, hätte er verloren. So harrte er mit festem Blick aus, während er spürte, wie sein Wange heiß und wahrscheinlich auch rot wurde. Irgendwie schien sein Vater sich auch dazu zu entschließen, genau das zu tun und den Raum zu verlassen. Vielleicht lag er tatsächlich an Basts Auftreten oder, was viel wahrscheinlicher war, daran, dass ihm der Alkohol ausgegangen war. Jedenfalls wankte Osmund ohne ein weiteres Wort aus dem Raum, direkt auf die kleine Speisekammer zu, wo auch die Weinflaschen gelagert wurden. Bast hingegen eilte zur Zimmertür und verriegelte sie so schnell er konnte. Jetzt sofort würde er eine solche Situation nicht nochmal meistern. Mit nun zitternden Händen hob er Saria aus dem Bett und versuche sie und auch sich selbst zu beruhigen. So fest, wie er sich traute, drückte er sie an sich, nachdem er nachgesehen hatte, was ihr fehlte. Er schien zum Glück schnell genug gewesen zu sein, um das schlimmste zu verhindern, denn er entdeckte 'nur' ein paar gerötete Stellen an den Armen und Beinen. Den heftigsten Schlag schien er selbst abbekommen zu haben und das beruhigte ihn ungemein. Und nun wusste er auch, dass er Saria nicht alleine lassen dufte, wollte er verhindern, dass so etwas nochmal passierte. Sein stetes und sanftes Murmeln zusammen mit dem wärmende Schafsfell, in das sie gewickelt war, schienen nach einiger Zeit zumindest Saria ins Land der Träume zu bringen. Er selbst aber war viel zu nervös, um einschlafen zu können. Ständig horchte er, ob die schweren Schritte seines Vater zu hören waren oder gar näher kamen. War letzteres der Fall, schlug sein Herz schneller und er drückte sich selbst weiter in die Ecke, in die er sich wieder verkrochen hatte, und Saria stärker an sich. Ein paar Mal versuchte der Vater, die Klinke nach unten zu drücken, um wieder ins Zimmer zu kommen und jedes Mal betete Bast dann, dass er nicht auf die Idee kam, die Tür einzutreten. Mit genügend Kraft wäre ihm dies ein leichtes gewesen, das wusste Bast. Aber er versuchte nichts dergleichen und so blieb Bast mit seiner Schwester allein im Zimmer. Zumindest so lange, bis sie wieder Hunger bekommen würde. Bast fürchtete sich vor diesem Moment. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)