Waking Dream von LucyCameronWeasley (Scorpius x Lily) ================================================================================ Kapitel 2: Know your enemy -------------------------- ​Der Himmel war mit schwarzen Wolken verhangen, bis zum Gewitter würde es nicht mehr lange dauern. Die Luft war trotzdem drückend schwül und machte es einem schwer zu atmen. Lautes Stimmengewirr, das Schreien von Eulen und Katzen erfüllten den Bahnhof, Mahnungen von strengen Müttern an ihre Kinder, Bekundungen der Einhaltung seitens der Sprösslinge. Wie jedes Jahr an diesem Tag war das Gleis 9 ¾ am King’s Cross Bahnhof so voll, dass man kaum über die ganzen Köpfe blicken konnte. ​Lily hüpfte mit wehenden Haaren den Weg entlang, den Gepäckswagen vor sich hinschiebend, der fast ständig irgendwelche Leute anfuhr. Das brachte sie aber nicht dazu, normal zu gehen. Sie war viel zu aufgeregt. Auch wenn sie ihr sechstes Schuljahr antrat, die Vorfreude war immer noch da. Hauptsächlich wegen ihrer Freunde, die sie wiedersehen würde und wegen Quidditch! ​“Lily, entweder du läufst jetzt wie ein normaler Mensch oder Harry trägt dich zur Tür”, drohte Ginny genervt, als ihre Tochter versehentlich in einen anderen Gepäckwagen fuhr. Neben ihr grinste Albus amüsiert vor sich hin, ehe er seine Mutter imitierte: “Ja, Lily, lauf wie ein normaler Mensch, du bist doch kein Alien.” ​Die Hufflepuff lachte und bremste ihren Schritt etwas, ehe sie sich zu ihrer Familie umwandte: “Wer sagt denn, dass ich keiner bin? Soviel Coolness ist doch schon übermenschlich!” ​“Wo hat sie diese Selbstüberschätzung nur her?”, fragte James, der mitgekommen war, um seine Geschwister zu verabschieden. Wobei Lily sich sicher war, dass es nicht nur darum ging, sondern auch um ihre Cousine Molly. Im letzten Jahr hatte sich ganz offenbar etwas angebahnt, aber es war eine On/Off Sache und so wie James sich umsah, befanden sie sich momentan im Off und er wollte das ändern. Was machten die sich alle für einen Stress? Als ob es das Wichtigste der Welt wäre, sich zu verlieben und gleich Kinder zu zeugen. Liebe..das war doch eh nicht mehr als die romantische Umschreibung für den Fortpflanzungstrieb, jawohl. ​“Ich hatte einen guten Lehrer, Jamsie”, gab die Rothaarige zuckersüß zurück und duckte sich weg, als er ihr einen Klaps auf den Hinterkopf geben wollte, “ha, du bist zu langsam.” ​“Reißt euch zusammen”, mischte sich nun auch Harry ein, der versuchte, streng zu klingen, doch seinen Kindern entging das unterdrückte Lächeln nicht. Deshalb streckte Lily ihnen auch die Zunge raus und setzte ihren Weg wieder so fort wie zuvor. ​Ginny schüttelte den Kopf, beschwerte sich aber nicht noch einmal. Das war bei dem Dickkopf ihrer Tochter sowieso vergebene Liebesmüh’. Stattdessen wandte sie sich an ihren Sohn Albus: “Hab bitte ein Auge auf sie. Ich traue ihr zu, dieses Jahr in noch größere Schwierigkeiten zu kommen als sonst.” ​“Mach ich. Aber was ist dieses Jahr denn so anders als sonst? Noch mehr als im letzten Jahr kann doch gar nicht passieren. Sie war einhundertneunundachtzig Mal im Krankenflügel”, entgegnete der Schwarzhaarige und zuckte zusammen, als lautes Gekreische in naher Umgebung zu hören war. Also hatten die Dreisten Drei zusammengefunden. Seine Schwester, Hugo und Louis waren seit Jahren unzertrennlich in der Schule und hatten nur Blödsinn im Kopf. Wobei man Louis zu Gute halten musste, dass er meistens noch versuchte, vernünftig zu sein. ​“Wir haben dir so viel zu erzählen, Louis”, erklärte Lily aufgeregt, nachdem sie ihren blonden Cousin losgelassen hatte, “aber wir warten besser, bis wir im Zug sind. Wo ist der Rest von deiner Familie?” ​“Da bin ich ja gespannt”, gab der Ravenclaw mit einem leichten Lächeln zurück, aber dennoch eher Böses ahnend, “Vic ist schon in Hogwarts, Mom und Dad müssen arbeiten und Dome ist schon im Zug. Ich wollte erst aber noch euch suchen.” ​“Es ist rührend, wie du an uns denkst, liebster Louis”, sagte Hugo dramatisch und stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Seite, “pass nur auf, dass du nicht noch die Prinzessin in unserer Gruppe wirst.” ​“Oder die gute Fee”, wandte Lily kichernd ein, denn das passte ziemlich gut zu ihm. Louis war ziemlich hübsch, eher sanftmütig und vernünftig und sehr zuvorkommend. Sozusagen der Ruhepol ihrer kleinen Gruppe. Trotzdem war er für Unsinn zu haben, sonst hätte er wohl kaum dazugepasst. Die Unterhaltung wurde von den ankommenden Eltern unterbrochen, die es sich nun auch zur Aufgabe machten, ihnen allerhand Mahnungen auszusprechen. ​*~*~*~* ​Nicht weit entfernt davon ging Scorpius zwischen seinen Eltern zielstrebig zu einer der Türen des Zugs. Zwei Hauselfen schoben seinen Gepäckswagen, sodass er sich die Hände nicht schmutzig machen musste. Zwischen der kleinen Familie herrschte Schweigen und das war dem Blonden recht. Er hatte höchstens drei Stunden Schlaf gehabt, zum Einen weil die Flints bis nach Mitternacht geblieben waren und zum Anderen, weil er sich noch einige Zeit mit Lesen beschäftigt hatte. Das bereute er jetzt, obwohl es eigentlich sowieso egal war. Die Zugfahrt und die anschließende Anfangsfeier waren nicht gerade etwas, das viel Konzentration erforderte. Das Gekreische zu seiner Linken ließ ihn die Augen verdrehen und er war umso genervter, als er die Weasleybälger erblickte, die es veranstalteten. Wer auch sonst. Dieses Pack hatte keine Manieren und daran würde sich wohl nie etwas ändern. Und doch empfand er fast sowas wie Neid ob der Lockerheit, die sich ihm dort zeigte. Was das für ein Stuss war, zeigte sich schnell in seinem Gedankengang. Was hatte man davon, sich aufzuführen wie Neandertaler? Meine Fresse, sie waren eine Schande für die Zaubererwelt. Grimmig wandte er seinen Blick ab und sah zu, wie die beiden Hauselfen den Koffer ins Innere des Zugs beförderten. Dass sie ihm auch nichts kaputt machten! ​“Streng dich auch dieses Jahr wieder an, Sohn”, lenkte Draco seine Aufmerksamkeit auf sich, “es ist dein letztes Jahr.” ​Scorpius nickte: “Ich weiß. Es liegt nicht in meinem Interesse, es in den Sand zu setzen.” So weit kams noch. Da konnte er sich gleich sein eigenes Grab schaufeln, ging schneller. Verpflichtungen waren Verpflichtungen. ​“Pass auf dich auf, Scorpius”, mischte sich Astoria ein und richtete den Kragen des Hemdes, das ihr Sohn trug. Er trug bereits die Schuluniform, den Mantel hatte er in seinem Koffer ganz oben sorgsam gefaltet abgelegt, damit er ihn schnell erreichen konnte. Es war jetzt ruhiger um ihn herum und als er sich umsah, bemerkte er, dass die nervigen Kinder weg waren. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm allerdings auch, dass es Zeit war, in den Zug einzusteigen. ​Mit einer etwas steifen Umarmung verabschiedete er sich von seiner Mutter, seinem Vater schüttelte er die Hand: “Macht’s gut. Bis dann.” ​Dann stieg er die wenigen Stufen hoch und kaum, dass er eingestiegen war, schlossen sich die Türen und der Hogwarts Express setzte sich in Bewegung. ​*~*~*~* ​Hast du keine Feinde, dann hast du keinen Charakter. ​Lily quetschte sich fast mühelos zwischen ein paar Schülern durch, nur der große Koffer bereitete ihr ein wenig Schwierigkeiten, wie sie ihn hinter sich herzog. Nachdem sie sich von ihren Eltern verabschiedet hatten, waren sie, Hugo und Loius von verschiedenen Türen im Zug eingestiegen, um sich ein gemeinsames Abteil zu sichern. Da sie recht spät dran gewesen waren, zweifelte die Rothaarige allerdings daran, dass sie wirklich eins finden würden. Für gewöhnlich fuhren größere Freundesgruppen meistens zusammen, abgesehen von den Erstklässlern, diese hatten einen Waggon für sich und die nächsten waren gemischt. Verdammt, sie konnte ihre besten Freunde nicht finden! Als sie an einem sehr stillen Abteil vorbeikam, blieb sie kurz stehen. Das konnten nur Rose und Molly sein; die Beiden lasen meistens schon fast um die Wette und wechselten nur wenige Worte. Und Bingo, sie hatte recht. Ohne zu zögern schob sie die Tür zum Abteil auf: “Rose? Hast du Hugo oder Louis vorbeikommen sehen? Ich finde die Beiden einfach nicht und langsam zweifle ich dran, einen Sitzplatz zu kriegen.” ​Molly blickte von ihrem Buch auf, musterte ihre jüngste Cousine kurz von oben bis unten, ehe sie sich dazu entschied, ihren Kommentar nicht für sich zu behalten: “Du bist so klein, du passt in jede Gepäcksablage. Darüber musst du dir also keine Sorgen machen.” ​“Sei nicht so fies, Molly-Bolly!”, grummelte Lils und sah zu Rose, abwartend, was diese sagen würde. Doch auch ihre andere Cousine schüttelte nur den Kopf: “Hab sie nicht gesehen. Aber du kannst dich auch zu uns setzen, wenn du möchtest.” ​“Ja..nein, ich hab nicht vor, vorzeitig im Club der alten Damen einzutreten, danke”, lehnte die Potter ab und machte einen Schritt zurück, um das Abteil zu verlassen. Blöderweise stolperte sie dabei über den Koffer, den sie dort abgestellt und vergessen hatte. Sie konnte schon das Klonken hören, wenn sie gegen die Wand fiel, stattdessen rempelte sie etwas Warmes und Weiches an, etwas definitiv Menschliches also. ​Sie öffnete gerade den Mund, um sich zu entschuldigen, da spürte sie einen festen Griff um ihren Oberarm und im nächsten Moment eine schneidende Stimme an ihrem Ohr: “Kannst du nicht aufpassen, Giftzwerg?!” ​Es brauchte nicht lange, bis sie die Stimme zuordnen konnte, wenn sie auch kaum mit ihm zu schaffen hatte: “Malfoy. Was stehst du auch so blöd im Weg herum? Ich hab im Hinterkopf keine Augen, du aber vorne schon, sollte man meinen.” ​Scorpius schnaubte verächtlich: “Du solltest nicht so große Töne spucken, Potter.” "Hinter meinen ​ großen Tönen steckt wenigstens mehr dahinter, während du nichts anderes kannst als sie zu spucken”, gab sie bissig zurück. Was ging ihr dieser Typ auf die Nerven! Lily war wirklich kein Mensch, der Vorurteile gegen andere hatte, oh, ganz gewiss nicht. Aber Malfoy hatte seine üble Art mehrmals gezeigt; nicht zuletzt dadurch, dass er ihre Cousine Rose im letzten Jahr ausgenutzt hatte. Man konnte fast sagen, dass sie ihn hasste. ​Dass Hass ebenfalls wie Liebe ein Gefühl der Leidenschaft war, entzog sich ihres Verstandes. ​“Du solltest aufpassen, was du sagst, Wiesel”, grollte Scorpius, nicht sonderlich getroffen von ihren Worten, aber leicht zu reizen war er schon immer gewesen. Und diese rothaarigen Biester schafften es noch schneller, als irgendjemand anderes sonst. ​“Wie lange willst du das Wiesel noch anfassen oder geht dir einer ab, Frettchen?”, gab Lily gehässig zurück und spürte im nächsten Moment, wie er ihren Arm losließ, so schnell, als hätte er sich verbrannt, wie sie mit Genugtuung merkte. Sein Gesicht war eine kalte Maske, nur seine Augen, die wie ein Sturm auf hoher See wirkten, zeugten von der ungezügelten Wut, die seinem Inneren inne wohnte, als er die Rothaarige ansah: “Wie kannst du es wagen-” ​Noch während er sprach, tauchte die mehr als zwanzig Zentimeter kleinere Hufflepuff einfach unter seinem Arm hinweg und griff sich wieder ihren Koffer, um ihren Weg fortzusetzen. ​“Danke, dass du mich vor einem Sturz bewahrt hast, Malfoy”, frohlockte sie in aller Scheinheiligkeit und ließ ihn eiskalt stehen, trat durch den Übergang zum nächsten Waggon und die Türen schlossen sich automatisch hinter ihr. Vor lauter Aufregung schlug ihr Herz schneller als normalerweise und sie trug ein erheitertes Grinsen auf den Lippen. Ja, sie hasste Scorpius. Aber sie liebte es, ihn zu provozieren. Und er stieg auch noch so klasse darauf ein, ohne zu merken, dass genau das ihre Absicht war. Arroganz machte so dermaßen blind. ​Es war noch nie anders zwischen ihnen gewesen. Seit sie sich erinnern konnte, hackten sie aufeinander rum, wenn sie sich über den Weg liefen. Ob es etwas mit ihrer Herkunft zu tun hatte oder einfach ihre Persönlichkeiten daran schuld waren, vermochte sie nicht zu sagen. Und es war ihr auch herzlich egal. Sie waren beide das Feuer und Feuer konnte man bekanntlich nicht mit diesem bekämpfen. Endlich fand sie ihre beiden Cousins, die sich in einem Abteil breit gemacht hatten. Erleichtert ließ sie sich auf einen der Sitze fallen: “Da seid ihr ja. Ich habe euch schon überall gesucht.” Lily streifte sich die Schuhe von den Füßen und legte sie auf den Sitz ihr gegenüber. Eines musste sie zugeben: Malfoy hatte verdammt viel Kraft. Ihr Oberarm schmerzte immer noch von der Umklammerung. Das würde sie ihm auf jeden Fall noch zurückzahlen, keine Frage. ​“Kommt’s nur mir so vor oder wird Malfoy von Jahr zu Jahr schlimmer?”, fragte sie an Hugo und Louis gewandt, die sich - wie sie jetzt sah - über ein Zauberschachbrett gebeugt hatten und gegeneinander spielten. ​“Bist du jetzt schon an ihn geraten? Bevor das Jahr überhaupt angefangen hat?”, stellte Hugo eine Gegenfrage und wies seinen Springer an, sich zu bewegen. Louis ließ ein triumphierendes “HA!” hören und im nächsten Moment schleppte sein Läufer den Springer vom Feld. ​“Wie kannst du so eine Niete in Zauberschach sein, wenn du Ron als Vater hast?”, fragte der blonde Weasley leicht lachend und steckte die Galleone ein, die als Wetteinsatz gegolten hatte. ​“Nur weil mein Dad einer der besten Spieler ist, muss ich das nicht auch sein”, stellte der Rotschopf klar und klappte das Spiel zu, ehe alle Beide abwartend zu Lily blickten. ​“Eh..also ja. Gerade eben”, antwortete sie auf die zuvor gestellte Frage, “der Vollidiot ist in mich reingelaufen. Mehr oder weniger.” Das reichte schon als Erklärung, wie sie fand. Die restliche Fahrt verbrachten sie damit zu rätseln, wer wohl die neuen Schulsprecher waren, wie die Quidditchsaison der Schule laufen würde und natürlich, was sie mit der Freizeit anstellen würden, die sie jetzt hatten, nachdem sie ein paar Fächer weniger hatten. ​Fassungslos stand Scorpius auf der Stelle. Dieses verdammte Kleinkind hatte ihn einfach stehen lassen?! Keiner, wirklich keiner, ließ Scorpius Hyperion Malfoy ​einfach mitten im Gang stehen! Zum Teufel noch eins, das würde der kleine Mistkäfer büßen! Sie konnte sich auf etwas gefasst machen. Während er seine Rachepläne schmiedete, bewegte er sich auf sein Abteil zu, das er abgesehen von zwei anderen Slytherins aus seiner Stufe für sich hatte. Sein Blick verharrte auf der vorbeifliegenden Landschaft. Bei Merlin, das Jahr hatte noch nicht einmal angefangen und er war schon genervt von dem roten Monster. Das war ein neuer Rekord. ​Wer glaubt, etwas zu sein, hat aufgehört etwas zu werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)