Die Welt hinter dem Spiegel von ChibiNeko5 ================================================================================ Kapitel 1: Der Spiegel ---------------------- Kapitel 1 – Italien Eine laute Stimme holte mich aus meinem Schlaf. Ich musste gar nicht nachdenken, um zu wissen wem sie gehörte, denn in den letzten Wochen weckte mich immer dieselbe Stimme. Oder waren es Monate? Ist ja auch egal. Verschlafen öffne ich meine Augen und grüße meinen Freund wie jeden Morgen mit einem leisen „Guten Morgen, Deutschland.“ „Nichts guten Morgen! Was hast du schon wieder in meinem Bett zu suchen?“ Er klingt etwas aufgebracht. Ob er wohl schlecht geschlafen hat? Um ihn aufzumuntern lächle ich ihn herzlich an, wobei sich ein leises „Veee~“ über meine Lippen schleicht. Ich hoffe es hilft. Kurz darauf spüre ich eine Faust auf meinem Kopf. Ein pochender Schmerz und eine Beule sind das Resultat von Deutschlands Ausbruch. Weinerlich blicke ich ihn an, doch anstatt einer Entschuldigung bekomme ich wieder nur Vorwürfe an den Kopf geworfen. „Zieh dich endlich an und dann komm nie wieder einfach so in mein Bett.“ Mit diesen Worten steht er auf, schnappt sich seine Sachen und stürmt aus dem Zimmer. Mit einem lauten Knall fliegt die Tür hinter ihm zu. Allein in seinem Zimmer starre ich ihm noch ein Weilchen nach. Was hat er nur immer? Er ist viel zu ernst. Naja, ich werde ihn schon dazu bekommen lockerer zu werden. Fröhlich fange ich an zu summen. Heute wird sicher ein schöner Tag. Ich schlüpfe aus dem Bett und verlasse nun auch das Zimmer. In meinen Schlafsachen begebe ich mich auf den Weg in das Gästezimmer, das schon zu so etwas wie meinem zweiten Heim geworden ist. Während dessen denke ich darüber nach, wie ich ihm eine Freude machen kann. Ich will ihn unbedingt lächeln sehen! Bei dem Gedanken macht mein Herz einen kleinen Hüpfer. Ich muss etwas kichern. Heute ist schließlich so ein schöner Tag, da sollte man nicht so grummelig sein. Ein paar Minuten später stehe ich schon in der Küche und durchsuche die Schränke nach allen Zutaten, die ich brauche. Ein Glück, dass Deutschland so gern kocht. So hat er alles an Zutaten und Utensilien da, was ich brauche. Singend fange ich an mit meiner Überraschung. Ziemlich schnell sind alle Zutaten vorbereitet und landen in den Töpfen. Als es dann leise in den Töpfen köchelt, erfüllt der Geruch des Essens den Raum. Wie eine Wolke verbreitet er sich, nimmt erst die Küche ein und zieht schließlich auch in den Rest des Hauses. „Ve~ Veee~ Vevee~“ Glücklich fange ich wieder mit singen an. „Noch etwas Salz~ und dann noch ein paar Gewürze~ Veee~“ Ich nehme den Holzlöffel, welcher neben dem Topf liegt und rühre in der kochenden Soße. Diese verströmt mittlerweile ein angenehmes Aroma, welches mich gleich hungrig werden lässt. Kein Wunder, gefrühstückt habe ich heute ja auch noch nicht. „Und dann noch etwas rühren~ und rechts rum~ und links rum~ und Tadaaa~“ Ich nehme etwas von der Soße auf den Holzlöffel. Vorsichtig puste ich, bevor ich etwas davon koste. „Es ist fertig~“ Er wird sich sicher darüber freuen. Ein leckeres Gericht macht schließlich jeden glücklich und ganz besonders eine mit Liebe zubereitete Pasta. Ich richte mein Lieblingsgericht auf zwei Tellern an. Als ich fertig bin hole ich Luft und rufe seinen Namen so laut ich kann. „Deutschland!“ Das Geräusch von schweren Schritten auf Holz lässt nicht lange auf sich warten. Je näher die Schritte kommen, desto nervöser werde ich. Ich hoffe wirklich dass er sich über die Überraschung freut! Als dann die Tür aufschwingt breite ich meine Arme ganz weit aus. Mit einem fröhlichen Lächeln sage ich „Überraschung!“ Für einen Moment schaut er mir nur perplex in die Augen. Das mit dem Überraschen hat schon ein Mal geklappt. Dann beginnt er sich in der Küche umzuschauen und verzieht dabei ein bisschen das Gesicht. Auch, wenn ich mir im ersten Moment nicht sicher bin wieso. Schließlich schlägt er die Hand vor sein Gesicht und schüttelt den Kopf. Nun schaue ich mich auch in der Küche hinter mir um. Der Tisch sieht mit den beiden dampfenden Gerichten ganz normal aus. Doch die Kochfläche zeigt nichts mehr von der Ordnung, die mein deutscher Freund so liebt. Die Töpfe stehen auf den Herdplatten, welche immer noch eingeschaltet zu sein scheinen. Das kochende Wasser aus einem der beiden Töpfe läuft stetig auf die Herdplatten, auf welchen es sofort wieder verdunstet. Die restlichen Kochutensilien liegen überall verstreut und lediglich der Kochlöffel sowie ein Messer haben es in die Spüle geschafft. Am anderen Ende der Armatur stapeln sich förmlich die Reste der geschnittenen Zutaten, sowie sämtliche Gewürze. „Veeee…“ Oh nein… Jetzt ist die Überraschung doch hinüber. Deutschland wird sicher anfangen alles aufzuräumen und mich ausschimpfen. Und das Essen wird dann auch kalt werden. Ein tiefer Seufzer zieht meine Aufmerksamkeit wieder zu meinem blonden Freund. Dieser schüttelt noch einmal seinen Kopf und blickt mich anschließend durch seine Finger an. „Italien.“ Beginnt er mit ruhiger Stimme. „J-ja?“ Wieso bin ich denn auf einmal so nervös? Ich habe das Gefühl, mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Unauffällig versuche ich es wieder hinunter zu schlucken, doch es scheint in meiner Kehle fest zu stecken. Meine Hände beginnen unruhig mit dem Saum meiner Jacke zu spielen. „Was hattest du damit geplant?“ Seine tiefe Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Ich folge seinem Finger, welcher auf die beiden Teller deutet. Ich wende mich wieder ihm zu, doch in die Augen kann ich ihm irgendwie nicht so richtig schauen. Was ist nur los mit mir? „I-ich wollte dir nur eine Freude machen", sage ich etwas kleinlaut. Die Tatsache, dass die Überraschung nicht gelungen ist, macht mich irgendwie traurig. Auch wenn ich nicht ganz verstehe, seit wann ich so leicht aus der Fassung zu bringen bin. Vorsichtig blicke ich wieder zu ihm hoch. Seine himmelblauen Augen ruhen auf meinen und auf einmal finde ich auch mein übliches Lächeln wieder. Fröhlich füge ich ein „Überraschung?“ hinzu. Nach einem kurzen Augenblick erwidert er das Lächeln. Er läuft an mir vorbei, zum Herd, wo er die Platte ausstellt. Anschließend geht er zu einem der gedeckten Plätze und setzt sich an den Tisch. Er schaut mich an, offensichtlich wartend. Ich glaube, er freut sich doch über das Essen. Der Gedanke bringt mich zum Strahlen und mit einem fröhlichen „Veee~“ setze ich mich ihm gegenüber. Schweigend fangen wir an zu Essen. Doch es ist kein unangenehmen Schweigen. Es hat eher etwas beruhigend Friedliches. In der Küche ist es noch immer warm vom Kochen und der Geruch von Pasta hängt auch noch in der Luft. Ein rundum wunderschöner Tag eben! Als wir mit dem Essen fertig sind, nimmt Deutschland die Teller und bringt sie zur Spüle, dann dreht er sich zu mir. Seine blauen Augen treffen meine Haselnussbraunen und auf einmal beginnt mein Herz zu rasen. W-was?! Wieso klopft es auf einmal wieder so laut? Wie ein Reh, das in einen Autoscheinwerfer blickt, kann ich meine Augen nicht abwenden. Er runzelt kurz die Stirn bevor er zu einem „Alles okay?“ ansetzt. Doch ich reagiere nicht darauf. Alles was ich tun kann, als sich meine Starre endlich löst, ist von meinem Stuhl zu springen und aus der Küche zu rennen. Wohin ich renne, weiss ich in diesem Moment nicht. Generell bekomme ich nichts um mich herum wirklich mit. Ich bin zu sehr damit beschäftigt, die Röte auf meinem Gesicht zu verstecken und meinen Herzschlag zu beruhigen. Was ist heute nur mit mir los? Es ist doch nur Deutschland. Mein Freund, den ich schon lange kenne. Seit er mich damals in der Tomatenkiste gefunden und mich zu sich genommen hat. Ich schlage die Tür hinter mir zu und lehne mich daran. Mein Atem geht in kurzen, heftigen Zügen. Ob vom Rennen oder dem Rasen meines Herzens weiß ich nicht. Eine gefühlte Ewigkeit lang bleibe ich nur an die Tür gelehnt und versuche mich zu beruhigen. Schließlich sinke ich langsam an der Tür hinunter und raufe mir mit einem frustrierten „Veeee.“ die Haare. Was, wenn das so weiter geht? Wenn mein Herz immer so rast, wenn ich Deutschland sehe? Was ist nur mit mir los?! Wieder raufe ich mir die Haare. Schwer seufze ich und lehne mich zurück. Du schaffst das! Du bist doch Feliciano Vargas! Und Ludwig ist dein Freund. Dein strikter, ein bisschen verklemmter, aber stets treuer Freund. Mein Blick schweift durch den Raum, in den ich Hals über Kopf gestürmt war. Wie es aussieht bin ich in meinem Zimmer gelandet. Eine Bewegung in meinem Augenwinkel zieht meine Aufmerksamkeit zu dem großen Spiegel. Verwirrt starre ich auf das große Möbelstück. Hat sich die Sonne kurz darin gespiegelt? Aber aus dem Winkel sollte es eigentlich nicht möglich sein. Um nicht an Deutschland denken zu müssen stehe ich auf und laufe auf den Spiegel zu. Davor stehend betrachte ich ihn ganz genau, doch alles scheint ganz normal. Im Spiegel sehe ich mich, mit meinen verwuschelten Haaren und meiner blauen Uniform. Alles ganz normal halt. Merkwürdig. Ich trete näher heran, bis ich ihn fast mit meiner Nase berühre. Immer noch nichts. Wahrscheinlich habe ich mir das nur eingebildet. Ein leicht enttäuschtes „Ve.“ ist zu hören. Auf einmal ändert sich für einen Moment die Reflektion im Spiegel. So schnell wie es kam, verschwand es aber auch wieder, doch ich glaube für den Bruchteil einer Sekunde einen anderen Kerl im Spiegel gesehen zu haben. Ich konnte nicht viel erkennen, aber er war definitiv größer als ich und trug ein rotes Shirt. Erschrocken weiche ich einen Schritt zurück. Was war das!? Ich habe mir das sicher nicht eingebildet. Da war jemand anderes im Spiegel zu sehen! Ein paar Minuten vergehen, in denen ich nur erschrocken auf die spiegelnde Oberfläche starre, doch alles, was ich sehe, bin ich selbst. Schließlich siegt dann, nachdem der erste Schock überwunden ist, doch die Neugier und ich trete wieder auf den Spiegel zu. Als ich wieder direkt davor stehe, hebe ich langsam meine Hand. Kurz bevor sie die Oberfläche berührt, halte ich inne und betrachte diese noch einmal ausgiebig. Diesmal ändert sich das Spiegelbild allerdings nicht, weshalb ich die Hand vorsichtig auf die Oberfläche lege. Mit einem Seufzen lehne ich auch meine Stirn dagegen. Heute sollte doch ein schöner Tag sein, oder nicht? Plötzlich spüre ich, wie der Spiegel unter meiner Hand nachgibt. Ich kippe nach vorne und gebe ein erschrockenes Quietschen von mir. Erst denke ich noch, dass der Spiegel umkippt, doch es ist etwas anderes. Viel mehr ist es der Spiegel selbst, der, wie soll man das beschreiben, durchlässig wird? Auf jeden Fall gibt er nach, wie eine dünne Haut, welche man eindrückt. Bevor ich reagieren kann, reißt die Haut und ich falle in den Spiegel. Ich bringe noch ein erschrockenes „Deutschland!“ hervor, dann hat mich der Spiegel verschluckt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)