Abbygails Abenteuer von yazumi-chan (Road to Lavandia) ================================================================================ Kapitel 98: Ein neues Ziel (Bitterkeit und Schlaftabletten) ----------------------------------------------------------- Schwester Joy lässt erschöpft das Verbandszeug sinken und dreht sich zu mir und Louis um. Wir sitzen an die Wand gelehnt auf einem der leeren Behandlungsbetten und erwarten schweigend ihr Urteil. Hunter ist noch immer bewusstlos, wurde aber zwischenzeitlich wach, als Joy sich an seinem versengten Brustkorb zu schaffen gemacht hat. Nun verdecken dicke, weiße Mullbinden den größten Teil seines Gefieders. "Er wird es überstehen", sagt sie und ich atme erleichtert aus. Sku hat ihre Begegnung mit Venuflibis bis auf zwei angeknackste Rippen gut überstanden und Gott musste nicht mal in Joys Extrabehandlung. Die Heilmaschine hat ihn wieder auf Vordermann gebracht, auch wenn die abgerissenen Schuppen nicht wieder nachwachsen werden und sein Körper nun an diversen Stellen schlitzförmige Narben aufweist. „Du solltest ihn für die Nachsorge in einem Pokécenter lassen“, fährt sie fort. „Er braucht absolute Ruhe, um sich von den Verbrennungen und dem Schock zu erholen. Keine Kämpfe, kein Fliegen. Du kannst ihn in drei oder vier Wochen in einem Pokécenter deiner Wahl abholen. Wir schicken ihn dann dorthin.“ Ich nicke und rufe Hunter in seinen Pokéball zurück. Joy kommt mit den Mullbinden zu mir und beginnt, wortlos meinen Arm zu verbinden. "Das war kein normaler Kampf", sagt sie nach einer Weile, ohne von meinem Arm aufzusehen. "Solche Verletzungen zieht sich kein Pokémon in einem geregelten Kampf zwischen zwei Trainern oder mit einem wilden Pokémon zu." Ich unterdrücke ein schlecht getimtes Gähnen. Sie wirft mir einen kurzen Blick zu, bevor sie mit ihrer Arbeit fortfährt. "Schon gar nicht um vier Uhr nachts", fügt sie hinzu. Sie schweigt wieder, öffnet ihren Mund jedoch einige Male, als wolle sie etwas sagen. Ich zwinge meine Augen, offen zu bleiben. "Sie können mich jetzt zurechtweisen", sage ich leise. Meine Stimme klingt vor Müdigkeit und innerer Taubheit beinahe desinteressiert, und dieser Unterton ist es wohl, der Joy den Mut gibt, mit einer Schimpftirade zu beginnen, die ich von ihr nicht erwartet hätte. Die Worte schlechter Trainer, unverantwortlich und entzogene Trainerlizenz fallen mehr als einmal. Ich bringe es nicht fertig, ihr genau zuzuhören. Louis drückt sanft die Finger meiner linken Hand. Ich nicke ihm dankbar zu und gähne erneut. Ich bin müde. Mein gesamter Körper tut weh, speziell mein Arm, trotz der Heilsalbe und des Verbands, den Joy nun fertig angelegt hat. Aber meine Gedanken drehen sich wie ein Karussell, immer weiter, bis mir in meinem eigenen Kopf schwindelig wird. Es fühlt sich ähnlich an wie unser Sturz durch den Wirbelwind. Zach ist von Rocky und den anderen Polizisten festgenommen worden und sitzt wahrscheinlich in diesem Moment im Gefängnis, oder im Polizeipräsidium, um befragt zu werden. Seine Pokémon werden von ihm ferngehalten. Richard wird in den nächsten Tagen neu verhört werden, bevor Rocky ihr Versprechen wahrmachen und ihn freilassen wird. Und Caro. Ich muss Caro anrufen. Und Alfred. Und Raphael. Ich schließe meine Augen. Mir fehlt die Kraft, mich jetzt damit auseinanderzusetzen. Irgendwo in meinem Hinterkopf weiß ich, dass ich, sollte ich jetzt zu lange über alles nachdenken, zusammenbrechen werde. Louis´ Druck um meine Finger wird fester und ich öffne meine Augen. Joy schaut mich lange an. "Dir geht es nicht gut", sagt sie schließlich. Fast fühle ich mich schlecht, dass ihre Zurechtweisung völlig an mir vorbeigegangen ist. "Was ist passiert?" Ein humorloses Lachen entweicht meinem Mund, bevor ich es zurückhalten kann. "Viel", sage ich. "Zu viel." Louis schaut besorgt zwischen mir und Schwester Joy hin und her. "Haben sie vielleicht ein Schlafmittel, oder so etwas? Ich glaube, sie steht noch unter Schock." "Mir geht´s super", entgegne ich automatisch. "Nein, wirklich. Alles bestens. Ich habe nur das Leben eines Freundes ruiniert, aber das ist ja nichts Neues." Ich kann die Bitterkeit nicht aus den letzten Worten heraushalten. "Abby…" "Es ist okay!", fahre ich ihn an, ohne nachzudenken. "Als wenn du verstehen könntest, wie ich mich gerade fühle. Zach wurde verhaftet und das ist alles meine Schuld und du weißt nichts -" "Wie soll ich wissen, was passiert ist, wenn du es mir nie erzählt hast?", entgegnet Louis frustriert und bringt mich mit seinen Worten zum verstummen. Joy rollt auf ihrem Stuhl etwas zurück. "Das ist diese Sache, die du mir nie erzählen konntest, oder nicht? Die andere Leute betrifft. Ich hab´s kapiert. Irgendwas ist zwischen Zach und dir und dafür gibst du dir jetzt die Schuld. Ich sage dir jetzt mal was. Nicht alles, was schief geht, ist auf deinem Mist gewachsen, also erspar mir dein Gejammer darüber, dass du verantwortlich bist. Was soll deine Schuld sein? Dass sie Zach gefangen nehmen konnten? Die Polizei hätte so oder so von der Übergabe erfahren und Zach wäre so oder so da gewesen. Du hattest damit nichts zu tun. Das einzige, was du beeinflusst hast, war Richards Freilassung, also hör auf, dich unter Schuldgefühlen zu begraben! Es hat Winry nicht geholfen und Zach wird es auch nicht retten!" Schweratmend kommt er zum Ende. Ich starre ihn an. Joy räuspert sich. Immer noch unter Schock wende ich den Blick von Louis´ Gesicht ab, auf dessen Wangen sich rote Flecken gebildet haben. Sie reicht mir ein kleines Päckchen. "Schlaftabletten", sagt sie und drückt sie mir in die Hand. Dann geleitet sie uns nach draußen, wo Dark bereits an die Wand gelehnt auf uns wartet. Hundemon hat sich von dem Kampf ohne Probleme erholt und sitzt mit gespitzten Ohren neben ihm, auch wenn ich an seinem Ausdruck erkennen kann, dass es sich diese Nacht deutlich anders vorgestellt hat. Bevor ich Louis folgen kann, legt Joy eine Hand auf meine Schulter und mustert mich einen Moment, bevor sie leise spricht. "Ich verstehe, dass ihr drei heute Nacht einiges durchgemacht habt und von den Polizisten, die ihre Pokémon hier geheilt haben, glaube ich zu wissen, gegen wen ihr kämpfen musstet." Sie zieht die Stirn kraus. "Die Polizei hätte niemals so tief sinken dürfen, dass sie Kinder für sich kämpfen lässt, aber darauf habe ich keinen Einfluss. Ich bitte dich nur, dir was immer passiert ist, nicht so sehr zu Herzen zu nehmen. Nimm die Tabletten, wenn du das Gefühl hast, nicht einschlafen zu können und hör auf deinen Freund. Ich weiß zwar noch weniger über diese Situation als er, aber ich glaube, er hat Recht." Sie drückt meine Schulter zum Abschied und kehrt ins Pokécenter zurück. Einen Moment lang bleibe ich vor dem Eingang stehen und schaue ihr hinterher. Dann schüttele ich meinen Kopf und gehe zu Louis und Dark.   Als ich am nächsten Morgen in meinem Zimmer im HQ erwache, fühle ich mich so erholt wie schon lange nicht mehr. Gut, mein Kopf fühlt sich ein bisschen schwammig an und mein Mund ist trocken, aber ich weiß mit ziemlicher Klarheit, dass ich noch nie so tief geschlafen habe. Nicht ganz so klar ist mir, warum ich im HQ bin. Oder wie ich hergekommen bin. Oder was gestern… Die Erinnerung fallen an ihren rechtmäßigen Platz und das gute Gefühl, mit dem ich diesen Tag begonnen habe, verflüchtigt sich augenblicklich. Zachs Festnahme, Hunters Verletzungen und schließlich mein Streit mit Louis bringen mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Mir wird bewusst, dass wir seit dem Vorfall im Pokécenter kein Wort miteinander gesprochen haben, hauptsächlich deshalb, weil ich mit Dark auf Zapdos zurück nach Prismania City geflogen bin, während Louis uns mit Joey gefolgt ist. Danach habe ich eine der Schlaftabletten genommen und mich unter meiner Decke verkrochen. Vorsichtig drehe ich mich um. Es ist zu dunkel, um etwas erkennen zu können, aber ein leises Schnarchen ist von Chris´ Bett zu hören und ich weiß mit ziemlicher Sicherheit, dass Chris noch immer mit Jayden am Silberberg trainiert. Wären sie zum HQ zurückgekommen, und sei es nur kurz, hätten sie dem restlichen Team per S-Com Bescheid gegeben. Ich warte in der Dunkelheit, bis Louis´ Schnarchen abbricht und er sich unter seiner Decke rührt. "Es tut mir leid", flüstere ich in die Stille. Die Bewegung im anderen Bett stoppt. "Ich war ein Idiot und du hattest Recht. Es tut mir leid." Die Decke wird zur Seite gezogen und Louis tapst barfuß zu mir hinüber. Ich habe kaum Zeit, zu protestieren, als er meine Decke zur Seite zieht und zu mir ins Bett schlüpft. Meine Überraschung hält nur wenige Sekunden an, dann lächle ich und lasse mich von ihm in eine enge Umarmung ziehen. "Du warst aufgebracht und emotional total durch den Wind", murmelt er in mein Ohr. "Ich habe mich auch schon oft wie ein Idiot benommen." Er zögert, spricht dann aber weiter. "Du hast mir immer noch nicht gesagt, was genau mit Zach und dir passiert ist." Ich seufze und lehne mich enger an ihn. Dann beginne ich, zu erzählen.   "Kommst du rein?", frage ich über Ryans Schulter hinweg, der falschherum auf seinem Schreibtischstuhl sitzt und zwischen drei Computerbildschirmen hin und her rollt, die Tastaturen malträtiert und schwungvoll einen Schluck Dosenkaffee trinkt, bevor er sich wieder an Bildschirm Nummer Eins zu schaffen macht. Louis steht ehrfürchtig neben mir. In Sachen Computer sind wir an Unfähigkeit gleichauf, allerdings scheint Ryan ihn mit seinem Getippe sehr viel mehr zu beeindrucken, als  mich. "Ich werde dir den Gefallen tun und deine Zweifel an meinen Fähigkeiten darauf zurückführen, dass du von Computern weniger verstehst als ein debiles Dummisel", sagt Ryan und wechselt den Computer, ohne zu mir aufzuschauen. "Allein die Tatsache, dass der S-Com sich auf Tastendruck selbstständig in die Polizeiserver einschleust und von mir dazu programmiert wurde, sollte deine Frage beantworten. Aber um es für dein begrenztes Auffassungsvermögen verständlich auszudrücken: Ja, Abbygail, ich bin in der Lage, mich in den Zentralcomputer des Gefängnisses einzuhacken und wie du siehst, ist mir das schon längst gelungen." Er drückt demonstrativ eine Taste, die ich mit ein wenig Stolz als Enter identifiziere, und der mittlere der drei Bildschirme wird schwarz, bevor das Bild zurückkehrt und uns Aufnahmen zeigt, die von Überwachsungskameras kommen müssen. "Der Hammer!", ruft Louis begeistert. Ryan dreht sich auf seinem Stuhl herum, schaut zu Louis und dann zu mir. "Ich mag deinen Freund. Nicht besonders eloquent, aber er erkennt ein Genie, wenn er es sieht. Bring ihn öfter her." Ich ignoriere ihn und beuge mich zu dem Bildschirm vor. "Da!", sage ich und deute auf ein kleines Quadrat am linken Rand. "Kannst du ranzoomen?" Ryan seufzt und gibt ein paar kurze Tastenkommandos ein. Im nächsten Moment erfüllt das Quadrat den gesamten Bildschirm.   Zach sitzt alleine in einer kleinen Zelle, die außer einem schmalen Bett, einem Klo und einem spärlich bestückten Regal unmöbliert ist. Sein Kopf ist an die graue Wand hinter ihm gelehnt, seine Augen von den schwarzen Haarsträhnen verdeckt. Gerade, als ich Ryan sagen will, dass ich genug gesehen habe, hebt er den Kopf und die Tür öffnet sich. Zwei Polizisten treten ein, legen ihm wieder die Handschellen an und führen ihn hinaus. "Kannst du ihm folgen?", frage ich. Ryan murmelt etwas Unverständliches, beginnt aber auf der Tastatur zu tippen und nach einigen Bildwechseln entdecke ich Zach, wie er von den Polizisten einen langen Gang entlang geführt wird. Einige Male verschwindet er aus dem Kamerabild, aber Ryan braucht nie lange, um ihn wieder ausfindig zu machen und schließlich wird er in einen Befragungsraum geleitet. Ryan macht sich wieder an der Tastatur zu schaffen, aber keine der Kameraeinstellungen filmt, wo sie Zach nun festhalten und er gibt ein frustriertes Grummeln von sich. "Die Kameras dort sind mit einem anderen Server verbunden, den ich noch nicht geknackt habe." Ich ziehe eine Augenbraue hoch. "Oh bitte, Abby, es wird kein Problem sein, mich dort einzuschleusen. Aber ich kann nicht-" Der rechte Bildschirm, über den bisher nur grüne Schrift gerast ist, beginnt plötzlich, Warnmeldungen zu öffnen und rot zu blinken. Der linke folgt innerhalb weniger Sekunden. "Was ist?", frage ich panisch und mache einen hastigen Schritt zur Seite, als Ryan fluchend nach rechts rutscht und auf die Tasten hämmert. "Sie haben mich entdeckt", sagt er und rollt zu dem anderen Bildschirm. "Ich muss raus, bevor sie meine Verbindung zurückverfolgen." Ich werfe einen letzten Blick auf den mittleren Bildschirm, dessen Aufnahmen hektisch flimmern und unkontrolliert wechseln. Im letzten Bild, bevor die Verbindung von Ryan gekappt wird, entdecke ich Richard, der in seiner eigenen Zelle auf dem Bett liegt und mit hassverzerrtem Gesicht an die Decke starrt. Galle steigt in meiner Kehle auf, als ich daran denke, dass dieser Blick bald mir gelten könnte.   Wir haben die Schaltzentrale kaum verlassen, da ertönt das charakteristische Pling des S-Coms in meiner Hosentasche. Ich ziehe das Gerät hervor und entdecke die Nachricht, die gerade eingetroffen ist.   Von: Dark_01 An: Abbygail_Hampton_04 »Meeting im Gemeinschaftsraum. »Jetzt.   "Nett", murmelt Louis. Ich schmunzele, hake mich bei ihm unter und ziehe ihn in Richtung Aufzug. "Er ist immerhin mein Anführer", sage ich und pieke Louis gleichzeitig mit meinem Ellenbogen in die Rippen. "Er befiehlt, ich gehorche." "Das will ich sehen, wie du jemandem gehorchst", meint Louis grinsend und folgt mir in den Aufzug. Wir betreten den Gemeinschaftsraum nur wenige Minuten später. Dark sitzt wie so oft auf der gegenüberliegenden Couch, nahe der Lehne, sodass er Hundemons Kopf kraulen kann, ohne seinen Arm zu sehr strecken zu müssen. Das Feuerpokémon sitzt hechelnd an seiner Seite und schaut mich mit großen Augen an. Der fünfte Pokéball in meinem Gürtel beginnt heftig zu vibrieren. Ergeben befreie ich Priss, die mich wütend anfaucht und sich zwischen Hundemons Vorderpfoten flüchtet, wo sie ihren Kopf an seine Beine reibt und sich unter seinem warmen Bauch zusammenrollt. "Was gibt´s, Anführer?", frage ich und lasse mich wenig elegant auf eins der freien Sofas plumpsen. Louis folgt. Er nimmt seinen Blick nicht von Dark und ich rolle die Augen. Inzwischen sollte er begriffen haben, dass Dark mir nichts Böses will. Während der Übergabe hat er mir immerhin das Leben gerettet. Dark ignoriert meinen spöttischen Unterton gekonnt. "Du hast sicher Chris´ Nachricht erhalten, dass Ronya Entei gefangen und sich auf den Weg nach Kanto gemacht hat." Ich nicke. An dem Abend hatte ich mit Julius und dem PCN-Interview zwar andere Sachen im Kopf, aber ich erinnere mich vage. "Ich möchte, dass du sie triffst und mit ihr über ihren Eintritt in Team Shadow verhandelst." "Bitte was?" Mein Mund steht einen Moment lang offen, bevor ich ihn abrupt schließe. "Du willst mich zu ihr schicken?" Dark nickt. Ein Lächeln zurrt an seinen Mundwinkeln, aber er lässt es nicht ganz zu. Hundemon hechelt dafür umso fröhlicher und senkt sogar den Kopf, um Priss´ über den Kopf zu lecken. Sie gibt ein tiefes Schnurren von sich. "Team Rocket weiß spätestens ab heute, dass Lambda, Zach und ihre anderen Mitglieder von der Polizei festgenommen wurden. Die Nachrichten werden schon bald in den Medien verbreitet werden. Sie wissen möglicherweise auch, dass du und ich zu diesem Rückschlag beigetragen haben. Es würde mich nicht wundern, wenn einige der Rockets als Spione im Hintergrund geblieben sind, um den Verlauf des Kampfes an Atlas weiterzuleiten." "Ich hatte ohnehin vor, nach der Übergabe Saffronia zu verlassen", gebe ich nach einem Moment des Nachdenkens zu. "Aber ich dachte, du würdest mich hier behalten wollen, damit Mel mich nicht finden kann." "Es stimmt, dass du hier im Hauptquartier am sichersten wärst", stimmt Dark zu. "Andererseits habe ich lange genug mit dir zusammengearbeitet, um zu wissen, dass Untätigkeit sich nicht gut mit deinem Charakter verträgt. Ich würde dich selbst beschützen, aber die Polizei hat sich dank deines Einsatzes interessiert an meinen Fähigkeiten gezeigt und außerdem werde ich mein Training wieder aufnehmen. Hätte Zapdos den nötigen Level besessen, alleine gegen Lambda und Staraptor vorzugehen, hätte ich seine Geschwindigkeit nicht durch Frosdedje limitieren müssen und wir hätten Lambda schneller zur Strecke gebracht." Ich schweige einen Moment lang. Es klingt verlockend. Ich kann nur noch nicht ganz fassen, dass gerade Dark mir anbietet, wieder loszuziehen und in potentielle Gefahren zu geraten, wo er mir vor meiner Abreise nach Saffronia so deutlich klar gemacht hat, dass er mich nicht von der Leine lassen möchte. "Und warum soll ich Ronya überreden?", frage ich daher. "Sicher hast du schon Kontakt mit ihr aufgenommen." Er nickt. "Aber ich bin am Ende mit meinen Möglichkeiten der Überzeugungskraft. Und da du es geschafft hast, jemanden wie Ryan auf unsere Seite zu bringen, bin ich gewillt, dir das Kommando über die zukünftige Rekrutierung zu geben." "Ich bin ziemlich gut im Überreden", stimme ich nach einer Weile zu. Louis zwickt mich in die Wange und der selbstgefällige Ausdruck verschwindet von meinem Gesicht. Er dreht den Kopf zu Dark. "Du hattest Angst, dass Abby wieder von Team Rocket attackiert wird", sagt er ernst. "Warum denkst du, dass sie jetzt in Sicherheit ist?" "Wenn es eine Welt gibt, in der Abby einmal nicht in Gefahr gerät, möchte ich sie sehen", sagt Dark mit einem düsteren Humor. Entgegen meiner Erwartung, dass Louis wütend wird, lacht er laut auf. "Du hast Recht", stimmt er grinsend zu. "Das war zu viel verlangt. Ich glaube, sie ist nicht in der Lage, nicht in Schwierigkeiten zu geraten." "Meine Rede." "Jungs, Jungs", unterbreche ich sie stirnrunzelnd. Es gefällt mir gar nicht, in welche Richtung sich die Unterhaltung hier entwickelt. "Ich bin noch hier. Zurück zum Thema, bitte?" Hundemon kläfft fröhlich und Dark lehnt sich auf dem Sofa etwas zurück, dann fährt er fort. "Wie ich schon sagte, haben meine Argumente Ronya nicht überzeugt. Natürlich haben wir uns nur über SMS und einen kurzen Anruf verständigt, daher kann es sein, dass ein persönliches Gespräch sich als effizienter erweist. Aber ich habe zu viele Verpflichtungen, denen ich in naher Zukunft nachkommen muss. Chris und Jayden sind in ihr Training vertieft und haben keine Zeit, sich neben ihren Patrouillen in Kanto und Johto auch noch um Ronya zu kümmern und Ryan wird seine Schaltzentrale nicht verlassen. Abgesehen davon nützt er uns hier sehr viel mehr. Seine Hacker-Fähigkeiten werden für unsere zukünftigen Kämpfe benötigt und als Ansprechpartner muss immer jemand im HQ sein." "Damit bleibe dann wohl nur ich", gestehe ich und lehne mich etwas enger an Louis. "Und da Ronya wahrscheinlich so stark wie ihr alle ist, werde ich genug Schutz haben, sollte Team Rocket angreifen." Ich zögere. "Aber ich werde eine Weile weg sein, oder? Zumindest getrennt von dem Rest von Team Shadow." Dark nickt.   Mein Blick fällt zu Priss, die mich mit großen, vorwurfsvollen Augen ansieht. Selbst Hundemon unterdrückt ein Winseln. Ich presse meine Lippen aufeinander. Schließlich jedoch seufze ich, nehme Priss´ Pokéball von meinem Gürtel und werfe ihn zu Dark, der den Plastikball überrascht fängt. Dass es ihm trotzdem mit einer einzigen Hand gelingt, irritiert mich mehr, als es sollte. Angeber, denke ich missmutig und erhebe mich. Louis wirft mir einen unsicheren Blick zu. "Pass solange auf sie auf", sage ich an Dark gewandt und zwinge mich zu einem Lächeln. Ich habe kein Recht, eifersüchtig zu sein. Priss kann nichts dafür, dass sie sich in dieses Überpokémon verliebt hat, also sollte ich mich nicht enttäuscht oder verraten fühlen. "Ich will unsere Prinzessin hier schließlich nicht wochenlang von ihrem Prinzen fernhalten." Dark hält den Pokéball unschlüssig in seinen Händen. "Bist du sicher?" "Ich habe sie dir nicht geschenkt", entgegne ich unwirsch. "Sie ist immer noch mein Pokémon. Aber wenn sie lieber bei Hundemon bleibt, habe ich kein Recht, sie mit mir mitzuschleifen." Eigentlich will ich weiterreden, aber ich merke, wie meine Stimme den bitteren Ton annimmt, den ich gestern bei Louis verwendet habe und nichts Gutes kommt jemals aus meinem Mund, wenn ich diesen Ton benutze, also schließe ich ihn entschlossen. Dark schaut hinab zu Hundemon und Priss, die verwirrt zwischen dem Pokéball und mir hin und her sieht. Dann faucht sie, springt in Darks Schoß und schlägt den Pokéball aus seinem losen Griff, zurück in meine Richtung. Ein letzter, sehnsüchtiger Blick zu Hundemon, bevor sie über die Sofalehnen zu mir läuft und auf meinen Kopf klettert. "Die Prinzessin hat wohl ihre Wahl getroffen", meint Louis breit grinsend und hebt den Pokéball für mich auf. "Nimm´s nicht so schwer Dark, du findest schon noch ein Mädchen, dass deine Nähe erträgt." "Louis!", rufe ich entsetzt und schlage nach seiner Schulter. Er weicht geschickt aus, vermutlich mit den Reflexen, die er in Hartwigs Dojo gelernt hat. Dark schüttelt nur amüsiert den Kopf und krault Hundemons Schnauze. "Ihr solltet bald abreisen", rät er mir. "Ich kenne Ronyas Koordinaten nur von unserem letzten Gespräch und das ist schon einige Tage her." "Und die wären?", frage ich und ignoriere Priss, die mir neckisch in mein Ohr beißt. Er lächelt. "Fuchsania City." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)