Abbygails Abenteuer von yazumi-chan (Road to Lavandia) ================================================================================ Kapitel 80: Enthüllung (Zukunftspläne) -------------------------------------- Cornelia zerrt mich am nächsten Morgen mehr oder weniger aus meinem Bett. „Wie kannst du bei all dem Aufstand ruhig schlafen?“, schimpft sie vor sich hin, während ich mich hastig anziehe und dann mit ihr die Stufen hinunter eile. „Die Passagiere laufen bald Amok, wenn das so weitergeht.“ „Was ist passiert?“, frage ich verwirrt, aber Cornelia schüttelt nur den Kopf. „Siehst du gleich, Mädchen, siehst du gleich.“ Im Speisesaal ist außer Rose, Valentin und einige Matrosen keine Menschenseele. Bis auf Stanz weiß niemand von unserer gestrigen Nachtaktion oder überhaupt, dass die Pokémon gestohlen wurden. Aber was sich draußen auf dem Deck abspielt, ist auch so besorgniserregend genug. „Sie stehen seit heute Morgen dort Schlange“, sagt Rose und schaut verzweifelt über ihre Schulter. „Sie wollen alle gegen Rita kämpfen, aber sie ist noch nicht aufgetaucht!“ „Wird sie auch nicht“, sage ich und winke ab, als die anderen mich überrascht anschauen. „Wir sollten die Pokémon draußen befreien. Wenn die Trainer merken, dass sie beraubt wurden, sollte die Hypnose sich von alleine verflüchtigen.“ „Bist du sicher, dass Rita nicht kommen wird?“, fragt Valentin skeptisch. Ich zucke mit den Schultern. „Selbst wenn, sie kann nicht gegen alle Pokémon gewinnen.“ Rose, Valentin und ich laufen zurück, um die Taschen mit den Pokébällen zu holen und als wir schließlich bepackt auf das Deck treten, drehen sich alle Augen in unsere Richtung. „Alle mal herhören!“, schreie ich gegen das Schwappen der Wellen und den pfeifenden Meereswind an. „Rita wird nicht mehr kämpfen! Der Wettstreit ist beendet! Er war nur ein Vorsatz, euch zu hypnotisieren und eure Pokémon zu stehlen! Wir werden jetzt alle Pokémon nacheinander freilassen. Bitte wartet, bis ihr euer Pokémon erkennt, dann holt es ab und wir sind bis zum Mittagessen fertig.“ Niemand glaubt uns, das kann ich in den zahlreichen Gesichtern erkennen, aber das werden sie schon noch früh genug. Wir machen je eine Station auf, greifen einen der Pokébälle in unseren Taschen und rufen das darin befindliche Pokémon, das mit seinem eigenen Pokéball in den Händen, Pfoten, Flossen oder Flügeln auf die Suche nach seinem Trainer geht. Die meisten werden schon von weitem gesichtet und nicht wenige der Passagiere schauen sich mit einem Mal desorientiert um, bevor sie mit Tränen in den Augen zu ihrem Pokémon laufen und es in den Arm nehmen. Es herrscht ein heilloses Chaos, freudige und ängstliche Rufe werden laut und große Pokémon wie das ein oder andere Onix und Garados drängen uns immer weiter zusammen. Jayjay finde ich etwa eine Stunde nach Beginn der Freilassungen in meinem eigenen Rucksack und gebe ihm einen dicken Kuss auf die Schnauze, was mir sofort einen Schlag verpasst, aber sein glückliches Wiehern ist mir den kurzzeitigen Schmerz allemal wert. Auf Sku muss ich länger warten, so lange, dass mein Herz sich immer weiter zusammenzieht. Was, wenn sie woanders ist? Wenn wir sie verloren oder vergessen haben? Die Bälle und Passagiere werden immer weniger und selbst diejenigen, die ihre Pokémon noch nicht haben, sind jetzt ausnahmslos von ihrer Hypnose befreit. Sie sitzen allesamt auf dem Boden, knabbern an ihren Fingernägeln, beißen sich auf ihre Lippen und flüstern leise vor sich hin. Neben mir ertönt plötzlich ein lautes Schnurren und im nächsten Moment springt Sku in meine Arme, brummt und schnurrt und reibt ihren Kopf an meine Wange, ihre Krallen fest in meinen Schultern vergraben. Nichts hat sich je so gut angefühlt.   Beim Mittagessen müssen Rose, Valentin und ich ein tränenreiches Danke nach dem anderen annehmen, unterbrochen von anderen Belobigung und schließlich sogar der öffentliche Ehrung durch den Kapitän und Stanz, die beide unseren Mut, unsere Initiative und unsere Zusammenarbeit mit unseren Pokémon in den Himmel loben, bis Rose farblich ihrem Name alle Ehre macht, ich vor lauter Lächeln meine Mundwinkel nicht mehr spüre und Valentin immer tiefer in seinem Stuhl versinkt und so aussieht, als würde am liebsten davon rennen. Aber auch das hat ein Ende und den Nachmittag verbringen wir zusammen mit Cornelia beim Kartenspiel in Roses Zimmer, fernab von allen Passagieren, die uns zufällig auf dem Gang begegnen und nur nochmal kurz Danke sagen wollen. Als die Polizeiabgeordneten das Schiff schließlich erreichen, ist es noch nicht ganz Abend, aber spät genug, dass die Matrosen die Landefläche für die Flugpokémon mit zusätzlichen Lampen markieren müssen. Es sind insgesamt sechs Polizisten, die zur Hälfte Teil von Rockys Spezialeinheit sind, unter ihnen, zu meiner großen Erleichterung, keine mir bekannten Gesichter. Ich bin nicht sicher, wie Holly darauf reagiert hätte, mir so schnell und unter so ähnlichen Umständen wieder zu begegnen. Sie sind nicht milde überrascht, vom Kapitän zu erfahren, dass alle Pokémon bereits an ihre Besitzer zurückgegeben und alle Mitglieder der Zirkusgruppe in Gewahrsam genommen wurden. Zwei Matrosen waren seit heute Morgen vor Ritas Zimmertür abgestellt, aber Nebulaks Hypnose hat ihren Zweck erfüllt und Rita hat keine Anstalten gemacht, ihr Zimmer zu verlassen. Das Verhör, dass alle an der Mission beteiligten über sich ergehen lassen müssen, ist relativ angenehm, wenn auch langwierig und als ich am Ende meiner Befragung die Pokébälle des Psychos an einen der Polizisten abgebe, hoffe ich inständig, dass mein Versprechen an Nebulak sich erfüllen wird. Mehr als eine Verringerung der Strafe für Kooperation vorzuschlagen, kann ich nicht tun. Rita und die anderen vier werden mit Handschellen versehen, ihre Pokémon beschlagnahmt und ohne große Probleme auf die sechs Flugpokémon verteilt. Und als die sechs Silhouetten am nächtlichen Horizont verschwinden, atme ich zum ersten Mal seit vielen Tagen richtig durch.   ooo   „Ich meine ja nur“, verteidige ich mich, „dass ihr sehr viel Zeit miteinander verbringt.“ „Und ist das etwas Verwerfliches?“, fragt Rose mit tiefroten Wangen. Ich grinse. „Das habe ich nie gesagt.“ „Jetzt hör schon auf, sie wegen Claude auszuquetschen, Abby“, murmelt Valentin, der auf Roses Bett liegt und Jurob streichelt, das auf seiner Brust liegt und schläft. „Sonst darfst du uns gleich von dir und Louis berichten.“ Nun ist es an mir, rot zu werden, aber schließlich lache ich nur und Rose stimmt mit ein. Die restlichen Tage unserer Fahrt nach Kanto sind in relativer Ruhe vergangen und nun ist es nur noch eine Nacht, die wir an Bord verbringen müssen, bevor die M.S. Aqua im Hafen von Orania City anlegt. Ich stütze mein Kinn auf einer Hand ab und schaue aus dem runden Fenster hinaus in die Dunkelheit. Obwohl es kaum fünf Uhr ist, hat sich der Himmel bereits dunkelblau gefärbt und scheint mit dem Meer zu verschmelzen. Nur das elektrische Schimmern einiger Lanturn hebt sich gegen das schwarze Wasser ab. Obwohl ich nur nach Hause zurückkehre, bin ich aufgeregt. Nicht nur, weil ich Mamas Reaktion nicht abschätzen kann, sondern auch, weil ich das Gefühl eines festen Wohnsitzes über die letzten Monate vergessen habe. Das Haus am Meer, in dem ich fünfzehn Jahre gelebt habe, erscheint mir nun wie eine Zwischenstation. Ein Ort, an dem man für einige Nächte übernachtet und dann weiter reist. Ich weiß nicht, ob es schlecht ist, so zu fühlen, aber der Gedanke, wieder zu Hause einzuziehen, ist inzwischen unvorstellbar. Das Klopfen an der Tür reißt mich aus meinen Gedanken und ich mache Anstalten, mich zu erheben, aber da ist Rose schon aufgesprungen und zur Tür gelaufen, die sie jetzt öffnet. Im Türrahmen steht Cornelia, die sich an Rose vorbei drängt, dicht gefolgt von Claude, der ein gigantisches Tablett Tee und Kekse in seinen Händen umklammert und dankbar aufatmet, als Rose es ihm lächelnd abnimmt. Ich werfe Valentin einen vielsagenden Blick zu und obwohl er kritisch die Augenbrauen hebt, schmunzelt er. Flampion, das seit der Rückkehr zu seiner Trainerin noch anhänglicher geworden ist, quietscht fröhlich und patscht mit den kleinen Händchen auf seinen runden Bauch. „Ist ja gut, ist ja gut, Kleiner“, säuselt Cornelia und setzt sich kurzerhand auf den Stuhl, der vor kurzem noch Rose gehört hat. „Gleich kommt der Tee.“ „Dieses Zimmer ist eigentlich nicht für fünf Leute gemacht“, protestiert Rose leise, stellt das Tablett aber dennoch auf dem Tisch ab und setzt sich dann zusammen mit Claude vor den Schrank, wo die beiden schon bald in eine leise aber angeregte Unterhaltung verfallen. Ich beobachte sie aus den Augenwinkeln, während ich Cornelia und mir Tee einschenke und Valentin einen Keks zuwerfe, den dieser aus der Luft fängt. Ich hätte nie gedacht, dass Claude so viel am Stück reden kann, aber vielleicht ist Rose einfach die richtige Gesprächspartnerin. „Ich kann noch Sku rufen, dann wird es wirklich kuschlig“, rufe ich Rose zu. „Wehe dir“, lacht sie und fängt die Kekse auf, die ich ihr zugeworfen habe, bevor sie sich wieder Claude widmet. „Wenn ich gewusst hätte, was für eine chaotische Fahrt das wird, hätte ich mir ein späteres Ticket gekauft“, murrt Cornelia und tätschelt ihrem Pokémon den Kopf. „Aber nein, ich werde durch die halbe Weltgeschichte gescheucht, meines geliebten Partners beraubt und muss mich mit mittelmäßigem Tee zufrieden geben.“ „Wer scheucht dich denn?“, frage ich grinsend und beiße in meinen Keks. „Mein Enkel, dieser Rotzbengel“, murrt sie. „Da geht eine alte Dame wie ich alle zwanzig Jahre mal auf Reisen und dann wird man wie ein Sklave zurück nach Kanto bestellt. Nein, ich hätte mir das nicht bieten lassen sollen. Hm!“ „Du kommst also aus Kanto?“, frage ich interessiert. Obwohl ich so viel Zeit mit ihr verbracht habe, wird mir plötzlich klar, dass ich fast nichts über Cornelia weiß, außer dass sie ein Teepurist ist, an allem etwas auszusetzen hat und ihr Pokémon abgöttisch liebt. „Ja, natürlich.“ Sie winkt ab. „Ich lebe in Prismania City, aber meine Tochter hat es in dieses Dörfchen namens Alabastia verschlagen. Was sie dort so schön findet, weiß niemand, aber da lebt sie nun. Ein Enkel! Hm! Mehr hat sie nicht zu Stande gebracht, Himmel noch eins. Da verlässt man sich auf sein Kind und so dankt sie es mir.“ „Also hast du auch nur eine Tochter?“, hake ich nach. Sie kneift die Augen zusammen. „Was willst du damit sagen, Abby?“ Ich verstecke mein Grinsen hinter dem Rand meiner Teetasse und warte einige Momente, damit Cornelia sich wieder beruhigen kann, bevor ich fortfahre. „Warum hat dein Enkel dich so gehetzt?“ „Eine ganz kuriose Geschichte“, sagt sie und schüttelt den Kopf. „Er ist irgendeiner Art Club beigetreten und jetzt darf ich sie alle durchfüttern. Ich weiß wirklich nicht, warum ich mir das antue.“ Das sagt sie, aber um ihre Mundwinkel spielt so etwas wie ein Lächeln und ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr das Durchfüttern weniger ausmacht, als sie zugeben möchte. „Wie dringend musst du nach Prismania?“, schaltet Val sich vom Bett aus ein und wir drehen uns beide in seine Richtung. „Ich werde sofort dorthin reisen“, sagt Cornelia. „Mein Enkel wird mich abholen, dann spare ich mir den grausigen Fußmarsch durch die Kälte.“ „Warum fragst du?“, frage ich. Er setzt sich ächzend auf und schiebt Jurob zur Seite. „Ich bin noch unschlüssig, ob ich sofort nach Saffronia City gehen soll oder die Seesprintfähre auf die Eilande nehme, wenn ich schon mal in Orania bin. Ich dachte, ich kann vielleicht mit Cornelia reisen, aber wenn sie abgeholt wird, hat sich das erledigt.“ „Was hast du vor?“, frage ich Rose, die uns seit einiger Zeit gespannt zuhört. „Oh, ich werde Liz über Route 12 entgegen kommen“, sagt sie. „Sie holt mich dann irgendwo zwischen Route 13 und 14 ab, weil es dort von starken Trainern und Bikern nur so wimmelt. Ich werde aber auch zügig abreisen.“ „Dann heißt es wohl bald Abschied nehmen“, sage ich, ein wenig geknickt. Ich hatte gehofft, gemeinsam mit den beiden weiter zu reisen, aber natürlich hatte ich völlig vergessen, dass Rose in die entgegen gesetzte Richtung unterwegs ist. Ich bin wohl die einzige ohne festen Plan. „Und du?“, fragt Cornelia. „Wohin verschlägt es dich?“ „Erst mal nirgendwohin“, sage ich und lehne mich in meinem Stuhl zurück. „Ich werde wohl erst Mal ein bisschen zu Hause bleiben, aber danach habe ich noch keine festen Pläne.“ „Wenn du noch in Orania bist, wenn ich von den Eilanden zurückkomme, können wir ja zusammen nach Saffronia City gehen“, schlägt Valentin vor. Ich grinse. „Einverstanden.“   Später am Abend sitze ich an die Wand gelehnt in meinem Bett, fest in meine Decke eingewickelt und mit Gott und Sku zu beiden Seiten meiner Beine. Morgen ist es soweit. Obwohl es schon spät ist, liegt mir nichts ferner, als zu schlafen. Ob Agnes da sein wird? Sicher hat Mama alle zusammen getrommelt. Maya wird vermutlich nicht kommen, sie hat mit ihrer Ausbildung genug zu tun. Unter der Decke betaste ich mein Handy. Ich bin nicht sicher, wie lange ich warten soll, bevor ich Holly kontaktiere, aber jetzt ist es in jedem Fall noch zu früh. Soll sie erst frustriert werden. Sie wird noch früh genug von mir hören. Ich seufze und lasse meinen Kopf gegen die Wand sacken.   Am nächsten Morgen weckt mich das laute Klopfen an meiner Tür. Meine Augen öffnen sich schlagartig und mir wird zu meiner Schande bewusst, dass ich in meinen Klamotten und noch immer an die Wand gelehnt eingeschlafen sein muss. Sku brummt leise und öffnet ein rot unterlaufenes Auge, während Gott bereits mit gefletschten Zähnen vor der Tür steht und knurrt. „Abby, mach sofort auf“, schimpft Cornelia von draußen. Jetzt doch froh, noch angezogen zu sein, springe ich aus dem Bett, rufe Gott und Sku zurück und öffne die Tür. Cornelia steht in voller Montur und mit gepackten Koffern im Gang und schaut mich erwartungsvoll an. Flampion ist mit einem Gurt auf einen der Koffer geschnallt und scheint sein neues Gefährt sehr zu genießen. „Haben wir schon angelegt?“, frage ich argwöhnisch und schaue hinaus in den Gang, aber außer uns ist niemand wach und dunkel scheint es auch noch zu sein. „Natürlich nicht“, grummelt Cornelia und drückt mir den Nicht-Flampionkoffer in die Hand. „Hilf mir damit runter.“ „Was wollen wir denn schon unten?“, frage ich und fahre mir so gut es geht durch meinen aufgelösten Zopf, der wahrscheinlich in alle Richtungen steht. „Wir kommen schon noch früh genug an.“ „Darum geht es nicht, Mädchen“, sagt Cornelia genervt und steigt die Treppen vor mir hinunter. „Mein Enkel holt mich jetzt ab.“ „Jetzt?“, frage ich ungläubig. „Es ist noch stockduster!“ „Ganz recht. Er will kein Aufsehen erregen.“ „Kein Aufsehen erregen, schon klar…“, murmele ich, als ich den Koffer die Treppen hinunter hieve und Cornelia dann durch den leeren Speisesaal hinaus aufs Deck folge. „Kommt er auf einem Flugpokémon?“ „Natürlich“, sagt Cornelia unwirsch. „Wie sonst?“ Auf dem Schiffsdeck ist es eiskalt und windig. Cornelia beschwert sich unentwegt über dieses und jenes, aber über das Klappern meiner Zähne und den tosenden Seewind verstehe ich kaum ein Wort. Wenn ich mich anstrenge, kann ich schon Orania City am Horizont erkennen. Es sind vielleicht noch ein paar Stunden, bis wir anlegen, aber selbst aus dieser Entfernung sind die Lichter der Arena und des Pokécenters sichtbar. Ich versuche, mein Haus zu erkennen, aber dafür ist es dann doch zu dunkel. Plötzlich ertönt Cornelias aufgeregte Stimme. „Da ist er!“ Ich hebe den Kopf. Wäre da nicht das Feuer seines Schweifes, hätte ich das Glurak nicht erkannt, denn es ist so dunkel wie der Himmel. Meine Augen weiten sich und ich springe zurück, als Jayden samt seinem schwarzen Glurak auf dem Deck landet und schwungvoll vom Rücken des Feuerpokémons springt. „Hey, Oma“, begrüßt Jayden Cornelia und umarmt die sich sträubende Frau. „Hände weg!“, ruft sie und schlägt ihm auf den Kopf. Er grinst nur. „Lieb dich auch. Wen hast du diesmal als Sklaven angeschleppt?“ Er runzelt die Stirn, dann hellt sich sein Blick auf. „Abby? Was machst du denn hier?“ „Als Sklave angeschleppt trifft es ziemlich gut“, sage ich und komme mitsamt Koffer näher. „Wir haben uns auf dem Schiff kennen gelernt.“ „Tut mir leid für dich“, sagt Jayden und zwinkert Cornelia zu, die ihn wütend mustert. „Ich bin nur deinetwegen hier“, sagt sie schließlich. „Ein bisschen Dankbarkeit wird man da wohl noch erwarten dürfen. Hm!“ „Kriegst du noch früh genug. Gib mir die Koffer.“ Er nimmt Cornelia den Griff aus der Hand, fördert ein paar lange Gurte aus den Tiefen seiner Jackentaschen und beginnt dann, die Koffer unter Gluraks Bauch zu befestigen. Flampion wedelt begeistert mit den kurzen Ärmchen. „Soll ich dich irgendwohin mitnehmen?“, fragt er an mich gewandt. „Wenn du nicht zu weit weg musst, schafft Glurak auch drei Leute plus Gepäck. Wird nur etwas eng.“ „Nein, das ist schon in Ordnung“, sage ich schnell. „Ich muss vom Hafen aus nur fünfzig Meter gehen.“ „Na dann.“ Jayden hilft der protestierenden Cornelia auf Gluraks Rücken, das gelangweilt Rauchringe in die Nacht bläst, welche sofort vom Wind verweht werden und klackert mit seinen Krallen. Da fällt mir plötzlich die Unterhaltung von gestern ein. Bevor Jayden hinter Cornelia aufsitzen kann, rufe ich ihn zurück. „Was gibt’s?“, fragt er und lehnt sich an sein Pokémon, das uns mit seinen Flügeln vor dem schlimmsten Wind schützt. „Cornelia meinte, sie soll sich um deinen Club kümmern. Was für ein Club?“ „Club…“ Jayden schüttelt lachend den Kopf. „Eigentlich war es Chris´ Idee. Sie hat von diesem Typen mit dem Zapdos gehört und weil sie vor kurzem erst Ho-Oh gefangen hat, wollte sie ihn kennen lernen. Mich hat sie mitgeschleppt und weil ich derzeit eh´ nichts Besseres zu tun hab, haben wir ihn ausfindig gemacht.“ „Und?“, frage ich aufgeregt. „Ist es wahr, dass er Zapdos mit nur einem Ball gefangen hat?“ „Ja, so halb. Es war aber kein Pokéball, sondern ein Turboball. Jedenfalls…“ Er wischt sich ein paar orangeblonde Haarsträhnen aus dem Gesicht, „…haben wir ihn in Prismania City gefunden. Er ist cool. Verdammt stark. Und er hat weder mit Orden, noch mit sonstiger Hypescheiße was am Hut, also haben wir uns ein paar Mal getroffen und unterhalten.“ „Und jetzt seit ihr ein Club aus… was, ordenlosen Trainern?“, frage ich skeptisch. „Kein Club“, verbessert Jayden mich. „Ein Team. Chris meinte, du hättest das in Teak City sogar selbst vorgeschlagen. Durch dich ist sie überhaupt erst auf die Idee gekommen.“ „Ich habe das vorgeschlagen?“, frage ich und denke fieberhaft nach. Dann fällt es mir wieder ein. „Das war ein Witz!“, protestiere ich. „Ah, wirklich?“ Jayden grinst und zieht ein Bonbon aus seiner Lederjacke. „Ihr Fehler. Chris hat´s nicht so mit Humor.“ „Ihr habt also tatsächlich eine Anti-Orden-Kampagne gegründet?“, frage ich. Er zuckt mit den Schultern. „Mehr oder weniger. Wir nennen uns Team Shadow, aber außer uns drei ist noch keiner dazu gestoßen. Chris meint, Ronya könnte interessiert sein, also mal sehen. Im Grunde sind wir nur eine Gruppe Trainer, denen das Training wichtiger ist als die Belohnungen, die man dafür in den Arsch geschoben bekommt.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch, sage aber nichts. „Ihr solltet nach einem Gerard Laval Ausschau halten“, empfehle ich stattdessen. „Der könnte auch was für Team Shadow sein.“ „Wirklich? Cool.“ „Wie lange wollt ihr zwei mich noch hier oben erfrieren lassen!“, schnauzt Cornelia und Jayden zerbeißt sein Bonbon, bevor er Gluraks Seite tätschelt und sich dann hinter seiner Oma auf den aschgrauen Rücken schwingt. „Komm uns doch mal in Prismania City besuchen, dann erzähl ich dir mehr“, sagt er zum Abschied. „Du bist ja quasi Mitbegründerin. Ehrenmitglied oder so.“ „Wo finde ich euch?“, rufe ich zu ihm hoch. „Such uns in der Spielhalle, da holt dich dann jemand ab.“ Glurak speit eine Feuerwoge in die Luft, ungeduldig, endlich aufzubrechen, und erhebt sich schwerfällig in die Lüfte. Egal, was Jayden sagt, ich bezweifle, dass es uns drei mitsamt Gepäck hätte tragen können. „Eins noch!“, schreie ich ihm hinterher. „Wie heißt der Junge, der Zapdos gefangen hat?!“ „Hab ich das noch nicht gesagt?!“, ruft Jayden gegen den aufkommenden Wind zurück. „Dark! Er nennt sich Dark!“ Dann schießt Glurak in den grauenden Morgen davon und lässt mich perplex auf dem Deck zurück. 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