Abbygails Abenteuer von yazumi-chan (Road to Lavandia) ================================================================================ Kapitel 79: Gegenschlag (Der Trick mit dem Spiegel) --------------------------------------------------- Das Zischen von Dampf, das Rattern der Maschinen und das widerhallende Klonk Klonk unserer Schritte umhüllen uns, kaum dass wir durch die Tür in den Maschinenraum treten. Eine Stahltreppe führt zwei Wände entlang und mündet in einem Labyrinth aus Rohren, Schaltreglern, Kurbeln und anderen Gerätschaften, die ich in ihrem glänzenden grau, grün und blau kaum voneinander unterscheiden kann. Geduckt schleiche ich voran und langsam die Treppe hinunter. Noch kann ich keine Menschenseele entdecken, aber in dem Wirrwarr aus Maschinen und Zwischenräumen ist das nicht weiter verwunderlich. Jeder meiner Schritte klingt verräterisch laut, blendet aber in die allgemeine Geräuschkulisse und so bewege ich mich etwas forscher über die Stufen. Valentin ist dicht hinter mir, gefolgt von Stanz und schließlich Rose. Je weiter wir vordringen, umso lauter werden die Motoren, Turbinen und was sonst noch hier unten für die Fahrtüchtigkeit des Schiffs sorgt. Plötzlich bleibt Valentin neben mir stehen und versperrt mir mit einem Arm den Weg. Mit dem anderen deutet er in einen der einsehbaren Gänge inmitten der Maschinen. Dort, mit verbundenen Augen und an die Rohre gefesselt, sitzt Claude. Ich nicke Valentin zu, der mich daraufhin durchlässt und Seite an Seite steigen wir tiefer hinab. Als wir das Ende der Treppe erreichen, verstecken wir uns sofort hinter einem großen Metallkasten voller Hebel, Schalter und Tachos und warten darauf, dass auch Stanz und Rose ein Versteck finden. Dann schleichen wir in unseren Kleingruppen durch die Gänge, jederzeit bereit zum Kampf. Letztlich bin ich es, die uns verrät. Ich entdecke die Tasche voller Pokébälle erst, als ich schon halb darüber gefallen bin und entkomme nur dank Valentins rasch nach vorne schießender Hand einem Sturz. Aber das laute Klackern, Rollen und Aufschlagen der Pokébälle erregt die Aufmerksamkeit der beiden Wachen, die plötzlich vor uns stehen. Dann müssen Stanz und Rose sich jetzt um Claudes Befreiung kümmern, denke ich noch, bevor ich an den Finsterball an meinem Gürtel greife und Gott rufe, neben dem sich gleichzeitig Maschock materialisiert. Gotts Feuer schießt in die Höhe und erleuchtet den gesamten Gang, sowie den Feuerspucker und den zweiten Jongleur, die am anderen Ende stehen und bei der plötzlichen Helligkeit gequält die Augen zusammen kneifen. Dann schießen drei weitere rote Lichtstrahlen aus ihren Händen und die Pokémon der beiden erscheinen inmitten der verstreuten Pokébälle. Vulpix und Magby bauen sich vor dem Feuerspucker auf, während ein kleines Griffel sich mit dem Schwanz abstößt und auf und ab hüpft. „Funkenflug ihr beide!“, befiehlt der dickbäuchige Feuerspucker und als er keine Anweisung gibt, wen die beiden mit ihren Attacken angreifen sollen, schaut Magby sich verwirrt zu seinem Trainer um, während Vulpix auf Maschock zuspringt, um ihn anzugreifen. „Gott, wenn nötig ausweichen und Konter mit Ruckzuckhieb“, befehle ich und höre gerade noch, wie Valentin seinem Pokémon einen Fußkick befiehlt. Vulpix wird von Maschocks nach oben schnellenden Fuß in die Magengrube getroffen und ohne einen Laut ans andere Ende des Gangs geschleudert, wo es gegen ein Rohr prallt und besiegt liegen bleibt. Magby, das nach diesem Angriff Gott für das leichtere Ziel hält, speit eine Woge Feuerfunken in seine Richtung, rechnet aber nicht mit Gotts Wendigkeit, die ihn zwischen den glühenden Geschossen hindurch manövriert und in einem Ruckzuckhieb auf das perplexe Pokémon prallen lässt. Die Attacke besiegt Magby nicht auf der Stelle, aber Maschocks Karateschlag erledigt den Rest und innerhalb von wenigen Sekunden ist nur noch Griffel übrig, das mit geweiteten Augen auf seine beiden übermächtigen Gegner starrt. „Sternschauer!“, kreischt der Jongleur, aber obwohl Griffel eine sehr elegante Attacke ausführt, ist sie an Effizienz noch schlechter dran als die Showfeuerattacken seiner beiden Vorgänger und ein einzelner gezielter Fußtritt seitens Maschock gibt dem violetten Pokémon den Rest. In Schockstarre stehen uns die beiden Zirkusmitglieder gegenüber, dann geraten sie in Panik, stolpern zurück, fallen über die Pokébälle und stürzen zu Boden. Einen Moment lang genieße ich mit Genugtun, wie sie haltlos über die Pokébälle kriechen, dann greift der Feuerspucker plötzlich nach einem der Bälle und ruft das Pokémon, das ich darin befindet. Sein Partner tut es ihm gleich und plötzlich stehen Gott und Maschock ein düster dreinblickendes Schillok und ein Enekoro gegenüber. „Greif an!“, ruft der Jongleur panisch. „Los!“ Enekoro dreht den Kopf, mustert den ihm unbekannten Trainer abschätzig und setzt sich dann auf seine Hinterläufe, um seine Pfoten zu lecken. Schillok scheint eher der Typ für Kämpfe zu sein. Es fackelt nicht lange und attackiert Gott mit einem Nassschweif, dem dieser gerade noch rechtzeitig ausweichen kann, um nicht die volle Kraft des Schlages abzubekommen, doch auch so hechelt er und sein Rückenfeuer gibt zischende Laute von sich. „Rauchwolke und Einigler“, befehle ich, woraufhin Valentin Maschock einen Überwurf befiehlt. Schwarzer Rauch füllt in Sekundenschnelle unser Sichtfeld und ich kann Gotts Position nur an dem leichten Flackern in der Dunkelheit ausmachen, da höre ich schon das sprudelnde Geräusch von Schillok Nassschweif, dicht gefolgt von einem Kampfschrei und einem lauten, dumpfen Knall. Der Rauch lichtet sich und ich kann erkennen, dass Schillok sich vorsichtshalber gegen Maschocks nächsten Angriff mit einem Schutzschild gewappnet hat, was Valentin und ich sofort ausnutzen, um unseren Pokémon einen kurze Pause zu gewähren. „Energiefokus“, befiehlt Valentin. Gott bleibt automatisch bei seinem Einigler. Kaum, dass Schillok seinen Schutzschild aufgeben muss, rast Maschock gemeinsam mit Gott auf das Pokémon zu, das sich nicht gleichzeitig gegen den Ruckzuckhieb und den Karateschlag wehren kann und schlitternd zurück gedrückt wird, auf den Pokébällen ausrutscht und bei dieser Gelegenheit vier weitere Pokémon befreit, die sich verwirrt umblicken. Zeit, abzuhauen. Ich packe Valentins Hand, drehe auf der Stelle um und renne den Weg zurück, den wir gekommen sind. Außer einem angriffslustigen Shuppet folgt uns von den Pokémon glücklicherweise keines und nachdem Gott den ersten Spukball abbekommt, macht er kehrt und lässt eine regelrechte Kaskade aus Flammenrädern auf seinen Gegner los, der schnell seine Lektion lernt und von uns ablässt. Gott schießt an mir vorbei und führt uns in Richtung der anderen, wobei er immer wieder über seine Schulter schaut, damit wir ihm auf jeden Fall folgen. Wir finden Rose und Stanz einige Gänge weiter, wo sie verzweifelt versuchen, Claudes Handschellen zu lösen, doch die sind aus Stahl und die Schlüssel höchstwahrscheinlich noch bei den beiden Wachen. Auch hier liegt eine große Tasche voller gestohlener Pokébälle, aber ich bezweifle, dass wir durch Zufall darin fündig werden. „Wir kriegen sie nicht auf!“, ruft Rose verzweifelt. Claude, dem die beiden inzwischen zumindest die Augenbinde abgenommen haben, steht unter Schock, sein Blick huscht paranoid durch die Gegend und er windet sich, wenn Rose versucht, ihn zu berühren. „Lass mich mal“, sagt Val und schiebt Rose zur Seite. Er betastet die Handschellen, dann winkt er sein Pokémon zu sich. Einen Moment lang schauen die beiden sich abschätzend an, dann seufzt Val und macht Maschock Platz. „Dann zeig mal, was du im Dojo gelernt hast“, sagt er und zwingt sich zu einem Lächeln. Ein Strahlen bildet sich auf dem Gesicht des Kampfpokémons, es strafft die Schultern, dehnt seine Arme und greift dann mit beiden Händen in die Kette, die um das Rohr geschlungen ist und die beiden Handschellen verbindet. „Das ist nicht dein Ernst“, sage ich und schaue Maschock dabei zu, wie es sich bereit macht, die Stahlkette auseinander zu reißen. „Warte ab.“ Val nickt seinem Pokémon zu, das tief Luft holt und dann in entgegen gesetzte Richtungen zieht. Zunächst geschieht nichts. Dann, ganz langsam, wird ein metallisches Knirschen laut, die Kettenglieder biegen sich auf, brechen und Claude fällt vornüber, als ihn nichts mehr aufrecht hält. „Unterschätze niemals die Stärke eines Kampfpokémons“, sagt Val ein wenig selbstgefällig. Stanz klopft dem Maschock auf die Schulter, dann bückt er sich und hebt Claude hoch, den er ohne große Mühe in seinen Armen hält. „Wo sind die Zirkusleute?“ Gute Frage. Gott setzt sich auf seine Hinterbeine, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, dann deutet er mit dem Kopf Richtung Ausgang. Der Feuerspucker ist bereits halb die Treppe hinauf gerannt, während der Jongleur mit etwas Abstand hinter ihm her hinkt. „Sie wollen entkommen!“, fluche ich und sprinte Gott hinterher, der davon schießt, um die beiden Trainer einzuholen. Ein rotes Licht explodiert an meiner Seite und Stanz´ Quaputzi überholt mich mit federnden Schritten. „Schneide ihnen den Weg mit Flammenrad ab!“, rufe ich Gott zu, der auf das nächstbeste Rohr springt, sein Maul öffnet und einen gewaltigen Feuerring in die Luft spuckt, der vor dem Eingang in die Wand einschlägt und den Feuerspucker zurückschrecken lässt. „Hypnose!“, befiehlt Stanz, dicht gefolgt von Valentins Befehl für einen Fußkick. Maschock holt Anlauf, springt vorwärts und rammt dem Jongleur seinen Fuß ins Kreuz, der schreit und dann bewusstlos auf den untersten Treppenstufen zusammenbricht. Quaputzi stößt einschläfernde Schallwellen aus, die sich nach oben hin zwar verflüchtigen, den Feuerspucker aber dennoch treffen und wenn nicht bewusstlos zumindest erschöpft zu Boden sinken lassen. „Alles sicher!“, rufe ich den anderen zu und komme neben dem Jongleur zum Stehen. Stanz setzt Claude auf dem Boden ab und läuft zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppen hinauf, von wo er den Feuerspucker nach unten zerrt. Ich suche inzwischen den Schlüssel für Claudes Handschellen, werde nach einigem Herumtasten fündig und gehe vorsichtig zu Claude. „Ich nehme dir jetzt die Handschellen ab“, sage ich und als ich sicher bin, dass er versteht, öffne ich die Schlösser an den Stahlringen, um seine Hände zu befreien. „Was jetzt?“, fragt Stanz, als er wieder bei uns angekommen ist und den Feuerspucker neben dem noch bewusstlosen Jongleur fallen lässt. „Haben wir irgendetwas, womit wir die beiden fesseln können?“ Ich schüttele den Kopf. „Kannst du sie nacheinander nach oben bringen?“, frage ich. „Dort, wo der erste Jongleur ist." „Sag das, bevor ich ihn runter extra runter schleppe“, lacht Stanz. „Wenn ihr den anderen so lange in Schach halten könnt, geht das klar.“ „Das schaffen wir schon, keine Sorge“, sage ich grinsend und Gott knurrt zustimmend, bevor er von dem Rohr herab springt und sich vor mir einrollt, die Augen starr auf unsere beiden Gefangenen gerichtet. Stanz nickt und hievt mit Quaputzis Hilfe den Feuerspucker in die Höhe, bevor die beiden sich auf den Weg nach oben machen. „Valentin, sammelst du die Pokébälle ein und bringst sie her?“, frage ich ihn und er macht sich wortlos mit Maschock im Schlepptau auf den Weg zur Stelle unseres ersten Kampfes. Rose streckt sich und mustert den Jongleur und Claude. „Das lief besser als erwartet“, gesteht sie dann. „Jetzt müssen wir nur noch- Hmmm!“ Erschrocken drehe ich mich zu ihr um und entdecke, zu meinem Entsetzen, dass wir nicht mehr alleine sind. Der Psycho hat sie von hinten gepackt, einen Arm um ihren Hals geschlungen, die Hand auf ihren Mund gepresst. An seinem Bein hangelt sein Abra. „Teleport“, murmele ich automatisch und ein gespenstisches Grinsen bildet sich auf seinem Gesicht. „Wenn du nicht willst, dass ich deiner Freundin den Hals umdrehe, dann schrei nicht um Hilfe, beweg dich nicht und tu, was ich sage. Verstanden?“ Ohne eine große Wahl nicke ich. „Wo ist der andere?“, flüstert er und ich nicke wahllos in irgendeine Richtung. Er seufzt, dann schnalzt er mit der Zunge und Nebulaks Augen schweben mit einem Mal neben seinem Kopf. Gott faucht leise, wagt aber nicht, mein Versprechen zu brechen, auch wenn sein Rückenfeuer wütend aufflammt. Schweigend warten wir. Ich bin nicht sicher, ob der Psycho weiß, dass Stanz jeden Moment zurück kommen könnte oder ob er darauf spekuliert, uns alle gleichzeitig zu hypnotisieren. Seine Augen huschen immer wieder zum Ausgang des Maschinenraums und zu dem Gang, in dem er Valentin vermutet, während meine Augen stur auf Rose geheftet sind. Ihr einer Arm wird von dem Psycho fest gegen ihren Körper geklemmt, aber der andere ist beweglich. In der Hand hält sie den Kugelschreiber umklammert. Valentins Schritte kommen näher und hallen im Maschinenraum wieder. „Abby? Ich habe alle.“ „Okay!“, rufe ich ihm zu und Rose nutzt den Moment, um das klickende Ende des Kugelschreibers unbemerkt zu drücken. Der Psycho wartet geduldig, bis Valentin um die Ecke kommt, dann verstärkt er seinen Griff um Rose. „Nebulak, hypnotisier sie!“ Ich kneife automatisch meine Augen zu, dann höre ich das Klackern der zu Boden fallenden Pokébälle, als Valentin von der Hypnose getroffen wird und die Taschen los lässt und den Schrei des Psychos, gefolgt von hastigen Schritten. Ich öffne die Augen und nehme das Bild vor mir in Sekundenschnelle auf. Valentin steht inmitten eines Berges aus Pokébällen, mit glasigen Augen und kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren, Maschock hält ihn aufrecht und der Psycho hält sich fluchend seine blutende Hand. Mein Blick huscht zu Rose, die ihren Kugelschreiber wie eine Waffe in ihren Händen hält und mir zunickt. „Gott, wir beenden das jetzt!“, rufe ich und er faucht zustimmend. Dann bäumt er sich auf und speit eine Woge Flammenräder auf Nebulak und den Psycho. Noch bevor das Feuer sie treffen kann, sind sie jedoch verschwunden. Panisch schaue ich mich um, da spüre ich ein Ziehen an meinem Gürtel und packe nach was auch immer dort ist, aber da teleportiert der Psycho sich schon wieder mit etwas Abstand vor uns. „Sag adieu“, sagt er und im nächsten Moment wird ein protestierender Gott in den gestohlenen Finsterball zurückgezogen. „Ist das alles, was ihr draufhabt?“, frage ich wütend. „Pokémon stehlen?“ „Mehr muss ich nicht können“, sagt der Psycho und lächelt mich an. Dann schnalzt er mit der Zunge, das Zeichen, das ich inzwischen mit einer bevorstehenden Hypnose in Verbindung gebracht habe. Nebulaks Augen leuchten auf und ich schaue schnell weg, um den Effekt heraus zu zögern. Dann fällt mein Blick auf die Pokébälle. Könnte es sein, dass… „Hypnose!“, ruft der Psycho und ich antworte mit einem Schrei, der mich schon in vielen Situationen gerettet hat. „Hunter!“ Aus den Tiefen des Ballhaufens schießt ein roter Lichtblitz in die Höhe, gefolgt von Hunter, der sich krächzend und mit den Flügeln flatternd über uns materialisiert. Noch während ich spüre, wie die Hypnose mich erreichen will, kommt mir plötzlich Maschock zu Hilfe, das sich wie ein Schutzschild vor mich wirft und die Attacke abfängt. Es sackt schlafend vor meinen Füßen zusammen und ich tue das einzige, was mir in dieser Situation noch übrig bleibt. „Spiegeltrick!“, befehle ich und schaue wie in Zeitlupe dabei zu, wie Hunters Augen sich weiten, er Nebulaks Hypnoseattacke kopiert und sich dann mit ausgebreiteten Flügeln vor mir zu Boden sinken lässt. Seine Hypnose trifft das Nebulak unerwartet und von seiner eigenen Attacke eingeschläfert sinkt es matt zu Boden. Abra schimmert und ich spüre mehr als dass ich sehe, dass der Psycho sich aus dem Maschinenraum teleportieren will. „Verfolgung“, befehle ich und Hunter schießt den beiden entgegen, trifft mit seiner Unlichtattacke das Abra und reißt es vom Bein des Psychos, der schreit und nach hinten fällt. Nur wenige Sekunden sind vergangen und der Kampf ist vorbei. „Hypnose“, sage ich und Hunter lässt das besiegte Abra vor dem Psycho zu Boden fallen, bevor er die durch Spiegeltrick erlernte Attacke ein zweites Mal verwendet, dieses Mal auf den Trainer. Rose fällt mir um den Hals und drückt mich so fest sie kann, dann lässt sich mich los und sinkt auf die Knie, erschöpft, aber auch erleichtert. Mir geht es nicht anders und die Anspannung, die ich seit Beginn unserer Mission gespürt habe, fällt von mir ab. Genau in dem Moment öffnet sich über uns die Tür und Stanz schaut über das Geländer zu uns hinunter. „Das habe ich nicht mit Warten gemeint“, sagt er lachend und im nächsten Moment stimmen Rose und ich ein.   Nachdem Stanz den Jongleur hochhebt und ebenfalls wegbringt, wecken Rose und ich Valentin und Maschock und machen uns dann daran, die Pokébälle einzusammeln. Bevor Stanz den Psycho wegbringt, rufe ich sein Abra und das Nebulak zurück und nehme beide Bälle an mich. Wären es normal trainierte Pokémon, müsste ich diese Maßnahme nicht ergreifen, aber ein Abra, mit dem er sich durch Wände teleportieren kann und ein Nebulak, das nicht nur einschläfert, sondern auch manipuliert, sind zu gefährlich, um sie bei ihm zu lassen. Gotts Finsterball sammele ich ebenfalls ein, danach nimmt jeder von uns eine Tasche und gemeinsam tragen wir die Pokébälle in Roses Zimmer, das wir als unsere Basis auserkoren haben. Danach kehren wir alle in unsere eigenen Zimmer zurück. Ich setze mich auf mein Bett und betrachte die beiden Pokébälle. Den linken, der das Abra enthält, stecke ich zurück in meine Hosentasche. Den anderen öffne ich. Das Nebulak materialisiert sich schlafend vor mir. Zur Sicherheit rufe ich außerdem Gott, der bei dem Anblick des Geistpokémons faucht, sich aber gehorsam auf meinem Schoß einrollt. Gemeinsam warten wir, bis das Pokémon schläfrig ein Auge öffnet, dann beide aufreißt und ans andere Ende des Zimmers schießt, bevor es unsichtbar wird. „Nebulak?“, frage ich vorsichtig. „Es ist alles gut. Ich will dir nichts tun.“ Die Augen des Pokémon tauchen neben dem Bullauge auf und ich lächele es an. Schließlich taucht es ganz auf und sinkt niedergeschlagen auf den Tisch herab. „Es tut mir leid, dass ich dich mitgenommen habe“, sage ich und streiche beruhigend über Gotts Pfoten, damit er nicht auf das verängstigte Pokémon losgeht. „Aber dein Trainer hat schlimme Dinge getan und die Polizei wird ihn morgen festnehmen. Du wolltest ihn nur unterstützen, aber ich kann dich vorerst nicht zu ihm lassen.“ Nebulak seufzt leise und senkt den Blick. „Du kannst mir aber mit etwas helfen“, sage ich. „Wenn du das tust, dann verspreche ich, dass dein Trainer bei der Polizei leichter davon kommen wird. Was sagst du?“ Nebulak zögert. Dann verschwindet es und taucht direkt vor mir wieder auf. Seine Augen leuchten. „Gut“, sage ich grinsend und rufe Gott zurück. „Es geht um folgendes…“   Einige Minuten später klopfe ich an Ritas Zimmertür. Nebulak schwebt direkt neben mir, als die Tür sich öffnet und in dem Moment, da Rita überrascht von mir zu dem Pokémon schaut, wirkt es seine Hypnose. „Möchten sie uns nicht rein lassen?“, frage ich unschuldig. „Natürlich. Kommt rein.“ Rita schüttelt verwirrt den Kopf, tritt aber zur Seite und ich folge ihr in das Zimmer, in dem drei meiner Pokémon ausgetauscht wurden. „Warum setzen wir uns nicht?“, frage ich. Rita lässt sich auf den Stuhl hinter sich sinken. „Absolut.“ Ich setze mich zu ihr an den Tisch, falte meine Hände unter meinem Kinn und beobachte Ritas Gesichtszüge ganz genau. Ihr Blick ist mehr auf das Nebulak gerichtet, als auf mich, aber das ist in Ordnung. „Sie wollten mir von ihrem Motiv für die Pokémon-Diebstähle berichten“, sage ich. Rita legt den Kopf schief. „Wollte ich das?“ „Oh ja. Sie wollten es mir unbedingt sagen.“ „Ja, das wollte ich wohl…“ Rita kneift die Augen zusammen, dann nickt sie. „Meine Gruppe verdient ihr Geld mit Pokémon-Diebstählen. Wir haben verschiedene Auftraggeber, die uns bezahlen.“ „Wen?“ „Schwarzmarkthändler, hauptsächlich. Spielhallenbesitzer. Team Rocket.“ „Team Rocket?“, frage ich interessiert. „Das waren auch dieses Mal die Auftraggeber, nicht wahr?“ „Ja… ja, das waren sie.“ Ihr Blick fokussiert sich für einen kurzen Moment auf mich, dann huscht er wieder zu dem Nebulak zurück. „Ein Mann namens Lambda.“ „Wer aus der Zirkusgruppe weiß von ihm?“ „Nur ich. Ich gebe ihnen das Geld und sie stellen keine Fragen.“ „Wie lassen sie ihm all die Pokémon zukommen?“, frage ich und gebe mein Bestes, meine steigende Aufregung zu verbergen. „Es gibt einen Treffpunkt, an dem der Austausch stattfindet.“ „Wird er persönlich dort sein?“ „Ich weiß es nicht.“ Rita runzelt die Stirn. „Aber es ist nicht unüblich, einen Abgesandten zu schicken.“ „Wann? Wo?“ Ich rutsche auf dem Stuhl nach vorne. „In Kanto. In der Unterführung zwischen Saffronia City und Prismania City, nahe des Eingangs auf Route 8… in der Nacht zum 1. März, um drei Uhr morgens.“ „Wissen die anderen davon?“, frage ich. Sie schüttelt den Kopf. Ein Plan, gewagt und wahrscheinlich sehr dumm, macht sich in meinen Gedanken breit. Ich drücke die Unsicherheit bei Seite und schaue Rita fest in die Augen. „Dieses Gespräch hat nie stattgefunden“, sage ich eindringlich. „Morgen werden sie in ihrem Zimmer bleiben, bis die Polizei sie abholt. Wenn man sie befragt, erinnern sie sich an alle Details ihres Auftrags, außer die Übergabeinformationen. Sie wissen nicht, wann oder wo sie Lambda treffen, aber sie wissen, dass sie ihn treffen. Wenn die Polizei sie festnimmt, werden sie sich nicht wehren. Wenn sich einer ihrer Gruppe wehrt, werden sie ihnen sagen, dass es das Beste ist, mit der Polizei zu kooperieren.“ Ich stehe auf und verlasse rückwärts den Raum. Ritas Augen folgen mir unaufhörlich und im letzten Moment, bevor ich die Tür zwischen uns schließe, pausiere ich einen Moment länger. „Dieses Gespräch“, wiederhole ich, „hat nie stattgefunden.“ Sie nickt. Dann stoppt Nebulak seine Hypnose, ich ziehe die Tür zu und verschwinde in meinem Zimmer. Mein Herz klopft mir bis zum Hals. Ich kann nicht glauben, dass ich meine Idee tatsächlich umsetzen werde, aber tief in mir weiß ich, dass ich es tun werde. Richard ist wegen mir immer noch unter Verdacht. Es ist an mir, ihn da raus zu holen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)