Abbygails Abenteuer von yazumi-chan (Road to Lavandia) ================================================================================ Kapitel 61: Klippensprünge (Donnerritt und Abschied) ---------------------------------------------------- "SKU!" Ohne nachzudenken sprinte ich auf die Klippe zu, an Gabe und Kevin vorbei und werfe mich mit einem gewaltigen Satz ins Meer. Einen Moment lang ist das Gefühl des Fallens allgegenwärtig. Mein Magen macht einen Salto, dann lande ich mit den Füßen voran im eiskalten Meerwasser. Ich tauche sofort tiefer, meine Augen trotz des brennenden Salzwassers weit aufgerissen. Wenn ich sie nicht mehr finde, wenn sie für immer weg ist… Ich kämpfe gegen die Wellen und den Strom an, der mich hin und her schleudert und tauche tiefer in das undurchdringliche Schwarz. Ich kann nur wenige Meter weit sehen. Verzweifelt reiße ich meinen Kopf herum. Da! Ein weißes Blitzen. Ich atme ein wenig durch meine Nase aus und schwimme durch die Luftblasen hindurch, tiefer, tiefer, bis ich den Ball sehe. Meine Lungen protestieren bereits und ich habe ein drückendes Gefühl auf meinen Ohren, aber ich lasse mich nicht abschrecken und greife nach dem Ball. Er ist glitschig in meiner Hand, aber ich umklammere ihn mit all meiner Kraft, stoße mich von einem kleinen Felsen ab und schieße in die Höhe. Als ich der Oberfläche ganz Nahe bin, werde ich von einer weiteren Welle erfasst und gegen die Klippe gepresst. Das letzte bisschen Luft entweicht meinen Lungen und ich strampele verzweifelt mit meinen Füßen. Vergeblich. Von den Wellen hin und hergerissen komme ich nicht von der Stelle. Und ohne Luft in meinen Lungen sinke ich stetig hinunter. Ich starre mit schmerzenden Augen an die Oberfläche, die so nah und doch so fern ist. Ich strecke eine Hand in die Höhe, während ich tiefer und tiefer sinke. Es wäre so leicht. Einfach aufhören. Nicht weiterkämpfen. Nein. Wenn ich ertrinke, wird Sku nie wieder an die Oberfläche kommen. Ich muss wenigstens sie in Sicherheit bringen. Mit letzter Kraft stoße ich mich von der Felswand ab und schieße in die Höhe. Nur lange genug um einzuatmen, nur für eine kurzen Moment… Die Wellen reißen mich mit, aber dieses Mal lasse ich mich treiben, immer weiter mit den Füßen strampelnd, bis jede Faser meines Körpers brennt und mein Sichtfeld langsam schwarz wird. Ich breche durch die Oberfläche und atme verzweifelt Wasser und Luft gleichzeitig ein. Prustend und hustend schlage ich mit den Armen, um über Wasser zu bleiben. Über mir höre ich Schreie und das Geräusch eines Pokémonkampfes. Ich will gerade um Hilfe rufen, da drückt eine weitere Welle mich erneut unter Wasser, aber meine Lungen sind frisch gefüllt und ich bin bereit für das nächste Gefecht. Mit langen Zügen, wie beim Training am Strand, kämpfe ich mich in die Höhe, bis mein Kopf wieder kalte Nachtluft spürt. "HUNTER!", schreie ich, so laut ich kann und hoffe, dass er mich hört. Er ist der einzige meines Teams, der seinen Pokéball ohne meine direkte Hilfe verlassen kann, eine Fähigkeit, die mir schon oft das Leben gerettet hat. Einmal mehr wäre nicht zu verachten. Ich weiß nicht, ob es geklappt hat, ich atme noch einmal hektisch ein, dann rollt schon die nächste Welle auf mich zu und schlägt Gischt spritzend über mir zusammen. Mein Kopf schlägt gegen einen Felsen und ich spüre, wie mir mein Bewusstsein entrinnt, aber ich konzentriere mich voll und ganz auf Skus Pokéball, den ich weiterhin umklammere. Unter Wasser verliere ich jegliches Zeitgefühl, jegliche Orientierung. Dann plötzlich, kalte Luft. Ich atme panisch ein und höre im nächsten Moment Hunters Krächzen über mir, bevor er herab schießt. Das Wasser zieht mich wieder herab und ich atme einige Schlucke Wasser ein, dann packen Hunters Klauen meinen linken Oberarm und er zieht mit mich kräftigen Flügelschlägen aus dem Wasser. Ich huste und zittere im Wind, während Hunter mich höher zieht und auf dem Klippenvorsprung fallen lässt. Skus Pokéball immer noch mit steif gefrorenen Fingern umklammernd, rolle ich mich zur Seite und würge Salzwasser. Jemand ist neben mir und schlägt mir mehrmals kräftig auf den Rücken. Mehr Salzwasser steigt in meinen Mund auf, das ich ausspucke, bevor ich mich zur Seite sacken lasse. Ich bleibe elend und um Luft ringend liegen. Meine Augen brennen fürchterlich. "Abby, oh verdammt, Abby!" Ich spucke eine weitere Ladung Salzwasser auf, bevor ich den Blick hebe. Neben mir sitzt George und schlägt in regelmäßigen Abständen auf meinen Rücken. Hinter ihm stehen Louis und Toby. Als sie sehen, dass ich bei Bewusstsein bin, fallen sie neben mir auf die Knie und betasten meine Handgelenke, meinen Oberarm, der höllisch brennt, und mein Gesicht. Toby versucht, mir den Pokéball aus der Hand zu nehmen, aber ich lasse nicht los. "Abby, was ist in dich gefahren?" Toby setzt zu einer weiteren Zurechtweisung an, aber Louis wirft ihm einen bösen Blick zu. Ich huste ein letztes Mal, dann lasse ich müde den Kopf zur Seite sacken. George bringt mich mit ein paar Handgriffen in eine seitliche Lage und prüft, ob ich genug Luft bekomme. Meine Kehle und meine Augen brennen und mir ist übel, aber der schwarze Schleier ist verschwunden und ich lasse mich von Louis und Toby leise beruhigen, während ich die Situation vor dem Leuchtturm in Augenschein nehme. Mein Geschrei hat fast die gesamte Trainerschaft aufgeschreckt, die nun fassungslos am Turmeingang und weiter auf dem Hügel steht und sich hektisch unterhält. Gabe und Kevin sitzen von diversen Ranken gefesselt Rücken an Rücken auf dem Boden, umkreist von einem guten Dutzend Pflanzenpokémon. Gabes Blick ist stur auf den Boden gerichtet. Schließlich jedoch hebt er den Kopf und unsere Augen treffen sich für einen Moment. Ein schamvoller Ausdruck schleicht sich in sein Gesicht und er schaut zur Seite. "Du kannst den Ball jetzt loslassen", sagt Louis leise und streicht über meine Finger. Ich schaue zu meiner Hand. Meine Finger sind blutig, rot und zittern, aber mein Griff um Skus Pokéball ist ungebrochen. Ich drücke den kleinen Knopf in der Mitte und Sku materialisiert sich neben mir. Als sie mich sieht, gibt sie ein wehklagendes Brummen von sich und wirft sich in meine Arme. Tränen strömen über meine Wangen, als ich sie fest drücke und mit nassen Händen durch ihr Fell streiche. "Ich hab dich", flüstere ich und sie antwortet mit tiefem Schnurren. "Ich hab dich."   Der restliche Morgen geht wie ein Traum an mir vorbei. Louis, Julian und Corinna begleiten mich ins Pokécenter, wo Schwester Joy zur Erleichterung aller feststellt, dass es mir den Umständen entsprechend gut geht. Meine Atemwege sind trocken und schmerzen und meine Augen sind feuerrot, aber ich war glücklicher Weise nicht lange genug im Wasser, um eine ernsthafte Unterkühlung davon zu tragen und Sauerstoffmangel scheint auch nicht eingetreten zu sein. Im Pokécenter erzählt Louis mir, dass Toby und George sofort Jasmin kontaktiert haben, die, wie mir später mit allen Details von den Anwesenden berichtet wird, vor Wut Anstalten gemacht hat, Gabe und Kevin ins Meer zu werfen. Sehr zum Leidwesen aller Beteiligten blieb es aber bei der Androhung. Mit so vielen Zeugen kann Jasmin den Fall ein zweites Mal vor die Indigo Liga bringen und zusammen mit Ruths Einfluss, den sie vor ihrer Abreise mit der M.S. Love am Sonntag geltend gemacht hat, wird den beiden am Montag ihre Protrainerlizenz fristlos aberkannt. Louis und Toby zwingen mich, meine Samstagsschicht in Ivys Bar zu entschuldigen und Louis springt für mich ein, aber meine letzte Schicht am Sonntag bringe ich selbst hinter mich und gehe mit 13.500 PD für diese Woche hinaus.   "Damit beläuft sich mein derzeitiges Vermögen auf… etwa 37.000 PD", sage ich und stecke die Geldscheine wieder in meine Geldbörse. "Wenn ich das Ticket abziehe, bleiben noch 22.000 PD, die ich für den Sattel anzahlen kann." "Du musst etwas von dem Geld behalten", rät Louis mir. "Für Essen, Unterkunft, und so weiter. Und wolltest du dir nicht noch einen Bikini oder Badeanzug kaufen? Du hast dich gestern erst darüber aufgeregt." Ich verziehe das Gesicht. Er hat Recht. "In Ordnung. Also 15.000 PD." Fast augenblicklich lasse ich den Kopf hängen. "Als ich gearbeitet habe, kam mir das wie viel mehr Geld vor", jammere ich und Louis klopft mir auf den Rücken. "Du wirst schon was Neues finden." "Nicht hier", murre ich und setze mich auf eine Bank. Louis und ich sind wie geplant auf dem Weg zu Erhard, bei dem ich meine Anzahlung machen möchte, aber wir trödeln und sind noch immer nicht angekommen, obwohl wir vor über einer Stunde losgegangen sind. "Auf der anderen Seite ist die Behausung hier umsonst. Das spart mir die Unterkunftkosten." "Warum bleibst du nicht einfach hier?", fragt Louis und setzt sich neben mich. "Die anderen bleiben auch und haben sich auf mindestens zwei Monate Training eingestellt, bevor sie Jasmin schlagen können." "Ich bin schon fast drei Wochen hier", sage ich und schaue über die Stadt hinaus aufs Meer. "Es wird Zeit, dass ich weiterziehe." "Hätte ich mir denken können", stöhnt Louis und gähnt dann herzhaft. "Und wohin? Die M.S. Aqua hat noch nicht wieder angelegt, die wirst du so schnell nicht nehmen können." "Anemonia City, denke ich." "Anemonia City…" Er schaut nachdenklich in die Luft. Dann schleicht sich das breite Zahnlückengrinsen auf sein Gesicht. "Weißt du was? Ich komme mit." "Was?" Ich schaue ihn überrascht an. "Ich dachte, du bleibst zum Trainieren hier." "Das war mein Plan", gesteht er. "Aber wenn ich so darüber nachdenke… In Anemonia City gibt es auch eine Arena, oder?" Ich nicke. "Sie wird von Hartwig geleitet. Sein Sohn soll sie später übernehmen." "Siehst du." Louis grinst. "Viel stärker als Jasmin kann er nicht sein. Außerdem gibt es dort jede Menge Wiesen und Höhlen, in denen ich mir neue Pokémon für mein Team fangen kann. Ganz zu schweigen von der Safari-Zone. Wenn du ´eh nicht mehr lange in Johto bist, kann ich die restliche Zeit wenigstens mit dir verbringen." "Ein Fangtrip also", sage ich und stehe auf. "Das klingt sehr vernünftig." Nachdem wir unsere Reise nach Anemonia City geplant haben, geht es endlich zu Erhard, der mich freundlich begrüßt. "Ist dein Pokémon schon entwickelt?", fragt er und stützt sich auf die Theke. "Noch nicht, aber in ein paar Wochen reise ich ab", sage ich. "Bis dahin wird er entwickelt sein und ich habe gerade etwas Geld für die Anzahlung." Erhard nickt. "Der Preis für den Sattel wird sich auf 45.000 PD belaufen. Dann fehlen zwar einige Schnörkeleien, aber ich dachte mir, dass du die wahrscheinlich nicht brauchst." "Super, vielen Dank!" Ich gebe Erhard 15.000 PD als Anzahlung und verspreche, den Sattel abzuholen, sobald Jayjay entwickelt ist, dann handeln wir die Raten für die Nachzahlungen aus und gemeinsam mit Louis verabschiede ich mich aus dem Lederwarengeschäft. "Auf zum Hafen", sage ich. Der Rückweg geht schneller. Jetzt, wo das erste Problem aus dem Weg geräumt ist, schlendern wir mit federnden Schritten die sich windenden Straßen Oliviana Citys hinab, bis das Meer zwischen den Häusern in Sicht kommt. Das Bootshaus ist zu dieser Tageszeit voller als bei meinem ersten Besuch. Wir stellen uns am Schalter hinter einer alten Dame und zwei jungen Männern an und warten leise redend, bis wir an die Reihe kommen. Als die Ticketverkäuferin mein Gesicht erkennt, runzelt sie misstrauisch die Stirn. "Möchtest du ein Ticket kaufen?", fragt sie gehässig, offenbar in der Annahme, ich wolle wieder um einen Job betteln. "Ganz genau", verkünde ich und lege die restlichen 15.000 PD vor mich auf die Theke. Ihre Augen weiten sich überrascht. "Ich würde gerne ein Ticket für die M.S. Aqua nach Orania City kaufen. Die nächste Fahrt, wenn möglich." Sie rückt ihre Brille zu Recht und schaut auf einen Kalender, der an der Wand hängt. "Der nächste Termin wäre der 29. Dezember", sagt sie dann. "Sie legt am 26. Dezember hier an. Sobald alles nachgeladen ist, können die neuen Passagiere sich auf dem Schiff einfinden. Du solltest spätestens zum 28. hier sein." "In Ordnung." Sie nimmt das Geld, stellt mir ein Ticket aus und reicht es mir über den Tresen. "Viel Spaß auf der Reise", sagt sie noch, bevor ich mich umdrehe und mit Louis aus dem Haus verschwinde. Unsere Mägen knurren und so sitzen wir eine halbe Stunde später im billigsten Lokal der Stadt und füllen unsere Bäuche mit Teigtaschen und dampfgegarten Gemüse. "Was machen wir jetzt?", fragt Louis und reibt sich den Bauch. Ich grinse breit. "Trainieren."   Jayjay entwickelt sich am Donnerstag, den 27. November. Zehn Tage intensives Training haben ihn ordentlich gepusht und als ich auf Hunters Rücken meine Runden drehe, beginnt er plötzlich zu leuchten. "Runter, schnell", befehle ich Hunter, der in die Tiefe schießt. Inzwischen bin ich seine waghalsigen Sturzflüge gewohnt und springe ab, kaum dass er Boden unter den Füßen hat. Louis erschrickt fast zu Tode, als wir nur einen Meter von ihm entfernt eine halbe Bruchlandung hinlegen. "Ist es soweit?", fragt er und dreht sich hektisch nach Jayjay um. Ich packe seine Hand und ziehe ihn zum Ort des Geschehens. Jayjay wiehert nervös und scharrt mit den Hufen. Das silbrig weiße Licht, das von seinem Körper ausgeht, hüllt ihn nach und nach ein, bis er so gleißend hell ist, dass ich nur mit halb geschlossenen Augen hinschauen kann. Nach etwa einer Minute verblasst das Licht und ich blinzele, um die Farbpunkte aus meinem Sichtfeld zu vertreiben. Zebritz´ weiße Streifen sind gezackter und dichter auf seinem schwarzen Fell angesiedelt und eine weiße, elektrisch knisternde Mähne bahnt sich ihren Weg über seinen Hals, die Mitte seines Rückens und verschmilzt schließlich mit dem Schweif, der aufgeregt von links nach rechts peitscht. Auf seiner Stirn verdichtet sich seine Mähne zu zwei weißen, blitzartigen Hörnern, die anscheinend durch ihren eigenen Magnetismus aufrecht gehalten werden. Ich mache einen Schritt nach vorne und strecke vorsichtig eine Hand nach Jayjays Schnauze auf. Er ist eindeutig groß genug, um geritten zu werden. Hunter flattert freudig krächzend auf ihn zu und Jayjay hebt den Kopf. Als er seinen besten Freund entdeckt, bäumt er sich auf, wirbelt auf den Hinterläufen herum und galoppiert dann davon, mit Hunter dicht auf den Fersen. Ich lächle glücklich und Louis reibt sich die Nase. "Da haben sich wirklich zwei gefunden." Nachdem Jayjay und Hunter ihr Wettrennen beendet haben, mache ich mich mit Louis auf zu Erhard. Die Woche ist um und er hat mir angeboten, den Sattel selbst anzupassen, damit ich ihn nicht mit mir herum schleppen muss. Solange er aus Jayjays Rücken liegt, verschwindet er zusammen mit ihm im Pokéball. Während Erhard letzte Änderung an der Gurtung und Polsterung vornimmt, schaut Jayjay wieder und wieder kritisch über seine Schulter. Der Sattel ist ihm noch nicht ganz geheuer, obwohl ich beruhigend auf ihn einrede. Als Erhard zufrieden ist, umrunde ich Zebritz und betrachte das Werk von allen Seiten. Der Sattel ist aus Leder und mit isolierendem Material gepolstert, das mich vor elektrischen Schlägen schützt. Er ist relativ dünn und ziemlich leicht, damit Jayjay auch darin kämpfen kann. Zwei Gurte befestigen ihn, einer um den Bauch, der andere führt vor Jayjay Brust entlang. Ein runder Griff an der Spitze des Sattel und zwei Schlaufen dienen als Ersatz für Zaumzeug und nicht-metallische Steigbügel geben meinen Füßen Halt. "Die solltest du ebenfalls tragen", rät Erhard mir und gibt mir ein paar Lederhandschuhe mit isolierter Innenseite. "Sein Fell ist ein bisschen statisch, aber wenn du die weiße Mähne auf seinem Rücken berührst, ist Schluss mit lustig. Die kann dir einen sehr gefährlichen Schlag verpassen." Ich schlucke. "Wenn du sie nicht hast, reite ohne deine Hände zu benutzen. Das Lenken solltest du ohnehin mit deinen Beinen machen." "Ich werd´s versuchen", sage ich. Dann ziehe ich die Handschuhe an, die meine Hände bis zur Mitte meines Unterarms bedecken und hieve mich mit Hilfe der Steigbügel in Jayjays Sattel. Er wiehert glücklich und dreht den Kopf in meine Richtung. Hunter fliegt kreischend über unseren Köpfen. Wir stehen vor dem Lederwarengeschäft und als ich die Sattelgriffe packe, schnaubt Jayjay fröhlich. Louis gibt mir zwei Daumen hoch. "Du siehst super aus", ruft er noch, bevor Jayjay mir einen schelmischen Blick über seine Schulter zuwirft und losgaloppiert. Die ersten Kurven nimmt er scharf, aber seine Geschwindigkeit ist nichts gegen die ebene Strecke hinter der Stadt, bevor die Steilhänge beginnen. Seine Hufe schlagen Funken und als er seine Höchstgeschwindigkeit erreicht, meine ich sogar, Donnergrollen zu hören. Das rucklige Auf und Ab seines Rückens schüttelt mich ziemlich durch und ich presse meine Beine eng um seinen Bauch, was wohl nicht die richtige Art ist, ein Pokémon zu reiten, aber Jayjay ist das egal. Er macht ohnehin, was er will. Kurz, bevor Jayjay seitlich einlenken muss, um der steil verlaufenden Route 39 zu entgehen, holt Hunter auf und fliegt direkt neben uns weiter. Jayjay wiehert freudig und Hunter erwidert die Zuneigung mit einem enthusiastischen Krächzen. Dann rennen wir schon durch die Wiese, auf der die Taurosherden manchmal grasen.  Zu diesem Zeitpunkt tränen meine Augen von dem Gegenwind, meine Beine zittern von der verkrampften Haltung und ich klammere mich mit Todesangst an Jayjay fest. Schließlich aber ist auch die Wiese zu Ende und obwohl Jayjay es versucht, schafft er die scharfe Kurve vor der aufragenden Felswand nicht und muss schlitternd zum Stillstand kommen. Erdbrocken und Grasbüchel spritzen in die Höhe, als er zu seiner Vollbremsung ansetzt und das Donnergrollen, das den gesamten Ritt über in meinen Ohren widergehallt ist, verstummt und hinterlässt nur ein taubes Echo. Hunter landet begeistert auf einem vorstehenden Felsen und flattert mehrmals mit den Flügeln. Ich entspanne meine Beine etwas und lasse sie locker an Jayjays Bauch herab hängen. Meine Finger brauchen etwas mehr Überzeugung, bevor sie ihren verkrampften Griff lösen, aber schließlich sitze ich halbwegs normal auf Jayjays Rücken. Ich lehne mich nach vorne und tätschele seinen gestreiften Hals. Jayjay dreht den Kopf zu mir, einen zutiefst zufriedenen Ausdruck im Gesicht. "Das war ziemlich cool", gestehe ich. "Aber lass uns das mit dem Ich bin der Trainer und ich sage, wo es lang geht nochmal üben, ja?" Jayjay schnaubt belustigt und Hunter stimmt krächzend ein. Ich seufze. Dann wohl nicht.   Einen Tag später stehen Louis und ich mit fertig gepackten Rucksäcken, Schlafsäcken und genug Proviant für die Reise über das Meer am Strand und verabschieden uns von den Qs, die uns dorthin begleitet haben. "Fang dir ein paar coole Pokémon", sagt Julian grinsend und schüttelt Louis´ Hand. Toby umarmt mich zum Abschied. "Wehe, du ertrinkst", sagt er und ich schüttele matt den Kopf. Das Erlebnis brauche ich nun wirklich nicht zwei Mal. Nachdem jeder seine Abschiedsratschläge losgeworden ist, rufen Louis und ich die Reisepokémon unserer Wahl. Louis klettert über Ethans Rückenauswüchsen an seinem Körper in die Höhe und macht es sich zusammen mit dem gesamten Gepäck auf seinem Nacken gemütlich. Ich steige in der Zwischenzeit auf Hunters Rücken. Die gerade aufgehende Sonne im Rücken winke ich den Qs und Oliviana City Lebewohl, dann schwingt Hunter sich in die Lüfte und lässt alles unter uns zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)