Abbygails Abenteuer von yazumi-chan (Road to Lavandia) ================================================================================ Kapitel 53: Der Weg ist das Ziel (Meine Zahnbürste ist größer) -------------------------------------------------------------- "Hallo, Zenobia." "Abby? Hast du mir Äpfel mitgebracht?", fragt das Medium interessiert. Ich schüttele den Kopf. "Leider nicht." "Waaaas?" Louis seufzt und zieht seinen Pokéball. "Wenn du Alte genauso schwach ist, wie ihre Vorgänger, dann hab ich sie in zwei Minuten erledigt." "Oh, aber ich bin die stärkste von ihnen", sagt Zenobia, gekränkt. "Wenn du mich besiegst, gebe ich gewöhnlich einen Hinweis auf das Team unseres Arenaleiters, aber jetzt möchte ich dir nicht mehr helfen." "Fein", murmelt Louis genervt. "Los, Harley." Ultrigaria materialisiert sich, das Spiegelbild im Glasboden folgt ihrem Tanz. Zenobia lächelt. "Kämpf, mein Äpfelchen." Ein Frosdedje erscheint vor ihr in der Luft und Raureif bildet sich auf allem in zwei Metern Umkreis. "Eissturm", befiehlt sie. "Giftpuder!" Ultrigaria beschleunigt ihre Drehungen, bis violette Sporen aus ihrem Körper regnen, doch Frosdedjes eisiger Atem bläst ihre Attacke davon und gefriert Harley in wenigen Sekunden. Louis beißt sich auf die Lippen und ruft stattdessen Ethan, der die Kampffläche zu einem großen Teil ausfüllt und Frosdedje anbrüllt. Sie huscht zur Seite und legt den Kopf schief. "Doppelteam, dann Konfusstrahl und Unheilböen, Äpfelchen", befiehlt Zenobia lächelnd. "Ethan, attackier sie mit deinem Biss, los!" Ich reibe meine Oberarme, während ich den Kampfverlauf beobachte. Frosdedjes Form verschwimmt, bis sie sich zu teilen scheint und schließlich ist Ethan umringt von acht Doppelgängern, die langsam um ihn herum schweben. Garados schnappt nach den Scheinbildern, trifft aber nicht das Richtige und wird im nächsten Moment von dem Konfusstrahl getroffen. Verwirrt schüttelt es den Kopf, ringt sich aber zu einem normalen Angriff durch, der wie der vorherige daneben geht. "Komm schon, Ethan…", murmelt Louis und ballt die Fäuste. "Du bist stärker, du musst sie nur treffen!" "Du solltest Äpfelchen nicht unterschätzen", lacht Zenobia. In genau dem Moment breitet eines der Abbilder seine Arme aus und eine dunkle Woge aus Eis, Wind und Nebel schießt auf Ethan zu, der schreit und den Kopf hin und her wirft. Sein nächster Biss zerreißt zwei der Doppelgänger. "Ethan, lass dich nicht verwirren, das Frosdedje rechts von dir ist das Echte, greif sie an!" "Nochmal Unheilböen, Äpfelchen." Ethan schüttelt die Verwirrung ab, reißt den Kopf herum und brüllt in Frosdedjes Richtung, die zusammenzuckt. Er schießt vor und seine Kiefer schließen sich mit einem lauten Knacken um Frosdedjes Körper. Seine Zähne und sein Maul gefrieren und dem gegnerischen Pokémon gelingt es, seine Attacke durchzuführen, auch wenn sie durch die Position geschwächt ist. Ein Knurren entweicht Ethans gefrorener Kehle und er reißt den Kopf hin und her, um Frosdedje weiter durch seinen Biss zu schwächen, schließlich erträgt er die Kälte jedoch nicht  mehr und muss Frosdedje loslassen, das sich sofort zwischen ihren verbliebenen Doppelgängern versteckt. "Du hast sie fast, Ethan, noch einmal Biss!" "Unheilböen." Die beiden schießen erneut aufeinander zu, doch dieses Mal packt Ethan Frosdedje mit seinen Kiefern und beißt so fest zu, dass sich ihre Doppelgänger in Luft auflösen und Frosdedje besiegt in seinem gigantischen Maul hängt. Zenobia ruft ihr Pokémon zurück. "Du hast gewonnen, herzlichen Glückwunsch. Wenn du mir einen Apfel mitbringst, gebe ich dir einen Tipp." "Ich brauche keinen Tipp", murmelt Louis und ruft Ethan zurück. "Pokécenter?", fragt er an mich gewandt. Ich nicke. "Vielleicht solltest du dir den Tipp anhören", sage ich, als wir von dem Pokécenter zurückkommen und an dem Obstmarktstand vorbei kommen. "Wenn du ihr einen roten Apfel mitbringst, wird sie dir sicher helfen." "Ich kann Jens alleine besiegen", sagt Louis. "Ich brauche keine Hilfe." Ich bleibe stehen. "Selbstvertrauen ist gut, Louis, aber Überheblichkeit bringt dich nicht weiter." Er seufzt. "Tut mir leid. Ich will einfach ohne Hilfe gewinnen, das ist alles." "Wie du meinst." Wir gehen zurück zur Arena, unsere Handys in den Händen und machen uns auf den düsteren Weg ins Innere der Arena. Die Vortrainerinnen sind verschwunden, aber als wir die letzte Kampfplattform erreichen, entdecke ich Zenobia, die am Ende auf uns wartet. "Habt ihr einen Apfel dabei?", fragt sie. "Nein." "Waaaaas?" Sie lacht und verschwindet in der Dunkelheit. Wir überqueren das gläserne Kampffeld und kommen schließlich am anderen Ende an. Wo Zenobia verschwunden ist, entdecken wir gläserne Treppenstufen ohne Geländer, die sich spiralförmig in die Tiefe schrauben. "Die wollen uns echt umbringen…", murmelt Louis und macht sich an den Abstieg. "Ich hätte fast Lust, runter zu springen, nur um zu sehen, wie sie mich retten." "Wenn sie dich retten", verbessert Louis. "Denk dran, was die eine Alte gesagt hat: Finde dein Heil im Tod. Würde mich nicht wundern, wenn sie das ernst meint. Das hier ist immerhin eine Geisterarena." "Ich glaube, das wäre inzwischen aufgefallen", lache ich. Louis bleibt stehen. "Was ist?" Als er sich umdreht, hält er sein leuchtendes Handy unter sein Gesicht und schaut mich mit weit aufgerissenen Augen und furchteinflößender Grimasse an. "Was, wenn die Trainer sterben und nur ihre Geister die Arena verlassen? Muhahah- autsch!" Ich schlage vorsichtshalber nochmal auf seinen Kopf. "Weiter geht´s, Wahnsinniger. Wenn du so weiter machst, können wir dich als Vortrainer anmelden." Das Ende der Treppen kommt schneller als erwartet. Vor uns erstreckt sich ein riesiges Kampffeld aus schwarzem, rauem Stein, der den Boden und die Wände bedeckt und mich sehr an den Stil der Turmruine erinnert. Nach und nach erwachen blaue Fackeln an den Wänden zum Leben und hüllen den Kampfplatz in ein gespenstisches Licht. Am Ende der Fläche steht Jens auf einem kleinen Podium, das mit herunter gebrannten, schwarzen und weißen Kerzen und alten Schriftrollen bedeckt ist. Zu beiden Seiten des Podiums knien die vier Frauen, klimpern mit ihren Gebetskettchen und singen ein tiefes, düsteres Mantra, das an den Wänden widerhallt und seine eigene Melodie entwickelt. Jens hebt den Kopf und tritt von dem Podium herab auf den Platz. "Willkommen in Teak City", sagt er und zieht sein Stirnband fest. "Dies ist die Stadt der legendären Pokémon. Vor vielen Jahren hatte ich eine Vision von einem starkem Trainer, der eines der legendären Pokémon fangen würde. Ich glaubte, dieser Trainer zu sein, doch viel Zeit ist seitdem vergangen und ich habe gelernt, meine Fähigkeiten nicht zu überschätzen. Ich werde dich dieselbe Erkenntnis lehren. Tritt vor und zeige mir, ob du würdig bist." "Wünsch mir Glück", murmelt Louis, dann steigt er auf die leicht erhöhte Kampffläche und zieht seinen Pokéball, genauso wie Jens. Rotes Licht erhellt die Arena und im nächsten Moment stehen sich Winry und ein fies grinsendes Nebulak gegenüber. "Ein Normaltyp, interessant", sagt Jens und steckt die Hände in die Hosentaschen. "Nebulak, beginn mit Horrorblick." "Gesichte Winry, los, dann starte mit Ruckzuckhieb." "Kontere mit Tiefschlag." Die beiden Pokémon starren einander an, dann schießt Winry auf Nebulak zu, wird jedoch von einer nebligen Faust in den Bauch getroffen und nach hinten geschleudert. Sie rappelt sich auf und attackiert Nebulak erneut, das wild kichert und sich in der Luft dreht und auf und ab fliegt. Winrys Ruckzuckhieb trifft es und es wird in die Höhe katapultiert, fängt sich aber schnell wieder. "Nochmal Ruckzuckhieb, Winry." "Hypnose, Nebulak." Winry trifft Nebulak ein weiteres Mal, das allerdings rechtzeitig nach oben schießt und von der Attacke nur gestreift wird. Dann umschwirrt er Winry und schaut ihr in die Augen, bis Winry schläfrig wird und zur Seite kippt. Nebulak keckert. "Gute Arbeit, beende es mit Fluch." "Wach auf, Winry, komm schon!" Aber Winry wacht nicht auf. Nebulak schwebt zu ihr herab, greift in ihren Burstkorb und beginnt, zu zittern. Dann sinkt es besiegt zu Boden und lässt eine verfluchte und schlafende Winry zurück, die durch die Attacke stark geschwächt wird. "Jetzt du, Zobiris. Zeig ihr deinen Mogelhieb." Zobiris materialisiert sich augenblicklich vor Winry und schlägt blitzschnell mit seinen Händen beidseitig gegen ihren Kopf. Winry stöhnt im Schlaf und öffnet verwirrt ein Auge. Dann packt sie der Fluch und sie fällt besiegt in sich zusammen. Louis beißt sich auf die Lippen und ruft Winry zurück. Dann greift er nach dem nächsten Pokéball. "Harley, los." Harley materialisiert sich auf dem Kampfplatz und kreiselt vor und zurück. Zobiris legt den Kopf schief. "Schlafpuder, dann Säure." "Kontere mit Scanner und Schattenstoß" erwidert Jens gelassen. Ultrigaria pumpt eine Ladung grüner Pollen aus ihrem Mund, die an Zobiris´ Scanner abprallt, den dieser um sich herum aufgebaut hat. Der Säureattacke kann es jedoch nicht ausweichen und wird mit voller Wucht getroffen, bevor es einen Schatten in Richtung Ultrigaria schießt, der Harley zurück weichen lässt. "Nicht Säure, Louis", zische ich. "Das ist nur halb so effektiv." "Mist, du hast Recht." Louis zieht die Stirn kraus. "Harley, Rankenhieb, gib alles, was du hast." Eine Weile attackieren sich die beiden Pokémon gegenseitig mit ihren Offensivattacken, Harleys Rankenhieb gegen Zobiris´ Schattenstoß, aber kurz bevor eines der beiden besiegt werden kann, ruft Jens sein Zobiris zurück. "Was hat er denn jetzt vor?", fragt Louis leise. Er schwitzt, obwohl es ziemlich kalt hier unten ist. Der Kampf verlangt ihm einiges ab. "Los Gengar!", ruft Jens. "Finsterfaust!" "Mann ey…", zischt Louis. "Harley, ausweichen, dann Rankenhieb." Gengar taucht auf dem Kampfplatz auf und schlägt in die Luft. Eine Faust aus sich windenden Schatten schießt auf Harley zu und trifft sie mit voller Wucht. Ihre halb ausgefahrenen Ranken fallen lasch zu Boden. Louis ruft sie zerknirscht zurück und Gengar führt ein schadenfrohes Tänzchen auf. Jens grinst zufrieden.  "Los, Ethan! Es hängt an dir!" Garados´ gewaltiger Körper materialisiert sich in einem roten Lichtermeer vor Gengar, das schluckt, dann seine Fassung wieder gewinnt und Ethan die lange Zunge herausstreckt und Grimassen zieht. "Biss!" "Tiefschlag, dann Hypnose." Gengar schießt nach vorne und trifft Ethan mit voller Wucht mit seinem Tiefschlag, dann springt es nach hinten und hopst zufrieden auf und ab. Garados schnappt nach Gengar und vergräbt seine gewaltigen Zähne in dem violetten Schattenkörper, aber Gengar macht sich frei und kontert mit seiner Hypnose, die Ethan aus dieser Nähe erwischt. Eingeschläfert sackt Ethan zu Boden. "Zurück Gengar. Zobiris, Mogelhieb." Gengar verschwindet wieder in seinem Pokéball und Zobiris materialisiert sich wie zuvor direkt vor Garados und attackiert es mit seinen kleinen Händen. Ethan zuckt zusammen, schläft aber weiter. "Wach auf, verdammt!" "Gut, jetzt du, Traunfugil. Zeig ihnen deine Bürde!" Ein kleines Traunfugil erscheint an Stelle von Zobiris und umschwirrt den schlafenden Ethan, bevor es eine düster aussehende Wolke über seinem Kopf freisetzt, die wächst und wächst und Garados schließlich mit gewaltiger Kraft zu Boden drückt. Ethan bebt und zuckt einige Sekunden, dann sackt sein Kopf zur Seite. Der Kampf ist vorbei. "Nein…", murmelt Louis und sinkt auf die Knie. "Das kann nicht sein." Ich reibe seine Schulter und ziehe ihn hoch. "Du kannst dich später revanchieren", sage ich leise. Louis nickt. Er wirkt wie benommen. "Ethan?", sage ich und deute auf sein besiegtes Garados. Louis nickt abwesend und ruft sein Pokémon zurück. Er war so sicher, dass er gewinne würde, das sehe ich jetzt. Und Jens hat mit ihm den Boden gewischt. Jens kommt zu uns, sein Traunfugil schwebt schüchtern über seiner Schulter. "Selbstvertrauen ist eine Tugend, die wir erlernen müssen", sagt er und nimmt Louis bei den Schultern. "Aber sehr oft wandelt sie sich nach den ersten Siegen in Selbstüberschätzung um. Ich habe denselben Fehler gemacht. Es brauchte Gold und einige andere Trainer, um mir zu zeigen, dass wir nie aufhören dürfen, an uns zu arbeiten. Sieh deine Niederlage als einen Schritt in die richtige Richtung." Louis schaut betreten zu Boden. "Ich habe Bianca mühelos geschlagen, deswegen dachte ich, es würde von jetzt an so weiter gehen. Ich hätte mehr trainieren sollen." Jens nickt. "Ein Freund von mir ist kein großer Fan von Orden", sagt er dann. "Für ihn ist nur wichtig, stärker zu werden. Er will jeden Tag besser sein als am Tag zuvor. Training ist für ihn kein Mittel zum Zweck, es ist der Zweck selbst. Der Weg ist das Ziel, du kennst sicher das Sprichwort." "Also weiter trainieren?", fragt Louis. "Immer weiter trainieren, bis ich stärker bin?" "Wir dürfen nie aufhören, an uns zu arbeiten. Und unter uns: ein bisschen Kombinatorik in deinen Attacken würde auch nicht schaden." Louis läuft rot an.   "Oh Mann. Ich fühle mich wie ein Vollidiot", sagt Louis verbittert, als wir die Arena verlassen und Timothy, dem wir begegnet sind, Glück für seinen Kampf gewünscht haben. "Ich dachte, ich kann die Arena abhaken und mich sofort wieder auf den Weg machen. Wie dumm ich war!" "Du warst nicht dumm", sage ich. "Du hattest viel um die Ohren und hast dein Training dabei ein wenig aus den Augen verloren, das ist alles." "Vielleicht hast du Recht." Er seufzt. "Timothy wird bestimmt gewinnen und dann reist ihr ohne mich weiter." "Ich reise nicht ohne dich", protestiere ich. "Ich habe dich erst gestern wieder getroffen!" "Abby. Seit wann bist du in dem Pokécenter eingecheckt?" "Seit… ein paar Tagen." "Dann bist du fast pleite oder?" Ich werde rot. "Und wenn schon. Ich kann mir Arbeit suchen." "Das hättest du längst getan, wenn es welche gäbe, oder?" Volltreffer. Nach Team RES-Qs Auflösung habe ich alle Läden in Teak City abgeklappert, aber niemand hat eine Aushilfe gebraucht und auch wenn Schwester Joy mich gut leiden kann, lief der Monat sehr schlecht und sie konnte sich keine Vergünstigung leisten. Nur dank Chris´ Vorzahlung meines Essens bin ich überhaupt in der Lage gewesen, solange eingecheckt zu bleiben, aber Louis hat natürlich Recht. Ein oder zwei Nächte hält mein Budget noch aus, danach heißt es Tschüss warmes Bett und Hallo kalt-nasser Schlafsack. "Fein, du hast mich erwischt", sage ich, während wir das Pokécenter betreten. Die Tische sind gefüllter als noch heute morgen und ich entdecke eine Gruppe ehemaliger Qs, die zwei Tische zusammen gerückt haben und Folienkartoffeln mit Quark essen. Als sie mich sehen, winken sie. "Wer sind die?", fragt Louis leise, als wir in ihre Richtung gehen. "Mitglieder von unserem Team", sage ich. Dann lauter, "Hey, Leute. Ihr seid noch hier?" "Einige hier haben den oh so großen Jens noch nicht bezwungen", sagt Julian und grinst breit. Dann stößt er einen Schmerzlaut aus, als Corinna ihm gegen sein Schienbein tritt. "Du bist so unsensibel!" "Jaja… Zicke. Hey, Chef. Wer ist dieser überaus gut aussehende Typ, den du da bei dir hast?" Die anderen lachen los und Edward klopft Julian auf den Rücken. Ich strecke ihnen die Zunge raus und setze mich  mit Louis dazu. "Das ist Louis, ein Freund von mir", sage ich. "Louis, das sind ehemalige Qs: Der mit dem großen Mundwerk ist Julian, seine bessere Hälfte sitzt gegenüber und heißt Corinna, die anderen sind Edward, Annette, Paul und Carlotta." Ich deute nacheinander auf die sechs und schon bald sitzen wir alle tratschend, lachend und Kartoffeln schlemmend am Tisch. "Wo ist Toby?", frage ich, nachdem wir alle gesättigt sind. "Zuletzt hab ich ihn auf den Wiesen gesehen", sagt Edward. "Er wird Timothy anfeuern, nehme ich an." "Habt ihr alle den Orden noch nicht?", frage ich überrascht. "Ich dachte, alle Protrainer hätten Jens sofort herausgefordert." "Nicht alle", sagt Julian und grinst breit. "Manche von uns haben den oh so- Corinna, wenn du mich noch einmal trittst, dann gnade dir meine Faust!" Corinna hebt unschuldig die Hände und zwinkert mir zu. "Alles Komplizen hier", murmelt Julian beleidigt und schlürft an seinem Saft. "Was er damit sagen will, ist, dass ich und Edward unseren Orden noch nicht haben", sagt Annette und schaut peinlich berührt auf ihre Hände. "Wir wollten die Woche noch trainieren, aber haben irgendwie nicht genug Zeit gefunden und gestern gegen Jens verloren." "Ihr wart zu beschäftigt mit anderen Sachen", sagt Paul lachend. "Edward hat an Geschenken für Carlotta gebastelt und Annette musste unbedingt ihre Garderobe auffrischen." "Seid nicht so", sagt Corinna. "Das ist kein Rennen. Jeder sollte sich so viel Zeit nehmen, wie er braucht." "Ich habe auch verloren", sagt Louis und grinst sein Zahnlückengrinsen. "Es klappt eben nicht immer." "Wann wollt ihr weiter ziehen?", frage ich. "Wir wollten eigentlich gemeinsam nach Oliviana City gehen", sagt Julian. "Aber da…" Er schaut misstrauisch zu Corinna, die ihn unschuldig ansieht. "…da einige von uns leider nicht gegen Jens gewonnen haben wegen… Gründen, wollen wir uns jetzt aufteilen und dann in Oliviana City treffen." Louis schaut triumphierend in meine Richtung. Ich ignoriere ihn. "Und wie wollt ihr euch aufteilen?", frage ich. "Carlotta, Annette und ich bleiben hier, um zu trainieren und Jens erneut herauszufordern", erklärt Edward. "Julian, Corinna und Paul ziehen morgen weiter. Toby und Timothy werden entweder zu der einen oder der anderen Gruppe dazu stoßen." "Warum Carlotta?", frage ich. "Sie hat den Orden doch." "Ich kann meinen Freund nicht alleine lassen, nachdem er mir all diese Geschenke gemacht hat", sagt Carlotta und küsst ihn kurz auf den Mundwinkel. "Die waren ziemlich süß." "Oh, seid ihr jetzt zusammen?", frage ich aufgeregt. "Herzlichen Glückwunsch!" Edwards Ohren laufen rot an und Louis´ Gesichtsausdruck verfinstert sich für einen kurzen Moment, dann fängt er sich aber. "Siehst du Abby, das ist doch die perfekte Lösung", sagt er. "Ich bleibe mit den drei hier und trainiere und wenn wir Jens besiegt haben, holen wir euch in Oliviana City ein. Ihr werdet ja wohl eine Weile dort sein, oder?" "Eine Weile ist gut", sagt Julian mürrisch. "Jasmin gilt als die stählerne Wand. Niemand kommt so leicht an ihr vorbei. Wenn es einen Wendepunkt in der Arenaleiterstärke gibt, dann bei ihr. Ich habe von Trainern gehört, die mehrere Monate an ihr zu knabbern hatten, bevor sie gesiegt haben." "Das habe ich auch gehört", sagt Corinna. "Früher soll sie schüchtern und unsicher gewesen sein, aber die Jahre als Arenaleiter haben ihr Erfahrung und Selbstvertrauen gegeben und inzwischen ist sie eine der gefürchtetsten Arenaleiterinnen von Johto, nur übertrumpft von Sandra." "Und sie soll launisch sein", sagt Paul. "Wenn sie schlecht drauf ist, nimmt sie eins ihrer ausgemusterten Pokémon und kämpft mit ihm, obwohl die nicht mehr von der Liga für ihre Arena zugelassen sind. Und das Schlimmste ist: Meistens merkt niemand den Unterschied, weil sie ohnehin so stark ist. Dreimal ist sie zu Unrecht angezeigt worden und jetzt ignoriert die Liga die meisten Beschwerden." "Na, dann viel Spaß", sage ich grinsend. "Zum Glück muss ich mich nicht damit rumschlagen." "Warum bist du eigentlich kein Protrainer?", fragt Julian. "Stark genug bist du doch, oder?" "Ich will keiner vorgeschriebenen Route folgen", sage ich. "Außerdem will ich Reporterin oder irgendwas mit Medien werden." "Radiofutzi?", fragt Julian breit grinsend und reißt seine Beine auseinander, sodass Corinnas Tritt daneben geht. "Hah, damit hast du nicht ge-AUUU!" "Volltreffer", sagt Corinna und schlägt in Annettes dargebotene Hand ein. "Beine zu, Dummkopf, das ist gefährlich." Julians Kopf liegt auf dem Tisch, seine Augen sind geschlossen und er stöhnt und flucht sehr geräusch- und fantasievoll. In dem Moment öffnen sich die Türen des Pokécenters und wir drehen uns alle, mit Ausnahme von Julian, gespannt um. Ein breit grinsender Timothy steht im Eingang, begleitet von einem strahlenden Toby, der ihn hinein schiebt. "Gewonnen!", ruft Timothy und hebt den Phantomorden in die Höhe. Unser gesamter Tisch bricht in Jubelschreie aus und springt auf, um Timothy zu gratulieren, der nie zu Team RES-Q gehört hat und trotzdem automatisch in die Gruppe aufgenommen wird. Die beiden werden an den Tisch geschoben und mit Kartoffeln ausgestattet. Danach beginnt der Kampfbericht, der von den anderen mit anerkennendem Nicken, Stöhnen oder nachträglichen Ratschlägen kommentiert wird. Louis, dem seine Niederlage noch frisch im Gedächtnis ist, sieht zunächst ziemlich blass aus, nimmt sich aber schließlich ein Beispiel an Edward und Annette, die aufmerksam zuhören und die Tipps und Strategien für später behalten. Ein entspannter Nachmittag geht in einem genauso entspannten Abend über und schon bald sitzen wir in Julians und Pauls Zimmer, die das größte Doppelzimmer unserer Gruppe abbekommen haben, spielen Flaschendrehen, Wahrheit oder Pflicht und reden bis tief in die Nacht.   Am nächsten Morgen stehen Toby, Timothy, Corinna, Julian, Paul und ich mit gepackten Rucksäcken am westlichen Ausgang Teak Citys vor dem Durchgangshäuschen und verabschieden uns mit Umarmungen und Handschlägen von den Zurückbleibenden: Louis, Carlotta, Annette und Edward. "Wann kommt ihr nach?", frage ich zum dritten Mal an diesem Morgen. Louis umarmt mich und tätschelt dann meinen Kopf. "Sobald wir alle unseren Orden haben. In zwei bis drei Wochen, vermutlich." "Habt ihr alles?", fragt Julian über die allgemeine Unruhe. "Ja, Mama", sagt Toby grinsend und klopft ihm auf den Bauch. "Hast du deine Ei-äh, ich meine, deine Zahnbürste dabei?", verbessert er sich, als er Corinnas strafenden Blick sieht. "Das glaubst du aber, dass ich meine Zahnbürste dabei habe", sagt Julian frech grinsend. "Und sie ist größer als deine, darauf kannst du Gift nehmen- Au! Corinna, wenn du noch einmal-" "Na dann, auf geht´s!", übertönt Paul die beiden. Die ehemaligen Qs recken die Fäuste in die Höhe und marschieren los. Bevor ich das Häuschen betreten, schaue ich mich ein letztes Mal nach Louis um. Er ist schon auf dem Rückweg und unterhält sich lachend mit Annette. Ein kurzes Stechen in meiner Brust, aber dann ist es vorbei und ich kann lächeln. "Abby, sind dir Wurzeln gewachsen?", ruft Julian und ich drehe mich um und laufe zu den anderen. Es ist Sonntag, der 26. Oktober. Viel ist passiert. Viel hat sich verändert. Und meine Reise geht weiter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)