Eine Reise in die Vergangenheit von Morgenlicht (Alles Gute :*) ================================================================================ Kapitel 1: Abschied ------------------- Dunkelgrüne Augen tauchten vor ihr aus der Dunkelheit auf. Ein leichtes Lächeln umspielte Düstertropfens Lippen, als sie Sekunden später ihren Bruder erkannte. „Kannst du wieder nicht schlafen?“ Die schwarze Kätzin schüttelte leicht den Kopf. Dies war nicht der Grund, warum sie selbst jetzt, nachdem Mondhoch schon lange vorüber war, noch immer auf einer etwas erhöhten Stelle im Lager saß und dem Mond dabei zusah, wie er sich langsam wieder in sein Nest begab. „Nein. Aber ich mag die Schwärze der Nacht.“ Sie hatte sich schon immer der Nacht mehr hingezogen gefühlt als dem Tag; daher war es eigentlich kein Wunder, dass sie auch heute wieder hier draußen saß, als zu schlafen. Doch auch, wenn sie dies früher schon gerne gemacht hatte, häuften sich ihre wachen Nächte in letzter Zeit mehr und mehr an. Da sie manchmal nachts, statt tagsüber jagen ging, brauchte sie sich auch keine Sorgen um ihre Pflichten als Jägerin des Sonnenclans zu machen, und so lange sie dies tat, ließen die anderen sie auch in Ruhe. Glücklicherweise. Ihr Bruder, Moorkralle, ließ sich von der Kälte in ihrer Stimme nicht abschrecken, sondern setzte sich neben sie. Wahrscheinlich, weil er sie einfach schon zu lange kannte, und ihre Tonlage mittlerweile deuten konnte. So etwas wie Wärme brauchte man in ihrer Stimme nicht zu suchen, diese hatte sie schon in ihrem Jungenalter abgelegt, da war es ihr egal, mit wem sie sprach. Dennoch, wenn man genau hinhörte, konnte man trotzdem an ihrer Stimme erkennen, wie sie zu der Katze stand, da, wie beispielsweise bei ihrem Bruder, ihre Stimme dennoch einen Tick weniger kalt war, als bei denen, die sie nicht leiden konnte. Eine Zeit lang starrten sie beide, Seite an Seite, schweigend in die Sterne und hangen ihren Gedanken nach, ehe Moorkralle schließlich das Schweigen durchbrach. „Düstertropfen… Ich muss mit dir reden.“ Die Kätzin hob eine Augenbraue hoch und schaute ihn mit ihren ausdruckslosen, blauen Augen an. Es sah tatsächlich so aus, als ob er ihr irgendetwas erzählen müsse… Doch, warum hörte sie aus seiner Stimme so etwas wie Reue und Scham, aber dennoch auch eine gewisse Vorfreude und Aufregung heraus? Diese Emotionen schienen ihr nicht gerade zusammenzupassen. „Und weiter?“, fragte sie, als er wenig später noch immer nicht mit fortgefahren hatte. Kam es ihr nur so vor, oder versuchte er, ihrem Blick auszuweichen? Du… du kennst doch Schneepelz, die Kätzin aus dem NebelClan, oder?“ Kaum, dass Moorkralle diese Worte ausgesprochen hatte, wich auch der letzte Rest von Freundlichkeit aus ihrem Gesicht. NebelClan. Es gibt keinen Clan, der schlimmer war, als dieser einer. „Nein. Warum?“, ihre Stimme bekam einen eisigen Nachklang und sie merkte, wie ihr Bruder neben ihr immer nervöser zu werden schien. Schon seit er das Gespräch wieder aufgenommen hatte, knetete er die Erde zwischen seinen Pfoten, weshalb sie ihn ein wenig genauer musterte. Das war nicht ihr Bruder, der hier vor ihr saß. Wo war all sein Stolz hin? Seine Anmut? Davon war nichts mehr zu sehen. „Ich… ich liebe sie, Düstertropfen. Und ich werde zu ihr in den Clan wechseln.“ Auf einmal kehrte alle Entschlossenheit wieder in ihn zurück, und warf ihr einen Blick zu, in dem man erkennen konnte, dass sein Entschluss feststand und man ihn nicht mehr umstimmen konnte. Sie schaute ihn fassungslos an. Ihr Bruder wollte sie hier hoffentlich gerade verarschen. „Gut, okay, du hättest mich tatsächlich beinahe reingelegt, aber jetzt schieß schon los. Du hast mich abgeschreckt, schlimmer als das kann es nicht mehr werden.“ Ihre Stimme war kalt wie Eis, während sie ihm direkt in die Augen schaute. Lange hielt er jedoch nicht ihrem Blick stand, er schaute wieder weg und schien sich zu sammeln, ehe er den Blick wieder hob. „Nein, ich versuche nicht, dich reinzulegen, Düstertropfen. Es ist schon alles mit Dornenstern und Silberstern abgesprochen. Morgen werde ich zum NebelClan wechseln.“ Bilder tauchten bei diesen Worten vor ihrem inneren Auge auf, Bilder von dem letzten großen Kampf zwischen dem NebelClan und dem SonnenClan. Sie hatte gerade erfolgreich einen dieser räudigen Kater in die Flucht geschlagen, als ihr Blick auf ihren anderen Bruder, Pantherauge, fiel. Dieser raufte gerade mit irgendeiner NebelClan-Kätzin, als plötzlich ein großer, schwarzer Schatten angesprungen kam und ihn von der beignen Kätzin herunterzerrte. Als Pantherauge kurz danach zusammensackte, hatte sie sich noch nichts dabei gedacht – jedenfalls nicht, bis sie sah, wie sich plötzlich eine riesige Blutlache um ihren Bruder bildete. Sofort ist sie hingestürmt und hatte den Kater, Indigoschatten, von ihrem Bruder heruntergestoßen und ihm ein paar Schläge versetzt und sich dann zu ihrem Bruder runtergebeugt. Der NebelClan-Krieger hatte ihm die Schulter und einen Teil des Halses aufgerissen. Düstertropfen hatte ihn sich geschnappt und sofort zu Eukalyptusblatt gebracht. Pantherauge hatte noch eine Nacht voller Schmerzen verbracht, bevor er schließlich am nächsten Tag an den Folgen seiner Verletzung gestorben war. Während der ganzen Zeit war sie bei ihm gewesen, bis zu seinem Tod. Wie konnte Moorkralle nur in den Clan gehen, dessen Krieger ihren Bruder getötet hatte?? „Wie kannst du nur??!!“, sprach sie ihre Frage auch schon fauchend aus. „Düstertropfen, ich weiß, wie du zum NebelClan stehst, vor allem seit Pantherauges Tod… Doch versteh bitte, nicht Schneepelz war diejenige, die ihn umgebracht hatte, sondern Indigoschatten!“, ihr Bruder versuchte, sie zu beruhigen, jedoch vergebens. Die schwarze Kätzin würde sich nun nicht mehr beruhigen lassen. „Nein, sie hat ihn vielleicht nicht umgebracht, dennoch unterstützt du den Clan, unterstützt du Indigoschatten, wenn du für ihn jagst und ihn beschützt!! Denn das musst du, wenn du in diesen Schwächlings-Clan gehst!“, kaum hatte sie den Namen des Katers ausgesprochen, ging ihr Fauchen in ein wütendes, aggressives Knurren über. „Bitte… Versuch doch einfach, mich zu verstehen…“ „Nein, Moorkralle, das tue ich nicht. Ich kann dich nicht verstehen. Weißt du, du bist wirklich schwach geworden. Vielleicht ist es besser, wenn du gehst, denn mit so einem Schwächling will ich nichts mehr zu tun haben! Aber sei dir sicher, wenn du morgen wirklich gehst, dann bist auch du für mich gestorben, dann bist du nicht mehr mein Bruder. Entscheide, ob du lieber zu deiner NebelClan-Kätzin gehören möchtest, oder zum SonnenClan, zu deiner Familie, zu mir.“ Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, drehte sie sich auf dem Absatz um und verschwand durch den Lagereingang hinaus in den Wald. Düstertropfen suchte sich ihren Weg zu dem kleinen Bach, der durch ihr Territorium führt, baute sich an dessen Ufer ein kleines, provisorisches Nest und legte sich hin. An Schlaf war dennoch nicht zu denken, ihre Gedanken kreisten um Moorkralle, den sie einfach im Lager hatte stehen lassen. Sie konnte ihn nicht verstehen. Wie konnte er das nicht nur ihr und Nachtblitz, sondern vor allem auch sich selbst antun? Aber vor allem… Wie konnte man ihren Clan, den SonnenClan, für irgendeine Kätzin aus dem mehr als armseligen NebelClan aufgeben, der nur von Versagern und Schwächlingen regiert wurde, aufgeben? Nein, sie brauchte es gar nicht erst zu versuchen, ihren Bruder zu verstehen, sie wusste, dass es zwecklos war. Düstertropfen verbrachte auch den Rest der Nacht am Fluss, ehe sie schließlich bei Sonnenaufgang sich auf den Weg zur Grenze des NebelClans machte. Glücklicherweise gab es nicht viele Stellen, an denen man bequem überwechseln konnte. Als sie an einer dieser Grenzstellen schließlich auf der anderen Seite Silberstern und eine weiße Kätzin mit grauen Flecken, die wohl Schneepelz sein musste, stehen sah, wusste sie, dass sie richtig war. Im Hintergrund sah sie, dass noch weitere Katzen warteten, doch zu ihrem Glück – oder besser ausgedrückt zu seinem Glück -, konnte sie die bernsteinfarbenen Augen Indigoschattens unter diesen nicht ausmachen. Die Zeit, in der nun nicht nur die NebelClan-Katzen, sondern auch Düstertropfen auf Moorkralles Ankunft warteten, nutzte sie, um die Kätzin ein wenig zu mustern. Sie war vielleicht ganz hübsch, jedoch war das auch schon das einzige, was sie an ihr sah. Sie wirkte so aufgeregt… Hatte sie nie gelernt, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten? Angewidert schnaubte sie. Nein, sie verstand nicht, was ihr Bruder an dieser Kätzin fand, dass er für sie alles zurücklässt. Es dauerte auch nicht mehr lange, bis eben dieser mit Sonnenuntergangskristall und ebenfalls mit anderen Katzen, die im Hintergrund blieben, ankamen. Dass Dornenstern, ihr Anführer, nicht dabei war, wunderte Düstertropfen nicht sonderlich. Wahrscheinlich konnte er es sich nicht anschauen, wie sie einen ihrer fähigsten Krieger verloren. Im Grunde ging alles ganz schnell, Moorkralle verabschiedete sich von den anwesenden Katzen und sprang hinüber zu Schneepelz. Als sie sah, wie sie sich Schnauze an Schnauze begrüßten und begannen, sich über eben diese zu lecken, drehte sie sich angeekelt um und ging zurück zum Clan. Sie musste nicht wieder zusehen, wie ihr Bruder vor ihren Augen starb, denn für sie fühlte es sich so an. Nun hatte sie wohl nur noch Nachtblitz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)