Auf leisen Pfoten von Yulice ================================================================================ Kapitel 5: Kleines Chaos ------------------------ Charles hatte erstaunlich viele Schwierigkeiten gehabt, die besagte Brieftasche zu finden. Seine Sicht brachte ihn hier in diesen Raum nichts mehr, da alles hier von Erik erfüllt war. Sein Geruch und seine Aura waren im ganzen Büro verbreitet und er zog andauernd die Luft tief ein, da es ihm gefiel was er roch. Erik hatte einen guten Geschmack, was sein Parfüm anging aber auch sein Eigengeruch war für Charles eine angenehme Note. Nicht wie bei diesem fetten Wächter, der ihn hier freundlicher Weise Einlass gewehrt hatte, ohne es auch nur bemerkt zu haben. Charles war geschickt hinein gesprungen und konnte nun in Ruhe nach dem verlorenen Gegenstand suchen. Erik musste es hier liegen gelassen haben, anders konnte er es sich nicht erklären, wo es abgebliebe sein sollte. Schnuppernd sprang er auf den Schreibtisch und schaute sich im Raum um. Der Ort war klein und nur ein Fenster an der Rückwand spendete Licht, wenn die Sonne hinein schien. In diesem Falle und unter Beachtung der Uhrzeit war es das kalte Licht des Mondes, das sich einen Weg hier herein bahnte. Es ließ den Raum kühler wirken und trotzdem lag etwas Warmes in seinen Gegenständen die Erik hier inne zu wohnen hatte. Eine Menge Gegenstände zierten dessen Regale. Charles musste aufpassen keine der vielen Papierstapel umzureißen. Neugierig begann er an einigen Stellen nachzulesen. Die meisten Stapel waren Tests oder Belegarbeiten von Studentinnen und Studenten, die er wahrscheinlich noch zu kontrollieren hatte. Sein Schreibtisch stand genau vor dem Fenster und nur eine kleine Tischlampe war darauf zu finden, um ihm noch zusätzliches Licht zu schenken. Ansonsten befanden sich viele Bücher und Schreibutensilien auf dem Holz. Seine restlichen Wände waren ebenfalls voller Bücher und es erstaunte Charles, dass Erik sie anscheinend wirklich gelesen haben musste. Andere Schränke enthielten wieder einige nicht definierbare Gegenstände, die Charles noch nie in seinem Leben gesehen hatte. Er selbst wusste nicht einmal, ob er überhaupt mal gelebt hatte, doch anders konnte er sich einige Erinnerungen die er selbst hatte nicht erklären. Kleine Erinnerungen, die in seinen Gedanken aufblitzen und er nicht zuordnen konnte. Diese Gegenstände waren ihm aber völlig fremd. Sie schienen von Ausgrabungen oder ähnliches zu sein. Charles schnupperte nur kurz und begann mit seiner eigentlichen Aufgabe. Er musste die Brieftasche suchen. Sie war für diesen Mann sehr wichtig und so konnte Charles es schaffen ihm etwas näher zu kommen, als nur von ihm davon gestoßen zu werden. Vielleicht hatte er ihn wirklich nur auf einen falschen Fuß erwischt, doch er wollte diesen Mann dieses Mal etwas Glück schenken und nicht nur Menschen, die nichts hatten. Ihm fehlte auch etwas ganz bestimmtes... Die Freude an seinem Leben und die Liebe, die er nie bekommen hatte. Er selbst hatte sich diesen Gefühlen verschlossen. Er vertraute nur sich selber. Ein Schutzmechanismus, der ihn weit gebracht hatte und doch in einen Käfig steckte, wo es schwer war wieder ohne Hilfe heraus zu kommen. Charles wollte ihm diese Hilfe anbieten. Auf dem Schreibtisch drehte sich Charles abermals vorsichtig und sah sich auf dem Boden um. Irgendwo musste sie doch stecken. Charles sprang wieder nach unten und schnupperte an dem Papierkorb. Ohne zu zögern stieß er ihn einfach um. Nun begann die Suche in diesem Raum. Er musste jeden Winkel absuchen und hier und dort rutschte er weg oder ein Buch viel herunter, das noch auf einem Schrank gewesen war. In seinem Eifer hatte er nicht bemerkt, dass er seine Vorsicht abgelegt hatte und nun all die Ordnung die hier noch geherrscht hatte zerstörte. Er hatte eine ganze Weile gesucht und fand sich bei seinem Ausgangspunkt nun wieder. Auf dem Schreibtisch; noch immer mit leeren Pfoten. Leise fauchend stand er einfach nur da. Er hatte ein ziemliches Chaos angestellt. Erik würde fuchsteufelswild werden. War doch seine Erscheinung sehr gepflegt. Kläglich mauzend setzte er sich kurz hin und schnupperte. Konzentrierend schloss er seine Augen, versuchte sich nur auf den einen Geruch zu fokussieren. Er zog die Luft ein, als wäre es das letzte Mal, dass er frische Luft in seine kleinen Lungen bekam. Um ihn herum wurde alles ganz still... Der Wind hatte draußen nachgelassen. Er schien nun endlich eingesehen zu haben, dass es Zeit wurde, den Schnee ruhen zu lassen und den Menschen Zeit zu geben, sich darauf einzustellen und zu erholen. Charles öffnete erst dann wieder die Augen, als er Eriks Geruch stärker vernahm und sprang vom Tisch herunter. Er lief geradewegs entschlossen auf eines der Regale zu, duckte sich und entdeckte hinter einem der Bücher eine Lederbrieftasche. Sie lag aufgeklappt da. Man entdeckte die Karten und Ausweise, wichtige Papiere wie Charles es wusste. Er biss vorsichtig an eine Ecke und zog sie heraus. Er fragte sich nicht wie die Tasche hierhinunter gekommen war, denn solche Gegenstände, so wusste er, verloren die Menschen ganz schnell, wenn sie mal nicht aufpassten. Er kniff kurz die Augen zusammen, um das schwere Teil hervor zu ziehen. Es würde nun eine Herausforderung werden wieder nach draußen zu kommen und zwar mit der Brieftasche. Charles machte es sich in diesem Punkt sehr einfach. Er wurde nun etwas lauter in dem Büro und wartete geduldig an der Tür auf den nicht gut riechenden Wächter. Die Zeit verstrich leise bis er endlich die schweren Schritte des Mannes hörte, die ihm wieder zu seiner Freiheit verhelfen würde. Wie zum Angriff bereit, legte er die Ohren an und duckte sich. Gleich würde es so weit sein. Die Schlüssel klapperten und das Schloss ratterte, als der passende Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde. Kurz danach sprang die Tür auf und Charles nutzte die Gelegenheit und hüpfte hinaus. Er schlidderte wieder unter die vordere Kommode und presste sich an die hintere Wand. Er wusste nicht, ob er ihn bemerkt hatte, doch sein Murren und leises Fluchen, zeigten ihm, das er nur mit sich selbst beschäftigt war und nicht mit dem was sich rund um ihn herum abspielte. Törichter Mensch. Charles rümpft seine Nase und ließ die Brieftasche los. Es bedeutete nun warten und das konnte er auch hier tun. Die Wände gaben ihm Schutz vor dem Schnee und er konnte auch noch morgen früh wieder nach draußen finden, um den einen Mann entgegen zu schreiten, dem er seine Brieftasche wieder bringen wollte. Der kleine weiße Kater erwachte kurz nach Sonnenaufgang. Er versuchte seine Augen zu öffnen, doch waren sie etwas verklebt. Ein Gähnen kam ihm über seine Zähne und er begann sein Gesicht zu waschen. Er hatte die ganze Nacht durchgeschlafen oder zumindest es versucht. Hin und wieder wurde er durch die schweren Schritte und wegen dem lauten knarren, das nach den massigen Leib folgte, wach. Schnell leckte er über seine Pfote und säuberte sein weißes Gesicht. Er entfernte seinen Schlaf und öffnete nun seine Augen, die das Kristall wieder hervor brachten. Schnurrend streckte er sich, nahm die Brieftasche in seinen Mund und versuchte nun einen Weg wieder nach draußen zu finden. Es würde nicht mehr lange dauern und Erik würde in die Uni zurückkehren. Charles wollte draußen auf der Mauer warten und ihm dann leise hinein folgen. Leichter miaut als getan. Der Weg nach draußen war schnell gefunden, da schon einige Studenten in die Uni kamen und hin und wieder die Türen weit offen ließen. Er ließ seine Pfoten gleich in dem Schnee auf der Mauer versinken und tippelte nun vorsichtig nach vorne. Immer wieder holte er eine Pfote heraus und schüttelte sie kräftig. Es war nicht verwunderlich das Katzen kein Wasser mochten. Es war eisig kalt im Schnee, auch wenn er die Kälte nicht so stark spürte, wie seine echten Artgenossen. Was er nicht beachtet hatte, waren die Studentinnen, die sich auf der Treppe tummelten. Man sagte diese Menschen waren wie Tiere. Sie wollten alles und jeden haben, wenn ihn etwas gefiel oder jemand. Raubtiere würde es daher eher treffen. Er hatte die Sorte Mensch noch nie verstanden. Wie denn auch? Er hatte nie Gelegenheiten bekommen. Er konnte sich nicht daran erinnern jemals mit Frauen etwas zu tun gehabt zu haben. Nachdenklich setzte er sich hin und wartete nun. Er versuchte die beiden Mädchen zu ignorieren, die ihn nun leider entdeckt hatten. Charles hatte sich nach einer Weile hingelegt und versuchte immer wieder an den Frauen vorbei zu schauen, doch es war nicht einfach. Nervös begann sein Schwanz hin und her zu zucken. Er musste sich ermahnen, die beiden nicht anzufauchen. Bis das lockige Mädchen namens Amy versuchte die Brieftasche zu bekommen. Ein Fauchen kam ihm über seine Zähne, bis er seine Pfote aus holte und sie kratzte. Charles Aufmerksamkeit galt dann aber einer Stimme, die leise lachte und er sie dennoch vernehmen konnte. Diese Stimme würde er immer aus den anderen heraus hören. Sie war einzigartig und er hatte dazu noch gelacht. Es war Musik in seinen Ohren. Sein Gesicht hellte sich auf und ohne weiter auf die Frauen zu achten, lief er zu ihm und legte ihm seine Brieftasche vor seiner Nase ab. Er war erleichtert ihn nun endlich gefunden zu haben. Erik ging es mit seiner kleinen Tasche nicht anders. Es schien, als würde er nun endlich wieder entspannen können. Sein Gesicht wurde weicher und er seufzte leise. Charles konnte ihm nicht antworten, als er fragte woher er das alles wusste, doch ein Mauzen folgte. Er begann zu schnurren und freute sich über seine gute Tat. Er hatte ihn nun ein klein wenig fröhlicher gemacht. Das was auch seine Aufgabe sein sollte. Menschen glücklich zu machen. Es passierte aber etwas sehr unerwartetes, was Charles kurz zucken ließ, denn Erik nahm ihn in seine Arme, nachdem er in seine Brieftasche geschaut hatte und sie gut verstaute. Charles begann sofort zu schnurren und schmiegte sich gegen seinen Mantel. Er war neugierig was nun auf ihn zu kommen möge. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)