Wie Sommer in Deinen Augen von Jaelaki ([Sai & Sakura]) ================================================================================ Kapitel 12: Wie Regenbögen in Deinen Augen ------------------------------------------ Also kam er wieder zurück, nachdem er sich von den Strapazen der Mission etwas erholt hatte und stand gegen Nachmittag vor Sakuras Büro. Doch sie war nicht alleine. „Ja, körperlich ist sie gesund“, bejahte Sakura sträubend. Als er anklopfen wollte, vernahm er eine zweite Stimme, dunkel und nüchtern. „Dann sehe ich kein Problem.“ „Sasuke, es geht nicht nur um ihr körperliches Befinden. Es geht um ihre –“ „Ich habe eine Mission. Deswegen bin ich hier. Wenn meine Gesundheitskontrolle positiv ist, dann gehe ich jetzt und bereite mich vor.“ „Du kannst sie doch nicht einfach –“, Sai hörte, wie sie hier stockte, „zurücklassen.“ „Sprechen wir noch von Karin oder –“ „Du bist so ein egoistischer –“ „Sie ist nicht du!“, knallte er ihr an den Kopf und plötzlich herrschte Stille. Sai beugte sich vor, um durch die Tür hindurch keine Silbe zu verpassen. „Das weiß ich, Sasuke“, zischte sie. Die Tür öffnete sich und Sai stand da und sah in das Zimmer, an Sasuke vorbei, der die Türklinke in der Hand hielt und Sakura, die an ihrem Schreibtisch saß und aussah, als würde sie ihre Finger nur aneinander lehnen, um Sasuke nicht den Hals umzudrehen. Sasuke drückte sich an ihm vorbei und er stand Sakura alleine gegenüber. Ihr Blick hing dem anderen nach und in Sai brüllte ein Gefühl, das er noch nie gespürt hatte. „Was bedeutete das?“, wollte er wissen. „Nichts“, behauptet sie, doch er sah in ihren Augen, dass das nicht stimmte. Natürlich war er gesund. Nichts als die üblichen Schrammen. So saß er gegen Abend bei Naruto, der sich voll Eifer Ramen in den Mund stopfte und beschrieb ihm die Situation – und das Gefühl. „Vielleicht bist du eifersüchtig.“ Naruto zuckte die Schultern. Sai schüttelte den Kopf. So etwas Unlogisches. Eifersucht. Starke, übersteigerte Furcht, jemandes Liebe oder einen Vorteil mit einem anderen teilen zu müssen oder an einen anderen zu verlieren.* Er sah von dem Buch auf und schlug es zu. In der Bibliothek erreichte ihn ein ANBU, der ihm zuflüsterte, er solle sich in der Hokage Büro einfinden. Tsunade saß mit spitzen Lippen in ihrem Bürostuhl und schaute auf ihn, als erwartete sie etwas. Die Tür wurde aufgezogen und Sakura betrat den Raum. In diesem Moment wusste er, worauf sie gewartet hatte und sein Bauch fühlte sich an, als verknoteten sich dort seine Därme miteinander. Sakura schritt auf den Schreibtisch in der Mitte des Raumes zu. „Sie haben mich geru-“ Und stockte, als sie sich gewahr wurde, dass Sai dort stand. Tsunade nickte, als würde sie es nicht bemerken und legte ihre Fingerspitzen aneinander. „Eine Mission.“ Natürlich, was hätte sonst sein sollen? Er sah in den Augenwinkeln, dass Sakura auf Schulterhöhe bei ihm stand. „Abtrünnige haben Zivilisten entführt. Die Abtrünnigen werden bereits von der ANBU verfolgt. Sie sollten sie bald gestellt haben. Aber die Zivilisten müssen versorgt werden.“ Tsunades Blick schweifte über sie beide, ehe sie fortfuhr. „Es handelt sich um eine Familie aus einem kleinen Dorf unweit Konohas. Ihr beide werdet sie versorgen und hierher bringen.“ Sakura trat einen Schritt zu der Hokage und beugte sich zu ihr. „Tsunade-sama. Wenn ich – warum – er?“ Sie wisperte es, als könnte er es dadurch nicht hören. Natürlich tat er es trotzdem. „Weil ihr beide im Krankenhaus ein außergewöhnlich gutes Team wart. Und jetzt geht!“ Tsunade hatte sich nie gerne in die Karten sehen lassen oder sich erklärt. Jeder Handgriff saß, jede Bewegung, jedes Gefühl war ihm bekannt. Das war sein Leben. Missionen erfolgreich abzuschließen. Niemand musste ihm erklären, was zu tun war, niemand sagen, was es bedeutete. Mission. [Mit einer Entsendung verbundener] Auftrag; Sendung. [Ins Ausland] entsandte Personengruppe mit besonderem Auftrag. Eine Mission war das Einzige im Leben, bei dem er sich sicher war, das er sich nicht verloren fühlte. Und das Ende einer Mission bedeutete nur das Warten auf den Anfang einer neuen. Sie fanden die Familie an dem Ort, an dem zwei ANBU-Mitglieder zwei Abtrünnige gefasst hatten. Sie gingen mit den Gefangenen vor und überließen das Wohl der Entführten Sakura. Sie untersuchte die kleine Tochter und deren großen Bruder zunächst, dann die Eltern. Sie waren verschreckt, aber ansonsten unversehrt. Sai beobachtete, wie Sakura mit Ruhe auf die Familie einsprach, als beruhigte sie scheuende Tiere und mit einem Lächeln und Sätzen, die Sai ihr gerne glauben wollte.. Sai wollte ihr so gerne glauben, dass alles wieder gut werden würde. Aber alles hatte ein Ende. Missionen endeten, Tage endeten, Menschenleben endeten, Freundschaften endeten. Es wäre dumm gewesen, sich etwas anderes einzureden. Sai hatte genug gesehen und erlebt, um zu wissen, dass alles andere nur Betrug war. Und er war sich sicher, dass auch Sakura genug gesehen und erlebte hatte, um das zu wissen. Das Problem war, dass es einem zu spät bewusst wurde. Und dann kam das Ende viel zu früh, dabei hätte man noch so viel sagen sollen, wollen – müssen. So viel tun und genießen und – In diesem Moment durchbohrte ihn ein Schmerz, der ihn den Mund aufreißen ließ, doch es entkam kein Ton. Es war ein Hinterhalt. Die Haut des Mannes fiel ab wie eine Maske, die Frau schob sich vor ihre Kinder, die schrien und weinten. Sai schaffte es nur, zwei Tiger zu malen, die Sakura und die Kinder und deren Mutter schützten. Dann zerschnitten die mit Chakra geladenen Hände seines Gegners das Fleisch an seinen Armen, er spürte wie seine Muskeln durchtrennt wurden und Gelenke durch den Aufprall der Energie auseinander sprangen. In diesem Moment durchbohrte ihn die Erkenntnis, dass er nie wieder ihre Augen sehen würde und all diese verwirrenden Gefühle darin. Wie ein Regenbogen an Gefühlen, der dort von all den Nuancen von Freundschaft und Liebe, Hoffnung und Melancholie, Vertrauen und Zwiespalt, Freude und Wut zeugte. Sakuras Finger ballten sich zu Fäusten und mit einer Wut, deren Kraft durch ihn hindurch stob, schlug sie auf den Ninja ein. Sai spürte etwas, irgendetwas, das sich regte. Ein Gefühl. Eine vage Ahnung. Er starb. Dann erfüllte ihn eine Kraft, die seinen Körper sich aufbäumen ließ, als durchstieße ihn ein Stromschlag. „Sai! Schau mich an! Nein, nicht zu machen! Sai, bleib hier!“ Er hörte ihre Stimme und spürte erneut eine Energie, die ihn zwang zu atmen, sein Herz dazu trieb zu schlagen. Er konnte sich nicht bewegen, nichts sagen. Es war als schwebte er. Aber dann erkannte er, dass die Welt schwebte. „Der Feind –“, keuchte er. Doch sie schüttelte den Kopf. Hatte sie ihn erledigt? Hatte er sie beschützen können? Sie schien zu leuchten. Es erinnerte ihn an den Moment nach dem Krieg. Die drei. Sie hatten über ihm gestrahlt. Zusammen. Etwas Mächtiges erschufen sie gemeinsam, Unzertrennliches, etwas, bei dem er niemals ein Teil wäre, das hatte er erkannt, als Naruto und Sasuke gemeinsam kämpften, wie zwei Kameraden, die blind den Zug des anderen voraussehen konnten. Keine abgesprochene Strategie, sondern – ein Band. Es war keine Wehmut, die er gefühlt hatte oder Bedauern. Es war eine Feststellung gewesen. Aber jetzt schüttelte ihn diese Tatsache, drückte ihm Schmerz bis in sein Innerstes. Oder waren es die Wunden? Das Innerste, von dem er geglaubt hatte, es wäre vor langer Zeit abgestorben. Er sah ihr Gesicht über seinem eigenen. Sie würde ihn niemals so ansehen, wie sie Sasuke ansah. Sie würde immer an ihm vorbei sehen, wenn Sasuke im Raum war. „Sai? Du – bleib hier. Ich bringe dich nach Hause.“ Es hörte sich unlogisch an, aber er vertraute ihr. Er wollte gerne aufsehen und die Worte in ihrem Blick widerspiegeln sehen. Sakuras Stimme klang nüchtern – das war ihre Rolle als Ärztin – doch das Zittern darin verriet sie. In ihren Augen spielte womöglich ein verworrenes Spiel, wie es doch so oft bei ihr der Fall war. Es erinnerte ihn an die Momente unmittelbar nach dem Vierten Krieg. Er starb. Und er erkannte, dass er sie liebte. Denn mit ihr fühlte er sich zum ersten Mal in seinem Leben lebendig. Er zog sie mit seiner letzten Kraft an sich und hauchte Worte in ihr Ohr, die er noch nie zuvor ausgesprochen hatte. Dann war er tot. Tot. In einem Zustand, in dem die Lebensfunktionen erloschen sind; nicht mehr lebend, ohne Leben. Als Mensch, Lebewesen nicht mehr existierend; gestorben. Organisch nicht mehr belebt, abgestorben. Regelmäßiges Piepsen ertönte. Er hatte sich nie Gedanken darum gemacht, was nach seinem Sterben kommen würde. Nein, das war nicht wahr. Jeder Mensch stellte irgendwann einmal solche Überlegungen an – besonders, wenn Menschen um einen herum starben. Auf Missionen, im Krieg. Er hatte sich nur nie Gedanken darum gemacht, ob er im Tod nicht ewig sein Sterben bedauern, seine letzten Worte bereuen würde oder ob er einen trockenen Hals ertragen müsste. Er blinzelte und öffnete die Augen. Von den Geräten meldete sich erneut ein Piepsen, Kochsalzlösung tropfte in seine Vene, ein zentraler Venenkatheter prangte an seinem Hals, dem Schlüsselbein. Er war enttäuscht. Den Tod hatte er sich nicht wie im Krankenhaus vorgestellt. Neben ihm schnarchte jemand leise. Seinen Kopf wandte er und entdeckte, dass ein blonder, junger Mann mit dem Gesicht in seinen Laken, die Stirn auf die Arme gebettet, auf einem Stuhl am Bett sitzend, schlief. Unter diesen Umständen, hätte er eine Wiedergeburt ernstlich in Erwägung gezogen – aber die Möglichkeiten verletzt zu werden. Im Leben wurde man dauernd verletzt. Es war unerwartet ernüchternd, dass der Tod einem das nicht aufzuwiegen schien. „Naruto?“, krächzte er, als der vermeintlich Unbekannte schmatzte und ihm das Gesicht entgegenstreckte. Sai rührte seine Hand, um ihn anzustoßen. War Naruto auch gestorben? Doch seine Glieder fühlten sich taub an. Schwere lag auf seinen Armen, die er nicht bezwingen konnte. Die Tür öffnete sich und er schaute auf. Ihre Präsenz überflutete ihn. Sie hielt inne, die Türklinke noch in der Hand und betrachtete ihn, als wäre sie unschlüssig, welche Reaktion angebracht war. Dabei war das doch seine Schwäche. Sie schritt auf das Bett zu, in dem er lag, ein Klemmbrett in den Fingern, an das sie sich klammerte, als müsste sie es, um nicht umzustürzen. Wortlos notierte sie die Werte, die die Geräte anzeigten, dann fragte sie ihn ab, als hätte er an der Akademie eine Prüfung abzulegen – dabei hatte er das nie getan. Ihre Stimme klang gepresst, so wie sie es tat, wenn sie wütend war. „Bin ich tot?“, fragte er und seine Stimme klang rau. Sakura sah ihn nicht an und er hatte das Gefühl, als hätte er auf einer Beerdigung angefangen lauthals zu lachen. Man hatte ihm gesagt, dass ein fröhliches Lächeln dort nicht angebracht war – und ein Lachen erst recht nicht. „Nein“, behauptete sie. Er lebte. Es war seltsam, wieder zu leben, wenn man gedacht hatte, man wäre tot. Und plötzlich überrollte ihn dann das Gefühl, dass er wieder ihre Augen sehen würde und all diese verwirrenden Gefühle darin. Wie ein Regenbogen an Emotionen, der dort von all den Nuancen von Freundschaft und Liebe, Hoffnung und Melancholie, Vertrauen und Zwiespalt, Freude und Wut zeugte. „Es tut mir leid, dass ich dich nicht besser beschützen konnte“, sagte er, weil er wusste, dass Frauen das an Männer schätzten. Das hatte er gelesen. „Du Idiot“, warf er ihr an den Kopf und in diesem Moment war die Professionalität aus ihrem Körper gewichen und da stand die junge Frau, die sich ihren Kopf über ihre Freunde zerbrach und ihre Gefühle auf ihrem Gesicht zur Schau trug – und in ihre Augen wanden sich Regenbögen an Emotionen. Sie drückte ihr Gesicht an seine Brust, griff mit beiden Händen in die Bettdecke, als würde sie andernfalls auseinanderbrechen und schluchzte in den Bettbezug. Sai verstand nicht, was sie seiner Bettdecke mitteilte. Nur Wortfetzen drangen zu ihm durch. Idiot und Sorge und nie wieder und immer wieder Idiot hörte er heraus. Aber es war so ein – so ein – er wusste nicht was für eines, aber ein Gefühl, da war er sich sicher, dessen Namen er niemals herausfinden würde – so überwältigend war es. Ihre Haare kitzelten in am Kinn und ihr Gewicht drückte auf seine Brust und ihr Duft stieg ihm in die Nase, ihre Wärme bewies ihm, dass sie hier war, ihr Schluchzen, dass er noch immer da war. Plötzlich raschelte etwas auf der anderen Seite seines Bettes. „Oha“, rief Naruto aus, die eine Wange rot gedrückt durch seinen Arm, der Blick verschlafen und die Augen doch aufgerissen. „Sakura, alles – Leute, ich –“ Sie achtete nicht auf Narutos Worte, so dass sein Blick ratlos an Sai hängen blieb, der nur mit den Schultern zuckte. „Ich geh dann – mal –“ Sai war der Meinung, dass Naruto nie etwas Besseres in seinem Leben getan hatte. Naruto würde ihm bei späteren Gelegenheiten jedoch widersprechen. Immerhin hatte er Konoha gerettet und Madara besiegt und – doch Sais Meinung würde sich nicht ändern. Hosted by Animexx e.V. 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