Wie Sommer in Deinen Augen von Jaelaki ([Sai & Sakura]) ================================================================================ Kapitel 7: Wie Wärme in Deinen Augen ------------------------------------ Gefühle, das hatte Sai früh gelernt, waren – problematisch. Gefühl hieß Verletzungen, Streit, Krieg. Gefühl hieß Gefahr, Schwäche, Tod. Gefühl – das war ihm unerbittlich eingedroschen worden – war ein Aspekt, der aus dem Leben zu streichen war, bis nichts mehr außer Instinkten, Rationalität und Gehorsam übrig blieben. Gefühl, das hatte Zeit seines Lebens für Versagen und Untergang gestanden. Vielleicht verstand er deswegen nicht, wie Sakura genau das Gegenteil schaffte. „– hat er tatsächlich gesagt. Du hättest Tsunades Blick sehen müssen und Shizunes Panik, als sie versuchte, Tsunades Ausbruch zu verhindern“, plapperte sie, verstummte plötzlich und lehnte sich vor. „Sai, hörst du mir zu?“ Er wandte ihr seinen Blick zu, lächelte aufgesetzt und nickte. In ihren Augen standen immer Gefühle. Wut oder Entschlossenheit oder Sorge oder Hoffnung oder Mitgefühl oder – Gefühle, die er nicht verstand. Und all das machte sie zu der Person, die sie war. Und wenn er sie sah, fragte er sich manchmal, was es dann bedeutete, wenn er all diese Gefühle nicht empfand – was das aus ihm machte. Ob es ihn auch zu dem machte, der er war. Oder ob er eigentlich jemand anderes war. Oder hätte sein sollen. „Entschuldige, ich wollte dich nicht langweilen“, meinte sie und kniff verlegen ihre Augen zusammen. Es war selten. Dass sie verlegen war. Meistens war sie überzeugt, von dem, was sie sagte oder tat. Gegenüber Naruto schien sie nie verlegen. Da rührte die leichte Röte ihrer Wangen lediglich von Zorn. „Es ist nicht langweilig“, entgegnete Sai aufrichtig und direkt. Er hatte nie verstanden, warum Menschen nicht einfach sagten, was sie dachten oder fühlten. Warum sie Gefühle verschleierten oder das Gegenteil behaupteten. Er war überzeugt davon, dass Gefühle weniger problematisch wären, würden Menschen nicht lügen. „Es tut gut, mal wieder draußen zu sein – die Sonne tut gut.“ Sie saßen auf der Wiese. Es war später Nachmittag. Ein Dienstag, den Tsunade ihr frei gegeben hatte. Eigentlich hatte sie Sakura förmlich aus dem Krankenhaus geworfen, nachdem sie ihr um die Ohren geklatscht hatte, dass die Konzentration eine Ärztin entscheidend war. Konzentration hieß ein Mindestmaß an Schlaf, gesunder Ernährung und Sauerstoff. Abschließend hatte Tsunade ihr noch mit auf den Weg gegeben, dass sie furchtbar aussah und erst wiederkommen sollte, wenn die Augenringe verschwunden waren. Wenn Sai ehrlich war – und das war er immer – dann glaubte er fast, dass sich die Augenringe so tief gegraben hatten, dass sie nie wieder völlig vergehen würden. Leider hatte er nicht ganz nachvollziehen können, warum ihm Sakura auf diese Enthüllung, eine mächtige Tracht Prügel angedroht – die sie jedoch nicht durchgezogen hatte. Wahrscheinlich weil sie einfach zu erschöpft gewesen war. Mit ihren verquollenen Augen und dem zerzausten Haar. Wenn er sie jetzt ansah, fiel ihm dann doch auf, dass ihre Augen viel größer und offener wirkten, ihr Haar duftete frisch und die Augenringe waren verblasst. Und auf ihrem kränklichen Teint prangte eine leichte Röte. Alles nur, weil sie den ganzen Mittag geschlafen hatte. „Ich glaube, du hast Sonnenbrand – erstaunlich, so schnell. Und obwohl wir die ganze Zeit im Schatten gewesen sind. Deine Haut ist – inkompetent.“ „So ein Blödsinn!“, erwiderte sie stoisch. „Meine Haut ist nicht inkompetent, du blöder, inkompetenter Idiot.“ Sie lehnte sich an ihn. Es war seltsamerweise vertraut, ihr Gewicht gegen die Schulter zu spüren und trotzdem schrillten Alarmglocken. Als würde ihm sein Körper stets die potenzielle Gefahr vor Augen führen wollen. Instinktiv verkrampfte er sich und sie schreckte hoch. „Entschuldige, ich hab vergessen, vorher zu fragen.“ Irgendwann hatte Sakura gefragt, ob sie sich gegen ihn lehnen dürfte – weil es auf der Wiese so unbequem war ohne Lehne und ihr Rücken und überhaupt. Er hatte nicht genau verstanden, warum sich Sakura nicht einfach an irgendeinen Baum gesetzt hatte, aber eingewilligt. Er hatte überrascht wahrgenommen, dass seine inneren Warnsignale erstaunlich schwach angeschlagen hatten, als sich das erwartete Gewicht gegen seinen Rücken lehnte. Vielleicht hatte sie das bemerkt. Weibliche Intuition nuschelte Naruto in solchen Fällen, was Sai aber nicht durchschaut hatte, denn wieso sollte Naruto etwas davon verstehen? Jedenfalls hatte es sich eingespielt, dass Sakura ihn routinemäßig fragte, ob sie sich an ihn lehnen könnte. Und er nickte. Jedes Mal. Dann durchströmte ihn so eine kribbelnde Welle. Manchmal eiskalt, manchmal heiß. Er fragte sich dann, ob sie auch das bemerkte. Weibliche Intuition vielleicht. „Ich glaube, dass es nie wieder so sein wird, wie es mal gewesen ist“, stellte sie plötzlich zwischen sie beide. Es hing in der Luft. Die Erinnerung an Krieg und Verletzte und Tod. An unschuldige Opfer und Kinder, die ihre Eltern verloren hatten und nach ihnen fragten. Sai nickte. „Nach so vielen Schlachten“, murmelte er. „Aber inzwischen glaube ich auch wieder, dass es irgendwann wieder besser wird. Wir haben überlebt. Wir haben viel geschafft. Nicht nur verloren. Konoha und die anderen Dörfer pflegen jetzt eine echte Allianz. So eine große Gemeinschaft! Es gibt Freundschaften über Dorfgrenzen hinweg. Es wird sogar getuschelt, dass es mehr als Freundschaften gibt.“ Sie strahlte, streckte ihr Gesicht gen Himmel und Sai spürte ihr Gewicht und den Druck gegen seinen eigenen Rücken. Wenn er bei ihr war, hatte er den leisen Verdacht, manchmal ein Stück davon zu verstehen, was es hieß, wenn Menschen behaupteten, dass Gefühle die Basis des Lebens waren.Wenn Naruto sich auf sein Bauchgefühl verließ oder Sakura unbeugsam für ihre Freundschaft kämpfte. Dass hinter Gefühlen mehr stand als Verletzungen, Streit, Krieg. Gefahr, Schwäche, Tod. Das geschah in solchen Momenten wie jetzt. Wenn sich Sakura zu ihm wandte und ihn anlächelte. Und in ihren Augen die Gefühle sprudelten. Eines erkannte er ganz deutlich: Wärme. Und er fragte sich, was es bedeutete. Was Gefühle bedeuteten. Gefühle, das hatte er in einem Buch gelesen, waren nur der biochemische Vorgang, um höhere Säugetiere in einer aufeinander abgestimmten Gesellschaft überleben zu lassen. Empathie, das hieß: Wie du mir, so ich dir. Freundschaft, das hieß: Zusammen sind wir stark. Liebe, das hieß: Unsere Gemeinschaft wird fortbestehen. Er wollte, dass Sakura seine Gegenwart ebenso genoss, wie er ihre. Er spürte Stärke, wenn sie bei ihm war. Und er hoffte, dass ihre Gemeinschaft nie enden würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)