Die Freiheit zu weinen von Xylune (Naruto x Sasuke) ================================================================================ Kapitel 7: Wovon du nicht träumst --------------------------------- Selbst der Kaktus hatte das Zeitliche gesegnet. Ganz zu schweigen von den verwelkten Blumen und der Orchidee, die nur noch durch das kleine Schildchen, das in der Blumenerde steckte, als solche überhaupt zu identizifieren gewesen war. Nicht gerade ansprechend. Sasuke verschloss resigniert die Augen vor diesen vollendeten Tatsachen. "Ist noch was zu retten?", neugierig blickte ihm Obito, sein Onkel, über die Schulter und erntete lediglich ein vehementes Kopfschütteln. "Na dann muss ich wohl Neue besorgen", überlegte er laut und übersah Sasukes beinahe schon entsetzten Blick. Wenn er selbst schon keinen Grünen Daumen für die Aufzucht von Blumen besaß, war sein Onkel im Vergleich zu ihm vollkommen talentfrei. Vermutlich hätte Obito es sogar fertiggebracht, Plastikblumen vertrocknen zu lassen. Ganz zu schweigen von seinem Sinn für Ordnung. Während die Bücher ordentlich in Regale eingeordnet waren nach Genre und Autoren, glich das Hinterzimmer einer Rumpelkammer, die seit Jahren weder Staubtuch noch Staubsauger gesehen hatte. Nicht gerade motiviert hatte Sasuke versucht, zunächst ein wenig Ordnung zu schaffen und zumindest Spinnenweben und Staub zu beseitigen. Ein aufwendiges Unterfangen. Anschließend war er dazu übergegangen die Einnahmen und Ausgaben der letzten Monate in den uralten Macintosh aus Zeiten des Kalten Krieges, so kam es Sasuke zumindest vor, einzugeben, damit die nächste Steuerprüfung nicht in einem mittelschweren Disaster endete. Zwar hatte er nie einen Beruf erlernt, jedoch hatte man ihm zumindest ein paar Kenntnisse vermittelt, die er problemlos anwenden konnte. Dennoch kam er sich häufig ahnungslos vor und ertappte sich bei dem Gedanken, ob denn andere Leute seiner Generation nicht schon viel selbständiger waren als er. Das andere Problem war seine Antriebslosigkeit, die schon seit vielen Jahren sein ständiger Begleiter war. Interessierte ihn etwas nicht, konnte er sich nur schwer dazu durchringen, sich damit auseinanderzusetzen. Womöglich einer der Gründe, weshalb er die Schule aufgegeben hatte. Abschließend prüfte Sasuke noch, ob alle bestellten Bücher eingegangen und ob die Mängelexemplare korrekt beschriftet waren, bevor er die Verkaufsräume der Buchhandlung erneut betrat und zusah, wie Obito gerade eine aufgetakelte Frau mittleren Alters zu überzeugen versuchte, einen im Mittelalter spielenden Frauenroman zu erwerben. "Ich weiß nicht", sagte sie zögernd, "vielleicht doch lieber einen Krimi." Geduldig wies Obito auf die Regale mit der Beschriftung 'Krimis' und empfahl einige, kürzlich erschienene Werke. "Oh, Sie haben einen neuen Mitarbeiter?", fragte sie den Blick auf Sasuke richtend, der es bereute, zu früh auf der Bildfläche erschienen zu sein. "Sozusagen", erwiderte sein Onkel lächelnd, "das ist mein Neffe, Sasuke Uchiha." "Es ist doch schön mit der Familie zusammenarbeiten", meinte die Frau und blickte auf ihre goldene Armbanduhr, "was, schon so spät? Ich glaube, ich werde den neuen Roman von Haruki Murakami nehmen. Könnten Sie mir den als Geschenk einpacken?" "Selbstverständlich", nickte ihr Obito höflich zu, nahm das Buch und drückte es kurzerhand Sasuke in die Hand, der sich bemühte, das Werk halbwegs ansehnlich in das schlicht gemusterte Papier einzuwickeln. Geschenke einpacken gehörte auch nicht unbedingt zu seinen Talenten. Zuletzt klebte er eine Schleife in eine Ecke und überreichte das Paket der Kundin nachdem diese bezahlt hatte. "Auf Wiedersehen", rief die Frau noch, bevor sie hinauseilte. Obito erwiderte den Abschiedsgruß und Sasuke bemühte sich zumindest, irgendetwas zu nuscheln, das man unter Umständen als "Tschüß" identifizieren konnte. "Daran musst du wirklich arbeiten", sagte Obito zu seinem Neffen nachdem die Tür ins Schloss gefallen war. Sasuke unterließ es, ihm zu antworten. Auch Obito vertiefte das Gespräch nicht und wechselte stattdessen abrupt das Thema: "Aber spät ist es wirklich schon, lass uns Schluss machen. Wir können stattdessen neue Pflanzen kaufen." Innerlich stöhnte der Jüngere auf. Bloß nicht. Als sie im Auto nebeneinander saßen, war es Obito, der zuerst das Wort ergriff. "Ist sonst alles in Ordnung bei euch?" Die Frage war natürlich vollkommen überflüssig, schließlich hatte Sasuke Onkel sie erst vor wenigen Tagen daheim besucht und sich somit selbst vom aktuellen Familienfrieden überzeugen können. Daher beschränkte sich Sasuke auch auf ein zustimmendes Brummen. "Du bist redselig wie immer", seufzte Obito, mit den Fingern auf dem Lenkrad herumtrommelnd, "hast du mal wieder darüber nachgedacht, was du in Zukunft tun möchtest?" Sein Neffe legte den Kopf schief und sah ihn dabei mit ausdrucksloser Miene an. Er hatte dieses Gespräch viele tausend Mal geführt und eine ehrliche Antwort auf diese Frage existierte nicht. Jedenfalls nicht für ihn. Nicht hier und heute. "Gut, vergiss es", wiegelte sein Onkel ab, "Mikoto hat erzählt du warst letztens auf einer Party und deine Freundin hat dich abgeholt." Wie befürchtet hatte sich Sasukes Mutter scheinbar ihren Teil gedacht und irgendeinen Unsinn daraus fabriziert. "Das ist nicht meine Freundin", antwortete Sasuke monoton, das Gesicht in Richtung Seitenfenster gewandt. "Hätte mich ehrlich gesagt auch gewundert", gab Obito zu und lachte schallend. Es klang nicht spöttisch, eher belustigt. "Hast du eigentlich noch Kontakt zu dem Jungen der in der Buchenstraße wohnt?", fragte er nach kurzer Zeit. "Zu Gaara?", wollte Sasuke wissen, "Nein, habe ich nicht." "Ist auch schon lange her", erwiderte der Ältere und stellte fest, dass er sich nicht entsinnen konnte, wie lange es eigentlich her war. Bestimmt einige Jahre. "Acht oder neun Jahre", klärte Sasuke ihn ungefragt auf und Obito war erstaunt, dass bereits soviel Zeit verstrichen war. Obito erinnerte sich noch gut an den rothaarigen Jungen, mit dem Sasuke damals gespielt hatte. Sie hatten sich schon recht früh kennengelernt, irgendwann im Kindergartenalter. Und da Mikoto und Gaaras Mutter, deren Name ihm entfallen war, recht gut befreundet waren, hatten sich auch ihre Söhne häufiger getroffen. Vor allem in der Zeit als Itachi gerade das Licht der Welt erblickt hatte. Kurz darauf musste sich diese Verbindung gelöst haben, aus welchen Gründen auch immer. Vielleicht wusste nicht einmal mehr Sasuke selbst, warum diese Freundschaft nicht gehalten hatte. Er fragte ihn danach. "Seine Eltern haben sich scheiden lassen." Eine simple Antwort. Doch die Gedanken dahinter ließen sich nicht in einem Satz zusammenfassen. Er hatte keine Blumen gekauft. Die Landschaft rauschte an ihm vorbei und er starrte gleichgültig aus dem Fenster des Zuges. Es war keine Aufregung, die ihn ergriff, keine Freude und auch keine Spur von Wut. Seine Stirn lehnte gegen die vibrierende Scheibe des Abteils, er konnte nicht schlafen und wollte nicht denken. Leere Bilder. Endlich schlafen. Er schloss die Augen, dachte an einen quadratischen Raum mit grauen Punkten. Vollkommene Leere ohne Gedanken. Als er erwachte, wusste er zuerst nicht, wo er sich befand. Dann kam die Erinnerung und er las den Namen des Stadtbahnhofes, an dem der Zug soeben ohne langsamer zu werden vorbeigerauscht war. Bald war er am Ziel. Oder am Anfang. Je nachdem, wie man es interpretierte. Graubraune Plattenbauten, überall Graffiti ohne tieferen Sinn und ein wolkenverhangener Himmel, der sich nach dem nächsten Regen sehnte. Seine Heimatstadt. Achtzehn Jahre hatte er hier verbracht, bis er alt genug gewesen war, um fortzugehen. Ohne zu zögern. Ohne Reue. Seitdem war er viele Male hiergewesen, vermisst hatte er es jedoch nicht. Die Atmosphäre, die Menschen, die Gebäude, sie alle waren Teil einer Vergangenheit, die er nicht mehr hervorkramen wollte. Dennoch, so naiv diese Gedanken auch waren, wusste er, dass manche Verbindungen immer bestehen blieben. Selbst, wenn man den Kontakt komplett abbrach, setzte kein Vergessen ein. Jedenfalls kein Allumfassendes. Kaum angekommen, verließ er die Bahnsteige und winkte außerhalb der Gebäude ein Taxi herbei. Nüchtern nannte er dem Fahrer die Adresse, die der südländisch aussehende Fahrer daraufhin in sein Navigationssystem eingab. Im Hintergrund lief leise das Radio, irgendein aktueller Rapsong. Naruto lehnte seinen Hinterkopf gegen die Nackenstütze und atmete tief ein und aus. Zehn Minuten, länger dauerte die Fahrt nicht, der Verkehr war um die Zeit eher mau und die meisten Ampeln zeigten grün. Er zahlte den geforderten Preis und stieg aus, seine Reisetasche wog schwer in der Hand. Ausdruckslos klingelte er an der Tür und vernahm Sekunden später das vertraute Schnarren, das ihn aufforderte, einzutreten. Genau dreiundzwanzig Schritte später stand er vor der Wohnungstür, die einst Teil seines Heims gewesen war. Oder des einzigen Ortes, den er als Kind gehabt hatte. Erneut betätigte er den Klingelknopf und hörte, wie jemand geräuschvoll den Schlüssel herumdrehte und schließlich die Tür öffnete. "Naruto." Eine Feststellung. "Hallo, Mama", sagte er und sah zu, wie seine Mutter beiseite trat, um ihn einzulassen. Seit ihrer letzten Begegnung hatte sie ein wenig abgenommen und ihre roten Haare versprühten einen stumpfen Glanz. Sie trug ein schlichtes T-Shirt, das er glaubte zu kennen und eine Leggins, die ihm vermittelte, dass sie heute vermutlich das Haus noch nicht verlassen hatte. Im Inneren der Wohnung hatte sich nicht viel verändert. Seine Mutter war kein allzu ordentlicher Mensch und es stapelten sich Papiere neben einem Berg gewaschener Kleidung, die sie wohl schon vor Wochen hatte bügeln wollen. Zumindest die Küche bot einen erträglichen Anblick - abgesehen von der Sammlung Teepackungen, die sich auf dem Küchentisch aufreihte. Die Vorliebe zu dem traditionellen Heißgetränk teilte er mit seiner Mutter. Immerhin. Als Kind hatte das etwas anders ausgesehen, aber vermutlich gab es im Allgemeinen nicht so furchtbar viele Jugendliche, die derart häufig Tee tranken. Höchstens mit Zucker oder Milch, beides Substanzen, auf die er schon lange verzichtete in Hinblick auf seinen Tee. Der Kühlschrank war nach wie vor mit Notizzetteln und Magneten beklebt. Ein Kalender, den niemand abgenommen hatte, verkündete das Jahr 1997. Seine Mutter stand hinter ihm, wie bestellt und nicht abgeholt. Naruto warf einen Blick auf den leeren Aschenbecher in der Mitte des Tisches. "Rauchst du noch?", fragte er desinteressiert. "Kaum", erwiderte seine Mutter zögerlich und fügte schließlich noch etwas hinzu, "in den letzten zwei Wochen nur einmal." Er nickte verstehend. Zumindest darauf hatte sie verzichtet, falls sie denn die Wahrheit sagte. In seiner Kindheit war sie es gewesen, die ihm beigebracht hatte, dass es sich bei der Wahrheit nicht immer um die passende Lösung handelte. "Sag Papa nichts davon", hatte sie ihm häufig zugeraunt, ohne dass er den wirklichen Grund für ihr Schweigen verstand. Es waren belanglose Dinge gewesen. Wie ein Eis, das sie ihm im Supermarkt gekauft hatte. Wie ein Kleid, das sie sich ausgesucht hatte. Nichtigkeiten. Manchmal hatte er ihre Anweisungen befolgt, manchmal nicht. Nicht, dass es etwas veränderte, dennoch konnte er sich bis heute ohne groß nachzudenken ihr enttäuschtes Gesicht vors geistige Auge führen. Die Enttäuschung über die Wahrheit. Er drehte sich langsam zu ihr um. "Ich war dabei, einige Sachen auszusortieren. Schau sie dir doch an, vielleicht ist etwas dabei für dich", sagte sie ohne Zusammenhang und wies auf das anliegende Schlafzimmer, in dem sie, wie Naruto kurze Zeit später feststellte, einen weiteren Wäschehaufen mit der alten Kleidung seines Vater aufgetürmt hatte. Sachen, die er nie freiwillig tragen würde. Dennoch suchte er sich ein oder zwei Paar Socken aus und legte sie in eine Plastiktüte, um sie mitzunehmen. "Den Rest nicht", meinte er und setzte sich auf die Bettkante. Stumm sahen sie einander für eine Weile an, bis sich seine Mutter zu ihm setzte. Als habe er sie dazu aufgefordert, dachte er. "Ich werde das Auto verkaufen", teilte sie ihm unaufgefordert mit und er hörte mit halbem Ohr zu, als sie ausführte, wie das Erbe aussehen würde und was sie als nächstes plante. Von ihm aus hätte sie das Geld auch ins nächstbeste Spielkasino tragen können, es kümmerte ihn nicht. "Wie läuft es eigentlich in der Uni?", fragte sie und erntete Narutos verwunderten Blick. Es kam selten vor, dass sie sich für ihn in dem Maße interessierte. "Ganz okay", erwiderte er und verzichtete darauf, näher ins Detail zu gehen. Einerseits, weil er bezweifelte, dass sie Interesse an fachspezifischen Problematiken hatte, andererseits, da er das Gefühl hatte, dass die Frage aus einer Art Höflichkeit resultierte. "Das ist gut", sagte seine Mutter, "Was möchtest du heute essen?" "Pfannkuchen", antwortete er fast schon automatisch. Aus Gewohnheit und da er daheim nie Pfannkuchen machte. Wenig später erhob sich seine Mutter und machte sich in der Küche daran, den Teig anzurühren und diesen schließlich zu Pfannkuchen zu verarbeiten. Immerhin ein Gericht, das ihr immer halbwegs gelungen war. Tatsächlich war seine Mutter nämlich keine überragende Köchin. Nicht, dass ihr Essen ungenießbar gewesen wäre, aber es hatte auch keinerlei Wiedererkennungswert, jedenfalls im Vergleich zu dem, was ihm seine Großmutter zu ihren Lebzeiten serviert hatte. Naruto ließ sich zurückfallen aufs weiche Bett. Ein Moment der Ruhe. "Ich habe keinen Apfelmus mehr", rief seine Mutter quer durch die Wohnung, "ich hol eben welchen." Er antwortete nicht, rührte sich nicht, rollte erst zur Seite, als die Tür ins Schloss fiel. Das Zimmer war zweckmäßig eingerichtet, Nachttische, ein Schrank, eine weiße Tapete, auf der seine Mutter in einem Anflug von künstlerischer Begeisterung blaue Farbtupfer verteilt hatte. Neben dem Bett stand eine Schmuckkassette, dunkelblau und verschlossen. Der Schlüssel steckte. An die Kassette konnte er sich nicht erinnern. Zudem sie sehr offen im Raum stand, was wohl bedeutete, dass der Inhalt nicht allzu wertvoll sein konnte. Sofern seine Mutter nicht einfach vergessen hatte, sie zurückzustellen. Für einige Sekunden musterte er das Objekt mit schiefgelegtem Kopf. Bis die Neugierde siegte und er sich streckte, um sie heranzuzuziehen. Im Inneren befand sich tatsächlich kein Schmuck, sondern Papier. Umschläge, um genau zu sein. Beschriftete und abgestempelte Briefumschläge, ungeöffnet. Sie waren nicht vergilbt, machten jedoch auch nicht den Eindruck, als seien sie erst gestern abgeschickt worden. Der Poststempel bestätigte seine Vermutung. Die Briefe stammten aus der Mitte der neunziger Jahre. Der Neuste, den er finden konnte, war 1997 aufgegeben worden in der Stadt, in der er inzwischen studierte. Den Namen des Absender kannte er nicht, zumindest sagte ihm er Name nichts. Naruto überlegte, ob er die Briefe öffnen sollte. Auf der anderen Seite war das wohl kaum erwünscht, schließlich waren die Briefe eindeutig an seine Mutter, Kushina Uzumaki, gerichtet und nicht an ihn. Aber was mochte seine Mutter dazu bewogen haben, diese Briefe ungeöffnet aufzubewahren nach all den Jahren? Eventuell sollte er sie danach fragen. Vielleicht würde er das tun. Kushina war froh, einen Vorwand zu haben, um die Wohnung für einige Minuten verlassen zu können. Nicht, weil sie etwas anderes vorgehabt hätte, aber die Anwesenheit ihres einzigen Sohnes verunsicherte sie - und es fiel ihr schwer, sich mit ihm auseinandersetzen. Vor allem, seitdem ihr Mann verstorben war und sie mit dieser Bürde alleingelassen hatte. Sie hatte keinen Grund, ihm böse zu sein, sie hatte keinen Grund, ihm weinend um den Hals zu fallen. Überhaupt hatte sie diese Unsicherheit, die sie gegenüber ihrer Rolle als Mutter von Beginn an verspürte, nie ganz ablegen können. Im Gegenteil, seitdem Naruto älter geworden war, fiel es ihr immer schwerer, darüber nachzudenken und eine Lösung zu finden. Als Teenager hatte sie nie eigene Kinder haben wollen und im Grunde hatte sie Kinder auch nie besonders gemocht. Sie war nicht wie die anderen Mädchen gewesen, die bei einem vermeintlich niedlichen Baby ihre Sprache auf ein Grundniveau reduzierten, liebkosende Worte erfanden und um des Kindes Aufmerksamkeit rangen. Es waren andere Träume gewesen, die sie durch ihre Jugendzeit begleiteten - sie wollte studieren, sie wollte die Welt sehen und sie wollte sich selbst verwirklichen. Ganz im Sinne ihrer Generation. Letztendlich war sie doch zu einer von denen geworden, die sie früher so verachtet hatte. Alt, verheiratet, verwitwet und von Selbstwirklichung konnte sie bei ihrem Beruf auch nicht sprechen. Er reichte zum Leben. Das war alles. Was hatte sie von der Welt gesehen? Sie waren zweimal in Frankreich gewesen, im verregneten Elsaß mit dem Fahrrad unterwegs. Sogar der Himmel hatte sie beweint. Sicher hätte sie es so machen können wie ihre damaligen Freundinnen, indem sie ihre zerplatzten Träume in ihr Kind hineinprojizierte und Naruto dazu bewegte, in Abendkleid und Federboa am Christopher Street Day teilzunehmen, während er nebenbei als Topmanager arbeitete. Absurd. Trotz allem hatte Naruto bereits in jungen Jahren mehr erreicht als sie damals. Vielleicht beneidete sie ihn ein wenig darum. Nur an düsteren Tagen erinnerte sie zurück an die Zeit, in der sie erfahren hatte, dass sie im dritten Monat schwanger war. Dann dachte sie daran, dass sie kein Kind gewollt hatte, dass sie es hatte weghaben wollen. Bloß weg. Aus ihr, aus ihrem Leben. Letztendlich hatte sie Naruto behalten. Kushina hatte es geschafft. Doch sie verspürte keinen Stolz. Etwa eine halbe Stunde, nachdem sie das Haus verlassen hatte, kehrte sie zurück. Den Apfelmus stellte sie in der Küche ab und als sie das Schlafzimmer betrat, staunte sie ein wenig, als sie Naruto schlafend auf dem Bett vorfand. Womöglich war die Zugfahrt doch anstrengender gewesen als erwartet. Bevor sie sich wieder umwandte, um das Zimmer zu verlassen, fiel ihr Blick auf die geöffnete Schmuckkassette. Sie erstarrte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)