Schwanentod von Dummer_Fuchs (Tod eines Blutelfen) ================================================================================ Kapitel 7: ----------- Silbermond Das Haus Sonnenläufer Der Fall schien kein Ende zu nehmen. Graue Steinwände, nass und glitschig rauschten an ihren Seiten vorbei. Festhalten war unmöglich, man rutschte sofort wieder ab. Der Fels war hart wie Diamant, selbst als Marat versuchte, sein Schwert hineinzurammen, um ihren Fall zu bremsen, gab er kein bisschen nach. Funken flogen zwar, doch war es aussichtslos. Der Wind pfiff in schrillen Tönen an ihren Ohren vorbei und Dunkelheit lastete auf ihren Augen. Was war das hier für ein Spiel? Sie hatten ihre Briefe Silberohr gegeben, der zuhause bleiben musste. Dann waren sie losgezogen. Marat in seiner Blutritterrüstung mit Schild und Schwert. Paxleon fand das zwar übertrieben - doch andererseits sah sein Bruder darin unglaublich gut aus. Er selbst trug bloß einen Kettenbrustschutz und eine stabile Hose. Das Kurzschwert steckte hinten im Gürtel. Es war mehr eine Waffe zum Zeigen, als zum Benutzen. Paxleon trug das Dokument bei sich in einer Tasche. Tristan hatte sich ebenfalls darin zusammengerollt. Paxleon war entschieden dagegen gewesen, den Kater mitzunehmen, doch Marat hatte darauf bestanden. Mael hatte sie freundlich empfangen und noch bevor sie etwas hatten sagen können, gestand er schon seinen ganzen Verrat. Verdammt, warum waren sie nicht darauf gekommen, dass das ganze ein Trick war. Warum war ihnen nicht aufgefallen, dass alles viel zu leicht ging? Mael behauptete, zu dem Verrat gezwungen worden zu sein. Er führte sie in sein Esszimmer. Sie waren unachtsam gewesen. Hatten nicht gemerkt, dass Maels Wachen absichtlich auf Abstand blieben, sie hatten nicht realisiert, dass der Teppich auf dem Boden farblich so gar nicht in das Haus passte. Dann war es schon passiert. Kaum hatten sie beide die Füße auf dem Teppich, senkte sich der Boden ab und sie vielen in einen dunklen Schacht. Und sie fielen immer noch. Die Dokumente hatte Pax fest umklammert und spürte nur am Rande, wie sich Tristan in sein Haar krallte. Von unten schien ein Licht herauf, ein rötliches Glühen flackerte an den Wänden. Und Wärme. Dort unten musste es sehr warm sein. Der Boden, der jetzt klar erkennbar unter ihnen lag war gelborange und… bewegte sich? "Verdammt!", schrie Paxleon gegen das Tosen des Fallwinds an, "Ist das Lava?!" Er hatte ja schon gehört, dass in Silbermonds Kellern das Merkwürdigste geschah - aber ein Haus mit einem Zugang zum Erdinneren? Zu Lava? Himmel… Inzwischen konnte er Marats Gesicht im roten Licht erkennen. Und zum ersten Mal sah Paxleon Panik in den Gesichtszügen seines starken Bruders. Dieser Anblick war noch schockierender als die Lava selbst. "Gottesschild", brüllte Paxleon, kurz, bevor sie am Boden auftrafen. Die schimmernde Kugel dämpfte den Aufprall und die Hitze. Paxleon schielte zu seinem Bruder. Zum Glück war der Mann zum Gehorchen erzogen worden; auch um ihn schimmerte die Kugel. Schnell sah sich Paxleon um. Sie waren hier in einer Art Grotte gelandet, hoch über ihnen das Loch zum Haus Mael. "Gut! Wir aktivieren unsere Flügel, fliegen da hoch und hauen Mael eine runter!" Paxleon hatte es einfach sagen müssen. Er musste es sagen, um nicht zu verzweifeln. Es gab hier keinen Weg hinaus. Sie konnten nicht fliegen. Es musste schon ein verdammtes Wunder passieren! Das schimmernde Schild um sie herum erlosch und heiße Lava brandete gegen sie. Paxleon gab alles, alles, was er je als Heiler gelernt hatte. Er senkte beider Körpertemperatur und heilte jede geschlagene Brandwunde sofort weg. Marat schrie vor Schmerzen. Der ältere Blutelf hatte körperliche Pein schon immer gut weggesteckt und heilte ungehemmt weiter. Sein Blick verschleierte sich kurz, wurde aber sogleich wieder klar. Tränen, schoss ihm durch den Kopf, ich weine und die Tränen verdunsten. Doch mehr Gedanken gestattete er sich nicht, er musste weiterheilen. Er musste solange durchhalten, bis ein Wunder geschah! Er musste einfach! Langsam spürte er, wie es immer schwerer wurde, die Heilungen zu setzen. Nein! Das durfte nicht sein! Er brauchte immer länger und die Heilungen zeigten weniger Wirkung. Ich muss durchhalten! Für Marat! Für Jevun! Für meine Teuerste! Es war ein letztes Aufbäumen vor dem unvermeidlichem Ende, er heilte, wie er noch nie zuvor geheilt hatte… und doch…. Plötzlich erstrahlte gleißendes, weißes Licht in der ganzen Grotte. Paxleon sah mit letzter Kraft auf und erblickte… ein Wunder? Dort, bei seinem Bruder stand es. Es schwebte etwa einen Meter über der Lava, sein Licht brachte angenehme Kühle. Es war Tristan. Der blöde Kater. Tristan in seiner wahren, dämonischen Form. Er schwebte dort, als wäre es die leichteste Sache der Welt. "Ich habe keine Lust mehr", verkündete er, "lasst uns gehen." Der Dämon reichte dem sich vor Schmerz windenden und heulendem Marat die Tatze. Paxleon war außer sich. Er wollte Tristan anbrüllen, warum er sie erst jetzt rettete. Er wollte den Dämon in die Arme schließen, weil er nun doch seine Geliebte widersehen konnte. Er war erleichtert und wütend und glücklich und… zweifelnd. Da war etwas… das nicht passte. Das… und schließlich, als Marat in Tristans Tatze einschlug realisierte Paxleon, was der Dämon gemeint hatte. Ein trauriges Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Ein tieftrauriges, ehrliches Lächeln. Tristan kam zu ihm herüber und bot auch ihm die Tatze an. "Ja", antwortete Pax und stoppte seine Heilzauber, "lass uns gehen. Hier gefällt es mir nicht." Dann schlug auch er in Tristans Tatze ein. Es war so leicht. Paxleon schien es, als brauchte er seinen Körper nicht mehr, deshalb lies er ihn in der Lava liegen, hielt aber einen Augenbick inne, um sich an das Gefühl zu gewöhnen, dass Kraft und Schnelligkeit in ihm brodelte, die er nur in der Jugend gehabt hatte. Pax lächelte Marat zu und gemeinsam schwebten sie den Tunnel hinauf. Tristan glitt als Katze über ihnen voran. Sie passierten die Falltür, passierten die Wachen, ohne dass ihnen jemand Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Ein letztes Mal gingen sie durch Silbermond und Pax blickte sich um. "Es wird ihnen gut gehen", ließ sich Tristan vernehmen, dessen Stimme wie Wasser klang, das eine Felswand herab sickerte. "Ihnen und tausenden Ihresgleichen. Wenn wir weitergehen zeige ich Dir, was ich meine." Der Kater erreichte das Tor in einem einzigen großen Satz. Hand in Hand folgten die Brüder und gemeinsam glitten sie davon, liefen leichtfüßig durch den Wald hinunter, wo die ersten Primeln zu blühen begannen. Hosted by Animexx e.V. 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