Geschwisterliebe von FreshLemon (Geschwisterliebe) ================================================================================ Kapitel 1: Du kennst ihn doch gar nicht! ---------------------------------------- Julja Ungeduldig sah ich auf die Uhr. Matt sollte vor bereits einer halben Stunde auf dem Parkplatz stehen und dort auf mich warten. Ich zückte mein Handy hervor und suchte in meinen Kontakten nach seiner Nummer. Es dauerte zwar etwas, aber er ging ran: „Yo?“ „Matt!“ rief ich ins Telefon. „Ich warte seit 'ner halben Stunde am Bahnhof auf dich! Du hast versprochen mich abzuholen.“ „Oh fuck!“ Im Hintergrund raschelte etwas und kurz darauf hörte Julja Matt sagen: „Verdammt, Mello, geh doch mal eben runter von mir.“ Meine Miene verzog sich zu dem Wusste-ich-es-doch-Blick. Seit Matt mit meinem kleinen Bruder etwas am laufen hatte, war er unzuverlässig wie eh und je. Als ich krank im Bett gelegen hatte, hatte er gesagt, er würde sich um mich kümmern. Einen Tag später kam er mit rotem Kopf an und entschuldigte sich. Es war schmerzhaft für mich zu sehen, dass er sein Interesse an mir verlor und eines Tages war Schluss. Wenig später rief er bei mir an und fragte mich nach der Handynummer von Mello und ab da war es mir klar gewesen. Ich war wütend auf Matt, ich war wütend auf Mello, doch Mellos Augen schienen wieder diesen ganz besonderen Glanz zu haben. Zumindest für die Momente, in denen er Matt bei sich hatte.wenn er weg war, sank seine Stimmung wieder in den Tiefpunkt und er wurde unerträglich. Und so hielten wir es beide für das beste, ein rein freundschaftliches Verhältnis miteinander zu führen.   „Matt, wenn du dich nicht sofort auf  den Weg machst, kannst du was erleben!“ „Bin schon unterwegs, Süße.“ Ich nahm ein klatschendes Geräusch wahr und gleich darauf einen erheiterten Ausruf von meinem Bruder. Ich drückte Matt wieder weg und klappte mein Handy zusammen. Da er sowieso noch zwanzig Minuten brauchen würde, beschloss ich meinen Freund anzurufen, doch zu meiner Enttäuschung ging nicht er ran, sondern nur seine Mailbox. Gelangweilt schleppte ich meine Reisetasche zur nächsten Bank und ließ mich darauf nieder und begann die vorbeilaufenden Menschen zu beobachten.  Matt kam eine halbe Stunde später mit seinem roten Chevrolet um die Ecke gedüst und kam mit quietschenden Bremsen vor mir zum stehen. Wenn man seinen Fahrstil sah, konnte man meinen, er hätte den Fahrlehrer bestochen, aber wenn man erst mal drinsaß, merkte man, dass Matt seinen Wagen beherrschte. Ich nahm meine Tasche, schmiss sie in den Kofferraum und ließ mich dann auf dem Rücksitz nieder. „Kein 'Hallo', Brüderchen?“ fragte ich Mello. „Nö“, antwortete dieser. Ich wusste, dass seine Antwort nicht stimmte. Innerlich freute er sich nämlich doch. Matt startete den Motor. „Kommst du noch mit zu uns, oder willst du lieber nach Hause?“ fragte er. „Ich glaube eher nach Hause“, antwortete ich. Matt nickte und lenkte den Wagen schwungvoll um die nächste Ecke. „Wie lief eigentlich dein Bewerbungsgespräch?“ fragte Mello. Ich stöhnte. Das war das letzte worüber ich jetzt reden wollte. „Es war die Katastrophe! Zuerst bin ich eine halbe Stunde zu spät gekommen, weil ich das blöde Gebäude nicht gefunden habe und dann hat der aufzug gestreikt und ich musste in den 6. Stock hoch laufen.“ Mello pustet Luft aus, um sich ein Lachen zu verkneifen. „Die Bestätigung soll in der nächsten Woche kommen, aber ich fürchte meine Chancen stehen nicht allzu gut.“  Den Rest der Fahrt schwieg ich und hörte lieber Matt und meinem Bruder zu, wie sie sich darüber stritten, was es zum Abendessen gab. Letztendlich würden sie sich ja doch Pizza bestellen.  Ich bemerkte das Auto von Philipp vor dem Haus, verabschiedete mich von den Jungs und ging mit schnellen Schritten zu unserer Wohnung. Ich schloss die Wohnungstür auf und mir stieg der Geruch von asiatischen Nudeln in die Nase. Ich schmiss meine Tasche in die Ecke, sowie Schuhe und Jacke. Eigentlich hasste Philipp Unordnung, aber das war mir jetzt egal. Ich betrat die Küche, wo er gerade damit beschäftigt war die Nudeln zu würzen. Von Hinten trat ich an ihn heran und drückte ihm einen zarten Kuss auf seinen Nacken. Er drehte sich um, schloss mich in seine Arme und suchte mit seinen Lippen die meinen. „Wie war's?“ fragt Philipp und ich musste mich zusammen reißen nicht nochmal aufzustöhnen. „Frag lieber nicht. Wann gibt’s Essen?“ „In ein paar Minuten.“ Ich nickte und machte mich auf, meine Klamotten in die Waschmaschine zu verfrachten.  Aus dem Kleiderschrank zog ich eine alte Jogginghose. Während ich sie anzog, fiel mein Blick in den Spiegel. Meine braunen Haare hingen langweilig und glatt über meine Schultern. Und auch sonst fand ich den Rest an mir eher langweilig als interessant. Ich hatte ich die gleichen blauen Augen wie mein Bruder und auch mein Körperbau war nicht sonderlich auffällig: Lange schlanke Beine, einen flachen Bauch und nicht viel Oberweite. Doch Philipp meinte immer, ich sei perfekt.  Wenig später saßen wir gemeinsam auf dem Sofa. Ich hatte mich an ihn gekuschelt und wir sahen uns einen alten Disneyfilm an. Es hätte ein romantischer Abend werden können, doch Philipp hatte ein Talent dafür, dass immer zu verhindern. „Hat Matt dich am Bahnhof abgeholt?“ Ich stieß Luft aus und antwortete: „Ja.“ „Du weißt, was ich von ihm halte.“ Ja, ich wusste was Philipp von Matt hielt. Er war nach wie vor der Überzeugung, dass Matt sich nur an Mello ranmachte, weil er mich zurückhaben wollte. Außerdem war Philipp eher konservativ und hielt nicht viel von Homosexualität. Ein weiteres war die Tatsache, dass Matt mich für meinen Bruder verlassen hatte. „Matt und ich sind nach wie vor Freunde und er ist mit meinem Bruder zusammen. Du musst das nicht akzeptieren und auch nicht gutheißen, aber ich akzeptiere es, weil er meinem Bruder gu ttut.“ Ich spürte wie Spannung im Raum entstand. „Das einzige, was deinem Bruder wirklich gut tun würde, wäre ein Psychologe.“ Ruckartig setzte ich mich auf und starrte Philipp mit eisigen Augen an. „Sag mal spinnst du eigentlich?“, fuhr ich ihn an. „Es ist doch wahr! Er ist gewalttätig, aggressiv, launisch, depressiv. Wahrscheinlich auch noch kriminell“, widersprach Philipp mir. Ich spürte wie mir Zornestränen in die Augen stiegen. Es reichte mir: „Du kennst Mello doch nicht einmal! Du wolltest ihn nie kennenlernen! Du weißt doch gar nicht was der durchgemacht hat!“ Ich schrie mir förmlich die Seele aus dem Leib. Dann sprang ich auf, rannte ins Schlafzimmer und schlug mit einem lauten Knall die Tür hinter mir zu. Drinnen schmiss ich mich auf das Doppelbett und heulte los.  Ich lag noch immer wach, als ich hörte wie sich vorsichtig die Schlafzimmertür öffnete und sich wenig später jemand ins Bett neben mich legte.  Die Stimmung am nächsten Morgen war gedrückt und wir hatten bisher noch kein Wort miteinander gewechselt. Wir saßen uns zwar gegenüber, aber keiner redete einen Ton. Ich war damit beschäftigt meinen, Kaffee so zu trinken, dass ich mir nicht die Lippen verbrannte und Philipp versuchte sich die ganze Zeit schon für einen Brotaufstrich zu entscheiden, doch plötzlich durchbrach er die Stille: „Es tut mir leid.“ Ich tat so als hätte ich ihn nicht gehört. „Hey, Erde an Jul!“ rief er. Noch immer reagierte ich nicht. Ich war stocksauer! Wie konnte er bloß jetzt so tun, als wäre nichts gewesen? Ich wusste doch, dass Mello nicht ganz einfach war, dass er psychisch krank war, musste er dann auch noch so darauf herumreiten?“Warum müssen wir uns eigentlich dauernd wegen deinem Bruder streiten? Egal was ich sage, du hast immer das Gefühl ich will auf ihm rumhacken. Vielleicht verstehst du das auch alles falsch. Ach was, du willst es gar nicht anders verstehen!“ Er hatte sich in Rage geredet. Seine Vorwürfe taten weh und schon wieder stiegen mir Tränen in die Augen.Philipp wollte mir den arm umlegen, doch ich schlug ihn weg. „Leck mich! Ich fahr jetzt zu Matt.“ Ich stand auf, schnappte mir meine Jacke, Schuhe und den Autoschlüssel von Philipps Wagen und war schon zur Tür hinaus, als er mir noch einmal hinterher rief, dass es ihm leid tue.  Als ich das Auto startete, rannen mir schon wieder die Wangen runter. Verdammte Heulerei! Aber eigentlich hatte ich mir das ganze hier auch anders vorgestellt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)