Die Liebe kennt keine Grenzen! von Hikari217 ================================================================================ Kapitel 6: Irgendwie anders --------------------------- Auf den zweiten Blick sah ich, dass mein Retter sein Halbbruder war und seltsamerweise blieb die Enttäuschung, die mich eigentlich befallen müsste, aus. Starr verfolgte ich seine grazilen Bewegungen und merkte, wie er mich mit einem kühlen Blick von der Seite bedachte. Komischerweise senkte ich automatisch den Kopf, um ihm nicht weiter in die Augen sehen zu müssen. Ein erneuter Schrei riss mich abrupt aus meinen Gedanken und lenkte meine Aufmerksamkeit auf den Halbdämon, welcher sich langsam wieder aufrappelte. Hasserfüllt blickte er zu Sesshomaru, der dies jedoch gelassen hinnahm und stattdessen sich in Kampfstellung begab. Eine Weile lang blieb es still und nur die Geräusche des Waldes waren zu hören, meine Augen wanderten ständig von einem zum anderen. Und ganz plötzlich beruhigte sich Naraku wieder und ein sicheres Grinsen zog sich über sein Gesicht. „Verehrter Lord Sesshomaru, eure Anwesenheit ehrt mich“, säuselte er spöttisch und machte die Andeutung einer Verbeugung. „Aber ich verstehe nicht ganz, wieso ihr das Menschenmädchen beschützt. Schließlich ist sie die Freundin eures verhassten Halbbruders“. „Meine Gründe haben dich nicht zu interessieren. Mag zwar sein, dass du nun ein richtiges Halbblut bist, aber du bleibst immer noch widerlicher Abschaum.“ Mit diesen Worten zog Sesshomaru sein Schwert und hieb im Nu auf Naraku ein, welcher jedoch geschickt auswich. Erst jetzt fiel mir auf, dass er gar keine Barriere mehr um sich hatte. Ein ganz anderer Gedanke kam mir. Wieso hat mir Sesshomaru geholfen? Was hat er denn davon? Da fiel mit einem Mal der Groschen. Er wusste, dass Naraku kommen würde, wenn er mich fortschickte. So musste es sein. Hatte er also niemals vor, mich allein zu lassen? Mit dieser Frage im Kopf beobachtete ich den Silberhaarigen aufmerksam, welcher gerade einem Angriff seitens Naraku auswich. Der Kampf dauerte nicht lang, bis sich der Halbbdämon schließlich aus dem Staub machte. Das einzige, was er zurückließ, waren folgende Worte: „Ich kriege schon noch was ich will.“ Eine Schweigeminute herrschte, doch schließlich brachte ich es heraus. „Danke!“ Ruckartig sah er zu mir, ich konnte seinen Blick nicht deuten, aber ich war froh, dass etwas anderes darin lag, als die ständige Kälte, die ich von ihm kannte. Im nächsten Moment wandte er sich ab. „Bilde dir bloß nichts darauf ein.“ Trotz dieser Ermahnung lächelte ich. War ja klar, dass er das sagen würde. Ich wusste nicht, was es war, aber irgendetwas hatte sich seitdem zwischen uns verändert. Eigentlich blieb ja alles gleich und irgendwie auch nicht. Zum ersten ging er nicht mehr so oft fort. Und falls doch, nahm er mich mit. In manchen Nächten legte er eine Pause ein, damit ich mir etwas zu essen suchen und ausruhen konnte. Es war mal wieder zu so einer Nacht gekommen, in der er einfach stehen blieb und sich an einen Baum setzte. Ich wusste bereits, was dies bedeutete und mich sofort daran, Feuerholz zu sammeln und ein Feuer zu machen. Sobald ich damit fertig war, sah ich zu Sesshomaru. Er hatte die Augen geschlossen, doch er schien meinen Blick zu spüren, öffnete ein Auge und deutete schließlich in eine Richtung. Dankbar schenkte ich ihm ein kleines Lächeln, ehe ich mich aufmachte. Das war auch eine der Veränderungen. Irgendwie kam es dazu, dass er mir eines Abends die Richtung zeigte, in der ich Nahrung finden konnte. Mit seinem Geruchssinn konnte er das wahrscheinlich ja schon von weitem riechen. Tja, und irgendwie hatte sich das zur Gewohnheit gemacht. Schnell fand ich etwas und kehrte, so schnell es mir möglich war, wieder zum Lager zurück. Und er saß immer noch unverändert an Ort und Stelle, seine Augen wieder geschlossen. Auf dem Weg hatte ich mich satt gegessen und sah nun unschlüssig zu Sesshomaru. Da keimte Neugier in mir auf. Vorsichtig näherte ich mich ihm. Der Gedanke, er würde schlafen, war absurd und trotzdem wollte ich es darauf ankommen lassen. So schlich ich mir mehr an ihn ran, bis ich vor ihm zum Stehen kam. Ich ging in die Hocke und beugte mich leicht nach vorn. 20 cm vor seinem Gesicht hielt ich inne. Was machte ich hier eigentlich? War ich suizidgefährdet? Innerlich schüttelte ich den Kopf. Meine Angst vor ihm war nur fast gänzlich verflogen. Vielleicht lag es daran, dass mir nicht in den Kopf wollte, wieso er mich retten sollte, wenn er mich dann umbringen würde. Als ich mich schließlich wieder besann, blinzelte ich ein paar Mal und betrachte sein Gesicht. Wenn man ihn sich mal genauer ansah, sah er nicht mal so schlecht aus, das musste man zugeben. Aber ihre Frage war noch immer nicht beantwortet. Sie näherte sich noch ein Stück, lauschte seinem Atem. Schlief er nun oder nicht? Misstrauisch fixierte sie sein Gesicht, wartend auf irgendeine Regung, doch es passierte nichts dergleichen. Just, als ich mich entfernen wollte, schlug er die Augen auf und starrte mich unverhohlen an. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, in der ich zu Eis erstarrte und dann blitzartig mit einem Aufschrei zurückfiel. Erschrocken blickte ich in seine belustigt glänzenden Seelenspiegel. Dass er nicht aus der Haut fuhr, sondern die Situation eher amüsant fand, irritierte mich zusehends. Was sollte ich davon halten? „Dachtest du wirklich, ich schlafe?“ Obwohl er es kalt klingen lassen wollte, gelang es ihm nicht vollständig, den belustigten Unterton aus seiner Stimme zu verbannen. „Hmpf, wie kommst du denn darauf?“ Trotzig stand ich auf und ließ mich neben ihm an den Baum gelehnt nieder. „Ich weiß doch, dass du, ein hochrangiger Dämon, keinen Schlaf brauchst.“ Entnervt verdrehte sie die Augen. „Tse, Menschen“, gab er in einem herablassenden Ton von sich. „Tse, Dämonen“, entgegnete ich ebenso. Wir beließen es dabei. Irgendwie kam es auch öfters zu solchen Auseinandersetzungen, aber anstatt auf mich loszugehen, ließ er es einfach über sich ergehen oder ignorierte mich. Ich schüttelte nochmal den Kopf und schloss dann die Augen. Schon bald war ich ihm Land der Träume versunken und bemerkte so auch gar nicht, dass mein Kopf auf Sesshomarus Schulter fiel. Er jedoch bemerkte es sehr wohl und quittierte dies mit einem nichtssagenden Blick auf sie. Wieso ließ er sich das alles nur bloß gefallen? Dieses Mädchen stellte seine so hart erarbeiteten Nerven immer wieder auf die Probe und seltsamerweise machten ihm ihre Diskussionen immer weniger aus. Abwesend sah er auf sie hinab. In ihrer Nähe viel es ihm aus einem unerfindlichen Grund schwerer, seine Kälte aufrecht zu erhalten. Es wurde gar anstrengend. Vielleicht sollte er sie einfach Naraku überlassen. Ehe er diesen Gedanken richtig zu Ende brachte, schüttelte er bereits den Kopf. Er konnte sie nicht allein lassen, so absurd es auch klang und so ungern er es sich auch eingestand. „Mmh.“ Müde rieb ich mir die Augen, mein Rücken fühlte sich an, als wäre jemand darauf Trampolin gesprungen. Auch das war nichts Neues. Und statt mich daran zu gewöhnen, tat es mit jedem Morgen mehr weh. Erst jetzt fiel mir auf, dass mein Kopf – im Gegensatz zu meinem Rücken – auf etwas Weichem lag. Verwirrt blinzelnd sah ich mich um. Und erstarrte im nächsten Augenblick zu einer Salzsäule. Ich erkannte Sesshomarus Gesicht über mir, wie er den Kopf leicht neigte und mir einen Blick zuwarf, als würde er mir direkt in die Seele blicken. Schnell erkannte ich die Situation. Ich lag auf seinem Oberschenkel. Blitzartig schoss ich mit einem Schreckenslaut nach oben und versuchte gleichzeitig, meine Röte zu verbergen, die sich unaufhaltsam auf meine Wangen schlich. Weil ich mich von ihm weggedreht hatte, bemerkte ich nicht sein schelmisches Grinsen. Unvermittelt stand er auf. „Wir gehen weiter.“ „Äh… ja“, fix stand ich auf und folgte ihm ohne Umschweife. Naraku hatte sich die ganze Zeit nicht blicken lassen, doch ich wurde das Gefühl nicht los, dass schon sehr bald etwas passieren würde. Ohne ein Wort schritten wir durch den düsteren Wald, als Sesshomaru plötzlich stehen blieb. Verwundert sah ich zu ihm hoch, doch er blieb ruhig, richtete sein Augenmerk lediglich auf eine Stelle im Wald. Ich merkte, wie er sich anspannte, was dafür sorgte, dass ich dies ebenfalls tat. Irgendetwas stimmte nicht. Aber was? Schon im nächsten Moment bekam ich meine Antwort, denn etwas Rotes sprang durch den Wald und kam mit jeder vergehenden Sekunde näher. Ich hatte schon eine Ahnung, doch ich hoffte, ich würde falschliegen. Leider wurden meine Gebete nicht erhört. Binnen einer Minute stand er uns gegenüber. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich nicht deuten, was er gerade dachte. Sein Kopf war gesenkt, so dass ich ihm nicht in die Augen sehen konnte. „Inuyasha“, flüsterte ich und er fuhr so ruckartig hoch, dass ich unweigerlich zusammen zuckte. Sein Blick enthielt ein Chaos an Gefühlen. Wut, Trauer, Verwirrung aber auch ein Hauch von Liebe. Aber Liebe zu wem, fragte ich mich unwillkürlich. „Kagome“, hauchte er atemlos. Beim nächsten Versuch klang seine Stimme etwas fester. „Was machst du hier?“ Automatisch trat ich einen Schritt zurück. Ich wollte ihn nicht sehen. Ihn nur zu sehen, ließ die alten Wunden wieder aufreißen. Dabei waren sie noch gar nicht komplett verheilt. Es zerriss mir förmlich das Herz. Ich spürte, wie sich ein dicker Kloß in meinem Hals bildete und mir die Tränen in die Augen trieb. Hart schluckte ich und versuchte die aufkeimenden Tränen ebenso zu runter zu schlucken. Doch es gelang mir nicht komplett. Ich spürte, wie ein einzelner Tropfen meine Wange hinab rann und lautlos auf dem Waldboden aufkam. Inuyashas Augen weiteten sich und er machte einen Schritt auf mich zu, doch in diesem Moment trat Sesshomaru dazwischen und somit vor mich. „Was willst du von Kagome, Sesshomaru“, fragte der Halbdämon ungehalten. „Das Selbe könnte ich dich fragen. Ich dachte, du hättest jetzt deine Leiche wieder“, entgegnete Sesshomaru eiskalt. „Keh, was geht dich das an“, schnauzte der Kleinere zurück und wollte sich einen Weg an ihm vorbei bahnen, was ihm jedoch kläglich misslang. Stattdessen wurde er gegen einen Baum geschleudert. „Fass sie nicht an, elendes Halbblut.“ Ich sah erschrocken auf Sesshomarus Hinterkopf. Warum setzte er sich so für mich ein? Ich verstand es einfach nicht. Entgegen meiner Vorsicht griff ich wie aus Reflex mit beiden Händen nach seinem Haori und lehnte meinen Kopf an seinen Rücken. „Ich will von hier weg.“ Meine Stimme brach auf halber Strecke und ich befürchtete, er hatte es nicht verstanden, aber ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, hatte er mich auf die Arme genommen und war davon geprescht. Aus weiter Entfernung konnte ich noch ein lautes „Kagome“ hören, doch das war auch schon alles. Ich hätte nicht gedacht, dass er mir da tatsächlich heraushelfen würde, doch ich war ihm so unendlich dankbar, dass ich einfach, ohne nach zu denken, meine Lippen auf seine drückte. Ein Ruck ging durch meinen Körper und ich spürte, wie er sofort stehen blieb. Erst da wurde mir klar, was ich eigentlich gerade tat und löste mich deshalb rasch von ihm. Er hielt mich immer noch auf den Armen und starrte mich eindringlich an, während ich ihn nur angsterfüllt ansehen konnte. Denn nun hatte ich es ganz sicher zu weit getrieben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)