Majestulös von Phase (Beiträge zu den Quartalswettbewerben) ================================================================================ Kapitel 2: Die Wette -------------------- Die Wette „Was hast du eigentlich für gute Vorsätze für das nächste Jahr gemacht, Enrico?“, Bianca sah den jungen Italiener, der zwischen ihr und Rosetta auf dem Sofa saß und seine Arme um die beiden Mädchen gelegt hatte, erwartungsvoll an. Sie befanden sich auf Enricos Silvesterparty – im Hintergrund spielte eine Liveband auf einer Bühne fetzige Musik, zu der der Großteil der zahlreichen jugendlichen Gäste begeistert tanzte. Um ein wenig Ruhe zu haben, hatten sich Robert, Johnny, Oliver und Enrico samt Anhang zu einer Sitzecke im hinteren Teil des Raumes verzogen. Seither unterhielten sie sich über verschiedene Themen und warteten auf das neue Jahr. „Ich brauche doch keine guten Vorsätze“, grinste Enrico und zwinkerte ihr zu, „Ich bin perfekt, wie ich bin.“ Robert räusperte sich hörbar, Johnny schnaubte und Oliver zog skeptisch die Augenbrauen nach oben, während Rosetta und Bianca kicherten. Enrico runzelte sichtlich irritiert die Stirn ob der Reaktionen seiner Freunde. „Welche Vorsätze habt ihr euch denn gemacht?“ „Keine“, meinte Robert sachlich, „Es hat sowieso keinen Sinn, weil man sie doch wieder bricht. Wenn ich etwas ändern möchte, dann mache ich das sofort und schiebe es nicht auf ein weit entferntes Datum. Letzteres zeigt doch nur, dass man gar nicht wirklich dazu bereit ist, das Problem sofort anzugehen, sondern sich lediglich ein später als Ausrede zu Recht legt, um sein eigenes Gewissen zu beruhigen.“ Johnny rollte gelangweilt mit den Augen: „Ich sehe ehrlicherweise keinen Grund dazu.“ „Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht“, Oliver setzte ein stolzes Lächeln auf, „Als Vorsatz habe ich mir genommen, dass ich es in diesem Jahr in jedem Fall auf das Cover der Beyblader’s Health schaffen werde.“ Genervt stöhnte Johnny auf. „Oliver so funktioniert das nicht – außerdem wissen wir alle bereits seit zwei Monaten, dass du das Angebot für Februar bekommen hast. Ist ja nicht so, als hättest du uns das sofort erzählen müssen.“ Der Franzose lächelte ihn beinahe ein wenig herablassend an, als er sein Weinglas zurück auf den Tisch stellte. „Bitte kein Neid, Johnny. Ich bin mir sicher, irgendwann werden sie dich auch darum bitten. Wenn ihnen die wichtigen Leute ausgegangen sind.“ Johnny warf ihm einen giftigen Blick zu und öffnete bereits den Mund für eine Entgegnung, als Rosetta dazwischen ging: „Ihr braucht aber Vorsätze, damit der Neujahrszauber auch wirken kann.“ Enrico schien darin seine Chance zu sehen, bei den Mädchen zu punkten. „Für euch beide würde ich doch alles tun! Entscheidet ihr beiden Hübschen doch, welchen Vorsatz ich mir nehmen soll.“ „Ach, Enrico, so funktioniert das doch nicht. Der gute Vorsatz muss doch aus deinem Herzen kommen!“, Bianca knuffte ihm in die Seite und fasste dann seine Hand, „Ich möchte jetzt tanzen!“ „Wie wäre es, wenn du und Bianca schon mal ohne mich auf die Tanzfläche geht und ich mache mir erst einmal ein paar Gedanken über das neue Jahr und was ich ändern möchte?“ Die beiden Mädchen hatten nichts dagegen und während sie elegant und wild zur Musik tanzten, versank Enrico ein wenig tiefer im Polster der Couch. „Weiß du, Enrico, wenn ich dir einen Vorschlag für einen guten Vorsatz machen darf“, meinte Robert, der seit jeher der Beziehung Enricos mit den beiden Mädchen sehr skeptisch gegenüberstand, „Wie wäre es, wenn du dich mal für eine Beziehung entscheiden würdest?“ Johnny lachte trocken. „Das klingt doch für mich nach der Grundlage für eine kleine Wette.“ „Was meinst du?“ „Robert hat es doch vorhin selbst gesagt: Vorsätze werden gebrochen. Wir wetten, wer von uns am längsten durchhält – also vom Datum her. Ich habe keine Lust mit den unterschiedlichen Zeitzonen zu rechnen“, der Schotte lehnte sich zurück und grinste, „Der Gewinner darf sich von den anderen irgendeinen Wunsch erfüllen lassen.“ „Das klingt ja ganz nett“, stimmte Enrico zu, „Aber du vergisst, dass wir keine Vorsätze gemacht haben.“ „Ich schon“, setzte Oliver an, doch seine Teamkameraden übergingen seine Bemerkung mit einem Augenrollen. „Die Vorsätze machen wir uns gegenseitig, das ist wesentlich reizvoller“, Johnny sah Robert an, als warte er auf eine Bestätigung, doch der Deutsche wirkte skeptisch. „Und was stellst du dir da vor? Dass wir von dir verlangen, dass du deine Aggressionsprobleme unter Kontrolle hältst?“ Enrico prustete laut und fing einen bösen Blick des Schotten auf. „Ich bin da eindeutig dafür! Und Robert, für dich wäre es dann wohl am passendsten, wenn du mal aufhörst, deine ätzenden Vorträge zu halten.“ Robert starrte den Italiener vorwurfsvoll an, doch der war sehr stolz auf seine Idee und Johnny und Oliver nickten zustimmend. „Dann sind wir uns bisher einig? Keine Aggressionen für Johnny und keine Vorträge für Robert?“ „Und für Enrico gilt der Vorsatz, dass er mal seine Weibergeschichten in den Griff bekommt – eine Beziehung sollte länger dauern als nur zwei Wochen und was deine On-Off-Beziehung zu Bianca und Rosetta, die du nebenbei führst, betrifft... Entscheide dich, ob du mit den beiden oder doch anderen Mädchen zusammen bist und lege dich endlich auf eine Beziehung fest.“ „So schlimm ist das doch gar nicht“, maulte Enrico. „Und was ist mit mir?“, Oliver schien erstaunlich gespannt, welchen Vorsatz er erhalten würde. Seine drei Freunde sahen sich einige Momente schweigend an. „Wie wäre es“, begann Johnny, „wenn du dich mal ein bisschen wie ein Mann verhältst?“ „Nichts gegen dich, Oliver. Aber manchmal verhältst du dich echt wie ein Mädchen.“ „Was soll denn das heißen?!“ „Na ja, deine Hobbys, dein Aussehen, dein Verhalten... Das wirkt schon alles ein bisschen ähm... schwul.“ „Ich habe eine Freundin!“, empörte sich Oliver, „Und was sollen diese oberflächlichen sexistischen Vorurteile? Nur weil ich ein Kerl bin darf ich nicht kochen oder malen, oder was?“ „Darum geht’s nicht mal. Aber-... Versuch dich einfach etwas männlicher zu verhalten, okay?“, Enrico merkte deutlich, wie sehr er Oliver mit seinen Worten verärgerte, deshalb suchte er auch sogleich das Weite: „Nachdem das geklärt ist – die Mädchen warten auf mich. Ich bin dann mal auf der Tanzfläche.“ Kaum war er gegangen, beäugte Oliver Robert und Johnny kritisch, die ihr Interesse plötzlich sehr auffällig ihren Getränken zuwandten. „Ihr denkt also, ich verhalte mich wie ein Mädchen?“ Glücklicherweise blieb ihnen eine Antwort erspart, denn in dem Moment lenkte ein Tumult auf der Tanzfläche ihre Aufmerksamkeit auf sich. Dort stand Enrico, hielt sich die Wange, während er sichtlich darum bemüht war, Bianca, Rosetta und ein drittes Mädchen zu beruhigen, die ihm kurz darauf ein paar bösartige Bemerkungen an den Kopf warfen und das Weite suchten. „Lange hat er ja nicht durchgehalten“, kommentierte Robert und lehnte sich zurück. „Was hast du anderes erwartet?“, Johnnys breites Grinsen zeigte, dass es ihm nicht sonderlich viel ausmachte, dass der Italiener gleich als erstes ausgeschieden war. Mit hängenden Schultern kam Enrico zu seinen Freunden zurück und zuckte dann mit den Achseln. „Warum habe ich auch Katy eingeladen? Ich hätte ihr vielleicht sagen sollen, dass unsere Beziehung beendet ist, seit ich mich gestern wieder mit Rosetta und Bianca vertragen habe...“ „Und vor allem hättest du das Ganze klären sollen, bevor du die Wette eingegangen bist“, rieb Johnny noch einmal Salz in die Wunde und erntete dafür einen bitterbösen Blick, als Enrico sich ihm gegenüber auf das Sofa setzte. „Immerhin habe ich soetwas wie ein Liebesleben im Gegensatz zu manch anderen Leuten am Tisch.“ „Netter Versuch“, kommentierte Johnny beiläufig und verschränkte die Arme vor der Brust. „Aber damit reizt du mich bestimmt nicht.“ Währenddessen war ein Bediensteter zu ihnen an den Tisch heran getreten und erkundigte sich, ob alles in Ordnung war oder jemand Hunger hätte. Oliver wirkte etwas unschlüssig, ehe er fragte, welche Speisen denn zur Auswahl standen und ob es darunter auch solche gab, die als kalorienarm einzuschätzen waren. Als er die skeptischen Blicke seiner Freunde sah, zuckte er verlegen mit den Schultern. „Ich muss auf meine Figur achten, ich habe ein paar Kilo zugenommen.“ Enrico stöhnte genervt auf. „Oliver, auf soetwas wie Kalorien schauen doch nur Mädchen!“ „Heißt das, ich darf nicht auf mein Gewicht achten, nur weil ich männlich bin? Wer kommt denn auf so eine dämliche Ansicht? Soll ich etwa fett und ungepflegt sein, nur damit ihr aufhört zu behaupten, dass ich mich weibisch aufführe?“ „Du könntest ja Sport treiben“, konterte Johnny, „anstatt immerzu nur zu Hause zu hocken und zu malen. Dann ist das sowieso kein so großes Problem mehr.“ „Hah! Das sagt derjenige, der aufgrund seiner ungesunden und fettreichen Ernährung in den letzten Wochen fleissig zugelegt hat“, giftete Oliver zurück. Johnny sah ihn wütend an. „Ich habe nicht zugelegt! Nicht viel zumindest. Das sind Muskeln, weil ich soviel Sport mache!“ „Das glaubst du doch wohl selbst nicht. Deine Speckröllchen sind ja mehr als deutlich zu sehen.“ Was auch immer es genau gewesen war, das das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht hatte, es endete darin, dass Oliver und Johnny sich prügelnd auf dem Boden landeten und Robert nur kopfschüttelnd daneben stand und genervt versuchte die beiden Streithähne auseinander zu bringen. „Das ist ein absolut inakzeptables Verhalten! Ihr beiden benehmt euch wie die kleinen Kinder und gebt damit das gesamte Team der Lächerlichkeit preis. Klärt das wie vernünftige Menschen und hört sofort mit diesem Unsinn auf. Ihr seid so ungehobelt!“ Als sie wenig später alle vier wieder gemeinsam beisammen saßen, herrschte Stille zwischen ihnen – abgesehen von Oliver, der einen seiner Fingernägel betrauerte, der bei dem Gerangel mit Johnny abgebrochen war. „Wer war das nochmal, der vom Neujahrszauber gesprochen hatte?“, erkundigte sich der Schotte, der einen Beutel mit Eiswürfeln auf sein rechtes Auge hielt. Seine Teamkollegen schwiegen einen Augenblick, dann ergriff Robert das Wort und erntete zum ersten Mal in seinem Leben die volle Zustimmung seiner Freunde: „Ich denke, es wäre am besten, wenn wir alle die Sache einfach ganz schnell wieder vergessen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)