Modern world with problems... von Ike_Schwarzfluegel ({HicksxAstrid}) ================================================================================ Kapitel 10: House MD -------------------- Es war wieder kurz nach Mitternacht, als Hicks und Astrid sich für die Nacht von Ohnezahn verabschiedeten und gemeinsam den Weg aus dem Tal nahmen, um nach Hause zu gelangen. Beide schwiegen während des Weges, was sowohl Astrid mehr als unangenehm war. Hicks jedoch nicht. Wegen den letzten Monaten war er Stille und Einsamkeit gewohnt, daher fiel es ihm eher schwer, wieder mit anderen Menschen zu interagieren, auch wenn es dann doch bewundernswert war, dass er Astrid geküsst und ihr seine Liebe gestanden hatte. “Ist das wirklich passiert?“ fragte er sich und legte Gedankenverloren seine Finger an die Lippen, als würde immer noch etwas von Astrid an ihnen hängen. Das blonde Mädchen bemerkte die Geste, ergriff seine Hand und schob ihre Finger zwischen seine. „Ja, Hicks. Das ist wirklich passiert!“ sagte sie lächelnd und hielt kurz an, um ihm erneut einen kurzen Kuss zu geben. „Kannst du jetzt auch noch Gedanken lesen?“ fragte Hicks. Eine Antwort erhielt er darauf nicht. Stattdessen wurde er von seiner Freundin weiter gezogen. „Hicks. Darf ich... darf ich heute Nacht wieder bei dir bleiben?“ fragte sie nach einer Weile. Sie klang dabei sogar ein wenig schüchtern und wäre es nicht stockfinster im Wald, könnte Hicks nun ihr errötetes Gesicht sehen. Er hielt an, blickte zu Boden und wünschte sich, er hätte diese Frage einfach überhört. Es fiel ihm schwer, einfach ja zu sagen. Genau so schwer, als wenn er sie abweisen würde. Aber er kann sie nicht abweisen. Sie hatte bereits mit ihm in einem Bett gelegen und dabei von seinem Bein erfahren. Das war Hicks klar gewesen, als er nach diesem Treffen in seinem Bett aufwachte, Astrid neben sich schlummern sah und bemerkte, dass seine Schuhe auf dem Boden lagen. Er war ihr dankbar dafür, dass sie es noch nicht angesprochen hatte. Sein Bein. Der Grund für sein Leid. Der Grund, warum er sich für so klein, schwach und gebrechlich hält. Und er wusste, wenn er sie diese Nacht wieder bei sich schlafen lassen würde und vielleicht sogar die nächste ebenfalls, würde früher oder später das Thema angebrochen werden. „Astrid... ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist!“ sagte er nach langsam hin und her. „Hicks!“ sie war einige Schritte weiter gegangen, als er gestoppt hatte und drehte sich nun zu ihm um, „Es tut mir leid. Du weißt, dass ich nichts von dem jemals für dich gewollt hätte. Du bist die letzte Person auf dieser Erde, die so etwas...“ und sie zeigte auf sein Bein, „...verdient hätte. Aber, damit ich dir helfen kann. Damit ich deinen Schmerz verstehen kann, muss ich wissen, was passiert ist!“ Er hob den Kopf, schaute sie mit einem gequälten Gesichtsausdruck an und blickte dann wieder zu Boden. „Astrid... bitte zwing mich nicht dazu!“ bat er. „Ich zwinge dich zu nichts, Hicks. Ich bitte dich.“ Sie ging zu ihm, legte ihrem Freund sanft eine Hand gegen die Wange und hob sein Gesicht wieder an, damit sie ihm in die Augen blicken konnte. „Und ich... ich verspreche dir, dass ich auf keinerlei Art über dich urteilen werde.“ Sie versuchte zu Lächeln, Hicks versuchte, seine Tränen zurück zu halten. Wieder war er hin und hergerissen von der Entscheidung, Astrid die ganze Geschichte zu erzählen oder sie weiterhin für sich zu behalten und damit der Möglichkeit zu entgehen, dass sie ihn doch geringschätzen würde. Geringschätzen dafür, was er nun war. Geringschätzen, was sie sehen würde, wenn er die Prothese abnehme. Doch als er wieder in ihre Augen voller Liebe, Güte und Zuneigung blickte, war der Entschluss gefällt. „Lass uns... lass uns erst zurück in meinem Zimmer sein, okay?“ fragte er. Astrid nickte. Die Tür wurde leise von Hicks hinter ihnen geschlossen. Dann zog er den Schlüssel aus der Hosentasche und schloss ab. Astrid hatte derweil das Licht der Schreibtischlampe angeknipst und sich auf den Stuhl gesetzt, damit Hicks das Bett für sich hatte. Sie sagten nichts, als sie anfingen, Schuhe und Jacken auszuziehen. Auch blieben sie stumm, als Astrid sich bis auf die Unterwäsche auszog und dann eines von seinen langen T-Shirts drüber zog und als er nur in Boxershorts und Shirt auf dem Bett saß. Nur eine verräterische Röte lag auf ihren Gesichtern, doch sie bliebe stumm. Erst als Hicks erneut zu seiner Jacke griff um weitere Vicodin zu nehmen, stand auch Astrid auf und setzte sich dann dicht zu ihm aufs Bett, eine Hand auf seinem Rücken, die Stirn sanft gegen seinen Kopf gelehnt. Dann irgendwann fing Hicks an, zu erzählen... »Rückblick« Schmerzen. Das stärkste und größte Gefühl, dass er empfand, als sein Bewusstsein langsam zurück kehrte. Schmerzen... und Kälte. Nässe. Regen. Wassertropfen fielen auf ihn herab, durchweichten seine Kleider und ließen die Kälte bis zu seiner Haut durchsickern. Orientierungslosigkeit empfand er ebenfalls. Sein Kopf ruhte auf etwas Hartem, Schimmerndem. Asphalt. Eine Straße. Vom Regen ganz nass und von einem weißen Licht beleuchtet. Das Licht blendete Hicks, doch er hielt die Augen geöffnet. Etwas lief über die Straße, zog sich langsam wie ein Film über die glänze Oberfläche und verwusch dann im Regen. Es war Blut. Und sein erster Gedanke war: „Mein Blut!“ „Mum?“ Seine Stimme erklang ihm fremd, wie von einem anderen Menschen. Doch als er erneut nach seiner Mutter rief und dabei die fremde, krächzende Stimme hörte, war ihm klar, dass es seine war. Der Schmerz begann langsam, wieder jeglichen Gedanken zu übermannen und so driftete sein Bewusstsein langsam wieder ins Leere, während seine sich langsam schließenden Augen ein flimmerndes, blaues Licht in der ferne vernahm, dass sich rasch näherte... „...und zudem sind mehrere Rippen gebrochen. Wir wissen noch nicht, ob sie seine Lunge punktiert haben, aber wir sollten mit dem schlimmsten rechnen.“ Eine fremde, weibliche Stimme drang in sein Ohr, als er erneut wieder zu sich kam. Er spürte dieses mal nicht die kalte und harte Straße sondern etwas weiches unter sich. Eine Matratze? Ein Bett? „Wir müssen uns erst um das Bein kümmern. Die Wrackteile des Autos haben es an mehreren Stellen förmlich durchsiebt.“ sagte eine andere Stimme, dieses Mal männlich. Er versuchte die Augen zu öffnen, doch seine Augenlider waren so schwer und er fühlte sich so schwach, dass er nichts tun konnte, als Regungslos da zu liegen und den beide Stimmen zuzuhören. „Der Unfall hatte ihn halb aus dem Auto geschmissen. Er war unter dem Wrack eingeklemmt, das Gesicht zum Boden. Er muss Stunden in der Kälte verbracht haben!“ „Nun gut, bereiten sie die OP vor!“ Hicks versuchte etwas zu sagen, versuchte, sich bemerkbar zu machen. Was war passiert? Wo war er? Wo war seine Mutter und warum fühlte er nichts mehr? Wo waren die Schmerzen, die ihn zuletzt in die Ohnmacht getrieben hatten? Nur ein leises Stöhnen entglitt seinen gesprungenen Lippen, dennoch schien er gehört worden zu sein. „Er ist wach, Doktor!“ „Erhöhen sie die Dosierung, lassen sie ihn weiter schlafen!“ „Nein!“ wollte Hicks brüllen. Er wollte nicht schlafen, er wollte Antworten. Doch er konnte sich nicht wehren und wieder verlor er die Kontrolle über sein Bewusstsein... „Oh Hicks... mein Sohn. 's tut mir so leid! So... so unendlich leid!“ War das sein Vater? Hicks hatte Haudrauf noch nie weinen gehört, geschweige denn, dass er sich bei ihm entschuldigt hatte. Was war passiert? Was hatte er verpasst? Wie lange war er weggetreten. Als er langsam die Augen öffnete und seine Umgebung wieder war nahm, fand er seinen Vater neben sich sitzend. Er selbst lag in einem Bett, eine weiße Bettdecke war ihm bis zur Brust hochgezogene worden, seine Arme ruhten auf der Decke. Er nahm das regelmäßige Piepen eines Herzmonitors wahr und vermutete sofort, dass es seiner war. Haudrauf hatte den Kopf gesenkt und seine massige Hand auf eine von Hicks gelegt, mit dem Daumen immer wieder über den Handdrucken streichend. „D-Dad?“ seine Stimme klang immer noch schwach, doch nun klang sie schon mehr nach seiner eigenen. Haudrauf riss den Kopf hoch und er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, bevor er glücklich die Mundwinkel hob und Hicks Hand fest umschloss. „Mein Sohn, du bist wach. Oh, Gott sein dank. Wie... wie fühlst du dich?“ Hicks wollte hämisch lachen. Wie fühlt man sich wohl, wenn man in einem Krankenhaus lag? „Als wäre ich von einer Horde Wikinger niedergetrampelt!“ antwortete er langsam. Haudrauf schmunzelte und strich seinem Sohn dann ein paar Strähnen aus dem Gesicht. „Oh Junge, du hast mir solche Sorgen bereitet. Ich dachte... ich dachte, ich hätte dich auch verloren!“ gestand der stämmige Mann und sein Lachen schwand. Neue Tränen rannen ihm in den Bart, doch er tat keinen Versuch, sie zu verbergen. „Dad? Was ist passiert? Was meinst du mit 'auch verloren'? Und wo ist... Mum?“ „Ihr... ihr hattet 'nen Unfall. Einen Autounfall, du und deine... deine Mum. Oh Hicks... es tut mir so leid!“ Er senkte wieder den Kopf und gab sich seinem Schmerz hin, während Hicks anfing, panisch zu zittern. Sein verstand setzte langsam die Puzzle-Teile zusammen, doch er schüttelte wild den Kopf, als wolle er die Wahrheit nicht akzeptieren. „Nein... nein, dass kann nicht... NEIN, MUM!“ Er setzte sich auf, riss Schläuche und Kabel von sich und versuchte, aus dem Bett zu kommen. Haudrauf schaute ihm erst fassungslos zu, bevor er seinen Arm ergriff und versuchte, ihn wieder ins Bett zu ziehen. „Nein, Hicks. Was... was hast du vor?“ „Ich muss zu Mum. Sie... sie ist nicht tot. Sie kann nicht tot sein. MUM... MUM!“ Er riss sich von seinem Vater los und bevor Haudrauf etwas sagen konnte, war er auch schon aus dem Bett gesprungen. Doch nur ein Fuß machte den Kontakt mit dem Fußboden und hilflos konnte Hicks nur laut aufschreien, als er zu Boden ging. Er krümmte sich vor Schmerzen und suchte dann die Ursache seines Sturzes. Was er erblickte ließ ihn vor Schreck starr und bleich werden. „N-Nein... Dad... Wo ist... wo ist mein Bein, D-Dad?“ fragte er, während er in Tränen ausbrach. Haudrauf konnte nichts sagen, außer zu seinem Sohn zu laufen und ihn sanft in die Arme zu nehmen. Schließlich fing Hicks an zu schreien. Er schrie, bis seine Stimmbänder blutig rissen. Er schlug um sich, bis seine Wunden und Nähte wieder aufgingen, bis Schwestern und Ärzte kamen, um ihn ruhig zu stellen. Er schrie, weinte und verkrampfte, bis die Beruhigungsmittel ihn zurück in einen tiefen Schlaf versetzten... Er verweigerte Nahrung. Nährstoffe nahm er nur über den Tropf auf. Er verweigerte Besucher. Nur die Ärzte waren die einzigen Person, die sein Zimmer betraten. Er verweigerte Antworten. Jedes Mal verließen die Schwester den Raum, seufzend. Tag und Nacht saß er auf seinem Bett, sein gesundes Bein angezogen und die Stirn gegen das Knie gelehnt. Er weinte, bis er keine Tränen mehr hatte. Danach war sein Blick einfach nur leer und matt. Er verlor Gewicht, sein Gesicht fiel ein und er wurde blass. Wenn sein Vater doch das Zimmer betrat und sich an sein Bett setzte, wurde er ignoriert, bis Haudrauf sich wieder bei ihm entschuldigte und ihn allein ließ. Behandlungen ließ er Wortlos über sich ergehen doch auf keine Frage der Ärzte oder Schwestern ging er ein. Dann kehrten die Schmerzen wieder. Sein fehlendes Bein protestierte unter der Belastung und gab dem Jungen keine Sekunde der Ruhe. Die Nächte lag er wach, weinend, schwitzend und beide Hände den Stumpf umklammernd, während er versuchte, laute Schmerzensschreie zu unterdrücken. Die Schwestern gaben ihm Schmerzmittel. Doch schon bald waren die herkömmlichen Dosierungen nicht genug. Der Schmerz wurde stärker, einnehmender, intensiver. Schließlich konnte er sein Schweigen nicht länger aufrechterhalten und er flehte die Ärzte an, etwas zu tun. „M-machen sie... das es aufhört. Es soll aufhören... b-bitte!“ flehte er unter größten Anstrengungen. Doch die Ärzte weigerten sich, sagten, eine höhere Dosierung sei zu gefährlich für ihn. Er allerdings wollte davon nichts hören. Und schließlich sollte sich ein Arzt sich seiner erbarmen... Eine Woche nach dem Unfall und dem Tod seiner Mutter wurde die Tür zu seinem Krankenzimmer aufgestoßen. Es war mitten in der Nacht und wiedereinmal hatte sich Hicks vor Schmerzen schreiend im Bett hin und her gewunden. Als das Licht des Flures ins Zimmer fiel, blickte er auf und erkannte durch den Tränenschleier einen Mann in der Tür stehen. Er trug kein, weißen Arztkittel und er stützte sich auf einen Stock. Er humpelte leicht, als er das Zimmer betrat und die Tür hinter sich schloss. „Hi!“ sagte er zur Begrüßung und nahm dann neben ihm auf einem Stuhl platz. Der Mann hatte ergrautes Haar, einen ungepflegten 3-Tage-Bart und dunkle, stechende Augen. Er spielte erst ein wenig mit seinem Stock, sah sich dann im Zimmer um und holte dann eine Dose mit Tabletten aus seiner Jackentasche. Eine davon warf er sich ein, zwei weitere hielt er Hicks hin. „Ich bin Doktor Gregory House. Und du bist mein neuer Patient!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)