Denn die Prophezeiung sagt von Skeru_Seven ================================================================================ Lavanya war müde, mit deutlichem Abstand lief sie ihren Kollegen Vasin und Kaan auf dem unebenen Weg hinterher. Die Sonne stach hinterhältig auf ihren Nacken, nirgends gab es Schatten, das Gepäck drückte sich unangenehm in ihren Rücken und die Wasserkannen wurden mit der Zeit auch nicht leichter. „Können wir eine Pause einlegen?“, rief sie ihre Kollegen zu und stolperte beinahe über einen der vielen Steine auf dem Boden, den sie übersehen hatte. Lange würde sie mit dem Tempo der beiden nicht mehr mithalten können. „Nein!“, kam zeitgleich dieselbe Antwort zurück; es passierte selten, dass sie einer Meinung waren, und das meistens nur, um vor dem anderen keine Schwäche zu offenbaren, die er später ausnutzen konnte. Lavanya seufzte tief. Sie hatte gedacht, dieses kindische Benehmen verflüchtigte sich mit der Zeit und die zwei nahmen eine gewisse Reife an, die man in diesem Alter von ihnen erwarten durfte. Im Gegenteil; es hatte sich im Laufe der Ausbildung eine handfeste Rivalität zwischen Vasin und Kaan entwickelt, die nicht einmal die ernsten Gespräche und Drohungen ihres Lehrmeisters hatten beenden können. Und meistens war sie die Leidtragende dieser sinnlosen Auseinandersetzungen, genauso wie im Augenblick. Nur wegen ihrer Kollegen liefen sie durch diese abgelegene, unfreundliche Gegend, die nur aus Sand und Felsen bestand, und mussten zu Fuß Besorgungen für ihren Lehrmeister erledigen, die dieser auch per Flugfuchs in Auftrag hätte geben können. Stattdessen schickte er sie durch die Gegend wie Laufboten. Dadurch sparte er Liefergebühren und schonte seine Nerven, da sie mindestens zwei Wochen unterwegs wären. Hätten Vasin und Kaan nicht wieder gestritten, wer der Bessere in der Kunst der Sandfischbeschwörung war, während sie eigentlich den Geräteschuppen neu streichen sollten. Und vor allem nicht ohne Erlaubnis die Formeln für die Beschwörung aufgesagt, obwohl noch keiner von beiden die volle Kontrolle darüber besaß. Es hatte mit einer Flut an Sandfischen, die singend und klingend den ganzen Schuppen einnahmen, und einem wütenden Lehrmeister geendet, der ihnen allen eine Lektion erteilte. Auch Lavanya, weil sie sich seiner Meinung nach als älteste immer noch nicht gegen ihre Kollegen durchsetzen und sie zur Ordnung rufen konnte. Und leider hatte er vollkommen recht, sie kam einfach nicht gegen die zwei an, was sich nun wieder zeigte. Man hörte ihr nicht zu und überging sie aus Prinzip. Keine halbe Stunde später rächte sich dieses Verhalten ihrer Kollegen, denn Lavanya blieb erneut mit ihrer Sandale an einem Stein hängen und konnte dieses Mal nicht das Gleichgewicht halten. Mit einem unterdrückten Schrei stolperte sie nach vorne und schlug schmerzhaft auf dem mit Kieseln übersäten Weg auf. „Was ist denn jetzt schon wieder?“, fragte Kaan gereizt, der erst an einen Trick dachte, um die allgemeine Aufmerksamkeit zu erlangen. Er drehte sich um und sah Lavanya auf der Erde liegen. Der Inhalt ihres Rucksacks hatte sich teilweise selbstständig gemacht und lag nun verstreut um sie herum. „Nicht dein Ernst, oder?“ „Helft mir bitte hoch!“ Weder auf den Handflächen noch auf den Knien konnte sie sich nach oben drücken. Kleine Steine hatten sich in die Haut gebohrt und nun brannte und blutete es bei der kleinsten Bewegung. „Wir sollten dich liegen lassen, denn Dummheit muss bestraft werden“, befand Kaan und drehte ihr den Rücken zu. „Ich bin nicht deine Kinderschwester.“ Er zeigte Anstalten, ungerührt weiterzumaschieren. Vasin hielt ihn jedoch am Ärmel fest, bevor er es in die Tat umsetzen konnte. „Du bist unmöglich.“ Er sammelte die umherliegenden Wasserkannen, Rosentomaten und Efeukartoffeln zusammen, übergab Lavanyas Rucksack an Kaan ohne dessen Zustimmung und lud sich seine verletzte Kollegin umständlich auf den Rücken. Das wäre nicht zwingend notwendig gewesen, ihr nur auf die Beine zu helfen hätte für den Anfang gereicht, aber so erhoffte er sich ein noch größeres Lob am Ende des Tages. „Und wie geht es weiter? Willst du sie die ganze Reise über tragen?“, fragte Kaan herausfordernd. „Damit du der große Held sein kannst?“ „Wir sollten uns für eine Nacht eine Unterkunft suchen.“ „Das kostet Geld, falls du es vergessen hast.“ „Sie ist verletzt, falls du das übersehen hast“, entgegnete Vasin ärgerlich. „Nur mit Energie kann man sie nicht heilen, das weißt du.“ „Ja, nur zu, spiel dich weiter auf und bestimme, was wir zu tun haben. Sei du heute der Anführer, dann erklärst du unserem Lehrmeister, wofür unser Geld verschwendet wurde. Wir haben Zelte dabei, falls du dich erinnerst.“ Lavanya beobachtete kopfschüttelnd diesen Schlagabtausch. Wenn es wenigstens tatsächlich um sie, ihre Verletzungen und um ihr Nachtlager gegangen wäre, aber Vasin und Kaan verfolgten nur das Ziel, sich gegen den anderen durchzusetzen. Die Meinungsverschiedenheit zog sich noch eine ganze Weile in die Länge, keiner wollte nachgeben, jeder fand seine Position am sinnigsten und die des anderen aus Gewohnheit unnütz. Irgendwann reichte es Lavanya. Sie war immer noch durstig, hatte Schmerzen und hing unbeachtet wie ein Sack Sand auf Vasins Schultern in der prallen Sonne. Es war an der Zeit, mit ihrer Stimme die Diskussion zu entscheiden. „Ich bin für eine Unterkunft.“ „Haben wir dich gefragt?“ „Gut, dann ist es entschieden, wir werden eine suchen“, überging Vasin Kaans Einwand. Dieser knurrte wütend, fügte sich aber widerwillig, damit sie nicht noch mehr Zeit verloren als ohnehin schon. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)