Still Some Hope Left von Lady_Red-Herb ================================================================================ Kapitel 21: Women... -------------------- „Du siehst nicht sonderlich glücklich aus. Ist alles in Ordnung?“ Claire legte leicht den Kopf schief und betrachtete Leon neben sich nachdenklich. Seit sie aufgebrochen waren, hatte der Special Agent kein Wort mehr gesagt. Nicht, dass er für gewöhnlich der große Redner war, aber Claire wusste, dass Leon selbst in den schwierigsten Situationen immer irgendeinen lockeren Spruch parat hatte. Normalerweise. Nun aber schien er ganz in Gedanken versunken und hatte ein düsteres Gesicht aufgesetzt. „Du machst dir Sorgen… um Ada, nicht wahr? Leon…?“ „Was…?“ Leicht blinzelnd hob Leon den Kopf und sah Claire an. Er hatte der Jüngeren gar nicht wirklich zugehört. Und irgendwie tat ihm das leid. Sie hatte ja recht. Er sorgte sich um Ada. Natürlich tat er das. Aber es war nicht nur die Asiatin, die ihn beschäftigte. Natürlich machte sich Leon auch Sorgen um Chris und die Anderen. Ganz besonders um Chris und dessen Partner. Jill und Sherry würden sich schon zur Regierung und zu Hunnigan durchschlagen. Aber Chris wollte es erneut mit Wesker aufnehmen. Und der Kerl schien ja wirklich unsterblich zu sein, wenn ihn nicht einmal die Aktion im Vulkan aufgehalten hatte. Und auch, wenn Chris wirklich stark war, und Leon wusste, dass auch Piers sicherlich etwas drauf hatte, hatte er doch Angst um die Beiden. Wesker war immerhin nicht irgendwer. Und zudem sah es ganz danach aus, als hätte er schon wieder eine Geisel genommen. Was da wirklich vor sich ging, konnte natürlich keiner von ihnen zu diesem Zeitpunkt ahnen. „Du sorgst dich echt um Ada, hm…?“ Leon seufzte leise und fuhr sich müde durch die Haare. „Natürlich sorge ich mich um sie. Sie ist immerhin Wesker nachgerannt. Das bedeutet nichts Gutes. Und seitdem haben wir nichts mehr von ihr gehört.“ „Hast du schon einmal daran gedacht, dass sie das Feuer in der Kneipe vielleicht gelöscht haben könnte?“ Leon musste zugeben, dass er das noch nicht hatte. Darüber, dass das Feuer einfach irgendwann gelöscht worden war, hatte er noch gar nicht wirklich nachgedacht. Er selber hatte das auch nur am Rande mitbekommen, als die Anderen darüber geredet hatten. Und da hatte sein Kopf noch viel zu sehr geschmerzt, um sich intensiver damit zu befassen. Auch jetzt war ihm noch ein wenig schwindelig, aber er fühlte sich ansonsten fit und ausgeruht und hatte keine Sorge, irgendwann einfach aufgrund der Gehirnerschütterung zusammenzubrechen. „Leon… Hörst du mir überhaupt zu?“ „Tut mir leid, mir ist gerade nicht nach Reden zumute…“ Das hatte gesessen. Und Claire begriff langsam, dass es besser war, den Älteren nicht länger zu nerven. Und eigentlich war das ja auch gar nicht ihre Art. Sie war kein kleines Mädchen, das ständig rum plappern musste. Aber im Moment machte Claire sich auch einfach Sorgen um Leon. So ernst und schweigsam kannte sie ihn gar nicht. Und sie hatte Angst, dass er in seiner Sorge um Ada vielleicht irgendeine Dummheit anstellte. Wenn es um die Asiatin ging, schienen bei Leon ja gerne mal die Sicherungen durchzubrennen. Es war wie verhext. Claire seufzte noch einmal leise, schloss die Augen und atmete tief durch, ehe sie nun schweigend neben dem Älteren her ging. Diese Stille war bedrückend, aber sie wollte Leon auch nicht unbedingt nerven. Das machte es ja nicht besser. „Tut mir leid…“ „Ist schon gut.“ Claire lächelte leicht und schüttelte nur den Kopf. Es war kindisch, sich darüber nun aufzuregen. Vor allem in so einer Situation. Sie wusste selber ja nur zu gut, wie es war, wenn man sich um einen geliebten Menschen sorgte. Wenn sie an Raccoon City zurückdachte, daran, wie sie nach Chris gesucht hatte, weil sie den einfach nicht hatte erreichen können… Sie hatte panische Angst um ihren Bruder gehabt. Wenn ihm irgendetwas zugestoßen wäre, wenn sie ihn verloren hätte… dann wäre sie ganz alleine gewesen, zumindest, was die Familie betraf. Vermutlich wäre das bei Leon nicht der Fall gewesen, wenn Ada etwas passierte, dennoch war sie ihm sehr wichtig, und natürlich wollte er sie nicht verlieren. Und Claire wollte auch nicht, dass er sie verlor. Immerhin wollte sie, dass Leon glücklich war. Er war ihr Freund, er war ihr auch wichtig. Ja, irgendwie war Leon für Claire wie ein zweiter großer Bruder. Und es tat ihr weh, zu sehen, wie sehr es ihm zusetzte, dass Ada immer wieder einfach verschwand. In China hatte Leon geglaubt, sie wirklich für immer verloren zu haben. Als Chris ihm mitgeteilt hatte, dass Ada tot war, war für den Special Agent eine Welt zusammengebrochen, das hatte sie bereits erfahren. Er hatte damals versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Helena hatte ihn nicht für schwach halten sollen, und es hatte auch einfach Wichtigeres zu tun gegeben. So viele Menschenleben hatten auf dem Spiel gestanden. Und trotzdem war Leon den dicken Kloß in seinem Hals nicht los geworden, bis sie Ada mit einem Mal doch wieder begegnet waren. Und als sie dann im Kampf gegen Simmons verletzt worden war, da war diese Angst wieder da gewesen. Leon wusste nicht, was zwischen Ada und ihm war, ob da überhaupt irgendetwas war. Er hegte auf jeden Fall Gefühle für die Asiatin, das konnte er nicht leugnen. Und das schien auch jedem Anderen klar zu sein. Aber was war mit ihr? Ada hasste ihn auf jeden Fall nicht, das stand fest. Sie mochte ihn sogar, auch da war Leon sicher. Immer wieder rettete sie ihn, und auch, wenn sie ihn schon mehr oder weniger hintergangen hatte, wenn sie nun wirklich keine Unschuldige war, brachte sie ihn doch nie in Gefahr. Ganz im Gegenteil. In Raccoon City, in Spanien… und letztendlich auch in China. Ada war immer da, wo er war. Und sie war immer zur Stelle, um ihm zu helfen. Aber tat sie das nur aus Freundschaft oder war da mehr? Leon wusste es einfach nicht. Aus Frauen würde er wohl niemals schlau werden. Und im Moment wollte er das auch gar nicht. Alles, was für ihn jetzt zählte, war, Ada zu finden. Lebend und am besten unversehrt. Und auch Claire sollte dabei nichts passieren. Zum Einen, weil Chris ihm das vermutlich wirklich niemals verzeihen würde, zum Anderen, weil sie ihm selber ja auch nicht egal war. Ganz im Gegenteil. Wäre er Ada nicht begegnet, vielleicht hätte er diese starken Gefühle in diesem Fall für Claire empfunden. Vielleicht wäre dann alles anders gekommen. Aber es war nun einmal so, wie es war. Leon kannte Ada, Leon liebte Ada. Zumindest glaubte er, dass es so war. Diese verdammten Emotionen, sie waren einfach viel zu verwirrend. Überhaupt waren Frauen verwirrend und so unglaublich kompliziert. Warum war das nur so? Aber Leon hatte nun wirklich keine Zeit, darüber nachzudenken. Er musste damit aufhören. Als er ein leises Kichern vernahm, hob der Special Agent den Kopf und runzelte leicht die Stirn. Da stand wirklich Claire neben ihm und lachte ihn aus. Hatte man ihm seine Gedanken etwa so deutlich angesehen? Es sah zumindest ganz danach aus. Er murrte kurz leise, dann aber seufzte er nur und atmete geräuschvoll aus. „Du findest das also witzig, ja? Wenn ich mir Sorgen mache…?“ „Entschuldige, so war das nicht gemeint“, erwiderte Claire schnell und schüttelte heftig den Kopf. Claire machte sich nicht lustig, weil er sich sorgte, sondern weil er einfach so verplant wirkte, wenn er über Ada nachdachte. Das war irgendwie niedlich. Leon, der Mann, der scheinbar alles konnte, den nichts aus der Ruhe brachte, den nichts überraschen konnte. Ausgerechnet der Mann war mehr als überfordert, sobald es um Frauen ging. Aber es war, wie auch Ada schon bemerkt hatte. Leon hinkte oftmals einen Schritt hinterher, ohne es wirklich zu merken. Er glaubte, den Überblick zu haben, wenn es gar nicht so war. Aber das war nichts Schlimmes, das machte ihn menschlich. Und das war ja das, was Ada so sehr an ihm mochte, vielleicht sogar liebte. Und es war auch das, was Claire am meisten an Leon schätzte. „Weißt du… Ich verstehe, dass du dich um Ada sorgst, und sicherlich auch um die Anderen. Mir geht es ja nicht anders, aber… Ich denke, wir sollten uns irgendwo ausruhen, eine kleine Pause machen, meinst du nicht?“, murmelte Claire nach einer Weile, während sie Leon wieder eindringlich musterte. Er war noch immer so sehr in seinen Gedanken vertieft. In dem Zustand war er weder Ada noch sonst irgendjemandem eine große Hilfe. Allerdings wusste Claire auch, dass Leons Sorge um die Asiatin nicht nachlassen würde. Je länger sie warteten, desto schlimmer wurde es vermutlich. Dennoch sagte Leon nach kurzem Zögern zu, was Claire doch ein wenig aufatmen ließ. Wenigstens hatte Leon noch nicht an Vernunft eingebüßt. So sehr hatte Ada seinen Verstand dann also noch nicht vernebelt. Claire sah sich kurz etwas um, dann hatte sie eine Bank in einer kleinen Seitenstraße gefunden und zog Leon bestimmt zu dieser Bank hin. Ada konnte auf sich aufpassen, das hatte sie oft genug bewiesen. Und wenn sie wirklich dumm genug gewesen war, Wesker auf die Pelle zu rücken, dann war sie vermutlich längst tot. Das mochte grausam klingen, aber so war es nun einmal. Nicht, dass das etwas war, was Claire sich wünschte, ganz im Gegenteil. Aber sie wollte sich auch keine heile Welt herbei reden, wo vermutlich keine war. Es hatte einen Virusausbruch gegeben, Albert Wesker war am Leben, Jake Muller war verschwunden… Es war sinnlos, sich hier irgendetwas vormachen zu wollen. Wieder einmal sah es alles andere als gut aus. Claire wäre etwas optimistischer gewesen, hätten sie die B.S.A.A. und die Regierung zur Unterstützung auf ihrer Seite gehabt. Aber da es da noch irgendjemanden gab, der ihre Hilfe immer wieder ausschaltete, musste Claire zugeben, dass sie im Moment nicht sonderlich viel Hoffnung hatte, was das alles anging. Sie hatte Angst, unglaubliche Angst. Und es war doch wirklich kein Wunder, dass Leon da ebenso angespannt war. Egal, wie viel er aushielt, was er alles konnte… er war doch auch nur ein Mensch. Ein Mensch, der sich um die Welt und deren Bewohner sorgte. „Wir packen das oder? Wir besiegen auch dieses Virus, und alles wird wieder gut…“ Claire ließ sich auf die Bank fallen, lehnte sich zurück und schloss leicht die Augen. Sie wollte einfach unbedingt daran glauben, sie wollte die Hoffnung nicht aufgeben, auch wenn es schwer war. „Ich weiß es nicht, aber ich hoffe es sehr…“ Selbst Leon hatte nicht mehr den Optimismus, mit einem klaren ja zu antworten. Aber wo hätte er den auch her nehmen sollen? Sie waren alleine. Niemand, der ihnen half. Drei Teams mit je zwei Leuten, die den Untergang der Welt verhindern wollten. Das waren nicht unbedingt optimale Voraussetzungen. Das war jedem Einzelnen von ihnen klar. Leon setzte sich nun neben Claire und lehnte sich ebenfalls zurück, ehe er seinen Blick durch die kleine verlassene Straße schweifen ließ. Hier war einfach niemand mehr, jeder einzelne Bewohner war anscheinend infiziert. Vielleicht waren ein paar von ihnen doch entkommen, vielleicht versteckte sich noch irgendwer in irgendeinem Keller. Aber wo waren all die Infizierten? All Diejenigen, die sie aus der Kneipe heraus nicht hatten erschießen können, all Diejenigen, die die anschließende Explosion überlebt hatten? Was, wenn Jill und Sherry doch nicht so einfach voran kamen? Was, wenn Chris und Piers gegen Wesker versagten, wenn dieser Jake tötete? Was, wenn Ada… wenn Claire…? Leon griff sich an den Kopf und kniff die Augen zusammen. Er war der Verzweiflung nahe. Das konnte alles einfach nicht wahr sein. Durch all das, was Leon schon erlebt und durchgemacht hatte, war er nach und nach abgehärtet worden. Er hatte ein hervorragendes Training absolviert, er hatte viele BOWs und ihre Schwächen kennengelernt. Leon gehörte zu den Leuten, die im Kampf gegen den Bioterrorismus die meiste Ahnung hatten. Und dadurch hatte er sich im Laufe der Jahre angewöhnen müssen, das alles ein wenig mit Humor zu sehen. Nicht, dass es am Bioterrorismus irgendetwas zu lachen gab, aber anders ertrug man das einfach nicht. Leon nahm das alles durchaus verdammt ernst. Aber irgendwie musste er sich auch selber immer wieder vorantreiben. Und ab und an einen lockeren Spruch über die Lippen zu bringen, half eben einfach, das durchzustehen. Nur langsam war auch Leon am Ende. Genau wie Chris wurde auch er nicht jünger. Und nur, weil man immer mehr kennen lernte, bedeutete das nicht, dass es einem auch immer weniger ausmachte. Ganz im Gegenteil. Der Special Agent war mit seinem Latein am Ende, ebenso wie mit den Nerven. Für gewöhnlich holte Ada ihn in brenzligen Situationen wieder hoch und zeigte ihm dadurch, dass es noch Hoffnung gab. Er musste zugeben, dass er bei der einen oder anderen Mission tatsächlich schon fast auf die Spionin gewartet hatte. Oftmals hatte er einfach gehofft, dass sie vielleicht auch da war. Und meistens war es ja auch so gewesen. Aber nun war sie nicht hier, und Leon hatte keine Ahnung, wo sie sich befand, ob es ihr gut geht. Er sorgte sich um sie, um Claire, um Sherry und Chris, und auch um Jake, Jill und Piers. Sie alle waren ihm wichtig, auch wenn er Jill, Piers und Jake kaum kannte. Aber für Leon spielte das überhaupt keine Rolle, da war er genau wie Chris. Wer Hilfe brauchte, dem half er auch, so gut es nur ging. Seine eigene Sicherheit stellte er dabei sehr gerne zurück, wenn es sein musste. Während er so neben Claire auf der Bank saß, schweiften seine Gedanken wieder ab. Da war noch immer die Frage, was nun mit Ada und ihm war. Das war etwas, was ihn einfach nicht so schnell loslassen wollte. Und das, obwohl es im Moment eigentlich vollkommen gleichgültig war. Hier ging es um so viele Menschenleben, und er dachte allen Ernstes über nach, ob er so etwas wie eine Beziehung hatte oder nicht? Was stimmte nicht mit ihm? Was war nur los? Oder versuchte er gerade einfach, seine eigentlichen Gefühle zu überspielen? Er konnte es selber nicht sagen, Leon wusste es einfach nicht. Was er wusste war, dass Frauen seiner Meinung nach weitaus anstrengender und komplizierter waren als der Kampf gegen den Bioterrorismus. Setzte man ihm eine BOW vor die Nase, wusste er, was zu tun war. Tat man das Gleiche mit einer Frau, war Leon hoffnungslos überfordert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)