Still Some Hope Left von Lady_Red-Herb ================================================================================ Kapitel 14: Die Ruhe vor dem Sturm ---------------------------------- Es vergingen noch einmal zwei Stunden, ehe sich auch Leon endlich wieder regte. Langsam schlug er die Augen auf und brauchte einen kurzen Moment, um alles richtig zu erkennen. Sein Kopf dröhnte, und ihm war schlecht und schwindelig. Eine Gehirnerschütterung, die hatte ihm gerade noch gefehlt. Aber immerhin war er am Leben, und die Anderen allem Anschein nach auch. Und nach einigen weiteren Momenten erkannte er dann auch noch Jake und Sherry. Scheinbar hatten die sie gerettet. Die junge Agentin hielt ihm eine Wasserflasche hin, in der leider nur noch ein paar Schlucke drin waren, weil alle schon etwas daraus getrunken hatten. Aber das Bisschen reichte, um den Blutgeschmack im Mund los zu werden, und ebenso die Trockenheit im Hals, die durch das Feuer und den Rauch entstanden war. Sherry ließ Leon dann noch ein paar Mal tief durchatmen und richtig zu sich kommen, ehe sie nun auch ihm erklärte, was passiert war. „Und jetzt müssen wir hier weg. Wenn das hier wirklich Weskers Werk war, wird er vermutlich wiederkommen. Wenn nicht, kommt vielleicht Derjenige zurück, der das verursacht hat“, murmelte Sherry und blickte nachdenklich durch die Straße. Die Frage war nur, wo sie hin sollten. Irgendjemand schien Leon und die Anderen zu beobachten und alles und jeden anzugreifen, der ihnen helfen wollte. Es war ein wahres Wunder, dass Sherry und Jake unbehelligt bei ihnen angekommen waren. Aber beschweren würde sich darüber sicherlich keiner von ihnen. Sie mussten nun einfach verdammt vorsichtig sein. Wer immer da draußen war, Wesker oder doch ein Anderer, er konnte auch jetzt hier sein und sie beobachten. Vielleicht war auch er es gewesen, der das Feuer gelöscht hatte. Vielleicht wollte er einfach seine Spielchen mit der Gruppe treiben, sie verunsichern und verwirren. Und ein wenig schien das auch zu klappen. Irgendwann würden sie vielleicht paranoid werden. Aber noch waren sie alle bei klarem Verstand, auch wenn Leon durch seine Gehirnerschütterung noch ein wenig benommen war. Aber keiner von ihnen litt unter psychischen Problemen, wenn man von Chris vielleicht einmal absah. Sein mentaler Zustand war momentan vermutlich wirklich noch der instabilste. Aber er war ja nicht alleine, und die Anderen standen ihm immer bei. Sie mussten einfach weiterhin zusammenhalten und stark bleiben, dann kam ihr Gegner auch mit dieser Masche nicht weit. „Ich denke, wir werden hier schon irgendein kleines Häuschen finden, in dem wir uns erst einmal verstecken können. Dann ruhen wir uns noch weiter aus und sehen weiter. Wir müssen dann eh auch Hunnigan darüber informieren, dass wir euch gefunden haben“, murmelte nun Jake und wandte sich Leon und den Anderen zu. Noch immer spukten die Gedanken über seinen Vater in seinem Kopf herum. Wesker war tatsächlich am Leben, er war wieder da. Und noch immer wusste Jake nicht, wie er damit umgehen sollte. Aber die Gedanken musste er nun erst einmal verdrängen. Es war jetzt wichtiger, hier weg zu kommen und alle in Sicherheit zu bringen. Dass er so etwas wirklich mal denken würde… er war selber verwirrt. Klar, als er mit Sherry unterwegs gewesen war, hatte er durchaus angefangen, sich um sie zu sorgen, sie zu mögen. Er hatte sie wirklich beschützen wollen, obwohl er es eigentlich gewesen war, der unter ihrer Obhut gestanden hatte. Ja, das Supergirl hatte ihm wirklich wieder Gefühle eingetrichtert, daran bestand kein Zweifel. Ihm war nicht mehr alles egal. Sie hatte ihn davor bewahrt, wirklich noch wie sein Vater zu werden. Und wieder… wieder die Gedanken an diesen Mann, nein, an dieses Monster. Das musste aufhören, nun war einfach nicht der richtige Zeitpunkt dazu. „Kannst du aufstehen?“ Diese Worte richtete der Söldner nun direkt an Leon, dem seine Schmerzen doch noch deutlich anzusehen waren. Seine Schulter schien auch wieder Probleme zu machen, und etwas frisches Blut tränkte seine Jacke. Die Verletzung am Kopf war zum Glück nicht so schlimm wie sie anfangs ausgesehen hatte, aber das Blut, das sich an Leons Lippen befunden hatte, ließ dennoch auf innere Verletzungen schließen. Er hatte mindestens eine Gehirnerschütterung und konnte von Glück reden, wenn es nicht schlimmer war. „Es wird schon gehen.“ Aber wie erwartet, ließ sich Leon von dieser Tatsache nicht unterkriegen. Gehirnerschütterung oder nicht, er rappelte sich wieder auf, ließ sich kurz von Claire stützen und stand dann relativ sicher auf den Beinen. Er wäre ja auch nicht Leon gewesen, wäre er nun einfach schwächelnd liegen geblieben. Nein, dazu war der Special Agent viel zu zäh, aber das musste er in seinem Job ja auch sein, nach all den Jahren. Sie alle hatten schon viel durchgemacht, jeder auf seine Art und Weise, jeder konnte seine eigene kleine Geschichte erzählen. Und kein normaler Mensch hätte mit ihnen tauschen wollen. Aber sie selber kamen aus ihren Leben nicht mehr raus, es gab kein Zurück mehr. Der beste Beweis dafür war Chris. Er hatte es sich vorgenommen, aber er hatte gewusst, selbst, wenn alles nach Plan gelaufen wäre, und er mit Piers gemeinsam aus der Einrichtung hätte fliehen können, er hätte niemals ganz mit seiner Arbeit aufhören können. Dazu steckte er schon viel zu tief in dieser drin. Und auch nun, da Piers wieder zurück war, wusste der B.S.A.A.-Captain, dass er weitermachen würde. Er konnte gar nicht anders. Er konnte nicht rum sitzen und nichts tun, während er genau wusste, was in der Welt um ihn herum vor sich ging, das war schier unmöglich. Und er wusste, dass es den Anderen genau so erging. Selbst seine Schwester Claire handelte, wenn auch nicht mit Waffengewalt, sondern auf ihre Art und Weise. Ob die etwas brachte oder nicht, ob sich irgendein verrückter Bio-Forscher von TerraSave beeindrucken ließ, das war eine andere Sache. Aber letzten Endes zählten allein der Wille und die Tat, der Versuch, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Und dafür setzte Claire sich ein, ebenso wie ihr Bruder und ihre Freunde. Leon und Sherry arbeiteten im Kampf gegen den Bioterrorismus für die Regierung, die schon mehr als einmal selber hinter den Schrecken gesteckt hatte. Nicht zuletzt mit Simmons, der in seiner Rage gedankenlos den Präsidenten hatte infizieren lassen, nur, weil er befürchtet hatte, dessen Plan, der Welt die Wahrheit zu sagen, könne schlimme Folgen haben. Über die Folgen seiner eigenen Tat hatte der Kerl dabei irgendwie nicht nachgedacht. Die Vorkommnisse in China und Edonia, die Taten von Simmons und Carla, all das hätte beinahe zur Apokalypse geführt. Nur in letzter Sekunde hatte das Schlimmste verhindert werden können. Und die Menschheit hatte durch Jakes Blut gerettet werden können. Ein Söldner, der sich nichts aus den Menschen um sich herum gemacht hatte, hatte sie alle gerettet. Der Sohn des Mannes, der zuvor ihre Auslöschung gewollt hatte. Ja, es war vermutlich wirklich Schicksal gewesen, daran zweifelte Chris mittlerweile keine Sekunde mehr. Und dann war da natürlich noch Jill. Sie hatte schon damals zu S.T.A.R.S.-Zeiten an Chris’ Seite gekämpft und war ihm immer eine treue Partnerin und Freundin gewesen. Als er damals gedacht hatte, sie im Kampf gegen Wesker verloren zu haben, war für Chris eine Welt zusammengebrochen. Und als er dann erfahren hatte, dass sie noch lebte, als es ihm gelungen war, sie aus Weskers Fängen zu befreien, da hatte er sich geschworen, sie nie wieder alleine zu lassen, immer auf sie aufzupassen, und dafür zu sorgen, dass sie ihn nie wieder mit so einer Aktion retten musste. Es schmerzte Chris, als ihm klar wurde, dass er dieses Versprechen nicht hatte halten können. Er hatte sie alleine gelassen, sie alle… Und er fing schon wieder damit an, in Selbstmitleid zu versinken. Doch dieses Mal riss der Soldat sich zusammen. Nun war nicht der richtige Augenblick, wieder in Depressionen zu versinken. Sie mussten hier weg, so schnell wie möglich. Kommentarlos stützte er nun Leon, auch wenn dieser sich selber auf den Beinen halten konnte, und nickte Jake zu, damit dieser voraus ging, um ein geeignetes Häuschen für sie zu suchen. Der Söldner erwiderte das Nicken knapp, dann sah er sich um und führte die kleine Gruppe die Straße entlang, bog nach einer Weile in eine kleine Gasse ein und brachte sie zu einem Haus, das ein wenig abseits stand. Es war klein, bot aber Platz für sie alle. Und der Vorteil an der geringen Größe war, dass sie es schnell durchsuchen konnten. Immerhin mussten sie nachsehen, ob sich hier nicht doch noch irgendwo ein Infizierter verbarg. Sicher sein konnte man da nie. Vielleicht versteckten sich irgendwo auch noch Überlebende, die Hilfe brauchten... Jake bedeutete den Anderen, kurz draußen zu warten, dann betrat er das Haus, nachdem Jill die Tür mit ihrem Dietrich geöffnet hatte, und Piers folgte ihm vorsichtig. Auch, wenn er in Jake noch lange keinen Freund sah, wollte er nicht unbedingt, dass der am Ende von einem Infizierten überrascht wurde und sich vielleicht nicht rechtzeitig wehren konnte. Piers zweifelte nicht an den Fähigkeiten des Söldners, aber wenn man überrascht wurde, konnte alles passieren. Egal, wie gut man sich sonst auch verteidigen konnte. Er selber hatte das schon viel zu oft erleben müssen. Da war es auf jeden Fall besser, wenn sie sich zu Zweit ein wenig hier umsahen. Und zudem ging das ja auch viel schneller. Ganz abgesehen davon wollte der Scharfschütze gerade auch nicht einfach nur rum stehen und warten. Es dauerte tatsächlich nur wenige Minuten, bis die beiden jungen Männer das Haus durchsucht und für sauber befunden hatten, ehe sie raus kamen und den Anderen Bescheid gaben. Und noch einmal ein paar Minuten später hatten sie es sich dann alle so weit es ging in dem Haus bequem gemacht. Es war nichts Besonderes, wirklich nur ein kleines Haus, das allem Anschein nach einer älteren Dame zu gehören schien, wenn man sich die Habseligkeiten einmal genauer ansah. Aber das spielte ja keine Rolle, solange das Gebäude der kleinen Gruppe Schutz bot. Und die Möglichkeit, sich ein wenig zu entspannen. Und dazu reichte das Häuschen wirklich vollkommen aus. Claire und Jill hatten sich wieder um etwas zu Trinken gekümmert, Flaschen aus dem Kühlschrank gezogen, und diese und ein paar Gläser auf den kleinen Tisch im Wohnzimmer gestellt. Piers hatte sich dort auf einen Sessel fallen lassen, und Chris und Jill hatten es sich auf der Couch gemütlich gemacht, wo sie nun auch noch etwas Platz für Jake und Sherry ließen. Claire hingegen hatte sich kurzerhand Leon geschnappt und diesen ins angrenzende Schlafzimmer gezerrt, mit der mütterlichen Erklärung, dass er sich mit seiner Gehirnerschütterung gefälligst hinzulegen habe. Da duldete sie auch keine Widerrede. Also hatte sich der Special Agent mit einem leisen Seufzen breitschlagen lassen und sich hingelegt, ehe Claire ihm eine extra Flasche Wasser und ein Glas hingestellt hatte. Anschließend hatte sie sich dazu entschieden, bei Leon zu bleiben, damit dieser nicht auf den dummen Gedanken kam, doch einfach aufstehen zu wollen. So zäh er auch war, er war eben nur ein Mensch, und auch sein Körper brauchte mal richtige Ruhe. Und diese wollten sie sich hier alle endlich einmal gönnen. Sie verzichteten darum auch darauf, irgendwelche Wachen einzuteilen. Wenn sich ihnen jemand näherte, würden sie es auch so mitbekommen, und Claire war im Moment ohnehin wach und sah es auch gar nicht ein, nun zu schlafen. Sie war aber auch nicht müde, sondern fühlte sich recht fit, weshalb es ihr ohnehin gar nichts ausmachte, bei Leon sitzen zu bleiben und diesen nach einer Weile ein wenig beim Schlafen zu beobachten. Im Wohnzimmer waren die Anderen nach einiger Zeit ebenfalls eingeschlafen. Chris war auf der Couch etwas in sich zusammengesunken, und Jills Kopf war gegen seine Schulter gekippt. So friedlich wie die Beiden da saßen, wirkten sie wirklich wie ein frisch verliebtes Paar. Auch Piers war in dem Sessel eingeschlafen, hatte den Kopf gegen die Rückenlehne gelehnt und seufzte einmal leise, blieb ansonsten aber still. Sherry, die es sich neben Chris und Jill auf der Couch bequem gemacht hatte, blieb noch eine Weile lang wach, schlief dann aber auch ein, weil diese friedliche Ruhe sie einfach schläfrig machte. Und so war nun neben Claire nur noch Jake wach, der die Anderen nachdenklich betrachtete, ehe sein Blick zur Tür fiel. Er war noch immer unsicher, er wusste nicht, was er tun sollte. Chris’ Worte hallten nach wie vor in seinem Kopf wider. Und der Soldat hatte durchaus recht. Vermutlich war es wirklich dumm, vermutlich war es Selbstmord, Wesker aufzusuchen. Aber auf der anderen Seite… er konnte auch nicht einfach hier rum sitzen und nichts tun. Die Anderen kamen auch ohne ihn klar. Jake musste es einfach wissen, er musste ihn sehen. Es ging nicht anders. Mit einem letzten Blick auf die Schlafenden verließ Jake das Zimmer, und anschließend auch das Haus, leise, um niemanden zu wecken, und um Claire nicht auf sich aufmerksam zu machen, um sich wider alle Vernunft nun doch auf die Suche nach seinem Vater zu machen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)